Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2006, Az. VI ZR 322/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 5019

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. Februar 2006 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 253 Abs. 2; ZPO § 322 Abs. 1 Zum Umfang der Rechtskraft von Urteilen, die einer Klage auf Zahlung von Schmer-zensgeld stattgeben und eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger immaterieller Schäden (sog. immaterieller Vorbehalt) abweisen. [X.], Urteil vom 14. Februar 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], Pauge, [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 30. November 2004 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin streitet mit der beklagten Haftpflichtversicherung um weite-ren immateriellen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 14. Februar 1982. In einem Vorprozess hat ihr das [X.] nach außergerichtlicher Zahlung von 40.000 DM weitere 30.000 DM Schmerzensgeld zuerkannt, aber ihren Antrag auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz sämt-licher weiterer immaterieller Schäden mit Urteil vom 28. Januar 1993 abgewie-sen, weil mit einer Verschlimmerung der unfallbedingten Armschädigung nicht zu rechnen sei. Die Klägerin hat dieses Urteil zwar zur Höhe des zuerkannten 1 - 3 - [X.] erfolgreich angegriffen; die Abweisung des [X.] war jedoch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. 2 Im vorliegenden (Folge-) Rechtsstreit hat das [X.] die Beklagte mit Versäumnisurteil zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldbetrags von 50.000 • verurteilt, auf den Einspruch der Beklagten dieses Versäumnisurteil aber aufgehoben und die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen. Dem [X.] auf Zahlung weiteren Schmerzensgeldes stehe die [X.] der die Feststellungsklage abweisenden Entscheidung vom 28. Januar 1993 entgegen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht ihr un-ter Berücksichtigung ihrer Beeinträchtigungen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung ein weiteres Schmerzensgeld von 20.000 • zugespro-chen. Daneben hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Kläge-rin weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit in deren [X.] seit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine wesentli-che Verschlechterung eintrete und insoweit eine wesentliche Erhöhung des Schmerzensgeldes gerechtfertigt sei. Hiergegen richtet sich die vom [X.] beschränkt auf die Entscheidung über den Schmerzensgeldan-spruch zugelassene Revision der Beklagten. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Klägerin könne wegen seit Dezember 1997 erstmals offenbar gewordener und seit [X.] 1998 verstärkt aufgetretener Spätfolgen des Unfalls ein weiteres Schmerzensgeld verlangen. Die Rechtskraft des die Klage auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für sämt-3 - 4 - liche zukünftigen immateriellen Schäden abweisenden Urteils des [X.]s R. und des allein eine [X.] zuerkennenden Urteils des [X.] stehe dem nicht entgegen. Die Spätfolgen seien für einen medizinischen Sachverständigen zum Zeitpunkt der rechtskräftig gewordenen Entscheidungen nicht vorhersehbar gewesen. I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. 4 1. Die Revision ist nach Zulassung durch das Berufungsgericht wirksam auf den Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres immateriellen Schadens als rechtlich selbständigen Teil des [X.] beschränkt, über den [X.] hätte entschieden werden können (vgl. [X.], Urteile vom 9. Dezember 2003 - [X.] ZR 38/03 - [X.], 388 und vom 7. Dezember 2004 - [X.] ZR 119/04 - [X.], 381). 