Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.09.2018, Az. 1 WB 11/18

1. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2018, 3967

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Gegenstand

Freigestelltes Personalratsmitglied; Laufbahnbeurteilung; Ungleichbehandlung; personalvertretungsrechtliches Benachteiligungsverbot


Tatbestand

1

[X.]er Rechtsstreit betrifft die Kommandierung eines freigestellten Personalratsmitglieds für eine [X.]ienstleistung zur Erstellung einer Laufbahnbeurteilung.

2

[X.]er ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen [X.]ienstes; seine [X.]ienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. März ... Zuletzt wurde er am 10. Juni ... zum Hauptmann befördert und mit Wirkung vom 1. April ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe [X.] eingewiesen.

3

[X.]er Antragsteller war als Personaloffizier beim Bereich ... verwendet. Aufgrund seiner Wahl zum Vorsitzenden des [X.] beim Bereich ... wurde er seit 30. April 2015 vom [X.]ienst freigestellt und auf einem [X.]ienstposten z.b.V. geführt. Zum [X.] 31. März 2015 wurde er (im [X.]ienstgrad Oberleutnant) letztmals planmäßig beurteilt.

4

Unter dem 25. September 2017 schlug der Kommandeur des Bereichs ... den Antragsteller mit dessen Einverständnis für einen Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des [X.] vor.

5

Mit Schreiben vom 1. [X.]ezember 2017 legte das [X.] - [X.] 1 - fest, dass der Antragsteller für die Erstellung einer Laufbahnbeurteilung eine beurteilbare dienstliche Tätigkeit über einen [X.]raum von neun Monaten in einer seinem [X.]ienstgrad und seiner [X.]otierung entsprechenden Verwendung wahrzunehmen habe. Gegen eine vom [X.] (im Folgenden: [X.]) hierfür vorgeschlagene Kommandierung des Antragstellers in den Stab der [X.] für die [X.] vom 1. Januar bis 30. September 2018 bestünden keine Bedenken.

6

Mit E-Mail vom 12. [X.]ezember 2017 informierte das [X.] die [X.]ienststelle des Antragstellers über die vorgenannte Planung und bat darum, den Antragsteller für den [X.]raum der [X.]ienstleistung von seiner Freistellung zu entbinden. [X.]er Kommandeur des Bereichs ... kam dem mit Schreiben vom 20. [X.]ezember 2017 nach. [X.]er Antragsteller erklärte unter dem 11. Januar 2018, dass er der Entbindung gemäß § 47 Abs. 2 BPersVG nicht zustimme.

7

Mit Schreiben vom 20. [X.]ezember 2017 erhob der Antragsteller "Einspruch gegen die Entscheidung [X.] zur Festlegung des Beurteilungszeitraumes und [X.]urchführungsortes für die Erstellung [X.]/[X.] im Rahmen der Teilnahme am Auswahlverfahren für den [X.] von Offizieren des militärfachlichen [X.]ienstes in die Laufbahn der Offiziere des [X.] 2018". Zur Begründung führte er aus, Ziel seines [X.] sei es gewesen, dass er die beurteilungsfähige [X.]ienstleistung bei der [X.]; später habe die Personalführung erklärt, dass die [X.]ienstleistung wegen des dortigen Personalmangels beim [X.] erfolgen solle; nunmehr sei die [X.] als Ort der [X.]ienstleistung festgelegt worden. [X.]iese Sprunghaftigkeit der Personalführung sei für ihn nicht nachvollziehbar. Hinzu komme, dass die Beurteilung nicht durch den [X.], sondern durch einen Beauftragten, der ihn im günstigsten Falle neun Monate kenne, erfolge. [X.]er Vorschlag seines [X.] werde ad absurdum geführt, wenn dieser nicht gleichzeitig die Beurteilung erstelle; aufgrund von dessen Erkenntnissen sei er schließlich für den [X.] vorgeschlagen worden. Ein nicht freigestellter Soldat werde im Fall eines entsprechenden Vorschlags durch den vorschlagenden [X.]isziplinarvorgesetzten beurteilt und müsse sich nicht erneut in einer anderen [X.]ienststelle bewähren. Hierdurch sehe er sich in seiner beruflichen Entwicklung benachteiligt und gegenüber einer nicht freigestellten Person schlechter gestellt.

