Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.02.2011, Az. 2 C 50/09

2. Senat | REWIS RS 2011, 9116

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Gegenstand

Verfassungswidrige Teilzeitbeschäftigung; Rücknahme der Teilzeitbeschäftigungsverfügung


Leitsatz

1. Beruht ein Verwaltungsakt auf einem verfassungswidrigen Gesetz, so ist eine Ermessensentscheidung, die eine Rücknahme für die Vergangenheit wegen dessen Bestandskraft ablehnt, grundsätzlich nicht zu beanstanden.

2. Ist bestandskräftig eine Teilzeitbeschäftigung angeordnet, so kann der Beschäftigungsumfang durch entsprechenden Antrag wieder auf vollzeitige Beschäftigung geändert werden, wenn und sobald die Voraussetzungen für den Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit vorliegen (im Anschluss an Urteil vom 30. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 48.07 - BVerwGE 132, 243 = Buchholz 237.8 § 80a RhPLBG Nr. 2). Insofern macht es keinen Unterschied, ob die Teilzeitbeschäftigung - rechtmäßig - auf Antrag des Betroffenen oder auf verfassungswidriger Rechtsgrundlage gegen den Willen des Betroffenen angeordnet worden war.

Tatbestand

1

Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 22. Januar 1999 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe als Lehrerin z. A. mit Wirkung vom 1. Februar 1999 in den [X.] Landesdienst eingestellt. In diesem Bescheid war gleichzeitig festgelegt, dass die Klägerin gemäß dem seinerzeit geltenden § 80b [X.] bis zum 31. Januar 2003 mit durchschnittlich regelmäßig 22 Wochenstunden bei einer [X.] von damals 27,5 Wochenstunden und ab dem 1. Februar 2003 in Vollzeit beschäftigt wird. Mit Wirkung vom 1. Mai 2000 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Lehrerin ernannt.

2

Am 30. August 2000 beantragte die Klägerin wegen der ihr aufgezwungenen Teilzeitbeschäftigung rückwirkend ihre Vollbeschäftigung seit ihrer Einstellung. Das gegen die Ablehnung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ermessen gerichtete Klageverfahren ist insoweit eingestellt worden, als die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin zum 1. August 2001 aufgehoben worden ist und die Beklagte die Klägerin versorgungsrechtlich so gestellt hat, als wäre sie seit ihrer Einstellung vollzeitbeschäftigt gewesen.

3

Im Übrigen begehrt die Klägerin weiterhin ihre Vollbeschäftigung ab Einstellung und die Nachzahlung der Besoldungsdifferenz. Während das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, hat das Berufungsgericht das Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte verpflichtet, die Einstellungsteilzeit ab 30. August 2000 aufzuheben und ab diesem Zeitpunkt die Besoldungsdifferenz nachzuzahlen.

4

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rechtswidrigkeit der [X.] eröffne über § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG lediglich das Rücknahmeermessen der Beklagten. Umstände, aufgrund derer sich die Aufrechterhaltung der Verfügung für den Zeitraum vor der Antragstellung als schlechthin unerträglich erweise, lägen nicht vor. Insbesondere sei die Teilzeitbeschäftigungsverfügung nicht bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses offensichtlich rechtswidrig gewesen, weil die Evidenz des Rechtsfehlers erst später, nämlich durch das erste Urteil des [X.] zur Verfassungswidrigkeit der [X.] Teilzeit (BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - BVerwG 2 [X.] 1.99 - BVerwGE 110, 363 ff.) ersichtlich geworden sei.

5

Die Klägerin könne jedoch verlangen, dass die Teilzeitbeschäftigungsverfügung mit Wirkung ab Eingang ihres Antrags aufgehoben werde, weil sich insoweit ein Festhalten an dieser Verfügung nach dem einschlägigen Fachrecht als schlechthin unerträglich erweise. Die antraglose Einstellungsteilzeit verstoße gegen den hergebrachten Grundsatz der Hauptberuflichkeit und das Alimentationsprinzip. In Anlehnung an die Rechtsprechung des [X.] zur Alimentation von Beamten mit mehr als zwei unterhaltsberechtigten Kindern sei im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen, dass zwar eine allgemeine rückwirkende Behebung von Verstößen gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums aufgrund der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses nicht geboten sei. Jedoch sei eine Korrektur derartiger Verstöße aus dem wechselseitig bindenden Treueverhältnis dann erforderlich, wenn der Beamte während der Dauer des Verstoßes eine Korrektur gefordert habe. Dies habe die Klägerin mit ihrem Antrag vom August 2000 getan, indem sie nicht nur die rückwirkende Aufhebung der Teilzeitbeschäftigung begehrt, sondern zugleich dem Dienstherrn zukünftig ihre volle Arbeitskraft angeboten habe.

