Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2016, Az. VIII R 55/13

8. Senat | REWIS RS 2016, 3631

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Gegenstand

Berücksichtigung des Barausgleichs des Stillhalters bei Optionsgeschäften als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - Sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Verlusten aus Termingeschäften


Leitsatz

1. Bei Optionsgeschäften führt der im Rahmen des Basisgeschäfts gezahlte Barausgleich vor Einführung der Abgeltungsteuer sowohl beim Stillhalter als auch beim Optionsinhaber zu Einkünften aus Termingeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.F. .

2. Der Barausgleich ist beim Stillhalter auch nach Einführung der Abgeltungsteuer als Verlust aus einem Termingeschäft nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG abzugsfähig (entgegen BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Rz 26 und 34) .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. August 2013  2 K 35/13 aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 2. Dezember 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2013 wird dahingehend abgeändert, dass bei den Einkünften des [X.] aus Kapitalvermögen [X.] des § 20 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes negative Kapitalerträge in Höhe von 19.299 € zu berücksichtigen sind.

Zudem sind die Kapitalerträge der Kläger [X.] des § 20 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Höhe von jeweils 6 € mit den im Streitjahr entstandenen negativen Einkünften des [X.] gemäß § 23 des Einkommensteuergesetzes in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung in Höhe von 165.791 € zu verrechnen.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu 90 % und der Beklagte zu 10 % zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Streitig ist, ob Verluste aus [X.] steuerlich zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und [X.] (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2009) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger tätigte diverse Optionsgeschäfte an der [X.]. Er räumte am 19. Dezember 2008 Verkaufsoptionen auf den [X.] Euro-Stoxx-50-Index ([X.]) mit der Verpflichtung ein, zum Ende der Laufzeit am 19. Juni 2009 die Differenz zwischen dem tatsächlichen [X.] und dem Basiswert auszugleichen (Option 1). Er erhielt hierfür eine Stillhalterprämie in Höhe von 168.952 €, die im Jahr 2008 seinem Depot gutgeschrieben wurde. Bei Endfälligkeit im [X.] zahlte er einen Barausgleich ("Cash-Settlement") in Höhe von 165.791 €. Der Kläger räumte am 17. April 2009 Kaufoptionen auf den [X.] ein mit der Verpflichtung, zum Ende der Laufzeit am 19. Juni 2009 die Differenz zwischen dem tatsächlichen [X.] und dem Basiswert auszugleichen (Option 2). Er erhielt hierfür eine Stillhalterprämie in Höhe von 11.702 € und zahlte im [X.] einen Barausgleich in Höhe von 19.299 €.

3

Die Kläger stellten in der Einkommensteuererklärung für 2009 den Antrag auf Überprüfung des [X.] nach § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes 2009 (EStG). Sie machten geltend, dass bei den vom Kläger im Streitjahr erzielten Stillhalterprämien in Höhe von insgesamt 203.135,23 € der bei Endfälligkeit gezahlte Barausgleich in Höhe von insgesamt 185.090 € in Abzug zu bringen sei.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) folgte dem nicht und legte der Besteuerung im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 2. Dezember 2010 folgende nach § 32d Abs. 1 EStG zu besteuernde Kapitaleinkünfte zugrunde:

        

Kläger

Klägerin

Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 EStG

203.355 €

529 € 

Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanlagen i.S. des § 20 Abs. 2 EStG (ohne Aktien)

6 € 

6 € 

Zwischensumme

203.361 €

535 € 

abzüglich Sparer-Pauschbetrag

./. 1.067 €

./. 535 €

Kapitalerträge i.S. des § 32d Abs. 1 EStG

202.294 €

0 € 

5

Es wies den hiergegen erhobenen Einspruch zurück, da der Barausgleich ein einkommensteuerrechtlich unbeachtlicher Vermögensschaden sei, der die Einnahmen aus der Stillhalterprämie nicht mindere. Das Finanzgericht ([X.]) hat der hiergegen erhobenen Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 541 veröffentlichten Urteil vom 28. August 2013  2 K 35/13 stattgegeben.

6

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 und Abs. 9 EStG. Entgegen der Auffassung des [X.] sei der Barausgleich nicht in verfassungskonformer Auslegung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG wie die Prämien eines Glattstellungsgeschäftes von den Stillhalterprämien abzuziehen, sondern steuerlich nicht zu berücksichtigen.

