Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.01.2011, Az. II R 30/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 10554

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Fortbestehen der einer GbR erteilten Vollmacht trotz Auflösung der GbR - Auslegung von Vollmachten - Anforderungen an die Bezeichnung der absendenden Dienststelle nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG a.F. - Zweck von Zustellungsvorschriften - Kostenentscheidung bei mehreren unterschiedlich beteiligten Klägern - Keine Rückgängigmachung einer wirksamen Bekanntgabe durch Rücksendung)


Leitsatz

1. NV: Wird eine Sozietät von Rechtsanwälten oder Steuerberatern in der Rechtsform einer GbR, der eine Verfahrensvollmacht oder Prozessvollmacht erteilt worden war, aufgelöst, führt dies nicht zu einem Erlöschen der Vollmacht .

2. NV: Zu der nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG a.F. erforderlichen Bezeichnung der absendenden Dienststelle war die Angabe von deren Namen nicht erforderlich, wenn die Dienststelle und die Sendung aufgrund der auf der Sendung angegebenen Geschäftsnummer und weiterer Angaben eindeutig identifiziert werden konnten .

3. NV: Da die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Kläger für die Gerichtskosten durch § 32 Abs. 1 Satz 2 GKG eingeschränkt wird, bedarf es auch bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung der Kläger am Streitwert keiner Kostenentscheidung nach § 135 Abs. 5 Satz 2 FGO .

Tatbestand

1

I. [X.]ie [X.] und [X.] ([X.]), die Erbinnen ihres im Januar 2001 verstorbenen [X.], reichten die vom [X.]eklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) angeforderte, unter Mitwirkung der Steuerkanzlei [X.] und [X.] erstellte Erbschaftsteuererklärung im September 2001 ein. Sie hatten "den Herren Steuerberater A. [X.] und C. [X.]" unter der vom [X.] für das Verfahren zunächst vergebenen Steuer-Ermittlungsnummer am 7. Februar 2001 Vollmacht erteilt, sie in allen Steuerangelegenheiten vor den hierfür zuständigen [X.]ehörden und Gerichten zu vertreten, für die [X.] verbindliche Erklärungen abzugeben, Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einzulegen und zurückzunehmen und rechtsverbindliche Unterschriften zu leisten. In den Vollmachten, die "bis auf den Widerruf" gelten sollten und dem [X.] vorgelegt wurden, hieß es weiter, Steuerbescheide und alle sonstigen Verwaltungsakte (einschließlich förmlicher Zustellungen) sowie Urteile und gerichtliche Verfügungen seien ausschließlich den [X.]evollmächtigten bekannt zu geben. Steuerberater [X.] ist der Prozessbevollmächtigte der [X.] im vorliegenden gerichtlichen Verfahren.

2

[X.]as [X.] erließ am 10. Mai 2002 für die [X.] unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung [X.]) stehende [X.], die für jede Klägerin eine eigene Steuernummer ausweisen und die es den bevollmächtigten Steuerberatern bekannt gab. [X.]ie [X.]escheide wurden nicht angefochten. [X.]er [X.]itte des [X.], nähere Angaben zu den in der Erbschaftsteuererklärung erwähnten Vorschenkungen zu machen, entsprachen die [X.] zunächst nicht. Erst nach erneuter Aufforderung teilte Steuerberater [X.] mit Schreiben vom 23. September 2004 Einzelheiten zu den Vorschenkungen mit. In diesem Schreiben wird Steuerberater [X.] als "Kooperationspartner" bezeichnet.

