Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2019, Az. XI ZR 148/19

11. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1684

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Gegenstand

Bausparvertrag: Ablehnung einer begehrten Erhöhung der Bausparsumme aus bauspartechnischen Gründen


Tenor

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger nimmt die beklagte Bausparkasse auf Zustimmung zur Erhöhung einer Bausparsumme in Anspruch.

2

Der am 20. April 2005 geborene Kläger schloss, vertreten durch seine Eltern, am 24. August 2005 mit der Beklagten einen Bausparvertrag mit der Vertragsnummer        16 über eine Bausparsumme von 10.000 € und einer jährlichen Verzinsung des Bausparguthabens von 3% ab. Bestandteil des Vertrags waren die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge mit dem Tarif "[X.]" (im Folgenden: [X.]), die unter anderem folgende Regelung enthielten:

"§ 12 Teilung, Zusammenlegung, Ermäßigung, Erhöhung von Bausparverträgen

(1) Teilungen, Zusammenlegungen, Ermäßigungen oder Erhöhungen von Bausparverträgen bedürfen als Vertragsänderungen der Zustimmung der Bausparkasse. Die Bausparkasse wird Vertragsänderungen nur aus bauspartechnischen Gründen (z.B. bei Gefahr unangemessen langer Wartezeiten bei der Zuteilung) ablehnen."

3

Im Oktober 2014 beantragten die Eltern des [X.] für ihn die Erhöhung der Bausparsumme um 10.000 €. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, dass keine Erhöhungen für den [X.] "[X.]" mehr durchgeführt würden, weil dieser Tarif im Juni 2013 für Neuabschlüsse geschlossen worden sei und Erhöhungen unter bauspartechnischen Gründen [X.] gleichzustellen seien. Nach weiterem Schriftwechsel begründete die Beklagte ihre Ablehnungsentscheidung ergänzend mit Schreiben vom 15. Oktober 2015, dass Bausparverträge in diesem Tarif vermehrt als reine Kapitalanlage genutzt würden und der Zinsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu den daraus erzielten Erträgen stünde, so dass keine Erhöhungen mehr vorgenommen würden, um weiterhin ein gesundes Bausparkollektiv zu gewährleisten. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 beantragten die Eltern des [X.] eine Erhöhung der Bausparsumme um 11.000 €, was die Beklagte zurückwies. Schließlich beantragten die Eltern des [X.] mit Schreiben vom 17. Januar 2017 eine Erhöhung der Bausparsumme um 15.000 €, was die Beklagte ebenfalls ablehnte.

4

Mit der Klage hat der Kläger - neben einem nicht mehr im Streit stehenden Anspruch der Beklagten auf eine Servicepauschale - begehrt, die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung der Bausparsumme des zwischen ihnen bestehenden Bausparvertrags vom 24. August 2005 mit der Vertragsnummer        16 um 15.000 € auf 25.000 € rückwirkend zum 31. Januar 2017, hilfsweise um 10.000 € auf 20.000 € rückwirkend zum 31. Oktober 2014 zuzustimmen. Die Vorinstanzen haben die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren insoweit weiter.

II.

5

Der Sache kommt entgegen der Annahme des Berufungsgerichts keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

6

1. Das Berufungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Bausparsumme zu Recht verneint. Die Beklagte durfte das Begehren des [X.] unter Hinweis auf das Vorliegen bauspartechnischer Gründe nach § 12 Abs. 1 [X.] ablehnen.

7

a) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann im Rahmen der Privatautonomie - vorbehaltlich anderslautender gesetzlicher Bestimmungen - jede [X.] grundsätzlich frei entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen sie Verträge mit [X.] schließt (vgl. nur [X.] 8, 274, 328; [X.], Urteile vom 11. Januar 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 850 Rn. 10 und vom 9. November 2012 - [X.], [X.], 928 Rn. 7). Dies gilt auch für Änderungen eines bestehenden Vertrags. Jeder [X.] steht es allerdings frei, ihre Vertragsabschlussfreiheit durch vertragliche Regelungen einzuschränken. Dies hat die Beklagte durch die Vereinbarung des § 12 Abs. 1 [X.] getan. Danach durfte sie eine von ihrem Vertragspartner begehrte Erhöhung der Bausparsumme nur aus bauspartechnischen Gründen ablehnen.