7

Das [X.] beantragt,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das [X.] ([X.]) ist dem Verfahren beigetreten und hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision des [X.] ist begründet. [X.]as Urteil des [X.] ist aufzuheben und der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 2. [X.]ezember 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2013 im Umfang des Tenors zu ändern (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

[X.]er vom Kläger bei Endfälligkeit des [X.] gezahlte Barausgleich in Höhe von 165.791 € ist gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der bis zum 31. [X.]ezember 2008 geltenden Fassung (a.[X.]) als Verlust aus einem privaten Veräußerungsgeschäft steuerlich zu berücksichtigen (s. hierzu unter 1.). [X.]er Verlust ist gemäß §§ 23 Abs. 3 Satz 9, 20 Abs. 6 Satz 1 EStG mit den Einkünften der Kläger aus § 20 Abs. 2 EStG zu verrechnen (s. hierzu unter 2.). [X.]er vom Kläger bei Endfälligkeit des [X.] 2 gezahlte Barausgleich in Höhe von 19.299 € ist als Verlust aus einem Termingeschäft gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4 Satz 5 EStG steuerlich zu berücksichtigen (s. hierzu unter 3.). [X.]er Verlust ist gemäß § 20 Abs. 6 Satz 2 EStG mit den Einkünften der Kläger aus § 20 Abs. 1 EStG zu verrechnen (s. hierzu unter 4.). [X.]ie Sache ist spruchreif (s. hierzu unter 5.).

1. [X.]er Barausgleich aus der Option 1 in Höhe von 165.791 € ist nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] als Verlust aus einem Veräußerungsgeschäft steuerlich zu berücksichtigen. Für eine analoge Anwendung des mit der [X.] eingeführten § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ist mangels einer Regelungslücke --entgegen der Rechtsansicht des [X.]-- kein Raum.

a) Nach § 52a Abs. 11 Satz 6 EStG i.d.[X.] ([X.]) 2008 vom 14. August 2007 ist § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] weiterhin auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen [X.], Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31. [X.]ezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 erfolgt ist. [X.]er Kläger hat die Option 1 am 19. [X.]ezember 2008 gewährt, so dass nach der Übergangsregelung § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] anwendbar ist.

b) Wie der [X.] ([X.]) bereits in seinen Urteilen vom 13. Februar 2008 IX R 68/07 ([X.]E 220, 436, [X.], 522, unter [X.]), vom 11. Februar 2014 IX R 10/12 ([X.]/NV 2014, 1020, unter [X.]), vom 12. Juli 2016 IX R 11/14 (juris, unter [X.]) und in seinem Beschluss vom 25. Mai 2010 IX B 179/09 ([X.]/NV 2010, 1627, unter [X.]) ausgeführt hat, zählt der Verlust des Stillhalters, der durch einen Barausgleich im Basisgeschäft entsteht, seit der Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] durch das [X.] vom 24. März 1999 ([X.], 402) nicht mehr zur nicht steuerbaren Vermögensebene. Unter das Termingeschäft fällt auch der Barausgleich, so dass dieser im Rahmen der Einkunftsart des § 22 Nr. 2 EStG (private Veräußerungsgeschäfte § 23 Abs. 1 EStG) steuerlich zu berücksichtigen ist (ebenso: [X.]/[X.], § 23 EStG Rz 73; [X.]/[X.] in [X.], EStG, § 20 EStG Rz 511; von [X.] in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 20 Rz 116a; [X.]/[X.], [X.] --[X.]StR-- 2015, 198 f.; [X.]/[X.], [X.] 2010, 1053 f.; [X.]/[X.], Betriebs-Berater --BB-- 2008, 1101 f.).

Aus dem Beschluss des [X.] ([X.]) vom 11. Oktober 2010  2 BvR 1710/10 ([X.] 2011, 89), mit dem der [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2010, 1627 aufgehoben wurde, folgt nichts anderes. [X.]ie dortigen Ausführungen beruhen auf den Besonderheiten eines Eilverfahrens und beziehen sich auf die im Aussetzungsverfahren gebotene Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes. Sie treffen keine Aussage zu der vorliegenden Streitfrage (so auch [X.]-Urteil in [X.]/NV 2014, 1020, unter [X.]).

c) An dieser Rechtsprechung hält der [X.] auch im vorliegenden Fall fest.