6

Hiergegen wenden sich die Klägerin und die Beklagte mit ihren Revisionen.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des [X.] vom 13. Januar 2009, soweit es die Klage abgewiesen hat, aufzuheben und die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung gegen den der Klage stattgebenden Teil des Urteils des [X.] vom 3. Mai 2004 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 6. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Oktober 2000 zu verpflichten, den Bescheid vom 22. Januar 1999 hinsichtlich der festgesetzten Teilzeitbeschäftigung aufzuheben und den Differenzbetrag der Bezüge für die Besoldungsgruppe [X.] nach Anlage I des Bundesbesoldungsgesetzes zwischen einer Teilzeitbeschäftigung von 22/27,5 Unterrichtsstunden pro Woche und einer Vollzeitbeschäftigung im Zeitraum vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Juli 2001 nebst [X.] in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen, sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] vom 13. Januar 2009, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und das Urteil des [X.] vom 3. Mai 2004, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage abzuweisen, sowie die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet (1). Auf die Revision der [X.]eklagten sind die vorhergehenden Urteile, sofern das Verfahren nicht eingestellt oder die Klage bereits abgewiesen worden ist, aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen (2). Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die [X.]eklagte für den hier noch streitigen Zeitraum den rechtswidrigen Teilzeitbeschäftigungsbescheid aufhebt und ihr die sich daraus ergebende [X.]esoldungsdifferenz [X.]. Einem solchen Anspruch steht die [X.]estandskraft des [X.]escheides entgegen. Das gleichwohl eröffnete [X.] hat die [X.]eklagte nicht fehlerhaft ausgeübt.

Gemäß § 1 Abs. 1 des [X.] - ist auf die [X.]estimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzustellen. Auch wenn [X.] nach § 1 Abs. 1 [X.]. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen, kann die [X.]ehörde ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des [X.]etroffenen wiederaufgreifen und eine neue - der gerichtlichen Überprüfung zugängliche - Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 VwVfG i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG.

Dabei belegt das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete [X.], dass ein zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führender Rechtsverstoß nur eine notwendige, nicht aber hinreichende Voraussetzung für die Rücknahme und einen darauf zielenden Anspruch des [X.]etroffenen bildet. Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung [X.] belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der [X.]estandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Mit [X.]lick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt (vgl. zum Ganzen: Urteile vom 27. Januar 1994 - [X.]VerwG 2 [X.] 12.92 - [X.]VerwGE 95, 86 <92> = [X.] 316 § 51 [X.], [X.], vom 17. Januar 2007 - [X.]VerwG 6 [X.] 32.06 - NVwZ 2007, 709 ff. , juris Rn. 13, vom 20. März 2008 - [X.]VerwG 1 [X.] 33.07 - [X.] 402.242 § 54 AufenthG [X.], jeweils m.w.[X.], stRspr).

1. Ohne Verletzung revisiblen Rechts hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass die Ablehnung der Rücknahme der Teilzeitbeschäftigungsverfügung für die Vergangenheit nicht zu beanstanden ist. Zwar kann eine offensichtliche Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts bereits im [X.] die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - [X.]VerwG 6 [X.] 32.06 - a.a.[X.] zur offensichtlichen Rechtswidrigkeit). Von einer solchen offensichtlich fehlerhaften Rechtsanwendung im Einzelfall unterscheidet sich jedoch der Fall der Anwendung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, an die die Verwaltung im [X.] gebunden war. Das gilt auch dann, wenn die Verfassungswidrigkeit der Norm offensichtlich war. [X.]eruht ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auf einem verfassungswidrigen Gesetz, so ist eine Ermessensentscheidung, die eine Rücknahme für die Vergangenheit wegen dessen [X.]estandskraft ablehnt, grundsätzlich nicht zu beanstanden.

