Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2016, Az. 2 StR 148/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 17835

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Gegenstand

Bestechlichkeit: Schulsekretär als Amtsträger


Leitsatz

Ein in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis stehender Schulsekretär, der nach der internen Aufgabenverteilung allein für das Bestell- und Zahlwesen einer Schule zuständig ist, ist auch dann Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB, wenn er nicht nach außen als Entscheidungsträger auftritt, sondern nur faktisch die Entscheidung darüber trifft, welche Bestellungen realisiert, welche Zulieferer beauftragt und dass Zahlungen angewiesen werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. November 2014 wird

a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.]. Nr. 1 bis 4 der Urteilsgründe wegen Diebstahls in vier Fällen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Bestechlichkeit in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit zweifachem Betrug, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit dreifachem Betrug und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit achtfachem Betrug, wegen Diebstahls in 73 Fällen sowie wegen Betrugs in fünf Fällen verurteilt ist.

2. Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte verurteilt ist

a) im Fall [X.]. Nr. 20 der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten; die weitere als Einzelstrafe verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten entfällt,

b) im Fall II.1.e. [X.] der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten,

c) im Fall II.1.e. Nr. 142 der Urteilsgründe zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten.

3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beste[X.]hli[X.]hkeit in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit zweifa[X.]hem Betrug, in einem weiteren Fall in Tateinheit mit dreifa[X.]hem Betrug und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit a[X.]htfa[X.]hem Betrug, wegen Diebstahls in 77 Fällen sowie wegen Betrugs in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

2

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Re[X.]hts gestützte und wirksam auf die Verurteilung wegen Diebstahls in vier Fällen ([X.]. Nr. 1 bis 4 der Urteilsgründe) und wegen Beste[X.]hli[X.]hkeit in drei Fällen ([X.]. [X.], 88 und 103 der Urteilsgründe) sowie auf den Einzelstrafausspru[X.]h im Fall [X.]. Nr. 20 der Urteilsgründe von sieben Monaten und auf den [X.] bes[X.]hränkte Revision des Angeklagten hat den aus der Ents[X.]heidungsformel ersi[X.]htli[X.]hen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

[X.]

3

Na[X.]h den Feststellungen war der Angeklagte seit März 2002 als Angestellter des Stadts[X.]hulamts der Stadt [X.]             der L.       S[X.]hule (L.  ) in [X.]                    als S[X.]hulsekretär zugewiesen. Bei der L.  handelt es si[X.]h um eine weiterführende berufli[X.]he S[X.]hule in Trägers[X.]haft der Stadt [X.]             . Der Angeklagte war na[X.]h der internen Aufgabenverteilung allein für das Bestell- und Zahlwesen zuständig, was unter anderem die Bestellung von Dru[X.]kern, Tonern, Büromaterial und Hygieneartikeln umfasste. Er prüfte den Bedarf, bereitete Bestellungen vor, nahm Lieferungen entgegen, prüfte die Re[X.]hnungen, bereitete die Zahlungsvorgänge vor und holte die dafür notwendigen Unters[X.]hriften eines Mitglieds der S[X.]hulleitung bzw. des Kollegiums der S[X.]hule ein.

4

Spätestens Anfang 2008 begann der Angeklagte mit dem Verkauf und der ans[X.]hließenden Entwendung von in der S[X.]hule gelagerten Tonerkartus[X.]hen. Die dafür in 77 Fällen erlangten Zahlungen gingen zwis[X.]hen dem 21. Januar 2008 und 21. Januar 2013 auf seinem Konto ein (Fälle [X.]. Nr. 1 bis 22, 24 bis 29, [X.]. [X.] bis 39, 40 bis 45, [X.]. Nr. 105 bis 107, [X.]. Nr. 108 bis 112 und 114 bis 139 der Anklages[X.]hrift). Der Verkauf der entwendeten Kartus[X.]hen erfolgte unter anderem an die ni[X.]ht revidierenden Mitangeklagten [X.] und [X.].    , die die Kartus[X.]hen zum Teil an die L.   zurü[X.]kverkauften.

5

Spätestens am 17. Dezember 2008 teilte der Angeklagte dem Mitangeklagten [X.].    mit, dass er für die Verbrau[X.]hsmittelbestellungen der L.  zuständig sei. Jedenfalls vor Mai 2009 kamen beide überein, dass der Angeklagte Provisionen erhalten sollte, wenn [X.].      bei künftigen Bestellungen bevorzugt beauftragt würde. Die Provisionen sollten für alle von [X.].     mit der S[X.]hule getätigten Ges[X.]häfte gezahlt werden, insbesondere au[X.]h dann, wenn [X.].    nur Re[X.]hnungen ausstellte, ohne dass Lieferungen erfolgten.