5 2. Frei von Rechtsfehlern ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld mit Urteil des [X.]s R. vom 28. Januar 1993 und des [X.] S. vom 13. Juli 1993 die Klägerin nicht daran hindert, für damals nicht vorhersehbare Spätfolgen des Unfalls ein weiteres Schmerzensgeld zu verlangen. 6 a) Verlangt ein Kläger für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den zuerkannten Betrag alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die entweder bereits eingetreten und objektiv er-kennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Ent-scheidung berücksichtigt werden konnte (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.], Urteile vom 11. Juni 1963 - [X.] ZR 135/62 - VersR 1963, 1048, 1049; vom 8. Juli 7 - 5 - 1980 - [X.] ZR 72/79 - [X.], 975 f.; vom 24. Mai 1988 - [X.] ZR 326/87 - [X.], 929 f.; vom 7. Februar 1995 - [X.] ZR 201/94 - [X.], 471, 472; vom 20. März 2001 - [X.] ZR 325/99 - VersR 2001, 876; vom 20. Januar 2004 - [X.] ZR 70/03 - [X.], 1334, 1335; [X.], Urteil vom 4. Dezember 1975 - [X.]/74 - [X.], 440, 441; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2005, § 253 Rdn. 50; [X.], ZPO, 21. Aufl., § 322 Rdn. 161; [X.]/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 322 Rdn. 13; [X.], [X.], 433, 439; von [X.], [X.], 525, 530; [X.], [X.], 532, 534; kritisch [X.], 2. Aufl., § 322 Rdn. 126). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des [X.] zu bemessen ([X.], Urteile vom 6. Dezember 1960 - [X.] ZR 73/60 - [X.], 164 f.; vom 20. März 2001 - [X.] ZR 325/99 - aaO; vom 20. Januar 2004 - [X.] ZR 70/03 - aaO; [X.], aaO, 439 f.; von [X.], aaO). Solche [X.], die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der [X.] unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und können des-halb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juni 1963 - [X.] ZR 135/62 -; vom 8. Juli 1980 - [X.] ZR 72/79 -; vom 24. Mai 1988 - [X.] ZR 326/87 -; vom 20. März 2001 - [X.] ZR 325/99 -; vom 20. Januar 2004 - [X.] ZR 70/03 -; [X.], Urteil vom 4. [X.] - [X.]/74 - alle aaO; [X.]([X.])[X.], 149, 167; [X.]/[X.], aaO, Rdn. 135, 143; [X.], aaO, Rdn. 161; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 27. Aufl., § 322 Rdn. 23 a.E.; [X.]/Vollkommer, - 6 - aaO, Rdn. 13 und Vor § 322 Rdn. 49; [X.], aaO, 440; Prütting/[X.], NZV 1989, 329, 330). 8 Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines [X.] erkennbar waren, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Sicht der [X.] oder der Vollständigkeit der Erfassung des [X.] durch das Gericht, sondern nach objektiven Gesichtspunkten, das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen eines insoweit Sachkundigen (vgl. [X.], Urteile vom 24. Mai 1988 - [X.] ZR 326/87 - und vom 7. Februar 1995 - [X.] ZR 201/94 - beide aaO; [X.], [X.], 82; [X.], [X.], 1541; [X.], [X.], 1551, [X.], [X.] 1994, 546, 548 f.; [X.], [X.], 120, 121; Musielak/Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 322 Rdn. 52). Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des [X.] berücksichtigt werden konnte (vgl. [X.], Urteile vom 8. Juli 1980 - [X.] ZR 72/79 -; vom 24. Mai 1988 - [X.] ZR 326/87 -; vom 7. Februar 1995 - [X.] ZR 201/94 - alle aaO; siehe auch [X.], Urteil vom 4. Dezember 1975 - [X.]/74 - aaO; [X.], NJW-RR 1999, 1590, 1591; [X.] in [X.]-RGRK, 12. Aufl., § 847 Rdn. 51). b) Nach diesen Grundsätzen, die die Revision nicht in Zweifel zieht, hat das Berufungsgericht im Streitfall zu Recht den Eintritt nicht vorhersehbarer Spätschäden bei der Klägerin bejaht mit der Folge, dass die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld im Vorprozess die nunmehr [X.] Spätschäden nicht umfasst. 