8

[X.]ie unter dem 12. [X.]ezember 2017 für die beabsichtigte Kommandierung zur [X.] erstellte Verfügung Nr. ... wurde dem Antragsteller nicht eröffnet und am 23. Februar 2018 förmlich aufgehoben.

9

Mit Bescheid vom 20. Februar 2018 wies das [X.] - [X.] 2 - den als Beschwerde gewerteten Einspruch des Antragstellers als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es an einer Beschwer des Antragstellers fehle, weil ihm weder die beabsichtigte Kommandierung eröffnet worden sei noch er den [X.]ienst bei der [X.] angetreten habe. [X.]ie bloße Absicht einer Kommandierung greife noch nicht in Rechte des Antragstellers ein. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids wurde ausgeführt, dass die beabsichtigte Kommandierung an einem Verfahrensfehler leide, weil es an der erforderlichen Zustimmung des Personalrats fehle; die Aufhebung der Kommandierung sei deshalb in die Wege geleitet worden.

Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12. März 2018 die Entscheidung des [X.] beantragt. [X.]as [X.] - [X.] 2 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 28. März 2018 dem Senat vorgelegt.

Zur Begründung wiederholt der Antragsteller im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen und trägt ergänzend vor, dass es ihm vor allem um eine aus § 8 BPersVG folgende Gleichbehandlung sowie um die Transparenz der Personalführung gehe. Bei der Festlegung des [X.]raums für die [X.]ienstleistung sei zudem ein Beurteilungsbeitrag für eine besondere Auslandsverwendung vom 24. August bis 31. Oktober 2017 beim ... [X.] ... nicht berücksichtigt worden, der belastbare Erkenntnisse für den beabsichtigten [X.] dokumentiere. Ferner sei nach wie vor nicht geklärt, wie ihm die Teilnahme an der [X.] im Oktober 2018 ermöglicht werden solle, weil eine neunmonatige [X.]ienstleistung bis dahin nicht mehr zu absolvieren sei. Mit der bloßen Aufhebung der ursprünglichen Kommandierung sei es deshalb nicht getan. Im gesamten Verfahren sehe er sich in gravierender Weise in seiner beruflichen Entwicklung benachteiligt und gegenüber einer nicht freigestellten Person schlechter gestellt.

[X.]as [X.] beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen im Beschwerdebescheid. Ergänzend wird ausgeführt, dass gemäß dem "Leitfaden für die Personalführung" freigestellte Soldaten im Zusammenhang mit einem Antrag auf [X.] zum Zwecke der Beurteilungserstellung in eine andere [X.]ienststelle zu kommandieren seien. [X.]em liege die Erwägung zugrunde, dass [X.]ienststelle und Personalvertretung vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen; die beurteilungsfähige [X.]ienstleistung solle deshalb zur Vermeidung von Interessenkonflikten (auf beiden Seiten) grundsätzlich außerhalb des Bereichs stattfinden, in dem das die Freistellung begründende Mandat/Amt ausgeübt werde. Von der zunächst angedachten Kommandierung des Antragstellers zum [X.] habe man zur Wahrung einer möglichst geringen [X.]istanz zwischen Wohnort und [X.]ienstort des Antragstellers Abstand genommen und stattdessen eine Verwendung bei der [X.] in ... vorgesehen. Hieran werde festgehalten; der Antragsteller könne aber auch eine andere [X.]ienststelle vorschlagen. Eine Mitbetrachtung bei der [X.] 2018 sei in jedem Falle noch möglich.

Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 teilte das [X.] - [X.] 2 - mit, der Antragsteller habe für die Erstellung der Laufbahnbeurteilung nunmehr einer Kommandierung zur ...brigade ... für die [X.]auer von sieben Monaten - unter Anrechnung des [X.] - zugestimmt; nach Vorlage der Beurteilung werde eine Nachbetrachtung für das Auswahljahr 2018 vorgenommen. Mit Verfügung Nr. ... vom 12. Juni 2018 kommandierte das [X.] den Antragsteller für die [X.] vom 13. August 2018 bis 8. März 2019 auf einen nicht näher bezeichneten [X.]ienstposten bei der ...brigade ... in ... [X.]er Antragsteller hat dort den [X.]ienst wie vorgesehen angetreten.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. [X.]ie Beschwerdeakte des [X.] - [X.] 2 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis [X.], haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.

1. Der (nicht durch einen Rechtsanwalt vertretene) Antragsteller hat keinen konkreten Sachantrag formuliert. In der Sache geht es ihm - zuletzt - um die Verpflichtung der [X.] Stellen, ihn für die Erstellung einer Laufbahnbeurteilung bei seiner eigenen Dienststelle (Bereich ...) einzusetzen.

a) Der Antragsteller ist mit seinem Einverständnis von seinem nächsten [X.] für einen Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des [X.] vorgeschlagen worden. Zum Zwecke der Teilnahme am entsprechenden Auswahlverfahren 2018 ist - von Amts wegen - eine aktuelle Laufbahnbeurteilung zu erstellen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SLV i.V.m. [X.] Buchst. a Punkt 1 [X.] [X.] und Nr. 206 [X.] [X.]/30). Dies gilt auch für freigestellte Soldaten, wobei die Dauer einer dazu erforderlichen beurteilungsfähigen Dienstleistung durch das [X.] - [X.] 1 - im Einzelfall anlassbezogen in Anlehnung an bereits bestehende Regelungen und unter Berücksichtigung eventuell vorhandener belastbarer Erkenntnisse aus der [X.] vor der Freistellung (z.B. [X.]) festgelegt wird (Nr. 604 Satz 1 bis 3 [X.]/2).

Diese Grundlagen stellt der Antragsteller nicht in Frage. Ihm geht es in erster Linie darum, dass er die für den [X.] erforderliche beurteilungsfähige Dienstleistung in seiner eigenen Dienststelle erbringen kann und nicht in einer anderen Dienststelle erbringen muss; er hält das [X.] (im Folgenden: [X.]) insoweit unter dem Blickwinkel der Gleichbehandlung für verpflichtet, ihm eine solche Dienstleistung ohne Wechsel der Dienststelle zu ermöglichen. In zweiter Linie hat der die zeitliche Anrechnung eines Auslandseinsatzes und die inhaltliche Berücksichtigung des [X.] für eine besondere Auslandsverwendung vom 24. August bis 31. Oktober 2017 beim ... [X.] ... beantragt.

b) Diesem Begehren ist bisher nur zum Teil Rechnung getragen und der Beschwerde insoweit abgeholfen worden.

Das [X.] hat das Anliegen des Antragstellers in dem Beschwerdebescheid nur unvollständig erfasst, wenn es die Beschwerde dort allein auf die Aufhebung der - noch nicht eröffneten - Verfügung zur Kommandierung in den Stab der ...division in ... (vom 2. Januar bis 30. September 2018) bezogen hat. Denn damit hat der Antragsteller nicht die begehrte Dienstleistung bei seiner eigenen Dienststelle erhalten. Ohne ausdrückliche Ablehnung dieses Begehrens haben die beteiligten [X.] den Antragsteller vielmehr durchgängig darauf verwiesen, dass er zur Dienstleistung an eine andere Dienststelle kommandiert werden müsse.