[X.] beruhte auf der Regelung des seinerzeitigen § 80b [X.], die durch das [X.] zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 1997 ([X.]) in das [X.] kam. Diese Regelung sollte eine antragslose Teilzeitbeschäftigung gegen den Willen des [X.]etroffenen ermöglichen und galt nach der Neubekanntmachung des [X.] vom 19. Februar 2001 ([X.]) als § 80c [X.] in unveränderter Fassung bis zur Nichtigerklärung durch [X.]eschluss des [X.] vom 19. Juli 2007 - 2 [X.] - ([X.] 119, 247) fort.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist dem Grundgesetz keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt zu entnehmen, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer [X.]estandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben (vgl. [X.], Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 [X.]vR 669/04 - [X.] 116, 24 <55>; [X.]eschluss vom 27. Februar 2007 - 1 [X.]vR 1982/01 [X.] 117, 302 <315>). Dies gilt auch für bestandskräftige Verwaltungsakte, deren Rechtsgrundlage gegen Verfassungsrecht verstößt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 11. Oktober 1966 - 1 [X.]vR 178/64 - [X.] 20, 230 <235 f.>, [X.]eschluss vom 30. Januar 2008 - 1 [X.]vR 943/07 - NVwZ 2008, 550, juris [X.] m.w.[X.]).

[X.]eruht der bestandskräftige Verwaltungsakt auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage, so folgt dies aus der gesetzgeberischen Wertung des § 79 Abs. 2 [X.]G. Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 [X.]G bleiben bestandskräftige Verwaltungsakte, die auf einer für nichtig erklärten Norm beruhen, vom Nichtigkeitsausspruch des [X.] unberührt, lediglich die Vollstreckung aus ihnen wird nach § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.]G für unzulässig erklärt. Damit hat sich der Gesetzgeber in diesem [X.]ereich dafür entschieden, dem Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang einzuräumen. Dies hindert zwar nicht ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne (vgl. [X.]eschluss vom 25. Juli 1990 - [X.]VerwG 7 [X.] 100.90 - [X.] 436.61 § 60 [X.] Nr. 3), die gesetzgeberische Wertung des § 79 Abs. 2 [X.]G ist aber bei der Ermessensentscheidung einzubeziehen, so dass grundsätzlich nur eine Rücknahme für die Zukunft geboten sein kann (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 29. März 1968 - [X.]VerwG 7 [X.] 64.66 - [X.]VerwGE 29, 270 <271> = [X.] 401.5 § 17 GewStG Nr. 4 und - [X.]VerwG 7 [X.] 95.66 -, [X.]VerwGE 29, 276 <278> = [X.] 401.5 § 17 GewStG [X.], 32, vom 30. Juni 1972 - [X.]VerwG 7 [X.] 27.70 - [X.]VerwGE 40, 194 = [X.] 401.5 § 17 Nr. 6, vom 4. November 1976 - [X.]VerwG 2 [X.] 49.73 - [X.]VerwGE 51, 253 = [X.] 235 § 18 [X.][X.]esG Nr. 22; 19. Januar 1989 - [X.]VerwG 2 [X.] 42.86 - [X.]VerwGE 81, 175 = [X.] 239.1 § 5 [X.]eamtVG [X.] ; [X.]eschluss vom 4. Oktober 1993 - [X.]VerwG 6 [X.] 35.93 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 319; [X.], [X.]eschluss vom 11. Oktober 1966 - 1 [X.]vR 164 u.a./64 - [X.] 20, 230 <235 f.>).

Das einschlägige Fachrecht gebietet keine abweichende Wertung. Zwar verstößt die antragslose, gegen den Willen des [X.]eamten angeordnete Teilzeitbeschäftigung gegen den [X.] und das [X.] (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. September 2007 a.a.[X.]), mithin gegen hergebrachte und von Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Grundsätze des [X.]erufsbeamtentums. Für die Vergangenheit hat sie, weil bereits eine versorgungsrechtliche Gleichstellung mit Vollzeitbeschäftigten erfolgt ist, jedoch nur noch Auswirkungen hinsichtlich der niedrigeren [X.]esoldung. Nur soweit der gesetzliche [X.]esoldungsanspruch im Raum steht, ist es dem Dienstherrn verwehrt, haushaltsrechtliche Erwägungen anzustellen. Der gesetzliche [X.]esoldungsanspruch stünde aber nur dann im Raum, wenn die [X.] rechtzeitig angegriffen worden wäre und (rückwirkend) aufgehoben wird (vgl. Urteil vom 17. Juni 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 86.08 - [X.] 2010, 194 = DV[X.]l 2010, 1161 Rn. 30 m.w.[X.]), nicht aber, wenn es um die Rücknahme eines bereits bestandskräftigen Verwaltungsaktes geht.