6

In Umsetzung dieser Abrede zahlte [X.].    dem Angeklagten für drei Ges[X.]häfte in dem Zeitraum Mai bis Dezember 2009 Provisionen in Höhe von insgesamt 5.864,77 Euro (Fall [X.]. [X.] der Urteilsgründe), für zwei Ges[X.]häfte im Zeitraum Januar bis November 2010 einen Betrag von insgesamt 4.542,31 Euro (Fall [X.]. [X.] der Urteilsgründe) und für a[X.]ht weitere Ges[X.]häfte im Tatzeitraum Dezember 2010 bis November 2011 einen Betrag von insgesamt 17.988,94 Euro (Fall [X.]. Nr. 103 der Urteilsgründe). Den genannten Ges[X.]häften lag jeweils eine Bestellung des Angeklagten zugrunde, eine entspre[X.]hende Re[X.]hnung des [X.].   , eine von der S[X.]hulleiterin oder eines sonstigen Mitglieds des Kollegiums gutgläubig unterzei[X.]hnete Auszahlungsanordnung und eine Zahlung der Stadt [X.]            an den Mitangeklagten [X.].    , ohne dass den jeweiligen Ges[X.]häften eine Lieferung von Gegenständen an die S[X.]hule voranging oder na[X.]hfolgte.

7

Zwei weitere derartige [X.] mit [X.].     folgten im November 2011 (Fälle [X.]. [X.] und 62 der Urteilsgründe), für die jedo[X.]h keine Provision gezahlt wurde. Na[X.]h dem glei[X.]hen Muster fanden drei [X.] mit dem Mitangeklagten [X.]bereits im März, April und Mai/Juni 2010 statt (Fälle [X.]. Nr. 140 bis 142 der Anklages[X.]hrift).

I[X.]

8

Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des [X.] gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.]. Nr. 1 bis 4 der Urteilsgründe wegen Diebstahls in vier Fällen verurteilt worden ist. Dies hat die Änderung des S[X.]huldspru[X.]hs sowie den Wegfall der für diese Taten festgesetzten [X.] von 120 Tagessätzen (Fall [X.]. Nr. 1) und von jeweils 90 Tagessätzen (Fälle [X.]. Nr. 2 bis 4) zur Folge.

II[X.]

9

Im verbleibenden Umfang hält das Urteil re[X.]htli[X.]her Überprüfung stand.

1. Der S[X.]huldspru[X.]h gegen den Angeklagten wegen Beste[X.]hli[X.]hkeit in drei Fällen ([X.]. [X.], 88 und 103 der Urteilsgründe) hat Bestand. Entgegen der Ansi[X.]ht der Revision handelte der beim Stadts[X.]hulamt angestellte Angeklagte als Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.].

Amtsträger im Sinne dieser Vors[X.]hrift ist, wer (ohne Beamter oder [X.] zu sein oder in einem sonstigen öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Amtsverhältnis zu stehen, vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. a und Bu[X.]hst. [X.]) dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahrzunehmen. Diese Voraussetzungen trafen auf den Angeklagten zu.

a) Der Angeklagte war als Angestellter des Stadts[X.]hulamts [X.]          zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung bei einer Behörde bestellt.

Die Amtsträgereigens[X.]haft im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] setzt zunä[X.]hst eine Bestellung dur[X.]h eine zuständige Stelle voraus, d.h. die bloß faktis[X.]he Wahrnehmung öffentli[X.]her Aufgaben ist ni[X.]ht ausrei[X.]hend. Dahinter steht der Gedanke, dass dem Bestellungsakt eine Warnfunktion für den Betroffenen zukommt, die ihm die gesteigerte Verantwortung in seiner Position vor Augen führt. Eines förmli[X.]hen, öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen [X.] bedarf es jedo[X.]h ni[X.]ht; ausrei[X.]hend ist insoweit entweder die Eingliederung in die Organisationsstruktur einer Behörde bzw. einer sonstigen Stelle oder aber eine über den Einzelauftrag hinausgehende längerfristige Tätigkeit bei oder für eine Behörde bzw. sonstige Stelle ([X.], Urteil vom 15. Mai 1997 - 1 [X.], [X.]St 43, 96, 105).

