Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2013, Az. 3 StR 52/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7092

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Gegenstand

Absehen von Verfallsanordnung: Prüfungsreihenfolge


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. Dezember 2012 unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen im Ausspruch über den Verfall aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und Wertersatzverfall in Höhe von 60.000 € angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf eine nicht ausgeführte und deshalb unzulässige (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) Formalrüge sowie die Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO; jedoch hält der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.

2

Der [X.] hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:

"Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte aus dem Verkauf der Betäubungsmittel Erlöse in Höhe von 76.751 € erzielt. Da er die Gewinne, die ihm nach Abzug der von ihm bezahlten Kaufpreise verblieben waren, im Zeitpunkt der Verurteilung bereits verbraucht hatte, hat die [X.] Verfall von Wertersatz angeordnet und diesen im Hinblick auf die angespannte finanzielle Lage des mit erheblichen Kreditverbindlichkeiten aus dem Erwerb des Hauses belasteten Angeklagten auf 60.000 € beschränkt. Die [X.] teilt schon nicht mit, auf welcher Grundlage - § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB oder § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB - sie teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen hat. Wegen des systematischen Verhältnisses der beiden Regelungen [vgl. hierzu Senat in BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)] ist regelmäßig zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73c Abs.1 Satz 2 StGB zu prüfen. Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden sind (BGHSt 33, 37, 39f; [X.], 75; 2003, 144; [X.], 576f). Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat 'erlangt' hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüber zu stellen ([X.], 86f). Wenn hiernach auch ein Gegenwert des [X.] im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden ist, kann der Tatrichter von einer Verfallsanordnung absehen. An diesen Grundsätzen gemessen ist die [X.] zwar zunächst - rechtsfehlerfrei - davon ausgegangen, dass aufgrund des nach § 73 Abs. 1 StGB geltenden Bruttoprinzips der gesamte Verkaufserlös aus den [X.] für verfallen zu erklären ist. Anschließend fehlen jedoch konkrete Feststellungen dazu, in welchem Umfang zum Zeitpunkt des tatrichterlichen Urteils der Wert des aus den Straftaten [X.] im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war [vgl. [X.], 23, 25; BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)]. Zu dem (noch vorhandenen) Vermögen des Angeklagten verhalten sich die [X.] nicht. Zwar ist dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen, dass der Angeklagte über einen Pkw verfügt und mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 2010 ein - vollfinanziertes - Einfamilienhaus erworben hatte, aber die Urteilsgründe lassen Ausführungen zu den Eigentumsverhältnissen (Alleineigentum oder Miteigentum) und zum Wert sowohl des Pkws als auch des mit dem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks - insbesondere zur Höhe der (vom Angeklagten) bereits erbrachten Tilgung - vermissen (vgl. BGHSt 38, 23, 25 zur Anrechenbarkeit von Immobilieneigentum bei Verwendung dem Verfall unterliegender Mittel zur Schuldentilgung). Die 'erheblichen Kreditverbindlichkeiten' des Angeklagten sind ebenfalls nicht beziffert. Deshalb ist dem Urteil selbst die ungefähre Höhe der Entreicherung des Angeklagten nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund fehlt eine tragfähige Grundlage für die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens. Da nicht auszuschließen ist, dass aufgrund einer zureichenden Beurteilungsgrundlage auf einen geringeren Verfallsbetrag erkannt worden wäre, weil - worauf die [X.] mit ihren Erwägungen zu der angespannten finanziellen Lage des Angeklagten ersichtlich abstellte - die Resozialisierung des Angeklagten nicht durch zu hohe finanzielle Belastungen gefährdet werden soll (BGHSt 48, 40f mwN), kann die getroffene Anordnung keinen Bestand haben.

Die im angefochtenen Urteil zur Verfallsanordnung getroffenen Feststellungen sind von dem [X.] nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben."

3

Dem schließt sich der Senat an.

4

Die Sache bedarf deshalb zum (Wertersatz-)Verfall neuer Verhandlung und Entscheidung. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.

[X.]                            Hubert                            Schäfer

                     Gericke                          Spaniol

Meta

3 StR 52/13

21.03.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Hildesheim, 13. Dezember 2012, Az: 12 KLs 19 Js 21424/12

§ 73c Abs 1 S 1 StGB, § 73c Abs 1 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2013, Az. 3 StR 52/13 (REWIS RS 2013, 7092)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7092

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