Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. IV ZR 117/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2560

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[X.]:[X.]:BGH:2015:111115BIVZR117.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 117/15
vom

11.
November
2015

in dem Rechtsstreit

-
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-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.]

am
11.
November
2015

beschlossen:

Der [X.] beabsichtigt, die Revision des
Klägers
gegen das Urteil des [X.] -
25. [X.] -
vom 9. Dezember 2014
gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf seine Kosten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

eines Monats

Stellung zu nehmen.

Gründe:

[X.] Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1.
September 1996 nach dem so genannten [X.] des 1
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§
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsge-richts erhielt d.
[X.] mit dem Versicherungsschein eine Broschüre, welche die Versicherungsbedingungen,
eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) mit einer
Belehrung über das Widerspruchsrecht enthielt.

D. [X.] zahlte ab
September 1996 zunächst regelmäßig die Prä-mien. Nachdem er
ab März 1999 in [X.] geraten war und auf Erinnerung und Mahnung nicht reagiert hatte, erklärte der [X.] unter dem 24.
August 1999 die Kündigung wegen [X.]. Da d. [X.] die rückständigen Beiträge nicht ausglich, rechnete der Versicherer mit Schreiben vom 3.
September 1999 das Versicherungs-verhältnis ab und kündigte die Auszahlung des Rückkaufswertes an. [X.] bat d. [X.] um Rücknahme der Kündigung sowie Unterbrechung der Versicherung für ein Jahr. Hiermit erklärte sich der Versicherer ein-verstanden. Im August 2000 bat der Versicherer d. [X.] um eine Erklärung hinsichtlich der Fortführung des [X.]sverhältnisses. Mangels Reaktion d. [X.] schickte der Versicherer ihm im November 2000 einen Verrech-nungsscheck i.H. des Rückkaufswertes gemäß der Abrechnung. D. [X.] übersandte per Fax eine Wiederherstellungserklärung und fügte hinzu, dass der Scheck nicht eingelöst werde. Der Versicherer übersandte d. [X.] mit Datum vom 30.
November 2000 einen Nachtrag zum [X.].
Nachdem der Versicherer erfahren hatte, dass der Scheck doch eingelöst worden war, forderte er den Rückkaufswert zurück. D. [X.] wurde zur Rückzahlung verurteilt und hatte
kurz vorher den Rückkaufs-wert zurückgezahlt.
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Mit Schreiben vom 28.
Juli
2009
erklärte d. [X.] u.a. den Wider-spruch gemäß
§
5a [X.], hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer ak-zeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] Rückzahlung aller auf den [X.] ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 11.589,42

Nach Auffassung d.
[X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das [X.] mit den [X.] nicht vereinbar
sei.
Mangels wirksamer [X.] habe die Widerspruchsfrist nicht zu laufen begonnen. Die Jahresfrist in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sei eu-roparechtswidrig.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

I[X.] Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsan-spruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] sei es [X.] wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf einen etwai-gen Anspruch zu berufen. Ein Widerspruch gemäß §
5a [X.] a.F. sei verfristet. Die 1996 erteilte [X.] sei drucktechnisch deutlich hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden. Das [X.] sei daher nach Ablauf der 14-tägigen Frist des §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F. erloschen.
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Die Rücknahme der Kündigung der [X.] auf Ersuchen d. [X.] sei als Neuabschluss des Versicherungsvertrages nach dem [X.] zu bewerten.
Anderenfalls hätte d. [X.]
über ein Rücktrittsrecht ge-mäß §
8 Abs.
5 [X.] a.F. belehrt werden müssen. Das Rücktrittsrecht sei gemäß §
8 Abs.
5
Satz
4 [X.] a.F. jedoch einen Monat nach Zahlung der ersten [X.] nach dieser Vereinbarung erloschen.