9 aa) Das Berufungsgericht führt hierzu aus, den Entscheidungen von 1993 hätten ärztliche Beurteilungen und vor allem ein vom [X.] ein-geholtes Gutachten des Prof. F. zugrunde gelegen, in denen die aufgrund eines 10 - 7 - [X.] am rechten Arm aufgetretene Armplexuslähmung und der [X.] der Funktion des rechten Armes sowie der rechten Hand als wesentliche Unfallverletzungen hervorgehoben worden seien. Demgegenüber sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die bei der Klägerin durch neue physiologische Entwicklungen verursachten Spätfolgen des Nervenwur-zelabrisses im Bereich des Rückenmarks erheblich schwerwiegender. Ursache seien mit Liquorflüssigkeit gefüllte Zysten bzw. [X.], die sich als Fol-ge der [X.] nachträglich gebildet hätten. Die Zysten schafften eine Verbindung des Myelons (Rückenmark) zur [X.]. Bei [X.] der [X.] insbesondere beim Husten, Niesen oder sogar bei tiefem Ein- und Ausatmen könne es zu einer Reizung und auch Verziehung des [X.] mit attackeartigen Schmerzzuständen kommen, die ab Ende 1998 bei der Klägerin zur völligen Erwerbsunfähigkeit geführt hätten. Eine solche Spätfolge sei 1993 für einen Sachkundigen nicht vorhersehbar gewesen. Bei gezieltem Nachforschen habe der gerichtliche Sachverständige zwar Literaturstellen aus den Jahren 1973, 1985, 1990 gefunden, die auf eine Myelopathie als Spätfolge eines [X.]s hingewiesen hätten. Auf diese Literaturstellen habe er aber nur deshalb stoßen können, weil er gezielt nach einer Myelopathie als Folge eines [X.]s befragt worden sei. [X.]) Die auf diesen Feststellungen beruhende Beurteilung des [X.]s, die eingetretenen Spätfolgen seien 1993 aus objektiver Sicht eines Sachkundigen nicht so nahe liegend gewesen, dass sie bei den damali-gen [X.] hätten berücksichtigt werden können, ist nicht zu beanstanden. Die von der Revision angeführte Passage aus dem [X.] im Vorprozess, "Die Gesamtfolgen dieses Unfallereignisses lassen aber sicher bei dieser jungen Frau komplexe Folgen zurück, die nicht mehr re-parabel sind", weist entgegen der Auffassung der Revision schon sprachlich nicht auf objektiv erkennbare und im Einzelnen zu berücksichtigende künftige 11 - 8 - Spätfolgen, sondern allenfalls auf die zum damaligen Zeitpunkt bereits eingetre-tenen und als irreparabel angesehenen Körperschäden hin und rechtfertigt schon wegen der allgemein gehaltenen Formulierungen keine abweichende Beurteilung. 12 3. Das Berufungsgericht war unter den Umständen des Streitfalls auch durch die Abweisung der Feststellungsklage im Vorprozess nicht an einer statt-gebenden Entscheidung über die Anträge der Klägerin auf Zahlung eines weite-ren Schmerzensgeldes und auf Feststellung der Ersatzverpflichtung für künftige immaterielle Schädigungsfolgen gehindert. a) Grundsätzlich ist eine erneute Klage unzulässig, wenn ihr Streitgegen-stand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 1988 - [X.] ZR 341/87 - NJW 1989, 393, 394; [X.], [X.] 157, 47, 50, 53 f.; Urteile vom 17. Februar 1983 - [X.]/81 - NJW 1983, 2032; vom 9. April 1986 - IV b ZR 14/85 - NJW 1986, 2508; vom 17. März 1995 - [X.] - NJW 1995, 1757; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 63. Aufl., Einf. § 322 Rdn. 12; [X.]/[X.], aaO, Rdn. 10, 36 f.; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 9; [X.], aaO, Rdn. 22, 39, 199; [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rdn. 11; [X.]/[X.], aaO Vor § 322 Rdn. 19 und 21). 13 Ein Urteil auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schädigungsfol-gen schließt daher grundsätzlich (vgl. aber [X.], Urteil vom 28. September 1999 - [X.] ZR 195/98 - [X.], 1555) eine weitere derartige Feststellungs-klage aus, die auf den Lebenssachverhalt gestützt wird, über den bereits ent-schieden worden ist (vgl. [X.], aaO, Rdn. 38). 