Auch mit der inzwischen verfügten Kommandierung zur Dienstleistung bei der ...brigade ... in ... (vom 13. August 2018 bis 8. März 2019) ist hinsichtlich des [X.] keine Abhilfe erfolgt. Der Antragsteller hat dazu eindeutig erklärt, er halte nach wie vor allein die Dienstleistung bei seiner eigenen Dienststelle für die dem personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbot entsprechende Vorgehensweise; dass er der Kommandierung zur ...brigade ... nachgekommen ist, ist deshalb nicht als Verzicht auf den hier gegenständlichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu werten. Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu diesem [X.]punkt bereits beim Senat anhängig war, musste der Antragsteller die Kommandierung zur ...brigade ... auch nicht mit einem gesonderten Rechtsbehelf anfechten (vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 21. Mai 2015 - 1 [X.] 5.15 - juris Rn. 23). Abhilfe liegt allerdings hinsichtlich der Dauer der Dienstleistung vor, die unter Berücksichtigung des [X.] für die besondere Auslandsverwendung von neun auf sieben Monate verkürzt wurde.

c) Der Rechtsstreit hat sich schließlich nicht dadurch in der Hauptsache erledigt, dass der Antragsteller inzwischen den Dienst bei der ...brigade ... angetreten hat. Erledigung läge erst dann vor, wenn der vorgesehene [X.]raum abgelaufen und die Dienstleistung vollständig absolviert worden wäre. Der Antragsteller ist jedoch erst rund einen Monat bei der ...brigade ... eingesetzt. Er könnte die beurteilungsfähige Dienstleistung im Falle seines Obsiegens im vorliegenden Rechtsstreit bei seiner eigenen Dienststelle, sofern dort ein geeigneter Dienstposten verfügbar ist, fortsetzen oder in verkürzter Form erbringen.

2. Das zulässige Verpflichtungsbegehren des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antragsteller hat grundsätzlich einen Anspruch darauf, die beurteilungsfähige Dienstleistung zur Erstellung einer Laufbahnbeurteilung im Auswahlverfahren für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des [X.] bei seiner eigenen Dienststelle zu erbringen. Die [X.] Stellen haben es deshalb zu Unrecht unterlassen, eine entsprechende [X.] ([X.]) in Betracht zu ziehen und den Antragsteller auf einem seinem Dienstgrad und seiner Dotierung entsprechenden Dienstposten beim Bereich ... einzusetzen, sofern ein solcher Dienstposten dort zur Verfügung steht.

a) Die Unterlassung, für die Erstellung der Laufbahnbeurteilung vorrangig die Möglichkeit einer Dienstleistung bei der eigenen Dienststelle (im Falle des Antragstellers: Bereich ...) in Betracht zu ziehen, stellt eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von freigestellten [X.]ern gegenüber anderen Soldaten dar, die gegen das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot (§§ 8, 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG) verstößt.

aa) Soldaten, die nicht vom Dienst freigestellt sind, werden auf der Grundlage der von ihnen im Beurteilungszeitraum wahrgenommenen dienstlichen Aufgaben und Tätigkeiten beurteilt. Die Beurteilung bzw. die Stellungnahme hierzu wird von ihrem jeweiligen nächsten bzw. nächsthöheren [X.] erstellt (§ 2 Abs. 3 Satz 1 SLV, Nr. 301 Buchst. a und b [X.] [X.]). Nr. 302 Buchst. b [X.] [X.] stellt klar, dass diese allgemeinen Vorgaben auch für die Beurteilung nicht freigestellter Soldatenvertreter in Personalvertretungen gelten.

Bei freigestellten Soldaten unterbleibt - mangels regulärer dienstlicher Tätigkeit - die Erstellung planmäßiger Beurteilungen (Nr. 205 Buchst. a <7> [X.] [X.]). Zur Erstellung einer Laufbahnbeurteilung bedarf es einer beurteilungsfähigen Dienstleistung, für deren Dauer das betreffende [X.] von seiner Freistellung zu entbinden ist (Nr. 604 [X.]/2). Nach dem "Leitfaden für die Personalführung" (Abschnitt 315), der nach der Erklärung des [X.] die Verwaltungspraxis wiedergibt, soll die beurteilungsfähige Dienstleistung nicht in der Dienststelle (wenn möglich auch nicht in dem ihr unmittelbar nachgeordneten Bereich) stattfinden, in der das die Freistellung begründende Amt wahrgenommen wird. Erforderlich ist demgemäß - wie auch im Falle des Antragstellers - eine Kommandierung des (zuvor von der Freistellung entbundenen) [X.]s zu der für die Dienstleistung vorgesehenen anderen Dienststelle, wobei mit der Kommandierung die Disziplinarbefugnis (Nr. 113 Satz 2 [X.] A-1300/14) und damit zugleich die Zuständigkeit für die Erstellung der Laufbahnbeurteilung auf den Leiter der aufnehmenden Dienststelle übergeht.

