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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX
ZB 23/13
vom
13. Februar 2014
in dem
Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 35 Abs. 1, § 287 Abs. 2 Satz 1, § 300
Nach Erteilung der Restschuldbefreiung im andauernden Insolvenzverfahren entfällt der [X.] für den Neuerwerb ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Abtretungserklärung, auch wenn er von dieser nicht erfasst wäre.
[X.], Beschluss vom 13. Februar 2014 -
IX ZB 23/13 -
LG [X.]
[X.]
-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.],
den
Richter
Vill, die Richterin [X.], [X.]
[X.] und die Richterin Möhring
am
13. Februar
2014
beschlossen:
Dem
weiteren Beteiligten wird Prozesskostenhilfe für das Rechts-beschwerdeverfahren ohne Zahlungen aus dem
verwalteten [X.]
bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt Prof. Raeschke-Kessler LL.M. beigeordnet.
Auf die Rechtsmittel
des Schuldners
werden
der Beschluss der 25.
Zivilkammer des [X.] vom 1.
März
2013 aufgehoben und der Beschluss des [X.] vom 27.
November 2012 in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 7.
Januar 2013 teilweise abgeändert.
Die [X.] wird hinsichtlich der Geltendmachung et-waiger [X.] aus Lohn-
und Einkommen-steuer und Solidaritätsbeiträgen des Schuldners für die Veranla-gungsjahre 2007 und 2008 gegen das zuständige Finanzamt [X.].
Der weitergehende Antrag des weiteren Beteiligten -
betreffend die Erstattungsansprüche für die Veranlagungsjahre 2011 und 2012
-
wird abgelehnt.
-
3
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Der weitere Beteiligte trägt die Kosten beider Rechtsmittel.
Der Gegenstandswert
des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000
Gründe:
I.
Auf den Antrag des Schuldners wurde am 21.
April 2004 über sein [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte als Insol-venzverwalter bestellt. Am 6.
September 2010 wurde dem Schuldner nach [X.] der Abtretungserklärung
die Restschuldbefreiung erteilt. Nachdem der In-solvenzverwalter im Hinblick auf etwaige [X.] die Nach-tragsverteilung beantragt hatte, hob das Insolvenzgericht am 23.
November 2012 das Insolvenzverfahren nach Vollzug der [X.] auf und [X.] in den Beschlüssen vom 23.
und 27.
November 2012 die Nachtragsvertei-lung wegen
etwaiger Erstattungsansprüche des Schuldners aus der Lohn-
und Einkommensteuer und aus den Solidaritätsbeiträgen für die Veranlagungsjahre 2007 bis 2012 gegen das zuständige Finanzamt an, für das Veranlagungsjahr
2012 in Höhe von 10/12 des Erstattungsanspruchs.
Auf die frist-
und formgerecht eingelegte Beschwerde des Schuldners wegen der Anordnung der [X.] für die Veranlagungsjahre 2011 und 2012 in dem Beschluss vom 27.
November 2012 änderte das Insolvenzge-richt den Beschluss insoweit ab, als die Aufteilung des Steuererstattungsan-1
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4
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spruchs für das Veranlagungsjahr 2012 nach Maßgabe des Beschlusses des [X.] vom 12.
Januar 2006 -
IX
ZB 239/04
-
zu erfolgen habe. Im Übrigen half es der Beschwerde nicht ab. Das Landgericht wies die [X.] zurück, stellte aber den Beschluss vom 27.
November 2012 wieder her und ließ die Rechtsbeschwerde zu. Mit der frist-
und formgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde will der Rechtsbeschwerdeführer erreichen, dass die An-ordnung der [X.] in Bezug auf die [X.] für die Veranlagungsjahre 2011 und 2012 aufgehoben wird.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat -
soweit noch von Interesse
-
ausgeführt: Das Insolvenzgericht habe mit Recht unter Zugrundelegung der Rechtspre-chung des [X.] die [X.] auch für die Steuerer-stattungsansprüche des Schuldners für die Veranlagungsjahre 2011 und 2012, für letzteres nur anteilig, angeordnet. Der [X.] sei öffent-lich-rechtlicher Natur und unterfalle deswegen nicht der Abtretungserklärung nach §