3

[X.]as [X.] berücksichtigte in den geänderten [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 die Vorschenkungen sowie einen im Jahr 2002 ergangenen [X.]escheid zur Feststellung des Grundstückswerts eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks. Es erhöhte die festgesetzte Erbschaftsteuer von bisher je … [X.]M (… €) gegenüber der Klägerin zu 1. auf … [X.]M (… €), gegenüber der Klägerin zu 2. auf … [X.]M (… €) und gegenüber der Klägerin zu 3. auf … [X.]M (… €). [X.]ie [X.]escheide waren an "St[X.]. [X.] und [X.]", in einem Fall mit dem vorangestellten Zusatz "Herrn", als Empfangsbevollmächtigte der [X.] adressiert. [X.]ie Übermittlung der [X.]escheide erfolgte durch [X.]. Im Sichtfenster der [X.]escheidumschläge war in der Absenderzeile die "Finanzverwaltung [X.] Postfach …  …" ausgewiesen. [X.]ie Umschläge selbst trugen das Logo der "Finanzverwaltung [X.]" und waren wie auch die Zustellungsurkunden mit einer Geschäftsnummer i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung ([X.]) versehen. [X.]ie [X.] setzten sich aus der jeweiligen Steuernummer, der [X.]ezeichnung ("ErbSt-[X.]escheid") und dem [X.]atum des [X.]escheids sowie dem Zusatz "[X.]" zusammen. [X.]ie ersten drei Ziffern der Steuernummer entsprachen dabei der Kennnummer des [X.]. Ausweislich der Zustellungsurkunden wurden die [X.]escheide am 29. [X.]ezember 2005 einer namentlich bezeichneten [X.]üroangestellten von Steuerberater [X.] übergeben. Zugleich erließ das [X.] für die Vorschenkungen gegenüber den [X.] zu 1. und 3. Schenkungsteuerbescheide.

4

Mit Schreiben vom 6. Januar 2006 sandte Steuerberater [X.] die Sendungen mit der [X.]egründung an das [X.] zurück, die [X.] würden nicht mehr von der Sozietät [X.] und [X.], sondern ausschließlich von ihm betreut, wie sich bereits aus dem Schreiben vom 23. September 2004 ergebe. [X.]ie Sozietät sei bereits seit längerer [X.] nicht mehr tätig und daher nicht mehr Empfangsbevollmächtigte. Eine wirksame [X.]ekanntgabe unter der vom [X.] gewählten Adressierung sei daher nicht möglich.

5

[X.]ie [X.] erhoben mit Schreiben vom 16. Januar 2006 Einspruch gegen die Steuerfestsetzungen und führten zur [X.]egründung aus, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine [X.] für die [X.] und [X.] GbR habe nicht mehr bestanden. Aufgrund des Schreibens des Steuerberaters [X.] vom 23. September 2004 und des [X.]ablaufs hätten sich dem [X.] Zweifel am Fortbestehen der Vollmacht aufdrängen müssen. Zudem hätten sich die Vollmachten auf eine andere Steuernummer als die in den [X.]escheiden genannten Steuernummern bezogen. [X.]ie Zustellungen entsprächen auch nicht den Anforderungen des § 3 [X.]. Insbesondere ließen die Sendungen die erlassende [X.]ienststelle nicht erkennen. [X.]ie Einsprüche blieben erfolglos.

6

[X.]as Finanzgericht ([X.]) gab den zunächst getrennt erhobenen und in der mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen gegen die Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerbescheide vom 27. [X.]ezember 2005 durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 984 veröffentlichte Urteil statt. Es führte zur [X.]egründung der Aufhebung der [X.]escheide aus, die Schenkungsteuerbescheide seien bereits deshalb unwirksam, weil für Steuerberater [X.] keine entsprechende Empfangsvollmacht vorgelegen habe. Im Übrigen seien alle angefochtenen [X.]escheide nicht wirksam bekannt gegeben worden, weil die absendende [X.]ienststelle auf den Sendungen entgegen § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht ausreichend bezeichnet gewesen sei. Es genüge nicht, dass sich diese [X.]ienststelle anhand der auf den Sendungen angegebenen Postfachnummer und [X.] ermitteln lasse. [X.]ie mit Ende des Jahres 2005 abgelaufene Festsetzungsfrist sei auch nicht gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] gewahrt. Zwar habe Steuerberater [X.] die [X.]escheide im Jahr 2006 erhalten. [X.]ies spiele aber wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] keine Rolle, da das [X.] nicht alle für den Erlass eines wirksamen Steuerbescheids vorgeschriebenen Voraussetzungen eingehalten habe.