aa) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG a.[X.] sind private Veräußerungsgeschäfte "Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen [X.] oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldvorteil oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen [X.], Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt". [X.] Moment für die Besteuerung ist die [X.]urchführung des Basisgeschäfts oder des [X.]s innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Veräußerungsfrist (vgl. [X.]-Urteil vom 19. [X.]ezember 2007 IX R 11/06, [X.]E 219, 574, [X.], 519). Hierunter fällt nach herrschender Auffassung auch der von dem Stillhalter gezahlte Barausgleich. [X.]ieser Barausgleich ist der [X.] [X.] § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] [X.]as Gesetz erfasst mit dem Barausgleich nicht nur eine positive [X.]ifferenz, sondern folgerichtig auch eine negative [X.]ifferenz als Verlust. Vorteil ist danach auch der Nachteil, soweit er auf dem Basisgeschäft beruht (vgl. [X.]-Urteil vom 26. September 2012 IX R 50/09, [X.]E 239, 95, [X.], 231, unter II.2.c).

bb) Zwar wird in der Rechtsprechung des [X.] auch darauf verwiesen, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] lediglich Optionen betrifft, die der Berechtigte erwirbt, nicht aber solche, die er einräumt (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 11. Februar 2014 IX R 46/12, [X.]/NV 2014, 1025, unter [X.] cc; vom 17. April 2007 IX R 40/06, [X.]E 217, 566, [X.], 608). [X.]iese Aussage bezieht sich jedoch allein auf die Besteuerung der Stillhalterprämie, die nach der Rechtslage vor der Einführung der [X.] unter den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG a.[X.] fiel. [X.]ie Stillhalterprämie ist kein Geldbetrag [X.] § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.], weil sie sich nicht durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmt. Es handelt sich um die Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, nämlich für die vom Stillhalter vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, aus der Option in Anspruch genommen zu werden ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2014, 1025, unter [X.]). [X.]avon getrennt zu betrachten ist die Besteuerung des Basisgeschäfts bzw. des [X.]s, da bei der Besteuerung eines [X.] zwischen [X.], Basisgeschäft und Gegen- bzw. Glattstellungsgeschäft zu trennen ist (ständige Rechtsprechung zur Rechtslage vor Einführung der [X.], z.B. [X.]-Urteile vom 10. Februar 2015 IX R 8/14, [X.]/NV 2015, 830, unter [X.]; in [X.]/NV 2014, 1025, unter [X.]; in [X.]/NV 2014, 1020, unter [X.]; in [X.]E 220, 436, [X.], 522, unter [X.], m.w.N.). Soweit der [X.] mit seinen Urteilen jeweils vom 12. Januar 2016 IX R 48/14 ([X.]E 252, 423, [X.], 456), IX R 49/14 ([X.]E 252, 430, [X.], 459) und [X.] ([X.]E 252, 436, [X.], 462) seine Rechtsprechung dahingehend geändert hat, dass beim [X.] die Anschaffung der Option und der Ausgang des [X.] (Eröffnungs- und Basisgeschäft) bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise grundsätzlich als Einheit betrachtet werden müssen, gilt dies nur für die veränderte Gesetzeslage durch das [X.] 2008 und ist auf die Besteuerung des Stillhalters vor Einführung der [X.] nicht zu übertragen.

cc) Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 5 EStG a.[X.] ist "Gewinn oder Verlust bei einem Termingeschäft nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 [...] der [X.] oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Werbungskosten". Hierunter fällt auch der negative [X.] als Verlust. Auch ein solcher kann bei einem Termingeschäft "erlangt" werden ([X.]-Urteil in [X.]E 239, 95, [X.], 231, unter II.2.c; a.A. [X.] Hamburg, Urteil vom 10. Juni 2016  5 K 185/13, E[X.] 2016, 1432).

dd) [X.]ie steuerliche Erfassung eines negativen [X.]s des Stillhalters ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Sie entspricht dem Gebot der Folgerichtigkeit und Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (vgl. u.a. [X.]-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, [X.]E 127, 224, [X.], 1766, unter [X.].I[X.] und 2.). [X.]ie Leistungsfähigkeit des Stillhalters ist um den Barausgleich gemindert. [X.]er Barausgleich ist danach als Verlust ebenso steuerlich zu berücksichtigen wie die als positive Einkünfte an den Stillhalter gezahlte Prämie, die vor der Einführung der [X.] gemäß § 22 Nr. 3 EStG a.[X.] der Besteuerung unterlag (ständige Rechtsprechung, zuletzt [X.]-Urteil in [X.]/NV 2015, 830).

d) [X.]ie Ausübung der Option 1 erfolgte am 19. Juni 2009 und damit innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] von einem Jahr. [X.]anach ist der vom Kläger im Streitjahr gezahlte Barausgleich für die Option 1 in Höhe von 165.791 € als Verlust aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 5 EStG a.[X.] steuerlich zu berücksichtigen.