8

b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass solche bauspartechnischen Gründe für eine Ablehnung des Erhöhungsersuchens des [X.] vorlagen.

9

aa) [X.] Gründe im Sinne des § 12 Abs. 1 [X.] sind solche Umstände, die derart beschaffen und zu bewerten sind, dass ein unvoreingenommener, vernünftiger Beobachter das Verhalten der Bausparkasse für eine nachvollziehbare und der Sachlage nach angemessene Reaktion halten muss (vgl. Senatsurteil vom 14. Mai 2019 - [X.], [X.], 1556 Rn. 45 mwN zu Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt). Bei der Ablehnung einer vom Bausparer begehrten Erhöhung der Bausparsumme sind dies vor allem solche Umstände, die den Zweck des [X.], Einlagen von [X.] entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den [X.] für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen zu gewähren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BSpkG), gefährden können, oder die dem Geschäftsmodell der betreffenden Bausparkasse nicht mehr entsprechen.

Aufgrund dessen darf eine Bausparkasse aus bauspartechnischen Gründen die Zustimmung zu einer Erhöhung der Bausparsumme verweigern, wenn der gewählte [X.] so nicht mehr angeboten wird, weil sie den [X.] samt Leistungen für Altkunden andernfalls auf unbestimmte Zeit vorhalten müsste und in der Folge ihre Liquidität gefährdet würde (vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2015, § 488 Rn. 548). Dies gilt insbesondere für das Erhöhungsverlangen bei Bausparverträgen, bei denen nicht mehr marktgerechte Einlagezinsen vereinbart sind, was es der Bausparkasse erschwert, die Erträge zu erwirtschaften, die sie benötigt, um weiterhin für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Bauspardarlehen zu gewähren (vgl. Senatsurteile vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.]Z 214, 94 Rn. 61 mwN und vom 14. Mai 2019 - [X.], [X.], 1556 Rn. 46 mwN für Prämiensparverträge).

bb) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte das Erhöhungsverlangen des [X.] gemäß § 12 Abs. 1 [X.] aus bauspartechnischen Gründen ablehnen durfte.

Nach den von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den mit dem Kläger vereinbarten [X.] bereits im Zeitpunkt des ersten Erhöhungsverlangens nicht mehr angeboten. Des Weiteren hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in dem veränderten Zinsumfeld einen Umstand gesehen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Zustimmung zur Erhöhung der Bausparsumme verweigern durfte. Dagegen bringt die Revision nichts Erhebliches vor.

2. Es liegt auch kein Zulassungsgrund vor. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts kommt dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zu. Die von ihm aufgeworfene Frage, ob bauspartechnische Gründe für eine Ablehnung seines Erhöhungsersuchens vorlagen, lässt sich mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien wie dargelegt beantworten. Dass sich die Frage in weiteren Fällen stellt, macht sie für die Allgemeinheit nicht bedeutsam. Insoweit haben auch weder das Berufungsgericht noch der Kläger dargelegt, dass über die streitgegenständliche Frage in Rechtsprechung und Schrifttum ein Meinungsstreit besteht. Da das Berufungsgericht den Rechtsstreit richtig entschieden hat, ist eine Entscheidung des Senats auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erforderlich.

Ellenberger     

        

Grüneberg     

        

Maihold

        

Menges     

        

Derstadt     

        

Das Verfahren ist durch Rücknahme der Revision am 22. November 2019 beendet.

Meta

XI ZR 148/19

12.11.2019

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Koblenz, 22. März 2019, Az: 8 U 1084/18, Urteil

§ 12 Abs 1 BauSparPrivAVB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.11.2019, Az. XI ZR 148/19 (REWIS RS 2019, 1684)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1684

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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