Nicht freigestellte und freigestellte Soldaten werden damit bei der Erstellung einer Laufbahnbeurteilung unterschiedlich behandelt. Nicht freigestellte Soldaten werden in ihrer eigenen Dienststelle aufgrund von Aufgaben und Tätigkeiten beurteilt, die sie regelmäßig wahrnehmen, freigestellte Soldaten dagegen in einer anderen Dienststelle und damit in einem neuen dienstlichen Umfeld, in dem sie sich in der vergleichsweise kurzen [X.] der Dienstleistung zugleich einarbeiten und (möglichst hervorragend) bewähren müssen. Nicht freigestellte Soldaten werden von ihren "regulären" [X.] beurteilt, die sie in der Regel über einen längeren [X.]raum kennen, freigestellte Soldaten dagegen von neuen [X.], die ihre Erkenntnisse zumeist nur aufgrund der aktuellen Zuweisung gewinnen können. Hinzu kommt, dass bei nicht freigestellten Soldaten der den [X.] vorschlagende und der für die Laufbahnbeurteilung zuständige Vorgesetzte in der Regel identisch ist und deshalb die Erwartung nicht fern liegt, dass sich die positive Einschätzung, auf der der Vorschlag beruht, auch in der Laufbahnbeurteilung niederschlagen wird; das gilt nicht in gleicher Weise bei freigestellten Soldaten, bei denen vorschlagender und beurteilender Vorgesetzter nicht personenidentisch sind.

bb) Diese Ungleichbehandlung ist sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt gegen das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot (§§ 8, 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG). Wenn alle für einen [X.] vorgeschlagenen Offiziere des militärfachlichen Dienstes grundsätzlich in ihrer bisherigen Dienststelle von dem sie vorschlagenden Vorgesetzten beurteilt werden, bedarf eine bei [X.]ern davon abweichende und sie durch einen Orts-, Einheits- und Arbeitsplatzwechsel stärker belastende Praxis eines zwingenden Grundes. Daran fehlt es.

Nach dem "Leitfaden für die Personalführung" (Abschnitt 315) erfolgt die Dienstleistung freigestellter Soldaten in einer anderen Dienststelle "zur Vermeidung von Interessenkonflikten". Den Erläuterungen des [X.] zufolge liegt dem die Erwägung zugrunde, dass Dienststelle und Personalvertretung/Vertrauensperson vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen (§ 2 Abs. 1 BPersVG, § 19 Abs. 1 [X.]). Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit rechtfertigt indes nicht die hier gegenständliche Ungleichbehandlung.

Es ist bereits nicht nachvollziehbar, inwiefern die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Dienststelle und Personalvertretung gefördert wird, wenn ein [X.] an eine andere Dienststelle wegkommandiert und dadurch, wovon auch der "Leitfaden für die Personalführung" ausgeht, in seiner Personalratstätigkeit behindert wird. Denn der betroffene Soldat ist während der beurteilungsfähigen Dienstleistung zunächst nur von seiner Freistellung entbunden, verliert jedoch nicht zwangsläufig die Mitgliedschaft im Personalrat bei der entsendenden Dienststelle (siehe im Einzelnen § 59 Satz 1 [X.] i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG; vgl. zur Anwendbarkeit der Vorschriften des BPersVG Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der [X.], 7. Aufl. 2012, § 48 [X.] a.F. Rn. 8).