2. [X.]er Verlust aus der Option 1 ist jedoch --entgegen der Auffassung des [X.]-- nicht mit den Kapitalerträgen des [X.] [X.] § 20 Abs. 1 EStG zu verrechnen. [X.]er unter die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] fallende Altverlust kann gemäß §§ 23 Abs. 3 Satz 9, 20 Abs. 6 Satz 1 EStG nur mit positiven Einkünften der Kläger [X.] § 20 Abs. 2 EStG in Höhe von jeweils 6 € ausgeglichen werden. [X.]er darüber hinaus gehende Klageantrag ist abzuweisen.

a) Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften dürfen nach § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ausgeglichen werden. [X.]iese Verlustverrechnungsmöglichkeit ist im Streitfall nicht gegeben, da die Kläger im Streitjahr keine positiven Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften [X.] § 23 EStG erzielt haben.

b) Für sog. [X.] aus Veräußerungsgeschäften, auf die § 23 EStG a.[X.] anzuwenden ist, hat der Gesetzgeber eine zusätzliche Verlustverrechnungsmöglichkeit geschaffen. Nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG kann ein Verlust aus einem Termingeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] abweichend von Satz 7 der Vorschrift auch mit Einkünften aus § 20 Abs. 2 EStG i.d.[X.] des [X.] 2008 verrechnet werden. Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG sind verbleibende positive Einkünfte aus Kapitalvermögen nach der Verrechnung [X.] § 43a Abs. 3 EStG zunächst mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG zu verrechnen. [X.]er Altverlust des [X.] aus der Option 1 ist somit mit seinen positiven Einkünften [X.] § 20 Abs. 2 EStG in Höhe von 6 € zu verrechnen.

aa) [X.]ie erweiterte Verlustverrechnung nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG bezieht sich ihrem eindeutigen Wortlaut und ihrem Zweck nach nicht auf positive Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 EStG. [X.]enn durch die Übergangsregelung sollte die bestehende Verlustverrechnung innerhalb der ursprünglich selben Einkunftsquelle nur beibehalten, nicht hingegen auf andere [X.] erweitert werden. Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 EStG a.[X.] waren auch vor Einführung der [X.] nur innerhalb des Verlustverrechnungskreises des § 23 EStG a.[X.] und nicht mit Einkünften nach § 20 Abs. 1 EStG a.[X.] verrechenbar.

bb) [X.]ie [X.] aus Termingeschäften werden dadurch zwar schlechter behandelt als [X.] aus Termingeschäften, die auch mit positiven Einkünften aus § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden können (s.u.). [X.]er [X.] sieht die Fortgeltung der Verlustverrechnungsbeschränkung für [X.] jedoch vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Übergangs von der Besteuerung der Termingeschäfte als private Veräußerungsgeschäfte zur Besteuerung als Kapitaleinkünfte nach der [X.] als gerechtfertigt an (vgl. [X.]-Urteil vom 3. November 2015 VIII R 37/13, [X.]E 252, 274, [X.], 273). Zum einen führt die für den Übergangszeitraum geltende erweiterte Verlustverrechnung für [X.] aus § 23 EStG a.[X.] zu einer Besserstellung gegenüber der alten Rechtslage, da sie mit allen positiven Einkünften aus § 20 Abs. 2 EStG verrechnet werden können und nicht nur mit solchen, die vor Einführung der [X.] unter § 23 EStG a.[X.] fielen. Zum anderen verfolgte der Gesetzgeber mit den [X.] das legitime Ziel, Änderungen im Bereich der Einkünfte aus Termingeschäften und damit insgesamt den Systemwechsel zur [X.] erst zum 1. Januar 2009 in [X.] treten zu lassen. Im Ergebnis sollten alle Termingeschäfte, bei denen die Anschaffung vor dem 1. Januar 2009 erfolgt war, noch nach der alten Rechtslage besteuert werden (vgl. BT[X.]rucks 16/4841, S. 73). [X.]ieses Vereinfachungsziel liefert einen tragfähigen Sachgrund für die ungleiche Verlustverrechnung von [X.]n.