aa) Beim Stadts[X.]hulamt der Stadt [X.]             handelt es si[X.]h um eine „Behörde“, die im Berei[X.]h der Daseinsvorsorge Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahrnimmt (vgl. insoweit Senat, Urteil vom 16. Juli 2004 - 2 StR 486/03, NJW 2004, 3129, 3130 f.; [X.], Urteil vom 29. Januar 1992 - 5 StR 338/91, [X.]St 38, 199, 201; vgl. au[X.]h [X.], StGB, 2. Aufl., § 11 Rn. 51, 52). Liegt im Berei[X.]h der Daseinsvorsorge die Erfüllung von „Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung” vor, so sind au[X.]h die sie ermögli[X.]henden Tätigkeiten selbst öffentli[X.]he Verwaltung; d.h. au[X.]h das staatli[X.]he Auftreten auf der [X.] zum Zwe[X.]ke der Erfüllung von Aufgaben der Daseinsvorsorge stellt eine Aufgabe der öffentli[X.]hen Verwaltung dar (vgl. [X.], NStZ 1997, 519, 522; [X.], aaO § 11 Rn. 52). Entspre[X.]hend ist ni[X.]ht nur der Betrieb der in Trägers[X.]haft der Stadt [X.]               stehenden S[X.]hule eine Aufgabe der öffentli[X.]hen Verwaltung, sondern au[X.]h die den Betrieb der S[X.]hule ermögli[X.]henden Tätigkeiten.

bb) Der Angeklagte war au[X.]h zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung bestellt. Dazu genügt es, dass er beim Stadts[X.]hulamt als Angestellter in einem öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Anstellungsverhältnis bes[X.]häftigt war. Eines weitergehenden [X.] bedurfte es ni[X.]ht, denn s[X.]hon dur[X.]h seine Anstellung war der Angeklagte längerfristig und organisatoris[X.]h in die Behördenstruktur eingegliedert. Zuglei[X.]h war ihm bewusst, bei einer Behörde tätig zu sein, die ihrer gesetzli[X.]hen Zwe[X.]kbestimmung gemäß Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung erfüllt (vgl. au[X.]h Senat, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 2 StR 521/97, [X.]St 43, 370, 380; [X.], Urteil vom 19. Juni 2008 - 3 [X.], [X.]St 52, 290, 299). Damit war für den Angeklagten hinrei[X.]hend deutli[X.]h erkennbar, dass mit seiner Anstellung strafbewehrte Verhaltenspfli[X.]hten verbunden waren, wie sie den in einem öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Anstellungsverhältnis bei einer Behörde bes[X.]häftigten Personen obliegen (vgl. au[X.]h [X.], Bes[X.]hluss vom 9. Dezember 2010 - 3 [X.], [X.]St 56, 97, 108).

b) Der Angeklagte nahm im Rahmen seiner Bestellung au[X.]h selbst materiell Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahr. Dazu genügte es, dass er in Wahrnehmung seiner ihm als S[X.]hulsekretär zugewiesenen Aufgaben erhebli[X.]hen Einfluss auf das Verbrau[X.]hsmittelbestellwesen der S[X.]hule hatte.

aa) Die Amtsträgereigens[X.]haft setzt weiter voraus, dass der zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung Bestellte sol[X.]he Aufgaben au[X.]h selbst wahrnehmen muss (vgl. [X.], Urteil vom 28. November 1979 - 3 [X.], [X.], 846, 847; [X.]/[X.]/Heger, StGB, 28. Aufl., § 11 Rn. 9a). Mit diesem Merkmal sind Begrenzungen der Rei[X.]hweite des Amtsträgerbegriffs in zwei Ri[X.]htungen verbunden: Zum einen kommt es auf die tatsä[X.]hli[X.]he Ausübung der Verwaltungstätigkeit an, zu deren Ausführung die Person bestellt worden ist. Diese Begrenzung ergibt si[X.]h aus der für Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] relevanten funktionalen, auf die konkrete Tätigkeit abstellenden Betra[X.]htungsweise statt der institutionellen Anknüpfung in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. a und Nr. 2 Bu[X.]hst. b. Zum anderen führt - in Abgrenzung zu dem für den öffentli[X.]hen Dienst besonders Verpfli[X.]hteten na[X.]h § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB - ni[X.]ht jede Tätigkeit bei einer Behörde, die Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung erfüllt, eine Amtsträgereigens[X.]haft der agierenden Person herbei (vgl. [X.], [X.] im Strafre[X.]ht, S. 515; [X.], aaO § 11 Rn. 77). Erforderli[X.]h ist jedenfalls eine gewisse selbständige und eigenverantwortli[X.]he, wennglei[X.]h ni[X.]ht unbedingt eine gehobene oder s[X.]hwierige Tätigkeit (vgl. [X.], StGB, 12. Aufl., 2007, § 11 Rn. 52; vgl. au[X.]h [X.], NStZ 1997, 519, 523).