7

Mit der auf die Aufhebung der [X.] durch das [X.] beschränkten Revision rügt das [X.] Verletzung des § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.]. [X.]ie [X.]escheide seien noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist wirksam bekannt gegeben worden. [X.]er tatsächliche Zugang der [X.]escheide beim [X.]evollmächtigten der [X.] sei durch die [X.] hinreichend nachgewiesen. [X.]ie absendende [X.]ienststelle habe sich aufgrund der gemachten Angaben zweifelsfrei ermitteln lassen. Jedenfalls sei die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 [X.] gewahrt worden.

8

Während des Revisionsverfahrens erließ das [X.] die geänderten [X.] vom 26. und 27. April 2010, mit denen es die Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin zu 1. auf … [X.]M (… €), gegenüber der Klägerin zu 2. auf … [X.]M (… €) und gegenüber der Klägerin zu 3. auf … [X.]M (… €) herabsetzte. [X.]as [X.] berücksichtigte dabei die neue Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) zur [X.]erechnung des nach § 14 Abs. 1 Satz 2 des [X.] anrechenbaren [X.]etrags für Vorerwerbe ([X.]FH-Urteile vom 2. März 2005 II R 43/03, [X.]FHE 209, 153, [X.]St[X.]l II 2005, 728, und vom 31. Mai 2006 II R 20/05, [X.]FH/NV 2006, 2260, und hinsichtlich der Klägerin zu 2. zusätzlich [X.]FH-Urteile vom 8. März 2006 II R 10/05, [X.]FHE 213, 106, [X.]St[X.]l II 2006, 785; vom 8. März 2006 II R 73/04 und [X.], [X.]FH/NV 2006, 1661 und 1662; vom 19. [X.]ezember 2007 [X.]/06, [X.]FHE 218, 419, [X.]St[X.]l II 2008, 260, und vom 19. November 2008 [X.], [X.]FH/NV 2009, 587).

9

[X.]as [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 in Gestalt der [X.] vom 18. Juni 2007 betrifft, und die Klage gegen die [X.] vom 26. und 27. April 2010 abzuweisen.

[X.]ie [X.] beantragen, die [X.] vom 26. und 27. April 2010 aufzuheben und die Revision des [X.] als unbegründet zurückzuweisen.

Sie halten an ihrer Auffassung fest, dass die [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 innerhalb der Festsetzungsfrist nicht wirksam bekannt gegeben worden seien. Aus dem Schreiben vom 23. September 2004 habe sich ergeben, dass die Sozietät nicht mehr bestanden habe und deshalb nicht mehr Empfangsbevollmächtigte habe sein können. Im [X.]ezember 2005 sei die Sozietät voll beendet gewesen. Sämtliche Mandate seien bereits im Jahr 2002 mit Zustimmung der Mandanten auf die Einzelpraxen der bisherigen Mitglieder der Sozietät übergegangen. [X.]as [X.] der [X.] habe auf deren Wunsch Steuerberater [X.] übernommen. Es liege zudem eine zur Unwirksamkeit der Zustellung liegende Verletzung zwingender [X.] vor, da die absendende [X.]ienststelle auf der zuzustellenden Sendung nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden sei. Eine Heilung dieses Mangels sei nicht möglich gewesen.

Entscheidungsgründe

II. [X.]ie Revision des [X.] ist aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet und hat auch in der Sache selbst Erfolg.