Einem Bereicherungsanspruch stehe jedenfalls §
242 BGB entge-gen. Einem [X.], der mit Überlassung der Versicherungspolice die [X.], die Verbraucherinformation und eine ordnungs-gemäße [X.] erhalten habe, sei nach jahrelanger Durchführung des Versicherungsvertrages die Berufung auf dessen Un-wirksamkeit nach [X.] und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt. Damit komme es auf die Frage, ob das [X.] mit den gemeinschaftsrechtlichen [X.] vereinbar sei, nicht entscheidungserheblich an. Dies gelte
auch
für einen Anspruch nach Rücktritt gemäß §
8 Abs.
5 [X.] a.F., selbst dann,
wenn -
wie nicht -
mangels ausreichender Belehrung über das Rücktrittsrecht ein ewiges Rücktrittsrecht bestünde. Hier lägen besonders gravierende Umstände vor, die d. [X.] die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. [X.] der Kündigung, die durch Beitragsrückstände veranlasst gewesen sei, sei der [X.] zunächst abgewickelt worden; d. [X.] habe den Scheck über den Rückkaufswert sogar -
entgegen seiner Versprechung -
eingelöst und erst später den Betrag an den Versicherer zurückgeführt. Er habe durch sein Bemühen um die Wiederinkraftsetzung des [X.] deutlich gemacht, dass er den [X.] unbedingt habe fortsetzen wollen, und dies zu einem Zeitpunkt, als er über alle [X.] voll informiert gewesen sei. Der Versicherer habe
des-9
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halb darauf vertrauen können, dass der [X.] durchgeführt werden [X.] und nicht mit einem Rücktritt oder einem Widerruf rechnen müssen. Bei dieser Sachlage stelle sich der gleichwohl erklärte Widerspruch/Wi-derruf
als grob widersprüchliches Verhalten dar.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

II[X.] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von §
543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Frage der
Vereinbarkeit der Regelung in §
8 Abs.
5 Satz
4 [X.] a.F. mit dem Gemeinschaftsrecht, auf welche es ankomme, bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei. Dasselbe gelte für die Frage, ob bei einer Wiederin-kraftsetzung des [X.] die Voraussetzungen eines Widerrufs/Rücktritts nach den Umständen des Erstabschlusses oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen seien
und ob eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach §
8 Abs.
5 [X.] a.F. einer An-wendung von §
242 BGB entgegenstehe.

1.
Die erstgenannte Frage ist mittlerweile
geklärt. Mit Urteil vom 17.
Dezember 2014 ([X.], [X.], 224) hat der [X.] ent-schieden, dass die in §
8 Abs.
4 Satz
4 und Abs.
5 Satz
4 [X.] a.F. ge-troffene Regelung, nach welcher auch bei nicht ordnungsgemäßer Beleh-rung des Versicherungsnehmers über sein jeweiliges Lösungsrecht die-ses einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, richtlinienkon-11
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form einschränkend dahin auszulegen ist, dass sie im Bereich der Le-bens-
und Rentenversicherung und der Zusatzversicherung zur Lebens-versicherung nicht anwendbar ist, hingegen auf die übrigen von §
8 [X.] a.F. erfassten Versicherungsarten uneingeschränkt Anwendung findet. Für das Rücktrittsrecht aus §
8 Abs.
5 [X.] a.F. kann nach Auffassung des [X.]s nichts anderes gelten als für das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.F. Es macht keinen Unterschied, dass die Anwendung des §
8 Abs.
5 [X.] a.F. einen [X.]sschluss nach dem [X.], d.h. eine Übergabe der Versicherungsbedingungen und der Verbraucher-informationen bereits bei Antragstellung voraussetzt. Entscheidend ist [X.], dass die Befristung des Rücktrittsrechts bei Fehlen einer ordnungs-gemäßen
Belehrung über das Recht zum Rücktritt im Ergebnis zu einer vertraglichen Bindung führen könnte, ohne dass dem Versicherungs-nehmer die Rücktrittsmöglichkeit ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht wäre. Diese Gefahr wird durch die Frist des §
8 Abs.
5 [X.] a.F. gegen-über der vom [X.] zuvor beanstandeten Frist in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. noch dadurch verschärft, dass das Rücktrittsrecht aus §
8 Abs.
5 [X.] a.F. nicht erst ein Jahr, sondern bereits einen Monat nach Zahlung der ersten Prämie erlöschen sollte
([X.]surteil vom 17.
De-zember 2014 aaO Rn.
22). Für eine Vorlage an den [X.] bestand kein Anlass, die Frage ist durch dessen Urteil vom 19.
Dezember 2013 ([X.], [X.], 225) hinreichend geklärt.