c) Innerhalb des besonderen Verlustverrechnungskreises des § 23 EStG ist auch eine Verlustverrechnung zwischen Ehegatten zulässig (vgl. [X.]/[X.], EStG, 35. Aufl., § 23 Rz 97; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 23 EStG Rz 320; [X.]/[X.], § 23 EStG Rz 235; [X.] Köln, Urteil vom 20. April 2012  4 K 1027/09, E[X.] 2012, 1741; BMF-Schreiben vom 5. Oktober 2000 IV C 3-S 2256-263/00, [X.], 1383, Rz 41). [X.]anach sind die [X.] des [X.] aus der Option 1 auch mit den positiven Einkünften der Klägerin aus § 20 Abs. 2 EStG in Höhe von 6 € zu verrechnen.

3. Auch der Barausgleich aus der Option 2 in Höhe von 19.299 € ist als Verlust aus einem Termingeschäft steuerlich zu berücksichtigen. Er fällt unter die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG (entgegen BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012 IV C 1-S 2252/10/10013, [X.], 953, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, [X.], 85, Rz 26 und 34). Entgegen der Auffassung des [X.] ist für eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG mangels einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum.

a) Gemäß § 52a Abs. 10 Satz 3 EStG i.d.[X.] des [X.] 2008 ist § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG erstmals auf Gewinne aus Termingeschäften anzuwenden, bei denen der Rechtserwerb nach dem 31. [X.]ezember 2008 erfolgt ist. Vorliegend hat der Kläger die Option 2 ---und damit den Erwerb des [X.] im April 2009 eingeräumt. [X.]er Barausgleich fällt danach in den Anwendungsbereich der Neuregelung.

b) § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG regelt neben § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG die Besteuerung der Wertzuwächse aus Termingeschäften (s. BT[X.]rucks 16/4841, S. 55). [X.]er Wortlaut der Vorschrift entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1  1. Halbsatz EStG a.[X.] Nach der Neuregelung gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch "der Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen [X.] oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt". Zu den Termingeschäften gehören --wie bereits ausgeführt-- auch die [X.]. Auch ein negativer [X.] kann vom Stillhalter bei der [X.]urchführung eines Termingeschäfts [X.] § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG "erlangt" werden. Gewinn bei einem Termingeschäft ist gemäß § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG der [X.] oder der durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmte Geldbetrag oder Vorteil abzüglich der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Termingeschäft stehen. Gewinn kann danach auch negativ ein Verlust sein (vgl. BT[X.]rucks 16/4841, S. 57). [X.]ies ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten (s. hierzu oben unter [X.] dd). [X.]er vom Stillhalter gezahlte Barausgleich ist danach auch nach der Neuregelung der Termingeschäfte durch das [X.] 2008 als Verlust bei einem Termingeschäft gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG steuerlich zu berücksichtigen ([X.]/ [X.] in [X.], a.a.[X.], § 20 EStG Rz 511; [X.], in: [X.][X.], a.a.[X.], § 20 Rz C/11 12; [X.]/3 29; [X.]/[X.], BB 2010, 95; [X.]/[X.], [X.]StR 2015, 198, 203; [X.]/[X.], [X.]er Betrieb 2013, 603, 607; a.A. [X.] Hamburg, Urteil in E[X.] 2016, 1432).

Hierfür spricht auch, dass es nach dem Wortlaut der Neuregelung ausreicht, dass der Gewinn "bei" einem Termingeschäft erzielt wird. [X.]ie Neuregelung ist danach weiter gefasst als der Besteuerungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1  1. Halbsatz EStG a.[X.] [X.]ies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG gegenüber der Vorgängerregelung zu erweitern (BT[X.]rucks 16/4841, S. 55). Ein der Berücksichtigung des Barausgleichs entgegenstehender Wille des Gesetzgebers lässt sich der Gesetzesbegründung dagegen nicht entnehmen.

[X.]em steht auch die Änderung der Rechtsprechung des [X.], dass nach der Einführung der [X.] bei dem [X.] die Anschaffung der Option und der Ausgang des [X.] (Eröffnungs- und Basisgeschäft) bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise grundsätzlich als Einheit betrachtet werden müssen ([X.]-Urteile in [X.]E 252, 423, [X.], 456; in [X.]E 252, 430, [X.], 459, und in [X.]E 252, 436, [X.], 462), nicht entgegen. Für die Besteuerung des Stillhalters ordnet das Gesetz eine "getrennte" Besteuerung der Stillhalterprämie und der Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG an, ohne dort den Barausgleich zu regeln. [X.]ieser fällt unter die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG.