1. [X.]ie Revision führt gemäß § 127 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie die [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 in Gestalt der [X.] vom 18. Juni 2007 betrifft, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das [X.] zu entscheiden hatte, geändert hat. An die Stelle der ursprünglichen [X.], über die das [X.] entschieden hat, sind während des Revisionsverfahrens die Änderungsbescheide vom 26. bzw. 27. April 2010 getreten, die nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 [X.]O Gegenstand des Verfahrens geworden sind. [X.]as angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben ([X.]-Urteile vom 17. Januar 2008 [X.], [X.], 269; vom 12. Februar 2009 [X.], [X.], 467, [X.], 828, und vom 30. Juni 2010 II R 60/08, [X.], 78, [X.], 897). [X.]a sich aufgrund der Änderungsbescheide an den zwischen den [X.]eteiligten streitigen Punkten nichts geändert hat, bedarf es keiner Zurückverweisung nach § 127 [X.]O. [X.]ie vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des [X.]; sie fallen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg, weil das finanzgerichtliche Verfahren nicht an einem Verfahrensmangel leidet ([X.]-Urteile vom 15. März 2007 II R 5/04, [X.]E 215, 540,  [X.], 472, und in [X.], 78, [X.], 897).

2. [X.]ie Sache ist spruchreif. [X.]ie Klage gegen die [X.] vom 26. und 27. April 2010 ist unbegründet. Mit diesen [X.]escheiden wurde dem [X.]egehren der [X.] teilweise gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. [X.] stattgegeben. Eine Aufhebung der [X.]escheide oder weitere Herabsetzung der Steuer ist nicht geboten. [X.]ie [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 waren wirksam und lediglich hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Steuern rechtswidrig.

a) [X.]er wirksamen Zustellung der [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 an Steuerberater [X.] als [X.]evollmächtigten der [X.] gemäß § 122 Abs. 5 Satz 2 [X.] i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 2 [X.] stand nicht entgegen, dass die zwischen den Steuerberatern [X.] und [X.] bestehende Sozietät in der Rechtsform einer GbR inzwischen aufgelöst worden war. [X.]iese Auflösung hatte nicht zum Erlöschen der erteilten Vollmachten vom 7. Februar 2001 geführt.

aa) Sind die Vollmachten ihrem Wortlaut entsprechend so zu verstehen, dass sie den Steuerberatern [X.] und [X.] als mehreren [X.]evollmächtigten erteilt worden waren, so genügte in entsprechender Anwendung des § 84 der Zivilprozessordnung die Zustellung an einen von ihnen (vgl. [X.]eschluss des [X.]undesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 1998  9 [X.] 776/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1998, 3582, m.w.N.). [X.]ie Auflösung der Sozietät spielt keine Rolle.

bb) Sind die Vollmachten hingegen so auszulegen, dass die zwischen den Steuerberatern [X.] und [X.] bestehende Sozietät als solche bevollmächtigt war (zur Zulässigkeit der [X.]evollmächtigung einer Sozietät in der Rechtsform einer GbR vgl. [X.]eschluss des [X.]undesgerichtshofs --[X.]GH-- vom 17. September 2008  IV ZR 343/07, [X.], 440, unter Hinweis auf das [X.]GH-Urteil vom 29. Januar 2001 [X.], [X.]GHZ 146, 341), steht die Auflösung der Sozietät der Wirksamkeit der Zustellung der Steuerbescheide ebenfalls nicht entgegen.

Wird eine Sozietät von Rechtsanwälten oder Steuerberatern in der Rechtsform einer GbR, der eine Verfahrens- oder Prozessvollmacht erteilt worden war, aufgelöst, führt dies nicht zu einem Erlöschen der Vollmacht. [X.]urch die Auflösung einer GbR tritt abgesehen von dem möglichen Wechsel in der Geschäftsführung (§ 730 Abs. 2 Satz 2 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs) im Verhältnis zu den Geschäftspartnern der GbR zunächst keine Änderung ein (Urteil des [X.] vom 24. Juni 1998 8 U 258/97, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht --[X.]-- 1999, 67); die Identität der Gesellschaft bleibt auch in der [X.] bestehen. [X.]ie [X.] hat die bereits bestehenden Mandate fortzuführen, bis mit Zustimmung des jeweiligen Mandanten eine anderweitige Regelung (Vertragsübernahme durch einen der bisherigen Sozien) getroffen oder das Mandatsverhältnis beendet wird ([X.]ormann in [X.]/Wolf/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, Kommentar, § 59a [X.]R[X.]/§ 32 [X.] Rz 164; [X.]Prütting, [X.]undesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl., § 32 [X.] Rz 6 f.; [X.], [X.] 1999, 68).