2. Ob bei einer -
als Neuabschluss des Versicherungsvertrages zu wertenden
-
Wiederinkraftsetzung des [X.] die Voraussetzungen eines Widerspruchs oder Rücktritts nach den [X.] oder der Wiederinkraftsetzung zu beurteilen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden.
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-

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach §
242 BGB wegen widersprüchlichen [X.] d. [X.] ausgeschlossen ist, selbst wenn eine etwa erforderliche Belehrung über das Rücktrittsrecht nach §
8 Abs.
5 [X.] a.F. unterblieb. Allgemein gültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzun-gen eine fehlende Belehrung über das Rücktrittsrecht nach §
8 Abs.
5 [X.] a.F. einer Anwendung von §
242 BGB entgegensteht, können nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von [X.] und Glau-ben im Einzelfall obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Das Berufungsgericht hat besonders gravierende Umstände ge-nannt, die d. [X.] die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrten. Es hat berücksichtigt, dass der [X.] aufgrund der durch Beitragsrück-stände veranlassten Kündigung zunächst abgewickelt worden war und d. [X.] den Scheck über den Rückkaufswert sogar -
entgegen seiner Ver-sprechung -
eingelöst hatte und erst auf die Klage des Versicherers [X.] den Betrag zurückzahlte. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts machte d.
[X.] durch seine Bitte, den [X.] fortzuführen, deutlich, dass er den [X.] in je-dem Fall fortsetzen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war er durch die 1996 erteilte, umfassende
Verbraucherinformation und die [X.] über alle [X.]smodalitäten informiert. Der Versicherer konnte deshalb darauf vertrauen, dass der [X.] zu den ursprünglichen Bedingungen erneut abgeschlossen und fortgeführt werden solle, zumal d. [X.] nicht erkennen ließ, dass er erneute oder wiederholte [X.] über die [X.]smodalitäten benötigte, und den neu abgeschlosse-nen [X.] ohne Beanstandungen durchführte.
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Bei dieser Sachlage konnte das Berufungsgericht den
gleichwohl später erklärten
Widerspruch und Rücktritt als grob widersprüchliches Verhalten werten.

Soweit die Revision darauf verweist, die Beklagte könne schutz-würdiges Vertrauen nicht beanspruchen, weil sie -
unterstellt
-
dem Klä-ger keine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerspruchs-
und Rücktrittsrecht erteilt habe, greift dies im Streitfall nicht. Die [X.]widrig-keit knüpft nach den [X.] -
und angesichts der besonderen Fallumstände überzeugenden
-
Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an die jahrelange Prämienzahlung an, sondern liegt darin, dass der Kläger bei der [X.] durch sein Verhalten im Zusammenhang mit der Wiederinkraftsetzung des [X.]es den Eindruck erweckt hat, den [X.] unbedingt fortsetzen zu wollen.

3. Aus den genannten Gründen hat die Revision keine Aussicht auf Erfolg.

Das Berufungsurteil weist keine Rechtsfehler auf. Dies gilt auch, soweit sich die Revision zusätzlich darauf beruft, entgegen der [X.] des Berufungsgerichts sei dem Kläger im Jahr 1996 keine ord-nungsgemäße [X.] erteilt worden. Die Belehrung in der
Verbraucherinformation ist -
was die Revision nicht in Zweifel zieht
-
drucktechnisch deutlich hervorgehoben.
Sie ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Anders als die Revision meint, konnte d. [X.] die in der Wi-derspruchsbelehrung erwähnte "für den [X.]s-schluss maßgeblichen
Verbraucherinformation" ohne weiteres so verste-hen, dass es auf die Verbraucherinformation
ankam, die er laut dem rechts neben der Belehrung abgedruckten Hinweis "gemäß §
10a,
Ab-18
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-
10
-

satz
1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes ([X.])"
auf den nachfolgen-den Seiten
erhielt.

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.02.2014 -
25 [X.] -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.12.2014 -
25 U 1381/14 -

Meta

IV ZR 117/15

11.11.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2015, Az. IV ZR 117/15 (REWIS RS 2015, 2560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2560

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

26 O 92/21

20 U 73/22

Zitiert

IV ZR 117/15

IV ZR 260/11

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