Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.07.2013, Az. 25 W (pat) 110/12

25. Senat | REWIS RS 2013, 4205

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GOOD MORNING (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke [X.] 001 408

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 11. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.] und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

2

[X.]

3

ist am 16. Dezember 2008 unter der Nummer 1 001 408 für diverse Waren der Klassen 3, 5, 30 und 32 als Marke international registriert worden. Die Markeninhaberin begehrt Schutz für das Gebiet der [X.] nach Beschränkung im Beschwerdeverfahren noch für folgende Waren der Klassen 30 und 32:

4

Klasse 03:

5

Soaps, [X.], [X.], products for personal hygiene and beauty care ([X.]), [X.], [X.]; cosmetics;

6

Klasse 05:

7

Galenic preparations for medicinal use; glucose for medical purposes and medicated confectionery; [X.]; [X.] (for medical purposes); nutritional additives, primarily containing vitamins, mineral nutrients and trace elements;

8

Die Markenstelle für [X.]0 Internationale Markenregistrierung des [X.] hat der [X.] mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Schutz in der [X.] versagt, und zwar auch insoweit, als die Markeninhaberin Waren der Klassen 30 und 32 beansprucht hatte.

9

Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke hinsichtlich aller beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise in Form des Massenpublikums würden die feststehende Redewendung "[X.]", die aus einfachsten Bestandteilen des [X.] Grundwortschatzes bestehe und vom inländischen Verkehr leicht mit "Guten Morgen" übersetzen werden könne, in ihrer Gesamtheit sofort und ohne jegliches Nachdenken nur als morgendlichen Willkommensgruß auffassen und hierin keinen individualisierenden Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren sehen. In der Bedeutung von "Guten Morgen" werde die angemeldete Marke von dem Konsumenten lediglich als ein produktbezogener Hinweis verstanden, dass die so bezeichneten Waren geeignet seien, für einen "Guten Morgen" im Sinne eines guten Starts in den Tag zu sorgen. Für die Waren aus dem Kosmetikbereich ([X.]), nämlich "Soaps, [X.], [X.], products for personal hygiene and beauty care ([X.]), [X.], [X.]; cosmetics” könne die angemeldete Wortfolge einen Hinweis darauf geben, dass die Produkte eine anregende und erfrischende Wirkung hätten und auf diese Weise dem Konsumenten einen "guten Morgen” bereiten könnten. Gleichermaßen könne die angemeldete Marke für die Waren im Bereich der pharmazeutischen Produkte und Nahrungsergänzungsprodukte der [X.] einen produktbezogenen Hinweis geben, dass diese – morgens eingenommen – positiven Einfluss auf das (morgendliche) Wohlbefinden haben könnten.

Hiergegen hat die Markeninhaberin, soweit der international registrierten Marke Schutz in der [X.] für die Waren der Klassen 3 und 5 verweigert worden ist, Beschwerde erhoben.

Sie hält die angemeldete Marke in Bezug auf diese Waren weiterhin für schutzfähig. Die [X.] sei insoweit unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle erkenne der inländische Verbraucher zwar in "guten Morgen" eine allgemein übliche Begrüßungsformel, nicht aber in "[X.]", da er in einem ersten gedanklichen Zwischenschritt diese englischsprachige Wortfolge übersetzen müsse. Da sich die englischsprachige Begrüßungsformel in den letzten zehn Jahren nicht verändert habe, sei kein Grund ersichtlich, weshalb Marken wie "[X.]" bzw. "Guten Morgen", die in den letzten Jahren mit fast identischen Waren wie den vorliegenden in [X.] eingetragen worden seien, heute als nicht schutzfähig angesehen würden. Soweit die Markenstelle als Argument anführe, dass das Zeichen einen guten Start in den Tag suggeriere, könne diese Begründung aus zweierlei Gründen nicht überzeugen. Zum einen seien auch Zeichen eintragungsfähig, die nur einen Anklang oder eine assoziative Wirkung hätten. Zudem seien die Waren der Klassen 3 und 5 nicht nur für die morgendliche Anwendung bestimmt, so dass der Verbraucher diesen Gedankenschritt gar nicht vornehme. Mithin könne nicht von einem engen beschreibenden Bezug des Zeichens ausgegangen werden, jedenfalls nicht zu den aktuell noch beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5.

Die Markeninhaberin hatte mit der Beschwerdeerhebung hilfsweise Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt und hat sodann nach Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 26. Juni 2013 erklärt, an der für den 4. Juli 2013 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen. Der Verhandlungstermin ist daraufhin aufgehoben worden.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für [X.]0 Internationale Registrierung des [X.] vom 31. Januar 2011 und vom 27. September 2012 aufzuheben, soweit der Marke [X.] 001 408 der Schutz in der [X.] für die inden Klassen 3 und 5 beanspruchten Waren verweigert worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 [X.] zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht der Erstreckung des Schutzes der international registrierten Marke [X.] 001 408 auf das Gebiet der [X.] in Bezug auf die im Beschwerdeverfahren nur noch beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen, so dass die Markenstelle die Schutzerstreckung hinsichtlich dieser Waren zu Recht gemäß §§ 124, 113, 37 Abs. 1  [X.] i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], Art. 5 Abs. 1 PMMA i.V.m. Art. 6 quinquies [X.] verweigert hat.

1.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke  gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 [X.]; [X.], 850, [X.]. 18 [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.].  86 Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. [X.] - [X.] a.a.[X.]). Zumindest in diesem Sinne fehlt der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren die Unterscheidungskraft.