[X.]ie Auflösung der zwischen den Steuerberatern [X.] und [X.] bestehenden Sozietät hatte somit auch dann, wenn die Sozietät als solche bevollmächtigt gewesen sein sollte, nicht zur Folge, dass die von den [X.] erteilten Vollmachten erloschen sind. [X.]ie Sozietät hat vielmehr insoweit im Außenverhältnis fortbestanden. Jeder der beiden Steuerberater war berechtigt, mit Wirkung für die [X.] und somit für die [X.] Zustellungen entgegenzunehmen ([X.]/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 84 Rz 1).

cc) War die Sozietät beim Erlass der [X.] vom 27. [X.]ezember 2005 nicht nur aufgelöst, sondern bereits vollbeendet, wie die [X.] im Revisionsverfahren vorgetragen haben, das [X.] aber nicht festgestellt hat, so ändert dies nichts an der Wirksamkeit der [X.]ekanntgabe der [X.]escheide. [X.]iese [X.]escheide waren nicht an die Sozietät [X.] und [X.], sondern an "St[X.]. [X.] und [X.]", in einem Fall mit dem vorangestellten Zusatz "Herrn", adressiert. Wie bereits ausgeführt, genügte die [X.]ekanntgabe an Steuerberater [X.] als einen dieser Steuerberater den gesetzlichen Anforderungen (oben [X.]), zumal dieser das [X.] der [X.] übernommen hatte, wie sich aus dem Schreiben vom 6. Januar 2006 an das [X.] und den Ausführungen der [X.] im Revisionsverfahren ergibt.

b) [X.]ie Vollmachten sind auch nicht durch Zeitablauf erloschen. Sie waren nicht befristet, sondern galten nach ihrem Wortlaut "bis auf den Widerruf". Ihnen lässt sich nicht entnehmen, dass sie lediglich für [X.] gelten sollten, die alsbald nach Abgabe der Erbschaftsteuererklärung ergehen. Sie sollten vielmehr auch für Rechtsbehelfe und Rechtsmittel und somit langfristig gelten. [X.]ass die [X.] die Vollmachten widerrufen hätten, hat das [X.] nicht festgestellt und bringen die [X.] auch nicht vor. Ein Widerruf der Vollmachten wäre zudem dem [X.] gegenüber gemäß § 80 Abs. 1 Satz 4 [X.] erst mit Zugang bei diesem wirksam geworden. Im Schreiben vom 23. September 2004 kann kein Widerruf der Vollmachten durch die [X.] gesehen werden. Aus dem Schreiben ging vielmehr hervor, dass jedenfalls Steuerberater [X.] weiterhin für die [X.] als [X.]evollmächtigter handeln wollte und sollte. Zudem ergibt sich das Fortbestehen der [X.]evollmächtigung von Steuerberater [X.] aus dessen Schreiben vom 6. Januar 2006 an das [X.] und den Ausführungen der [X.] im Revisionsverfahren zur im Jahr 2002 erfolgten Übernahme ihres [X.]s durch Steuerberater [X.].