Unabhängig davon ist der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht geeignet, Einschränkungen des personalvertretungsrechtlichen Benachteiligungsverbots zu begründen. Die §§ 8 und 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG erkennen an, dass es aufgrund der Tätigkeit in einer Personalvertretung zu Interessenkonflikten kommen kann, gehen aber gleichzeitig davon aus, dass diese Konflikte innerhalb der Dienststelle und nicht durch die Entfernung eines Beteiligten aus der Dienststelle zu lösen sind (siehe auch § 47 BPersVG und § 16 [X.]).

Insbesondere aber stellt die dem "Leitfaden für die Personalführung" folgende Verwaltungspraxis eine in sich widersprüchliche Ungleichbehandlung zwischen freigestellten und nicht freigestellten Soldatenvertretern in der Personalvertretung dar. Denn wenn die Dienstleistung in einer anderen Dienststelle dazu dienen soll, aus der Personalratstätigkeit herrührende Interessenkonflikte zu vermeiden, müsste diese Regelung in gleicher Weise für freigestellte und nicht freigestellte [X.]er gelten. Sowohl der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BPersVG) als auch das Benachteiligungs- (und Begünstigungs-)Verbot (§ 8 BPersVG) richten sich unterschiedslos an freigestellte und nicht freigestellte [X.]er. Wenn nicht freigestellte [X.]er ihre Laufbahnbeurteilung auf der Grundlage ihrer Aufgabenerfüllung in der eigenen Dienststelle erhalten, ist deshalb nicht erkennbar, warum dies nicht auch für freigestellte [X.]er (nach Entbindung von der Freistellung) möglich sein sollte.

b) Der grundsätzliche Anspruch, die Dienstleistung bei der eigenen Dienststelle zu erbringen, steht allerdings unter dem Vorbehalt des Möglichen. Er setzt voraus, dass bei der eigenen Dienststelle ein nach Dotierung und fachlicher Ausrichtung geeigneter Dienstposten zur Besetzung mit dem bisher freigestellten Soldaten zur Verfügung steht oder ein solcher Dienstposten mit vertretbarem organisatorischem Aufwand bereitgestellt werden kann.

Das personalvertretungsrechtliche Benachteiligungsverbot gibt jedoch keinen Anspruch darauf, dass allein zu dem Zweck, dem freigestellten Soldaten die Dienstleistung in der eigenen Dienststelle zu ermöglichen, ein bisher nicht vorhandener Dienstposten geschaffen wird oder dass (ohne deren Einverständnis) [X.]n zulasten anderer Soldaten, wie etwa (Weg-)Versetzungen oder (Weg-)Kommandierungen, getroffen werden. In solchen Fällen verbleibt es dabei, dass die beurteilungsfähige Dienstleistung an anderer Stelle absolviert werden muss.

c) Die beteiligten [X.] haben bisher nicht in Betracht gezogen, den Antragsteller für die Erstellung der Laufbahnbeurteilung bei seiner eigenen Dienststelle zu verwenden. Bereits aus diesem Grund ist die bisherige Vorgehensweise ermessensfehlerhaft. Das [X.] bzw. die nachgeordneten [X.] Stellen sind deshalb verpflichtet (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 Alt. 2 [X.]O), für den noch ausstehenden [X.]raum der beurteilungsfähigen Dienstleistung nach den vorstehenden Grundsätzen zu prüfen, ob ein Wechsel des Antragstellers während der laufenden Dienstleistung grundsätzlich praktikabel ist und ob beim Bereich ... hierfür ggf. ein geeigneter Dienstposten zur Verfügung steht. Auf dieser Grundlage ist anschließend erneut über die weitere Verwendung des Antragstellers zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 [X.]O.

Meta

1 WB 11/18

11.09.2018

Bundesverwaltungsgericht 1. Wehrdienstsenat

Beschluss

Sachgebiet: WB

§ 2 SLV 2002, § 8 BPersVG, § 46 Abs 3 S 6 BPersVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.09.2018, Az. 1 WB 11/18 (REWIS RS 2018, 3967)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3967

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