Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2000, Az. 4 StR 245/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 1398

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 245/00vom17. August 2000in der [X.]:ja[X.]St:[X.]: jaStPO § 2641. Eine Änderung der in der Anklageschrift angegebenen Tatzeiten, durch diebisher von der Anklage nicht erfaßte Straftaten in die Strafverfolgung [X.] werden sollen, ist nach Zulassung der Anklage auch dann nichtzulässig, wenn es sich bei den Angaben in der Anklageschrift um ein Ver-sehen der Staatsanwaltschaft gehandelt hat und diese der Änderung zu-stimmt. 2. Ist eine nicht angeklagte Tat abgeurteilt worden, so unterliegt auch dasfreisprechende Urteil auf zulässige Revision der Staatsanwaltschaft derAufhebung. Das beim [X.] geführte Verfahren ist einzustellen. [X.] -Grundsatz des "Vorrangs des Freispruchs vor der Einstellung" gilt hiernicht.3. Hält der Tatrichter rechtsirrig eine Tat für nicht angeklagt und sieht er [X.] von einer Entscheidung über diese Tat ab, so ist das Verfahren in die-sem Umfang weiterhin bei ihm anhängig; eine Entscheidungsbefugnis [X.] in der Sache besteht insoweit nicht.[X.], Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00 - [X.] Magdeburgwegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes u.a.- 3 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzender [X.] am [X.]. [X.],die [X.] am [X.]. [X.],[X.],die [X.]in am [X.] am [X.]. [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:[X.] -Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird1.das Urteil des [X.]s Magdeburg vom21. Januar 2000 aufgehoben, soweit der Ange-klagte von dem Vorwurf des sexuellen [X.] Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbraucheiner Schutzbefohlenen für den Tatzeitraum [X.] bis einschließlich Februar 1994 freigespro-chen worden ist;insoweit wird das Verfahren eingestellt und trägtdie Staatskasse die Kosten des Verfahrens und dienotwendigen Auslagen des Angeklagten;2.das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungenaufgehoben, soweit der Angeklagte von dem Vor-wurf des in der Wohnung [X.]begangenensexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheitmit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenenfreigesprochen worden ist;insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung [X.], auch über die übrigen Kosten [X.], an eine andere [X.] als Jugendschutz-kammer zuständige [X.] Strafkammer des [X.] -I[X.] weiter gehende Revision wird verworfen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten von dem Vorwurf des sexuellenMißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutz-befohlenen in 324 Fällen freigesprochen. Ferner hat es angeordnet, daß [X.] für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen ist. Mit ihrerhiergegen gerichteten Revision, mit der sie die Verletzung materiellen [X.], erstrebt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des freisprechenden Ur-teils. Das Rechtsmittel, das vom [X.] vertreten wird, hat teil-weise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet.[X.] [X.] unverändert zugelassene [X.] Anklage vom 24. Februar 1997 [X.] Angeklagten zur Last gelegt, in der [X.] flvon März 1994 bis Mai 1996fl in324 Fällen sexuelle Handlungen an der am 27. Januar 1985 geborenen[X.] [X.]vorgenommen zu haben. Hierzu hat das [X.] in den Grün-den der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:"Die vorbezeichnete Anklageschrift enthält insoweit einen Feh-ler, als hier offensichtlich der [X.]raum März 1993 bis Mai 1995gemeint sein sollte. Dies ergibt sich aus der Begleitverfügungzur Anklageschrift Ziffer 4 ([X.], [X.]. 