c) Ebenfalls ohne [X.]edeutung ist, dass die [X.] nicht unter der Steuernummer ergangen sind, die auf den Vollmachten angegeben war. [X.]ie Vollmachten stellen verfahrensrechtliche Willenserklärungen dar, deren Inhalt durch Auslegung unter [X.]eachtung des "[X.]" zu ermitteln ist ([X.]-Urteil vom 19. Oktober 1994 II R 131/91, [X.]/NV 1995, 475). [X.]iese Auslegung ergibt, dass die Steuerberater [X.] und [X.] hinsichtlich der Festsetzung von Erbschaftsteuer gegen die [X.] in [X.]ezug auf den Nachlass ihres [X.] bevollmächtigt wurden, und zwar auch zur Empfangnahme der zu erwartenden [X.]. Eine Auslegung der Vollmachten dahingehend, dass sie nur für den Fall gelten sollten, dass die Steuerbescheide unter der in den Vollmachten angegebenen Steuernummer ergehen, scheidet aus. Eine solche Auslegung wäre mit Sinn und Zweck der Vollmachten nicht vereinbar. Es entsprach vielmehr den berechtigten Interessen der [X.] an einer sachgerechten [X.]eratung und Vertretung, dass die Vollmachten für das [X.] gelten sollten, und zwar auch für den Fall, dass, wie zu erwarten war, die Steuerbescheide nicht unter der zunächst vergebenen einheitlichen Steuer-Ermittlungsnummer, sondern unter Angabe von eigenen Steuernummern für jede der [X.] ergehen würden. [X.]ie unter Angabe von eigenen Steuernummern für jede der [X.] erfolgte [X.]ekanntgabe der ursprünglichen [X.] an die Steuerberater [X.] und [X.] war demgemäß auch nicht beanstandet worden.

d) [X.]ie [X.]escheide vom 27. [X.]ezember 2005 sind auch nicht deshalb unwirksam oder rechtswidrig, weil auf den [X.]escheidumschlägen das [X.] nicht namentlich bezeichnet war. [X.]ie Zustellung ist vielmehr am 29. [X.]ezember 2005 gemäß § 11 Abs. 3 [X.] durch Übergabe an die Angestellte von Steuerberater [X.] wirksam erfolgt.

aa) [X.]ei der Zustellung durch die Post mit [X.] ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Sendung mit der Anschrift des Empfängers und mit der [X.]ezeichnung der absendenden [X.]ienststelle, einer Geschäftsnummer und einem Vordruck für die [X.] zu versehen. Für den Nachweis einer wirksamen Zustellung ist dabei neben der Anschrift des Empfängers in erster Linie die Angabe der Geschäftsnummer entscheidend. [X.]a eine Postzustellungsurkunde nicht die Übergabe des --in einem verschlossenen Umschlag beförderten-- Schriftstücks selbst, sondern nur die Übergabe einer mit einer Geschäftsnummer bezeichneten Sendung bezeugt, stellt die Angabe der Geschäftsnummer auf der Sendung und auf der Postzustellungsurkunde die einzige urkundliche [X.]eziehung zwischen dieser und dem zuzustellenden Schriftstück her. Um die [X.] und den unveränderten Inhalt der Postsendung zu gewährleisten, muss die Geschäftsnummer infolgedessen die Identifizierung der zugestellten Sendung ermöglichen ([X.]-Urteil vom 13. Oktober 2005 [X.], [X.]E 211, 9, [X.]St[X.]l II 2006, 214, m.w.N.).

Ermöglicht die Geschäftsnummer die Identifizierung der zugestellten Sendung, ist die namentliche [X.]ezeichnung der absendenden [X.]ienststelle entbehrlich. Für die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 [X.] erforderliche [X.]ezeichnung der absendenden [X.]ienststelle reicht es dann vielmehr aus, wenn diese [X.]ienststelle aufgrund der auf dem [X.]escheidumschlag und gegebenenfalls in einem Sichtfenster des Umschlags gemachten Angaben eindeutig identifiziert werden kann. [X.]er Zweck der [X.] wird auch in einem solchen Fall erreicht. [X.]iese sind nicht Selbstzweck, sondern dienen dazu, die Tatsache des Zugangs eines Schriftstücks und dessen Zeitpunkt sicher nachweisen zu können und dem Adressaten der Zustellung eine zuverlässige Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück zu vermitteln ([X.]-Urteil vom 25. Januar 1994 [X.], [X.]E 173, 213, [X.]St[X.]l II 1994, 603; [X.]GH-Urteil vom 21. März 2001 VIII ZR 244/00, NJW 2001, 1946, unter [X.]). Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es, wenn die zugestellte Sendung identifiziert werden kann und die absendende [X.]ienststelle zwar nicht namentlich genannt wird, sich aber aus den auf der Sendung gemachten Angaben eindeutig ersehen lässt.