14 Wenn eine im Vorprozess entschiedene Rechtsfrage Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, so besteht die [X.] - 9 - wirkung in einer Bindung des Gerichts an die Entscheidung im Vorprozess (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 1988 - [X.] ZR 341/87 - aaO; [X.], [X.] 157, 47, 55; Urteile vom 17. Februar 1983 - [X.]/81 - und vom 17. März 1995 - [X.] - alle aaO; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 256 Rdn. 73; [X.], aaO, Rdn. 11, 13, 46 ff.; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 10; [X.], aaO, Rdn. 204 f.; [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rdn. 9 f.; [X.]/Vollkommer, aaO, Rdn. 19; vgl. auch [X.], [X.], 337, 341 f., alle m.w.[X.]). Im Verhältnis eines vorausge-gangenen [X.] zu einer nachfolgenden Leistungsklage bedeutet dies, dass die Abweisung einer auf Feststellung einer Forderung erhobenen Klage in der Sache insoweit Rechtskraft für eine später auf dieselbe Forderung gestützte Leistungsklage schafft, als das mit ihr erstrebte Prozessziel unter kei-nem rechtlichen Gesichtspunkt mehr aus demselben Lebenssachverhalt herge-leitet werden kann, der der Feststellungsklage zugrunde gelegen hat (vgl. [X.], Urteile vom 24. Juni 1969 - [X.] ZR 48/67 - NJW 1969, 2014, 2015; vom 22. November 1988 - [X.] ZR 341/87 - aaO; [X.], [X.] 157, 47, 54 f.; [X.]/[X.], aaO, Rdn. 73; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 58; [X.], aaO, Rdn. 205; [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rdn. 20; [X.]/Vollkommer, aaO, Rdn. 41). Die rechtskräftige Abweisung der auf Fest-stellung eines Anspruchs gerichteten Klage stellt grundsätzlich das [X.] dieses Anspruchs rechtskräftig fest ([X.], Urteil vom 1. Dezember 1993 - [X.]II ZR 41/93 - [X.], 422, 424; [X.]/Lauterbach/[X.], aaO, § 322 Rdn. 39; [X.], aaO, Rdn. 171; Musielak/Musielak, aaO, Rdn. 58; [X.], aaO, Rdn. 116; [X.], ZPO, 21. Aufl., § 256 Rdn. 167; [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 256 Rdn. 24; [X.]/Vollkommer, aaO, § 322 Rdn. 12). b) Diese Grundsätze erfahren jedoch eine Einschränkung in zeitlicher Hinsicht. Die Entscheidung des Gerichts stellt die Rechtslage im Regelfall nur 16 - 10 - für den Zeitpunkt zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung fest. Einig-keit besteht deshalb darüber, dass die Rechtskraft nicht daran hindert, sich zur Begründung einer neuen Klage auf Tatsachen zu berufen, die erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind ([X.], [X.] 37, 375, 380 f.; 83, 278, 280; 117, 1, 5; 157, 47, 51 f.; Urteile vom 11. März 1983 - [X.] - NJW 1984, 126, 127; vom 28. Mai 1986 - IV a ZR 197/84 - [X.], 756, 757; vom 26. April 1990 - [X.] - NJW 1990, 2469, 2470; vom 17. März 1995 - [X.] - aaO, 1758; vom 14. Juli 1995 - [X.] - [X.] 109, 395, 397; vom 13. November 1998 - [X.] - NJW-RR 1999, 376, 377; vom 2. März 2000 - [X.] - NJW 2000, 2022, 2023; vgl. auch [X.], Urteile vom 15. Juni 1982 - [X.] ZR 179/80 - [X.], 877, 878; vom 14. Juni 1988 - [X.] ZR 279/87 - [X.], 1139; vom 28. Juni 2005 - [X.] ZR 108/04 - [X.], 1159, 1160 m.w.[X.]; [X.], aaO, Rdn. 140; [X.]/Musielak, aaO, Rdn. 28; [X.], aaO, Rdn. 236 ff.; [X.], Festschrift für Mitsopoulos, 1993, 797, 798; Würthwein, [X.] 112, 447, 464). Es kann insbesondere geltend gemacht werden, der in dem Vorprozess als nach dem damaligen Sachstand nicht begründet abgewiesene Anspruch sei [X.] begründet geworden ([X.], [X.] 37, 375; 82, 246, 252; Urteile vom 3. Februar 1982 - IV b [X.] - NJW 1982, 1284, 1285; vom 28. Mai 1986 - IV a ZR 197/84; vom 14. Juli 1995 - [X.] - beide aaO; [X.], aaO, Rdn. 240; [X.]