Bei der Beurteilung von [X.] ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an ([X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 sind an breite Kreise der inländischen Verbraucher und zugleich, soweit die Waren der [X.] betroffen sind, auch an Fachleute (Ärzte, Apotheker usw.) gerichtet.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um eine Wortfolge, die der angesprochene inländische Verkehr in Bezug auf alle jetzt noch beanspruchten und zurückgewiesenen Waren der Klassen 3 und 5 ausschließlich als werblich anpreisenden Hinweis auf Bestimmung oder Eigenschaften der so bezeichneten Produkte auffasst. Der inländische Verbraucher und erst recht die in Bezug auf die Waren der [X.] außerdem angesprochenen inländischen Fachleute wie Ärzte und Apotheker, die regelmäßig über sehr gute Englischkenntnisse verfügen, werden die englischsprachige Wortfolge "[X.]" ohne weiteres und entgegen der Auffassung der Markeninhaberin, insbesondere auch ohne Übersetzungsaufwand und ohne gedankliche Zwischenschritte vollziehen zu müssen, im Sinne von "Guten Morgen" verstehen. Zum einen handelt es sich hierbei nämlich um eine im [X.] wie im [X.] am Morgen verwendete Grußformel, gleich den zu späteren Tageszeiten genutzten Grußformeln, wie "Good afternoon" (Guten Tag) und "Good evening" (Guten Abend). Zum anderen sind Wortfolgen aus einfachsten [X.] Wörtern wie "[X.]" auch im Inland insbesondere in der Produktwerbung derart präsent, dass der inländische Verkehr mit der Bedeutung solcher Begriffe seit langem vertraut ist. Im Zusammenhang mit den beanspruchten und zurückgewiesenen Waren wird der Verkehr diese Grußformel für den "Morgen" als werblich anpreisende Angabe in dem Sinne auffassen, dass diese Produkte am Morgen verwendet und ihm einen "guten Morgen" bzw. einen guten Start in den Tag bescheren können.

Alle beanspruchten Waren der [X.], bei denen es sich im weitesten Sinne um Produkte für den täglichen Körperpflege- und [X.] handelt, nämlich Seifen, Parfüm, Hygiene- und Schönheitsprodukte, Zahnputzmittel, Kosmetika, Haarpflegeprodukte etc. (Soaps, [X.], [X.], products for personal hygiene and beauty care [[X.]], [X.], [X.]; cosmetics) werden auch bzw. gerade am Morgen zur Morgentoilette eingesetzt. Daher wird der inländische Verkehr bei der Bezeichnung "[X.]" im Zusammenhang mit den Waren der [X.] einen entsprechenden Sachbezug ohne weiteres herstellen bzw. ein solcher wird sich ihm geradezu aufdrängen. Der Umstand, dass diese Waren allesamt nicht nur am Morgen verwendet werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn gerade auch im Körperpflege- und Kosmetikbereich bestehen Marketingstrategien, Produkte speziell für bestimmte Tageszeiten bzw. als Produkte für Tageszeiten und Nachtzeiten (Tagescreme/Nachtcreme, u.ä.) zu konzipieren und entsprechend am Markt zu platzieren, unabhängig von ihrer Eignung, auch zu anderen Tageszeiten verwendet werden zu können. So werden auf dem Markt Produkte mit Bezeichnungen wie beispielsweise "[X.]", eine Pflegeserie "[X.]", "Guten morgen [X.]", "[X.]" uÄm. angeboten (s. hierzu die der Markeninhaberin mit Ladungsverfügung vom 10./11. Juni 2013 als Anlage 1 übersandten Unterlagen, [X.]. 23 – 34 d.A.). Dabei können diese Waren selbstverständlich z.B. auch am Abend genutzt werden.

Ebenfalls werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise der Bezeichnung "[X.]" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der [X.] einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen, so dass auch insoweit die Unterscheidungskraft zu verneinen ist. Der Verzehr von diätetischen Nahrungsmitteln oder die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln wie auch die von pharmazeutischen Erzeugnissen können als das Wohlbefinden bzw. die Gesundheit fördernde Produkte dem Verbraucher zu einem guten Start in den Morgen verhelfen bzw. ihm das Gefühl verschaffen, für einen "guten Morgen" zu sorgen. Dies gilt insbesondere auch für "Dermatika", die unter die "pharmazeutischen Produkte" fallen und eine große Nähe zu den Hautpflegeprodukten aufweisen können. Die anpreisende, beschreibende Sachaussage der Schutz suchenden Marke wird dem Verkehr dabei durch die Wortfolge "[X.]" werbewirksam vermittelt. Der Verkehr wird die Wortfolge deshalb rein beschreibend und nicht betriebskennzeichnend verstehen, zumal die Bewerbung eines guten Morgens inzwischen bei sehr vielen im Alltag genutzten Produkten üblich ist, wie z.B. bei Tee und Kaffee (vgl. dazu die der Markeninhaberin als Anlage 2 zum Ladungshinweis vom 10./11. Juni 2013 übersandten Unterlagen, [X.]. 35-36 d.A.). Soweit neben den Fachleuten auch auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, darf dessen [X.] nicht zu gering veranschlagt werden, wobei auch er durchaus in der Lage ist, überaus naheliegende Schlussfolgerungen zu ziehen.

.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

2.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Markeninhaberin hat ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung (§ 69 Nr. 1 [X.]) zurückgenommen. Ihre Erklärung, an der für den 4. Juli 2013 bestimmten mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, war als dahingehende Rücknahme  auszulegen.

Meta

25 W (pat) 110/12

11.07.2013

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 11.07.2013, Az. 25 W (pat) 110/12 (REWIS RS 2013, 4205)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4205

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