Grundsätzlich ist es der [X.]eklagten deshalb für die Vergangenheit nicht verwehrt, sich auf die [X.]estandskraft der auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Teilzeitbeschäftigungsverfügung bei ihrer Ermessensentscheidung zu berufen und fiskalische Erwägungen anzustellen. Sie kann bei ihrer Ermessensentscheidung darauf abstellen, dass ihr die volle Dienstleistung der Klägerin nicht zur Verfügung gestanden hat und eine Rücknahme wegen der Vielzahl anderer ebenfalls zwangsweise teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte mit [X.]lick auf den Gleichheitssatz weitreichende finanzielle Folgen hätte.

2. Die Revision der [X.]eklagten ist begründet. Das [X.]erufungsgericht hat zu Unrecht aufgrund des einschlägigen Fachrechts einen Rücknahmeanspruch für die Zukunft schon ab Antragsstellung bejaht.

Auch für den Zeitraum ab Antragstellung gilt der Gedanke des § 79 Abs. 2 [X.]G aufgrund der Gesetzesbindung der Verwaltung, so dass es in Anbetracht der [X.]estandskraft des [X.] nicht allein auf das Zurverfügungstellen der vollen Arbeitskraft durch die Klägerin ankommen kann. Vielmehr ist eine Ermessensentscheidung, die die Planstellensituation während des laufenden Haushaltsjahres und den störungsfreien Ablauf des Schulunterrichts während des laufenden Schuljahres vorrangig berücksichtigt, nicht zu beanstanden.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann der [X.]eschäftigungsumfang durch entsprechenden Antrag jederzeit wieder auf vollzeitige [X.]eschäftigung geändert werden, sofern die Voraussetzungen für den Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit vorliegen (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 - [X.]VerwG 2 [X.] 48.07 - [X.]VerwGE 132, 243 = [X.] 237.8 § 80a RhPL[X.]G Nr. 2). Insofern macht es keinen Unterschied, ob die Teilzeitbeschäftigung - rechtmäßig - auf Antrag des [X.]etroffenen oder auf verfassungswidriger Rechtsgrundlage gegen den Willen des [X.]etroffenen angeordnet worden war.

Die Voraussetzungen für einen Wechsel von einer Teilzeitbeschäftigung zur Vollzeitbeschäftigung regelte § 80a Abs. 3 Satz 2 [X.] a.F. Nach dieser Vorschrift soll der Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zugelassen werden, wenn dem [X.]eamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche [X.]elange nicht entgegenstehen. Wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs des [X.]eamten auf vollzeitige [X.]eschäftigung und amtsangemessene Alimentation ist diese Vorschrift Ausdruck eines verfassungsrechtlich vorgegebenen [X.]. Während die Unzumutbarkeit der Teilzeitbeschäftigung nach der objektiven Situation des [X.]eamten zu beurteilen ist, kennzeichnen die dienstlichen [X.]elange das Interesse des Dienstherrn an einer sachgerechten Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Erforderlich ist eine Abwägung der entgegenstehenden Interessen des [X.]eamten und des Dienstherrn im konkreten Fall. Da die Änderung zugelassen werden "soll", wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, kann nicht jeder dienstliche [X.]elang die Ablehnung rechtfertigen, sondern nur ein solcher, dem gegenüber die schutzwürdigen Interessen des [X.]eamten nachzuordnen sind (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 a.a.[X.] Rn. 14).