147/148 der Akten). [X.] beruht der Inhalt der Anklageschrift, soweit Straftaten [X.] der [X.] [X.]betroffen sind, auf der [X.] 6 -mung der [X.] [X.]durch die sachbearbeitende Staatsan-wältin am 19.12.1996 ([X.], [X.]. 100 ff. der Akten). Innerhalb die-ser Zeugenvernehmung hatte [X.] [X.]bekundet, dass diesexuellen Handlungen des Angeklagten vom 2. Schuljahr an ([X.] von 8 Jahren) begannen und bis zum Beginn [X.] andauerten; Jahreszahlen nannte [X.]. Gemäß der o.g. Begleitverfügung wurde daher seitens [X.] von einem Tatzeitraum Mitte der 2. Klasse(März 1994) bis Ende der 4. Klasse (Mai 1996) ausgegangen.Tatsächlich muß es sich dann aber um den [X.]raum März 1993bis Mai 1995 gehandelt haben, da sich [X.]zum [X.]punkt ih-rer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vom 19.12.1996 in [X.] Klasse befand (gemäß der Zeugenvernehmung derD. T. vom 19.12.1996, [X.], [X.]. 95 ff. der Akten, die zum[X.]punkt ihrer Vernehmung in die 6. Klasse ging, war [X.]zum damaligen [X.]punkt ihre Klassenkameradin). Im übrigenhat [X.]innerhalb der o.g. staatsanwaltschaftlichen Verneh-mung bekundet, nach ihrer Verbringung in den Kinder- und Ju-gendnotdienst und anschließend in das E. -[X.] -Kinderheimhabe es keine sexuellen Handlungen des Angeklagten ihr ge-genüber mehr gegeben. Die Verbringung ins Kinderheim [X.], was bereits aus verschiedenen Aktenvermerken ersicht-lich ist und auch durch die Zeugin S. [X.](Heimerzieherin) inder Hauptverhandlung bestätigt wurde, im September 1995 statt,wobei sich [X.]vorher noch maximal zwei Monate in einerÜbergangseinrichtung des [X.] auf-gehalten hat. Bei dem in der Anklageschrift angenommenen [X.] März 1994 bis Mai 1996 handelt es sich daher offen-sichtlich um einen Berechnungsfehler der sachbearbeitendenStaatsanwältin, worauf vom Vorsitzenden gleich zu Beginn [X.] hingewiesen wurde. Die sachbearbeitendeStaatsanwältin, welche auch Sitzungsvertreterin der Staatsan-waltschaft in der Hauptverhandlung war, hat dem zugestimmt."- 7 -II.Das [X.] hat den Angeklagten auf der Grundlage, daß Gegen-stand der Anklage somit (ausschließlich) Straftaten zum Nachteil der[X.] [X.]im [X.]raum März 1993 bis Mai 1995 seien, aus [X.] freigesprochen, da nicht festgestellt werden könne, daß es währenddieser [X.] zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten gegenüber [X.] C. gekommen sei. Es hat allerdings die Möglichkeit offen gelassen, daß der [X.] sich im Jahre 1995 in der damaligen Wohnung in der [X.]mehr-fach an [X.]vergangen hat. An der Aburteilung dieser Straftaten hat es [X.] gehindert gesehen, da nicht ausgeschlossen werden könne, daß [X.] nach Mai 1995 und somit außerhalb des angeklagten [X.]raumes began-gen worden seien. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Be-schwerdeführerin beanstandet im Ergebnis zu Recht, daß das [X.] dievon der Anklage umfaßten Taten nicht erschöpfend abgeurteilt hat.1. Gegenstand der zugelassenen Anklage vom 24. Februar 1997 sind324 Mißbrauchstaten begangen in dem [X.]raum März 1994 bis Mai 1996. Aufdiese Taten erstreckte sich gemäß § 264 StPO die Kognitionspflicht des Land-gerichts. Die in der Hauptverhandlung vorgenommene [X.] des [X.] war rechtlich unzulässig und konnte daher nicht den durch die Anklagevorgegebenen Verfahrensgegenstand nachträglich ändern.a) Zwar wird bei funktionellen Mängeln der Anklageschrift, etwa bei [X.] Identifizierung der Tat(en), eine Behebung des Mangels durcheine entsprechende Klarstellung noch in der Hauptverhandlung für [X.] (vgl. [X.] GA 1973, 111, 112; 1980, 108, 109; [X.]