4. [X.]er unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG fallende Verlust des [X.] aus der Option 2 in Höhe von 19.299 € kann gemäß § 20 Abs. 6 EStG mit den positiven Einkünften aus § 20 Abs. 1 EStG verrechnet werden. [X.]as Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG greift nicht (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 252, 423, [X.], 456; a.A. [X.] Hamburg, Urteil in E[X.] 2016, 1432).

Auch die Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG steht der Verlustverrechnung nicht entgegen. [X.]ie Vorschrift, nach der Verluste aus Kapitalvermögen, die der Kapitalertragsteuer unterliegen, nur verrechnet werden dürfen, wenn eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle [X.] § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt, dient der Verhinderung eines doppelten [X.] ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 20 Rz 190). Eine solche Gefahr ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. [X.]ie auszahlende Stelle ist aufgrund der von der Finanzverwaltung geäußerten Verwaltungsauffassung davon ausgegangen, dass der vom Stillhalter geleistete Barausgleich einkommensteuerrechtlich unbeachtlich ist (Rz 26 und 34 des [X.] vom 22. [X.]ezember 2009 IV C 1-S 2252/08/10004, [X.], 94, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben in [X.], 953). Es ist daher ausgeschlossen, dass der Verlust aus dem vom Kläger geleisteten Barausgleich doppelt berücksichtigt wurde. Es wäre reiner Formalismus, in diesem Fall für die Verlustverrechnung eine Bescheinigung [X.] § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG zu verlangen.

5. [X.]ie Sache ist spruchreif.

[X.]a das Urteil des [X.] insgesamt aufzuheben ist, ändert der [X.] den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 2. [X.]ezember 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2013 in der Weise, dass bei den Einkünften des [X.] aus Kapitalvermögen [X.] § 20 Abs. 1 EStG in Höhe von insgesamt 203.355 € negative Kapitalerträge [X.] § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG in Höhe von 19.299 € zu berücksichtigen sind. [X.]er gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG a.[X.] steuerlich zu berücksichtigende Verlust in Höhe von 165.791 € ist gemäß §§ 23 Abs. 3 Satz 9, 20 Abs. 6 Satz 1 EStG mit den Kapitalerträgen der Kläger [X.] § 20 Abs. 2 EStG in Höhe von jeweils 6 € zu verrechnen. [X.]ie Berechnung der Steuer wird dem [X.] übertragen (§ 100 Abs. 2 [X.]O).

6. [X.]ie Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Kläger zu 90 % und das [X.] zu 10 % (§ 135 Abs. 2, § 136 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). [X.]ie Kostenverteilung ergibt sich nach dem Maße des Obsiegens bzw. Unterliegens, somit danach, in welchem Umfang der Klageantrag erfolgreich ist. Es ist auf den Unterschied zwischen der begehrten und der erreichten Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes abzustellen (vgl. [X.]-Urteil vom 27. September 2012 III R 70/11, [X.]E 239, 116, [X.], 544). [X.]ie Kläger begehrten die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes aus Kapitaleinkünften in Höhe von insgesamt 185.090 €. [X.]ieser wirkt sich aufgrund der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 23 Abs. 3 EStG bei der Steuerfestsetzung des Streitjahres lediglich in Höhe von 19.311 € (19.299 € + 2 x 6 €) aus. [X.]araus ergibt sich eine Quote des Obsiegens der Kläger von 10 % gegenüber des Obsiegens des [X.] zu 90 % des gesamten Verfahrens.

Meta

VIII R 55/13

20.10.2016

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. August 2013, Az: 2 K 35/13, Urteil

§ 23 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 11 EStG 2009, § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 Buchst a EStG 2009, § 20 Abs 4 S 5 EStG 2009, § 22 Nr 3 EStG 2009, § 23 Abs 3 S 7 EStG 2009, § 23 Abs 3 S 9 EStG 2009, § 23 Abs 3 S 10 EStG 2009, § 32d Abs 4 EStG 2009, § 52a Abs 10 S 3 EStG 2009, § 52a Abs 11 S 6 EStG 2009, EStG VZ 2009, Art 3 Abs 1 GG, § 20 Abs 9 EStG 2009, § 20 Abs 6 S 6 EStG 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2016, Az. VIII R 55/13 (REWIS RS 2016, 3631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3631

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