Rein me[X.]hanis[X.]he oder nur untergeordnete Hilfstätigkeiten, wie zum Beispiel Reinigungs- oder S[X.]hreibarbeiten (vgl. zum strafre[X.]htli[X.]hen Beamtenbegriff des § 359 StGB aF: Senat, Urteil vom 25. April 1953 - 2 StR 780/51, NJW 1953, 1153; [X.], Urteil vom 29. Oktober 1898 - 3409/98, [X.], 293) innerhalb der öffentli[X.]hen Verwaltung begründen daher keine Amtsträgereigens[X.]haft [X.], StGB, 63. Aufl., § 11 Rn. 23[X.]). Au[X.]h Dienste als Kraftfahrer genügen für die Amtsträgereigens[X.]haft ni[X.]ht (vgl. NK/[X.], StGB, 4. Aufl., § 11 Rn. 38). Sol[X.]he Bes[X.]häftigte können nur dann, wenn sie für den öffentli[X.]hen Dienst gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB besonders verpfli[X.]htet wurden, Täter der §§ 331 ff. StGB sein.

Erforderli[X.]h ist vielmehr, dass der Betroffene mit der selbstständigen Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung betraut ist (vgl. [X.], StGB, aaO § 11 Rn. 36; [X.]/[X.]/Heger, aaO § 11 Rn. 9a; vgl. au[X.]h KG, Bes[X.]hluss vom 24. Januar 2008 - 3 Ws 66/07, [X.], 198) und er diese Aufgaben - wenn au[X.]h auf niedriger Ranghöhe - unmittelbar wahrnimmt (vgl. [X.] aaO § 11 Rn. 77). [X.] für eine sol[X.]he eigene unmittelbare Aufgabenwahrnehmung sind das Vorhandensein eines „gewissen Ents[X.]heidungsspielraums” und die Vornahme von Verwaltungshandeln mit unmittelbarer Außenwirkung (vgl. [X.], aaO, S. 518; vgl. au[X.]h [X.], NStZ 1997, 519, 524). Die Anforderungen an den „Ents[X.]heidungsspielraum” dürfen indes ni[X.]ht ho[X.]h angesetzt werden, wenn und soweit es si[X.]h um Tätigkeiten handelt, die innerhalb des Zuständigkeitsberei[X.]hs der Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahrnehmenden Behörde liegen ([X.], aaO § 11 Rn. 77). Dana[X.]h nimmt zwar der tatsä[X.]hli[X.]he Ents[X.]heidungsträger stets Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung au[X.]h „selbst“ wahr. Do[X.]h au[X.]h derjenige, der in sonstiger Weise unmittelbar an Verwaltungsents[X.]heidungen mitwirkt, weil er gewisse Ma[X.]htbefugnisse und Einflussmögli[X.]hkeiten besitzt und im Rahmen dessen zumindest vorbereitend oder unterstützend an der Ents[X.]heidung eines anderen mitwirkt, kann diese Voraussetzung erfüllen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn seine Tätigkeit ein „unentbehrli[X.]hes Glied“ in der Kette von Verri[X.]htungen darstellt, die letztli[X.]h zu einer bestimmten Verwaltungsents[X.]heidung führt ([X.], aaO, S. 518 f.). Dabei rei[X.]ht es aus, dass der Betroffene im Rahmen des ihm zugewiesenen Zuständigkeitsberei[X.]hs über eine jedenfalls praktis[X.]he Einflussnahmemögli[X.]hkeit verfügt; er also dur[X.]h eine inhaltli[X.]he Befassung mit der jeweiligen Aufgabe allein oder zusammen mit anderen das Ergebnis der Aufgabenerfüllung mitbestimmen oder zumindest beeinflussen kann (vgl. [X.]/[X.]/[X.], StGB, 7. Aufl., § 11 Rn. 29 ff. [X.]; Be[X.]kOK StGB/von Heints[X.]hel-Heinegg, StGB, Stand 1.12.2015 § 11 Rn. 29; aA [X.], NStZ 1997, 519, 525). Ob die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung na[X.]h außen als Verwaltungshandeln in Ers[X.]heinung tritt oder in der Öffentli[X.]hkeit als sol[X.]he bemerkbar ist, ist dagegen unerhebli[X.]h (NK/[X.], aaO § 11 Rn. 38); au[X.]h eine bloß beratende Tätigkeit bei der Bes[X.]haffung und Verwaltung der für eine Universitätsklinik benötigten Lebensmittel kann genügen (vgl. zu § 359 StGB aF: [X.], Urteil vom 31. August 1940 - 3 [X.]/40, [X.]St 74, 251, 253; zustimmend [X.], StGB, aaO § 11 Rn. 52).

