Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2013, Az. 25 W (pat) 580/12

25. Senat | REWIS RS 2013, 5601

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GUTEN MORGEN" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 010 297.2

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 23. Mai 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.] MORGEN

3

ist am 20. Januar 2012 zur Eintragung in das beim [X.] geführte Markenregister für die folgenden Waren der

4

Klasse 29:

5

Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; tiefgefrorenes, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier; Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fette;

6

Klasse 30:

7

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, [X.], Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate einschließlich Cerealienriegel; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Pralinen mit und ohne Füllung, Schokoladewaren (soweit in dieser Klasse enthalten), Bonbons, Fruchtgummi, Kaugummi (ausgenommen für medizinische Zwecke) und andere Zuckerwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, [X.];

8

Klasse 32:

9

Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s hat diese unter der Nummer 30 2012 010 297.2 geführte Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle ist die angemeldete Marke als eine im Vordergrund stehende Werbeaussage in Bezug für alle beanspruchten Waren nicht unterscheidungskräftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Bei der [X.] „[X.] MORGEN“ handele es sich nämlich um eine in [X.] sehr gebräuchliche Grußformel, die am Morgen bzw. vormittags verwendet werde, in der der angesprochene Durchschnittsverbraucher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen 29, 30 und 32 in erster Linie eine produkt- und angebotsfördernde Werbebotschaft erkenne und nicht einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren. Soweit der [X.] entnommen werde, dass die Waren dem Konsumenten einen Start in einen „guten Morgen“ ermöglichen sollen, liege hiermit eine leicht verständliche Sachaussage vor, so dass auch aus diesem Grund die angemeldete Bezeichnung „[X.] MORGEN“ keine Unterscheidungskraft aufweise.

Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben.

Sie hält die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf alle von ihr beanspruchten Waren für schutzfähig und tritt der Auffassung der Markenstelle entgegen, die unrichtigerweise von einer im Vordergrund stehende Werbeaussage ausgegangen sei. Zwar erkenne der angesprochene Verbraucher in der angemeldeten Wortfolge den bekannten [X.] Morgengruß, jedoch würde er mehrere analysierende Gedankenschritte benötigen, um diesen als Aufforderung zu verstehen, die so gekennzeichneten Waren zu erwerben. Es sei auch nicht ersichtlich, in welcher Weise eine Grußformel Merkmale der so bezeichneten Waren beschreiben solle. Dementsprechend habe das [X.] in seinen Entscheidungen „[X.]“, 27 W (pat) 8/00, und „[X.]“, 24 W (pat) 137/05, letztere Bezeichnung war angemeldet für „[X.], [X.] und [X.]“, nicht eine ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare warenbeschreibende Aussage gesehen und daher diese Bezeichnungen als unterscheidungskräftig angesehen. Entsprechendes müsse auch für die vorliegend angemeldete Bezeichnung gelten.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des [X.]s vom 4. Juli 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 [X.] zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Der [X.] teilt die Auffassung der Markenstelle, dass der angemeldeten Bezeichnung „[X.] MORGEN“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt, weshalb die Anmeldung von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen worden ist.

1.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 [X.]; [X.], 850, [X.]. 18 [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. [X.]). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. [X.] - [X.] a.a.[X.]). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren die Unterscheidungskraft.

Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der Klassen 29, 30 und 32 sind an die breiten Kreise der inländischen Verbraucher gerichtet.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um eine Wortfolge, die der angesprochene Verbraucher in Bezug auf alle beanspruchten und zurückgewiesenen Waren ausschließlich als werblich anpreisenden Hinweis auf Bestimmung oder Eigenschaften der so bezeichneten Produkte auffasst. Denn der Verbraucher wird in der angemeldeten Bezeichnung „[X.] MORGEN“ ohne Weiteres die gleichlautende und zur [X.] Alltagssprache gehörende, am Vormittag verwendete Grußformel (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl., Seite 1214, ebenso in der 4. Auflage, [X.] die das [X.] im Beanstandungsbescheid vom 20. Februar 2012 hingewiesen hatte, [X.]. 4 der Patentamtsakte) erkennen und im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als anpreisenden Sachhinweis in dem Sinne verstehen, dass die Waren zum Verzehr am Morgen, sei es zum Frühstück oder zum Schul- oder Arbeitspausenmahl am Vormittag, geeignet seien und ihm einen „guten Morgen“ bescheren können. Sämtliche von der Anmelderin beanspruchten Produkte können für ein solches Frühstücks- oder Pausenmahl am Vormittag verwendet werden. „Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte; Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee-Ersatzmittel; Brot, Honig; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken “ sind typische Frühstücksprodukte, also Waren, die gerne zum Frühstück verzehrt oder zu einem gelungenen bzw. „guten“ Frühstück gehören, wie auch „Zucker“ für den Tee/Kaffee oder „Salz“ für das Frühstücksei. Diese Waren wie auch die übrigen beanspruchten Produkte, also „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte; tiefgefrorenes, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse“ und „feine Back- und Konditorwaren, Pralinen mit Füllung, Schokoladewaren, Bonbons, Fruchtgummi, Kaugummi und andere Zuckerwaren, Speiseeis“ können als Genusswaren bei einem Pausensnack am Vormittag konsumiert werden. Dies gilt auch für die Waren „Biere“. So wird beispielsweise das Weißbier zu einem vormittags eingenommenen Weißwurstessen genossen. Des Weiteren können Produkte wie „Speiseöle und –fette; [X.], Tapioka, Sago; Mehle und Getreidepräparate einschließlich Cerealienriegel, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze“ zur Zubereitung von Frühstücksgerichten oder [X.] wie beispielsweise Pfannkuchen, Waffeln, Quiches etc. verwendet werden und „[X.]“ kann beispielsweise für Eistee beim [X.] eingesetzt werden. Der Umstand, dass die streitgegenständlichen Waren allesamt nicht nur am Morgen konsumiert werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn es entspricht im Lebensmittelbereich einer üblichen Marketingstrategie, Lebensmittel als spezielle Produkte für bestimmte Tageszeiten und Mahlzeiten zu konzipieren und entsprechend am Markt zu platzieren unabhängig von ihrer Eignung, auch zu anderen Tageszeiten und Mahlzeiten konsumiert zu werden. Auch aus diesem Grund wird der Verkehr in einer solchen speziellen Bestimmungsangabe (hier: Morgen) kein betriebskennzeichnendes Element erkennen, sondern nur eine rein beschreibende Sachangabe.

Soweit die Anmelderin meint, dass ein (sinnhaftes) Verständnis der angemeldeten Wortfolge eine sprachliche und inhaltliche Ergänzung verlange, die der Verkehr nicht ohne weiteres vornehme, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Hierzu ist anzumerken, dass bei der Beurteilung von [X.] zum einen auf den konkreten [X.] abzustellen ist. Zum anderen ist auf den normal informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen, der in einem entsprechenden Sachzusammenhang durchaus in der Lage ist, ohne tiefgreifende Analyse überaus naheliegende Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die angemeldete Marke weist im Übrigen auch keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten.

Schließlich rechtfertigen die von der Widersprechenden genannten Entscheidungen anderer [X.]e des [X.]s betreffend die Anmeldezeichen „[X.]“ und „[X.]“ keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass Vorentscheidungen zu ähnlichen oder sogar identischen Marken keine Bindung für nachfolgende Verfahren entfalten, sind die genannten Marken auch nicht vergleichbar mit der vorliegenden [X.].

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

2.

Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Die Anmelderin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 [X.]). Der [X.] hat eine mündliche Verhandlung auch nicht aus anderen Gründen für erforderlich gehalten, zumal auch keine Tat- oder Rechtsfragen klärungs- oder in mündlicher Verhandlung erörterungsbedürftig erscheinen.

Meta

25 W (pat) 580/12

23.05.2013

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 23.05.2013, Az. 25 W (pat) 580/12 (REWIS RS 2013, 5601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5601

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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25 W (pat) 594/12

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