/[X.] StPO 44. Aufl. § 201 Rdn. 26 m.w.N.). So liegt der Fall hier jedoch- 8 -nicht. Die Anklage vom 24. Februar 1997, in der die Grundzüge der Art [X.] der Tatbegehung, ein bestimmter Tatzeitraum und die Anzahl der [X.] angegeben werden, erfüllt noch die Anforderungen, die an [X.] in Fällen einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen gegen-über einem Kind zu stellen sind (vgl. [X.]St 44, 153, 154/155 m.w.N.). Zudemdiente der Hinweis des Gerichts hier nicht der näheren Tatkonkretisierung,vielmehr sollte der in der schriftlichen Anklage bezeichnete Tatzeitraum durcheinen anderen ersetzt werden.b) Allerdings braucht eine Veränderung des [X.] die Identitätzwischen Anklage und abgeurteilter Tat nicht aufzuheben (vgl. [X.]R StPO§ 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 8 und 19). Dies setzt aber voraus, daß die in der [X.] beschriebene Tat unabhängig von der Tatzeit nach anderen Merkmalenindividualisiert ist ([X.] a.a.O). Das ist hier nicht der Fall. Allein der Umstand,daß die insgesamt 324 angeklagten sexuellen Übergriffe [X.] ohne weitere nähe-re Zuordnung - in verschiedenen Wohnungen, in denen das Tatopfer zu [X.] jeweils lebte, stattgefunden haben sollen, genügt hierfür [X.]) Ersichtlich war das [X.] der Auffassung, zu einer [X.]des in der Anklage wiedergegebenen [X.] anhand derflBegleitverfügung zur Anklageschriftfl und des sonstigen Akteninhalts befugtzu sein. Dem kann nicht gefolgt werden.aa) Zwar sind Prozeßhandlungen, also auch Anklagen, auslegungsfähig.Allerdings darf der Inhalt sich nicht bloß aus völlig außerhalb der Erklärungliegenden Umständen ergeben (vgl. [X.] Strafverfahrensrecht 25. Aufl. § 22Rdn. 5). So ist es zwar zulässig, zur Verdeutlichung und ergänzenden Erläute-- 9 -rung des Anklagesatzes auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zu-rückzugreifen (st. Rspr., vgl. [X.]St 5, 225, 227; [X.] GA 1973, 111; 1980,108, 109). Der Rückgriff auf den sonstigen Akteninhalt ist jedoch nicht statthaft(vgl. [X.] in Löwe/[X.] StPO 24. Aufl. § 207 Rdn. 57 sowie zum Ganzenauch Puppe [X.], 230 ff.). Dies folgt schon aus der Funktion der [X.]. Ihr Inhalt bestimmt zusammen mit dem [X.] Grundlage der Hauptverhandlung. Aus ihr müssen die Verfahrensbeteilig-ten, namentlich der Angeklagte zum Zwecke seiner Verteidigung, zweifelsfreientnehmen können, innerhalb welcher tatsächlicher Grenzen sich die [X.] und die Urteilsfindung gemäß §§ 155, 264 StPO zu bewegen ha-ben. Davon hängt auch ab, welche tatsächlichen Vorgänge von der [X.] Verurteilung oder eines Freispruchs erfaßt werden. Bereits diese Ge-sichtspunkte zeigen, daß eine [X.] der Anklage anhand des sonstigenAkteninhalts, die notwendigerweise zu Unsicherheiten über den eigentlichenVerfahrensgegenstand führen würde, rechtlich nicht zulässig sein kann. [X.] erst recht [X.] auch im Hinblick auf die Regelung in § 152 Abs. 1 StPO - füreine Korrektur des Anklagesatzes, wie sie hier das [X.] vorgenommenhat. Das [X.] war vielmehr verpflichtet, vor Erlaß des Eröffnungsbe-schlusses, anhand des Akteninhalts zu prüfen, ob der Angeklagte innerhalbdes in der Anklage bezeichneten [X.] der ihm zur Last gelegtenStraftaten hinreichend verdächtig ist (§ 203 StPO). Bei Vorliegen einesfloffensichtlichen Berechnungsfehlersfl hätte es die Anklage an die [X.] zurückgeben und [X.] wenn eine solche verwei-gert würde [X.] die Eröffnung des Hauptverfahrens (teilweise) ablehnen müssen.bb) An dem aufgezeigten Ergebnis ändert auch nichts, daß [X.] wie [X.] mitteilt [X.] die sachbearbeitende Staatsanwältin, die auch [X.] 10 -terin in der Hauptverhandlung war, der Änderung des [X.] zuge-stimmt hat. Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens kann die öffentliche Klagenicht mehr zurückgenommen werden (§ 156 StPO). Damit verliert die [X.] die Dispositionsbefugnis über die Klage ([X.]St 29, 224, 229).Sie kann daher auch nicht mehr die angeklagte prozessuale [X.] Ist dem Angeklagten nach Eröffnung des gerichtlichen Verfah-rens im Rahmen der in der Anklage bezeichneten Tat(en) strafbares Verhaltennicht nachzuweisen, so ist er freizusprechen. Erscheint der Angeklagte [X.] statt dessen anderer Straftaten (im Sinne des § 264 StPO)hinreichend verdächtig, so wird die Staatsanwaltschaft diese [X.] gegebenenfallsim Wege der [X.] (§ 266 StPO) [X.] (neu) anzuklagen haben.2. Der aufgezeigte Rechtsfehler wirkt sich auf den Bestand der [X.] Entscheidung wie folgt aus:a) Soweit der Angeklagte von Mißbrauchstaten begangen in dem vonder Anklage vom 24. Februar 1997 nicht umfaßten Tatzeitraum März 1993 [X.] 1994 freigesprochen worden ist, mangelt es dem erstinstanzlichenVerfahren an den [X.] einer Anklage und eines [X.]. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Urteils; zugleich istdas in diesem Umfang beim [X.] geführte Verfahren einzustellen([X.]St 27, 115, 117). Allerdings wird in der oberlandesgerichtlichen Recht-sprechung die Auffassung vertreten, in einem solchen Fall, in dem über einenicht-angeklagte Tat befunden werde, sei für eine Einstellung neben der Ur-teilsaufhebung kein Raum. Ein erfolgreiches Rechtsmittel führe nämlich grund-sätzlich dazu, daß die Entscheidung hergestellt werde, die bei richtiger Sach-behandlung schon der in der Vorinstanz tätig gewesene [X.] hätte treffen- 11 -müssen; eine darüber hinausgehende Einstellung des Verfahrens scheide aus,weil eine weitere Tat nicht Gegenstand des Verfahren geworden sei ([X.] 57, 39; 58, 432; [X.], 42; [X.] VRS 63, 372; [X.], 294). Das ist zwar an sich zutreffend, dabei wird aber übersehen,daß auch das beim [X.] (teilweise) ohne Anklage geführte Verfahren zueinem ordnungsgemäßen Abschluß gebracht werden muß. Anderenfalls könntesonst keine dem Angeklagten günstige Entscheidung über die - erstinstanzli-chen - Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen getroffen wer-den.Der Grundsatz des "[X.] des Freispruches vor der Verfahrensein-stellungfl steht der Einstellung nicht entgegen. Zwar ist in der [X.], daß bei Vorliegen bestimmter [X.] die an [X.] Einstellung des Verfahrens dann nicht in Betracht kommt, wenn [X.] bereits ergeben hat, daß der Angeklagte aus [X.] rechtlichen Gründen freizusprechen wäre. Dies hat der [X.] an das [X.] (vgl. [X.], 51, 53; 72, 296, 300; andersaber noch [X.], 399, 401) erstmals bei Fehlen des erforderlichen [X.] so entschieden ([X.]St 1, 231, 235; 7, 256, 261) und in der Folge [X.] eines Straffreiheitsgesetzes ([X.]St 13, 268, 272/273) und für denFall der Verneinung des öffentlichen Interesses im Kartellbußgeldverfahren([X.]St 20, 333, 335) so ausgesprochen. In jüngeren Entscheidungen ist [X.] dieses [X.] auch für die Fälle des Eintritts von Verfol-gungsverjährung (vgl. [X.]St 44, 209, 219; [X.] NStZ-RR 1996, 299) [X.]. Aus den bisher entschiedenen Einzelfällen kann jedoch nicht ohneweiteres ein allgemeiner, für alle [X.] geltender Grundsatzhergeleitet werden (zweifelnd schon BayObLGSt 1963, 44, 47). Im Fall der- 12 -Amnestie liegt es auf der Hand, daß bei einer Einstellung trotz [X.] imSinne eines Freispruchs sich letztlich der Sinn und Zweck des Straffreiheitsge-setzes ins Gegenteil verkehren, eine zugunsten des Angeklagten gedachteAnordnung sich im Ergebnis zu seinen Ungunsten auswirken würde (vgl.