/Vollkommer, aaO, Vor § 322 Rdn. 53, 55 f.). Allerdings kann der Geltendmachung nachträglich eingetretener und nicht vorhersehbarer Spätschäden die Rechtskraft des [X.] vom 28. Januar 1993 entgegenstehen, wenn dieses auf einer Prognose beruht. Ob dies der Fall ist, entscheidet sich danach, über welchen Klagegrund im Erstprozess entschieden wurde. Die Entscheidung über einen Feststellungsan-trag im [X.] kann auch nicht vorhersehbare Spätschäden umfassen. Der [X.] hat bereits entschieden, dass solche Spätschäden [X.] 11 - genstand einer Feststellungsklage sein können (vgl. [X.], Urteile vom 11. Juli 1989 - [X.] ZR 234/88 - [X.], 1055, 1056; vom 15. Juli 1997 - [X.] ZR 184/96 - [X.], 1508, 1509; vom 16. Januar 2001 - [X.] ZR 381/99 - VersR 2001, 874, 875). Dies setzt allerdings voraus, dass ent-sprechend vorgetragen wird. Zum Klagegrund rechnen nicht Tatsachen, die im Vortrag des [X.] nicht einmal angedeutet sind, von seinem Standpunkt aus nicht vorgetragen werden mussten und auch bei natürlicher Anschauung nicht zu dem angesprochenen Lebenssachverhalt gehörten (vgl. [X.] 117, 1, 6). Das gilt erst recht, wenn sie nicht vorgetragen werden konnten, weil sie auch sachkundigen Personen objektiv (noch) nicht bekannt waren. c) Nach den dargelegten Grundsätzen waren hier die zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] auch in Fachkreisen unbekannten künftigen Folgeschäden vom Streitgegenstand der Feststellungsklage nicht umfasst. 17 Die Klägerin hatte im Vorprozess beantragt, "festzustellen, dass die [X.] der Klägerin – sämtliche weiteren – immateriellen Schäden zu [X.] haben, die im ursächlichen Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 14. Februar 1982 stehen, – ." Das [X.] hat auf der Grundlage dieses Vortrags die Klage abgewiesen, weil aufgrund der eingeholten Sachverständi-gengutachten und der Anhörung der Klägerin von einem Endzustand der [X.] auszugehen sei. Eine Besserung werde wahrscheinlich nicht [X.], mit einer Verschlimmerung sei nicht zu rechnen. Dabei hat es andere [X.] als die Armschädigung nicht in den Blick genommen und infolge-dessen nicht über die später aufgetretenen, als Unfallfolge damals auch [X.] objektiv nicht bekannten und von diesen nicht zu erwartenden [X.] entschieden. Es hat mithin die Feststellungsklage für unbe-gründet gehalten, weil es die Möglichkeit künftiger Verletzungsfolgen verneint hat. Von dieser Klageabweisung wird jedoch der nunmehr geltend gemachte 18 - 12 - Sachverhalt nicht erfasst, wonach solche für einen Sachkundigen nicht vorher-sehbare unfallbedingte Verletzungsfolgen tatsächlich eingetreten sind. Deshalb sind solche für Fachkreise unbekannte und deshalb nicht voraussehbare Spät-folgen von der Abweisung der damaligen Feststellungsklage nicht umfasst. Dem steht die Entscheidung des erkennenden [X.]s vom 22. November 1988 (- [X.] ZR 341/87 - NJW 1989, 393) nicht entgegen. Diese befasst sich lediglich mit für Fachkreise vorhersehbaren künftigen Schadensfolgen. Bei dieser Sachlage war die Klägerin nicht gehindert, im vorliegenden Verfahren geltend zu machen, dass entgegen der im Vorprozess gestellten Prognose damals sogar für Sachkundige nicht vorhersehbare Spätschäden tat-sächlich entstanden und durch den Unfall verursacht sind. 19 - 13 - 4. Nach allem ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. 20 [X.] [X.] Pauge [X.] Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 26.04.2004 - 3 O 336/01 - [X.], Entscheidung vom 30.11.2004 - 10 U 121/04 -

Meta

VI ZR 322/04

14.02.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.02.2006, Az. VI ZR 322/04 (REWIS RS 2006, 5019)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5019

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