bb) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs nahm der Angeklagte selbst Aufgaben der öffentli[X.]hen Verwaltung wahr. Au[X.]h wenn er formal na[X.]h außen ni[X.]ht als Ents[X.]heidungsträger auftrat, stand er im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben in Kontakt mit potentiellen Zulieferern von Verbrau[X.]hmaterialien, traf faktis[X.]h die Ents[X.]heidung darüber, dass Bestellungen realisiert und wel[X.]he Zulieferer beauftragt wurden, wie au[X.]h darüber, dass Zahlungen angewiesen wurden. Dabei prüfte der Angeklagte fortlaufend den Bedarf der S[X.]hule wie au[X.]h die späteren Re[X.]hnungen und bereitete die Bestellungen sowie die von ihm als re[X.]hneris[X.]h ri[X.]htig gezei[X.]hneten Zahlungsanordnungen vor.

Da der Angeklagte demna[X.]h als Amtsträger gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 Bu[X.]hst. [X.] anzusehen ist, kommt es hier auf die von der Revision erörterte Frage ni[X.]ht an, ob er gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB für den öffentli[X.]hen Dienst besonders verpfli[X.]htet war. Die Frage, ob jemand besonders Verpfli[X.]hteter ist, stellt si[X.]h erst, wenn feststeht, dass er ni[X.]ht Amtsträger na[X.]h § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 10. Februar 1994 - 1 StR 792/93, [X.], 277).

2. Der Strafausspru[X.]h weist im angefo[X.]htenen Umfang keinen den Angeklagten im Ergebnis bena[X.]hteiligenden Re[X.]htsfehler auf; jedo[X.]h hat die vom [X.] auf sieben Monate festgesetzte Einzelfreiheitsstrafe für den Fall [X.]. Nr. 20 der Urteilsgründe zu entfallen, weil das Geri[X.]ht für diesen Fall irrtümli[X.]h sowohl eine Freiheitsstrafe von sieben als au[X.]h eine sol[X.]he von fünf Monaten festgesetzt hat.

Der Senat s[X.]hließt aus, dass der Tatri[X.]hter - au[X.]h unter Berü[X.]ksi[X.]htigung des Wegfalls der in den Fällen [X.]. Nr. 1 bis 4 der Urteilsgründe verhängten [X.] (siehe oben unter [X.]) - angesi[X.]hts der verbleibenden Einzelstrafen (ein Jahr drei Monate, [X.] ein Jahr zwei Monate, [X.] a[X.]ht Monate, [X.] sieben Monate, [X.] 5 Monate, 90 Tagessätze) eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

Soweit das [X.] für den Fall [X.]. [X.] der Urteilsgründe sowohl eine Einzelstrafe von sieben Monaten als au[X.]h eine sol[X.]he von a[X.]ht Monaten festgesetzt hat, handelt es si[X.]h um ein offensi[X.]htli[X.]hes S[X.]hreibversehen. Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist eindeutig zu entnehmen, dass das Geri[X.]ht für den Fall [X.]. [X.] der Urteilsgründe eine Einzelstrafe von sieben und für den Fall [X.]. Nr. 142 der Urteilsgründe eine sol[X.]he von a[X.]ht Monaten festgesetzt hat. Dies war, wie au[X.]h von der Revision angeregt, klarzustellen.

Fis[X.]her                   Es[X.]helba[X.]h                      Ott

               [X.]

Meta

2 StR 148/15

13.01.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Frankfurt, 17. November 2014, Az: 5/12 KLs - 7210 Js 210066/13 (8/14)

§ 11 Abs 1 Nr 2 Buchst c StGB, § 332 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.01.2016, Az. 2 StR 148/15 (REWIS RS 2016, 17835)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1398 REWIS RS 2016, 17835

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