[X.]St 13, 273). Ähnlich verhält es sich auch in den übrigen bisher entschie-denen Fällen. Ihnen ist gemeinsam, daß der Angeklagte aufgrund ihn begün-stigender gesetzlicher Regelungen in Bezug auf einzelne Straftatbestände [X.] (weiteren) Strafverfolgung ausgenommen wird. Das gerichtliche Verfah-ren kann aber im übrigen [X.] etwa wegen der tateinheitlichen Verwirklichungweiterer Delikte - gegebenenfalls fortgeführt werden.Hier liegt es jedoch anders: Die Anklage stellt, wie die Bestimmungender §§ 151, 155 Abs. 1, 264 Abs. 1 StPO zeigen, die Grundlage und unabding-bare Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren insgesamt dar. Durch [X.] das Verfahren erst bei Gericht anhängig, ohne sie darf eine [X.] nicht, und zwar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, ergehen.Daß es hierbei nicht um die Frage "Einstellung oder Freispruch" geht, zeigtsich schon daran, daß - wie ausgeführt - hier nicht das gesamte mit einer [X.] eingeleitete Verfahren eingestellt wird, sondern nur das fehlerhaft ohneAnklage beim [X.] durchgeführte Verfahren. Jedenfalls dann, wenn es[X.] wie hier - an einer Anklage völlig fehlt, ist somit für einen Freispruch [X.]; über eine Sache, die beim Tatgericht nicht anhängig geworden ist, [X.] darf auch das Rechtsmittelgericht nicht in der Sache selbst entscheiden.b) Das Urteil unterliegt auch der Aufhebung, soweit der Angeklagte vondem Vorwurf freigesprochen worden ist, sich vor Juni 1995 in der [X.] an dem Kind [X.]sexuell vergangen zu haben. Das [X.]- 13 -war der Auffassung, den Angeklagten insoweit unter Anwendung des Grund-satzes flin dubio pro reofl freisprechen zu müssen, da nicht [X.] könne, daß die dort begangenen Taten erst nach Mai 1995 und damitaußerhalb des von ihm angenommenen Anklagezeitraumes begangen wordenseien. Die Anwendung des [X.] mußte hier jedoch ausscheiden, da[X.] wie bereits dargelegt [X.] auch der [X.]raum nach Mai 1995 bis einschließlichMai 1996 von der Anklage [X.] Das Urteil hat Bestand, soweit der Angeklagte hinsichtlich der angeb-lich ab März 1994 bis Mai 1995 begangenen Straftaten, soweit sie sich nicht inder Wohnung [X.]ereignet haben sollen, freigesprochen worden ist. In-soweit hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungkeinen Rechtsfehler ergeben. Insbesondere genügt das Urteil [X.] entgegen demRevisionsvorbringen [X.] diesbezüglich noch den Anforderungen, die an ein frei-sprechendes Erkenntnis zu stellen sind.4. Hinsichtlich der möglicherweise im [X.]raum Juni 1995 bis Mai 1996begangenen Straftaten hatte das [X.] - aus seiner Sicht konsequent -von einer Entscheidung abgesehen, da Straftaten, die in diesen [X.]raum fallenwürden, nach seiner (irrigen) Meinung nicht "Gegenstand der Anklage [waren]und in diesem Verfahren auch nicht abgeurteilt werden konnten" ([X.]). Das[X.] hat somit nur über die dem Angeklagten zur Last gelegten Tatenim Tatzeitraum März 1993 bis Mai 1995 eine freisprechende Entscheidung [X.]. Da aber - wie dargelegt - der dem Mai 1995 nachfolgende [X.]raumebenfalls von der Anklage umfaßt wurde, ist auch hierüber eine Entscheidungzu treffen. Diesbezüglich ist das Verfahren beim [X.] anhängig geblie-ben; insoweit besteht für das Revisionsgericht keine [X.] 14 -(vgl. [X.]R StPO § 352 Prüfung 1; [X.], Urteil vom 27. Juli 2000 - 4 StR189/00 m.w.N.; [X.] 1985, 452, 453 f.). Es ist aber geboten, die-ses - noch bei der bisherigen [X.] anhängig gebliebene -Verfahren zu dem zurückverwiesenen Verfahren entsprechend § 4 StPO hin-zuzuverbinden.5. Durch die [X.] wird die Entscheidung über [X.] für die erlittene Untersuchungshaft gegenstandslos (vgl.[X.], Strafrechtsentschädigung und [X.]. § 8Rdn. 29).[X.]Die [X.] am [X.] Dr. [X.] undDr. [X.] sind wegen [X.] der Unterzeichnung verhindert.[X.][X.]+

Meta

4 StR 245/00

17.08.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2000, Az. 4 StR 245/00 (REWIS RS 2000, 1398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1398

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