287 Abs.
2 Satz
1 [X.] Nur die Ansprüche, die der Abtretungserklärung nach §
287 Abs.
2 Satz
1 [X.] unterfielen, unterlägen nach rechtskräftiger Er-teilung der Restschuldbefreiung vor Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht mehr dem [X.] des §
35 Abs.
1 [X.] Dass auch der Neuerwerb, der nicht unter die Abtretungsregelung des §
287 Abs.
2 [X.] falle, entgegen §
35 [X.] vor Ablauf des Insolvenzverfahrens nicht in die Masse falle, sondern dem Schuldner zugute kommen solle, lasse sich dem Regelungszweck des §
287 Abs.
2 [X.] nicht entnehmen.
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4
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5
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2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die [X.] durfte gemäß §
203 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
2 [X.] wegen der [X.] des Schuldners gegen das zuständige Finanzamt aus Lohn-
und Einkommensteuer und Solidaritätsbeiträgen für die Veranla-gungsjahre 2011 und 2012
nicht angeordnet werden, auch wenn die Steuerer-stattungsansprüche für diese
Veranlagungsjahre ohne die Erteilung der Rest-schuldbefreiung gemäß §
35 Abs.
1 [X.] als Neuerwerb in die Masse gefallen wären, sofern der Schuldner während des laufenden Insolvenzverfahrens
die Lohnsteuer abgeführt (§
38 EStG) oder Vorauszahlungen auf die Einkommens-teuer (§
37 EStG) geleistet hat (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
Januar 2006
-
IX
ZB 239/04, NJW
2006, 1127 Rn.
13 ff). Denn nach Ablauf der [X.] im April 2010 und der
dem Schuldner rechtskräftig erteilten Rest-schuldbefreiung ist trotz Fortdauer des Insolvenzverfahrens durch §
287 Abs.
2 [X.] zum Ablauf der Abtretungsfrist eine zeitliche Beschränkung der Wirkungen des §
35 Abs.
1 Alt.
2 [X.] eingetreten. Sie gilt entgegen der Ansicht des [X.] nicht nur hinsichtlich des Neuerwerbs, welcher
der Abtre-tungserklärung unterfallen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2009 -
IX
ZB 247/08, [X.]Z
183, 258 Rn.
30
ff, 37), was für die Ansprüche
auf Erstat-tung von Lohn-
und Einkommensteuerzahlungen nicht zutraf ([X.], Urteil vom 21.
Juli 2005 -
IX
ZR 115/04, [X.]Z
163, 391, 392 f; Beschluss vom 12.
Januar 2006 -
IX
ZB 239/04, NJW
2006, 1127 Rn. 9), sondern auch für den
Neuerwerb, der nicht unter die Abtretung nach §
287 Abs.
2 [X.] gefallen wäre
([X.], [X.] vom 22.
April 2010 -
IX
ZB 196/09, [X.], 577 Rn.
9). Die angefoch-tene Entscheidung gibt dem Senat keinen Anlass, seine Ansicht zu ändern.
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6
-
6
-
a)
Nach ganz überwiegender
Ansicht in der Literatur steht dem Schuld-ner, dem die Restschuldbefreiung rechtskräftig vor Aufhebung des [X.] erteilt wird, und nicht der Masse der gesamte pfändbare Neuerwerb nach Ablauf der Laufzeit der Abtretung zu (K.
Schmidt/[X.], [X.], 18.
Aufl., §
300 Rn.
6; Graf-Schlicker/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
300 Rn.
12; HK-[X.]/
[X.], 6.
Aufl., §
299 Rn. 9; [X.]/Lang, [X.], 5.
Aufl., §
287 Rn.
15; [X.] in
[X.]/Uhländer, [X.], §
300 Rn.
31;
HmbKomm-[X.]/Streck, 4.
Aufl., §
299 Rn.
6; FK-[X.]/[X.], 7.
Aufl., §
300 Rn.
14;
[X.] in [X.]/
[X.]/Ringstmeier, [X.], 2.