Das Fehlen einer entsprechenden Planstelle im Haushaltsplan ist zwar grundsätzlich als dienstlicher [X.]elang anzuerkennen, der dem sofortigen Übergang zur Vollzeitbeschäftigung entgegensteht. Das gilt regelmäßig jedoch nur für das Haushaltsjahr, in dem der Antrag auf Übergang zur Vollzeitbeschäftigung erstmals gestellt wird, wenn der Dienstherr den Antrag nicht vorhersehen und Vorsorge für die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung treffen konnte. Sobald sich dem Dienstherrn die Möglichkeit eröffnet, auf den Antrag des [X.]eamten haushaltsrechtlich zu reagieren, können nur noch schwerwiegende [X.]eeinträchtigungen des Dienstbetriebs dem Übergang zur Vollzeitbeschäftigung entgegenstehen (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2008 a.a.[X.] Rn. 15). Insofern ist bei Lehrern außerdem noch zu beachten, dass ein [X.] im laufenden Schuljahr zu schwerwiegenden [X.]elastungen der betroffenen Schüler führen kann, denen die Personal- und Unterrichtsplanung aus pädagogischen Gründen vorbeugen muss. Es kann daher grundsätzlich ermessensfehlerfrei berücksichtigt werden, dass wegen der [X.]esonderheiten des Schulbetriebs eine Umsetzung des Übergangs zur Vollzeitbeschäftigung in aller Regel erst im nachfolgenden Schuljahr möglich ist. Zwar können derartige schwerwiegende [X.]eeinträchtigungen des Dienstbetriebs allenfalls bei Dienstherren mit einem kleinen Personalbestand in [X.]etracht kommen. [X.]ei Dienstherren mit einem großen Personalbestand kann sich die Situation aber dann gleichermaßen darstellen, wenn eine große Anzahl von [X.]eamten gleichzeitig eine Rückkehr zur Vollbeschäftigung verlangt.

Ob der Klägerin bereits ab [X.]eginn des auf die Antragstellung am 30. August 2000 folgenden Schuljahres, hier also ab dem 1. August 2001, der Wechsel zur Vollbeschäftigung ermöglicht werden musste und insofern die entgegenstehende Teilzeitbeschäftigungsverfügung aufzuheben war, muss nicht entschieden werden. Dieser Zeitraum steht nicht mehr im Streit. Die [X.]eklagte hat die Klägerin ab dem 1. August 2001 in Vollzeit beschäftigt.

Für den Zeitraum nach der Antragstellung bis zum [X.]eginn des folgenden Schuljahres ist aber eine Ermessensentscheidung, die unter [X.]ezugnahme auf die [X.]estandskraft der Teilzeitbeschäftigungsverfügung wegen fehlender Planstellen und zur Gewährleistung einer rechtzeitigen Planung eines kontinuierlichen Unterrichtsablaufs eine sofortige Vollzeitbeschäftigung ablehnt, nicht ermessenswidrig. Auch in diesem Zusammenhang kann die [X.]eklagte bei ihrer Ermessensentscheidung darauf abstellen, dass eine Rücknahme weitreichende Folgen wegen der Vielzahl anderer ebenfalls zwangsweise teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte hätte, die dann aus dem Gedanken der Gleichbehandlung heraus ebenfalls einen Anspruch auf sofortige Rücknahme hätten. Deshalb wäre es nicht ausreichend, wenn wenige freie Planstellen zur Verfügung gestanden hätten. [X.]ei der Schulverwaltung handelt es sich um eine Massenverwaltung, die eine Übergangszeit benötigt, um sich auf eine solche Situation einzustellen und hierfür ein Konzept zu erstellen, das im Einklang mit der Unterrichtsplanung steht.

Das vom [X.]erufungsgericht herangezogene Argument der zeitnahen Geltendmachung ist ausschließlich im Zusammenhang mit der Vollstreckungsanordnung des [X.] zur amtsangemessenen Alimentation kinderreicher [X.]eamter von Relevanz. Es folgt zwar aus den [X.]esonderheiten des [X.]eamtenverhältnisses, beruht aber allein auf der besonderen rechtlichen Qualität des Anspruchs aus der Vollstreckungsanordnung nach § 35 [X.]G, vgl. § 79 [X.]G, die, wenn auch mit Gesetzeskraft ausgestattet, einem gesetzlichen Anspruch auf [X.]esoldung (oder Versorgung) nicht gleichzustellen ist (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 17. Juni 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 86.08 - a.a.[X.] Rn. 29 m.w.[X.]).

Meta

2 C 50/09

24.02.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend OVG Lüneburg, 13. Januar 2009, Az: 5 LB 312/08, Urteil

§ 80c BG ND vom 19.02.2001, § 80a Abs 3 S 2 BG ND vom 17.12.1997, § 80b BG ND vom 17.12.1997, § 79 Abs 2 BVerfGG, § 48 VwVfG, § 49 VwVfG, § 51 Abs 5 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.02.2011, Az. 2 C 50/09 (REWIS RS 2011, 9116)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9116

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