bb) So verhält es sich im Streitfall. [X.]ie auf den [X.]escheidumschlägen angegebenen Geschäftsnummern bezeichneten die darin enthaltenen [X.]escheide anhand der Steuernummern sowie der Art und des [X.]atums der [X.]escheide klar und eindeutig. [X.]ie absendende [X.]ienststelle ergab sich aus den ersten drei Ziffern der Steuernummern, die der Kennnummer des [X.] entsprachen, und war aufgrund der zusätzlichen Absenderangaben (Finanzverwaltung [X.], [X.] und Postleitzahl) problemlos identifizierbar.

e) [X.]ie Rücksendung der [X.]escheide an das [X.] führte nicht dazu, dass die bereits wirksam gewordene Zustellung wieder unwirksam wurde. Wurde ein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben, kann der Empfänger die [X.]ekanntgabe nicht nachträglich ungeschehen machen (vgl. Schwarz in [X.]/[X.]/[X.], § 7 [X.] Rz 10).

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht für die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens und für die bis zum Erlass der Änderungsbescheide vom 26. und 27. April 2010 angefallenen Kosten des Revisionsverfahrens auf § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.]O und für die übrigen Kosten des Revisionsverfahrens auf § 135 Abs. 1 [X.]O. Trotz erheblicher Verschiedenheit der [X.]eteiligung der [X.] am Streitwert bedarf es keiner Kostenentscheidung nach § 135 Abs. 5 Satz 2 [X.]O. [X.]ie [X.] haften zwar gesamtschuldnerisch für die auf sie entfallenden Gerichtskosten (§ 32 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes --GKG--). [X.]a die [X.] nur durch Teile des Streitgegenstandes betroffen sind, nämlich durch die jeweils gegen sie ergangenen Steuerbescheide, beschränkt sich aber die gesamtschuldnerische Haftung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 GKG für die einzelnen [X.] jeweils auf den [X.]etrag, der entstanden wäre, wenn die Klageverfahren nicht verbunden worden wären, ohne dass dies in der Entscheidungsformel ausgesprochen werden muss. [X.]ie bis zur Verbindung angefallenen Gerichtsgebühren sind getrennt nach den Streitwerten der bis dahin anhängigen einzelnen Verfahren zu bemessen ([X.]-[X.]eschlüsse vom 8. August 1968 V [X.] 29-32/68, [X.]E 93, 266, [X.]St[X.]l II 1968, 778, und vom 26. Mai 2000 [X.], [X.]/NV 2001, 43).

Meta

II R 30/09

12.01.2011

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 12. März 2009, Az: 3 K 2926/07 Erb, Urteil

§ 3 Abs 1 S 2 VwZG vom 25.06.2001, § 80 Abs 1 AO, § 84 ZPO, § 68 FGO, § 127 FGO, § 135 Abs 5 S 2 FGO, § 32 Abs 1 S 2 GKG, § 122 Abs 5 S 2 AO, § 8 Abs 1 S 2 VwZG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.01.2011, Az. II R 30/09 (REWIS RS 2011, 10554)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10554

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 52/15 (Bundesfinanzhof)

Bestimmtheit/Bestimmbarkeit des Inhaltsadressaten


VIII B 112/10 (Bundesfinanzhof)

Wirksamkeit der förmlichen Zustellung - Bestimmtheit und Vollständigkeit der Bezeichnung des Sendungsinhalts - Berücksichtigung des …


4 K 2701/19 (FG München)

Abzugsfähigkeit von Einkommensteuerschulden infolge einer von den Erben erklärten Betriebsaufgabe als Nachlassverbindlichkeit i.S. des § …


VIII R 41/09 (Bundesfinanzhof)

(Zurückbehaltung von Forderungen im Rahmen einer Praxiseinbringung i.S. des § 24 UmwStG - Zeitliche Erfassung …


II B 152/10 (Bundesfinanzhof)

Aussetzung des Verfahrens gegen einen Folgebescheid bis zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Grundlagenbescheids nicht …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.