Aufl., §
35 Rn.
127; [X.] in Kübler/Prütting/
Bork, [X.], 2012, §
300 Rn.
6; [X.], [X.], 303289; [X.], [X.], 54, 55; [X.], Z[X.] 2010, 1025, 1037
f; [X.], [X.], 1, 3; [X.], [X.] 2/2010 Anm.
2; [X.], Gedächtnisschrift
Manfred Wolf, 2011, S.
484, 499; a.[X.], ZVI
2008, 416, 419; [X.], ZVI
2010, 72, 73
f). Ausgenommen soll nur der Erwerb sein, der dem Grunde nach schon vor dem Ablauf
der Laufzeit der Abtretungserklärung angelegt ist ([X.] in [X.]/
[X.]/Ringstmeier, aaO
§
35 Rn.
127; HK-[X.]/[X.], aaO; [X.], Gedächtnisschrift
Manfred Wolf, aaO; [X.],
WuB VI A
§
295 1.10; [X.]/
[X.], Z[X.] 2013, 1433, 1445).
Um einen solchen geht es hier nicht.
b) Entgegen der Ansicht des [X.] beschränken sich der Regelungszweck des §
287 Abs.
2 [X.] und die von ihm bewirkte zeitliche Be-grenzung der Wirkung des §
35 Abs.
1 Alt.
2 [X.] nicht auf den Neuerwerb, der unter eine andauernde Abtretung nach
§
287 Abs.
2 [X.] fiele. Die Vorschrift verfolgt auch den Zweck, dem redlichen Schuldner -
auch dem selbstständig tätigen
-
sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen wirtschaft-lichen Neuanfang zu ermöglichen ([X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2009 -
IX
ZB 247/08, [X.]Z
183, 258 Rn.
20, 21; vom 11.
April 2013 -
IX
ZB 94/12, NZI
2013, 601 Rn.
10). Dieser Zweck wird nicht erreicht, wenn ihm die hierfür 7
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7
-
notwendigen Mittel genommen werden. Zu diesen Mitteln zählen nicht nur die von der Abtretungserklärung umfassten Bezüge, sondern der gesamte Neuer-werb. Anderenfalls wäre etwa dem selbstständig tätigen Schuldner, dessen Einkünfte von der Abtretung nach §
287 Abs.
2 [X.] in der Regel nicht erfasst werden ([X.], Urteil vom 15.
Oktober 2009 -
IX
ZR 234/08,
[X.], 72 Rn.
11
ff), ein wirtschaftlicher Neuanfang nicht möglich, wenn der Insolvenz-verwalter die selbstständige Tätigkeit nicht nach §
35 Abs.
2 [X.] freigegeben hat.
c) Dieses
Verständnis (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
Dezember 2009
-
IX
ZB 247/08, [X.]Z 183, 258; vom 22.
April 2010 -
IX
ZB 196/09, [X.], 577) hat
sich im Übrigen
der Gesetzgeber mit der ab dem 1.
Juli 2014 gelten-den Neuregelung zu Eigen gemacht. Nach §
300a [X.] nF gehört das Vermö-gen, das der Schuldner nach Ende der Abtretungsfrist erwirbt, nicht mehr zur Insolvenzmasse, sofern dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt wird.
8
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8
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Entsprechendes
gilt, wenn dem Schuldner
die Restschuldbefreiung vorzeitig unter den Voraussetzungen des §
300 Abs.
1 Satz
2 [X.] nF erteilt
wird.
Kayser
Vill
[X.]
[X.]
Möhring
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.01.2013 -
513 IN 11/04 -
LG [X.], Entscheidung vom 01.03.2013 -
25 T 14/13 -
Meta
13.02.2014
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.02.2014, Az. IX ZB 23/13 (REWIS RS 2014, 7937)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 7937
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IX ZB 23/13 (Bundesgerichtshof)
Restschuldbefreiung im laufenden Insolvenzverfahren: Wegfall des Insolvenzbeschlags für den Neuerwerb
IX ZB 44/13 (Bundesgerichtshof)
IX ZB 87/16 (Bundesgerichtshof)
IX ZB 247/08 (Bundesgerichtshof)
IX ZB 94/12 (Bundesgerichtshof)