Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2013, Az. 3 StR 179/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3564

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Gegenstand

Verfallsanordnung: Voraussetzungen bei mehreren Mittätern eines schweren Bandendiebstahls; Feststellung des Erlangten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Januar 2013 im Ausspruch über die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben. Die zugehörigen bisherigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf einen Verfall von Wertersatz "in Höhe von mindestens 50.000 €" erkannt werde, da Ansprüche der Verletzten dem entgegenstehen. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der [X.] hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

"Zwar hat die [X.] zutreffend die gestohlenen Gegenstände als das aus den Taten unmittelbar 'Erlangte' im Sinne des § 73 StGB angesehen und hat - da das Diebesgut mittlerweile veräußert worden war - den dem Wertersatzverfall im Sinne des § 73a StGB entsprechenden Geldbetrag grundsätzlich in Höhe des Verkehrswerts des [X.] beziffert. Dass sie im Tenor lediglich einen wertmäßig dahinter zurückbleibenden Geldbetrag benannt hat, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO erwirbt, beschwert den Angeklagten nicht. Fraglich erscheint jedoch, ob dem Angeklagten ein Vermögenswert in der benannten Größenordnung unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des [X.] zugeflossen ist (BGHSt 52, 227, 246), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, wenn auch nicht notwendig rechtliche) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (BGHSt 51, 65, 68; [X.], 85). Hierfür würde genügen, wenn der Angeklagte gemeinsam mit den gesondert Verfolgten oder den Mitangeklagten faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über die [X.] erlangt hätte ([X.], 92f), was die [X.] annimmt ([X.]). Nach den Feststellungen oblag die unmittelbare Ausführung der [X.] jedoch jeweils zwei Mittätern, die 'Aufbewahrung' der [X.] erfolgte (ebenfalls) bei den Mittätern in der [X.]      . Welche(r) Mittäter die Verwertung übernahm(en), insbesondere ob auch der Angeklagte hieran beteiligt war, und welchen Anteil jeder Mittäter aus der Beute erhielt, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Die Feststellungen belegen demnach allenfalls eine Mitverfügungsgewalt des Angeklagten während des Transports von Beute und Mittätern zur [X.]      . Dass dieser kurzfristige und vorübergehende Zustand genügen soll, um einen (gegebenenfalls anschließend wieder durch [X.] geminderten) Vermögenszufluss beim Angeklagten anzunehmen, begegnet durchgreifenden Bedenken (vgl. [X.], 568; [X.], 92 verneint eine gemeinsame Mitverfügungsmacht über den gesamten Betrag, weil der Angeklagte den Gesamtbetrag nur 'kurzfristig und transitorisch' erhalten und deren Beuteanteile an seine Mittäter weitergeleitet hatte).

Die Urteilsausführungen lassen darüber hinaus die revisionsrechtliche Überprüfung erlaubende Darlegungen zur Ablehnung des § 73c StGB vermissen. § 73c StGB ist - wovon auch die [X.] im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Abhängig von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten können deshalb bei mehreren [X.] und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sein (BGHSt 56, 40, 50f). Die [X.] hat - ausdrücklich - lediglich geprüft, ob auf der Grundlage des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB von der Anordnung des Verfalls abzusehen sei und hat dies verneint ([X.]). Wegen des systematischen Verhältnisses von § 73c Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StGB [vgl. hierzu Senat in BGHR StGB § 73c Härte 14 (Gründe)] ist jedoch regelmäßig zunächst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB zu prüfen. Nach dieser Vorschrift kann eine Verfallsanordnung unterbleiben, soweit das Erlangte oder dessen Wert zum Zeitpunkt der tatrichterlichen Entscheidung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist (BGHSt 33, 37, 39f; [X.], 75; 2003, 144; [X.], 576f). Es ist deshalb zunächst festzustellen, was der Angeklagte aus der Tat 'erlangt' hat, sodann ist diesem Betrag der Wert seines noch vorhandenen Vermögens gegenüber zu stellen ([X.], 86f). Wenn hiernach ein Gegenwert des [X.] im Vermögen des Angeklagten nicht mehr (vollständig) vorhanden ist, verlangt § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Ausübung tatrichterlichen Ermessens, ob (teilweise) von einer Verfallsanordnung abzusehen ist. Zu dem noch vorhandenen Vermögen des Angeklagten verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Zwar lassen der Umstand, dass die [X.] einen Auffangrechtserwerb des Staates in Höhe von 50.000,- € angeordnet hat, und die Ausführungen, wonach das Gericht durch gesonderten Beschluss gemäß § 111i Abs. 3 StPO den dinglichen Arrest aus dem Beschluss des [X.] im Rahmen der Rückgewinnungshilfe in Bezug auf den Angeklagten [X.]entschieden habe ([X.]), auf noch vorhandenes Vermögen beim Angeklagten schließen. In welcher Höhe sich dieses beläuft, wird jedoch nicht mitgeteilt. Im Rahmen der persönlichen Verhältnisse stellt die [X.] lediglich fest, dass der verheiratete und gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtige Angeklagte als Landschaftsbauer ein Monatseinkommen von 1.500 bis 1.600 € netto bezog ([X.]). Zu etwaigen Einkünften seiner Ehefrau verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Dass die Benennung eines - gegenüber dem Verkehrswert der [X.] - geringeren Betrags, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterfallen soll, in Ausübung des der [X.] nach § 73 Abs.1 Satz 2 StGB zustehenden Ermessens erfolgt sein könnte, ist nicht ersichtlich, zumal auch die Beurteilungsgrundlagen nicht dargelegt werden. Die Anordnung kann deshalb keinen Bestand haben."

3

Dem schließt sich der Senat an. Über die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen, ist deshalb erneut zu befinden. Einer Aufhebung der dazu rechtsfehlerfrei getroffenen bisherigen Feststellungen bedarf es nicht. Soweit der neue Tatrichter zusätzliche weitere Feststellungen trifft, dürfen diese zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

[X.]                    Hubert

              Mayer                  [X.]

Meta

3 StR 179/13

08.08.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg), 29. Januar 2013, Az: 5 KLs 64/12

§ 73 Abs 1 S 1 StGB, § 73a S 1 StGB, § 73c Abs 1 S 2 StGB, § 111i Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.08.2013, Az. 3 StR 179/13 (REWIS RS 2013, 3564)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3564

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