Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.07.2018, Az. XI ZR 135/17

11. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6330

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Gegenstand

Zinsbonusregelung in Bausparvertrag steht Kündigung nach Zuteilungsreife nicht entgegen


Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 26. Januar 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger begehren gegenüber der beklagten Bausparkasse die Feststellung des [X.] ihres [X.].

2

Die Kläger schlossen mit der Beklagten am 2. März 1998 einen Bausparvertrag (Vertragsnummer:       ) über eine Bausparsumme von 40.000 DM unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge der Beklagten (im Folgenden: [X.]). Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

"Präambel: Inhalt und Zweck des [X.]

Bausparen ist zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen, ...

§ 2 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme beträgt 3 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag).

...

§ 3 Verzinsung des [X.]

(1) Das Bausparguthaben wird mit 3 % jährlich verzinst.

...

(3) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zinsbonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des [X.] nach Abs. 1. Die Höhe des [X.] beträgt bei einer Bewertungszahl (§ 4 Abs. 2 b) von

2.400-3.999

3,5 % 

4.000-5.999

4 %     

6.000 und mehr     

4,5 %.

Der Zinsbonus wird mit dem Bausparguthaben ausgezahlt.

§ 4 Zuteilung des [X.]

(1) Die Zuteilung des [X.] ist eine Voraussetzung für die Auszahlung der Bausparsumme. Die Zuteilung wird dem Bausparer mitgeteilt mit der Aufforderung, innerhalb von vier Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Rechte aus der Zuteilung wahrnimmt (Zuteilungsannahme).

...

§ 5 Nichtannahme der Zuteilung; Vertragsfortsetzung

...

(2) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß an oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, wird der Vertrag fortgesetzt.

(3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. ...

(4) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach Maßgabe von § 3 Abs. 3."

3

Der Bausparvertrag war am 31. Juli 2003 zuteilungsreif. Die Kläger nahmen ein Bauspardarlehen nicht in Anspruch. Mit Schreiben vom 7. Mai 2015, das den Klägern am 4. Juli 2015 zuging, erklärte die Beklagte die Kündigung des [X.] zum 12. November 2015. Anfang Mai 2015 belief sich das Bausparguthaben der Kläger auf 12.292,23 €.

4

Die Kläger sind der Ansicht, dass die Kündigung unwirksam sei, weil der Beklagten kein Kündigungsrecht zugestanden habe. Ihrer Klage auf Feststellung des [X.] des Vertrages über den 12. November 2015 hinaus hat das Amtsgericht insoweit stattgegeben, als es festgestellt hat, dass der Vertrag bis zum 4. Januar 2016 fortbestanden hat; die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist unbegründet.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:

7

Das Amtsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Kläger die Feststellung des [X.] über den 4. Januar 2016 hinaus begehrten. Denn die [X.] habe den Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 [X.] wirksam zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Dieses Kündigungsrecht stehe während der Ansparphase eines [X.] auch der Bausparkasse zu. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts seien gegeben, weil insbesondere mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife von einem vollständigen Darlehensempfang auszugehen sei.

8

Entgegen der Auffassung der Kläger stehe § 489 Abs. 3 [X.] der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, weil die Kläger der Kündigung widersprochen und Klage erhoben hätten und deshalb der Einwand aus § 489 Abs. 3 [X.] wegen widersprüchlichen Verhaltens treuwidrig sei (§ 242 [X.]).

II.

9

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die [X.] hat den mit den Klägern geschlossenen Bausparvertrag mit Schreiben vom 7. Mai 2015 gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 [X.] in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF; nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) wirksam gekündigt.

1. Auf den im März 1998 abgeschlossenen Bausparvertrag findet - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - Darlehensrecht Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.], 94 Rn. 20 ff.; die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde ist vom [X.] durch Beschluss vom 21. Juni 2017 - 1 BvR 918/17 - nicht zur Entscheidung angenommen worden). In zeitlicher Hinsicht ist - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - gemäß Art. 229 § 5 Satz 2, Art. 229 § 22 Abs. 2 und 3, Art. 229 § 38 Abs. 1 und 2 EG[X.] das Darlehensrecht der §§ 488 ff. [X.] in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) maßgeblich (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.] aaO Rn. 18 f.).

2. Die [X.] hat den Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 [X.] aF wirksam zum 4. Januar 2016 gekündigt.

a) Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 2017 ([X.], [X.], 94 Rn. 34 ff.) entschieden und im Einzelnen ausgeführt hat, steht auch einer Bausparkasse das Kündigungsrecht aus § 489 Abs. 1 Nr. 3 [X.] aF zu.

b) Die Voraussetzungen dieses Kündigungsrechts liegen vor.

aa) Das der Bausparkasse gewährte Darlehen weist einen festen Zinssatz auf, weil bei Vertragsschluss der [X.] für die Dauer der Ansparphase in Höhe von 3% p.a. vereinbart worden ist (§ 3 Abs. 1 [X.]).

Daran ändert auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung des Zinssatzes bei Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 [X.] nichts, weil auch für diesen Fall der Darlehenszins für die gesamte Laufzeit von Anfang an als feststehende Prozentzahl ausgedrückt wird und bereits bei Vertragsschluss vereinbart worden ist. Mit der Einführung der Formulierung "gebundener Sollzinssatz" in § 489 Abs. 1 [X.] durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 ([X.]l. I S. 2355) anstelle der Formulierung "fester Zinssatz" in § 489 Abs. 1 [X.] aF ist keine inhaltliche Änderung verbunden gewesen (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 74).

bb) Seit dem vollständigen Empfang des Darlehens durch die [X.] waren zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vom 7. Mai 2015 auch mehr als zehn Jahre vergangen, weil der Bausparvertrag erstmalig am 31. Juli 2003 zuteilungsreif war. Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Februar 2017 ([X.], [X.], 94 Rn. 71 ff.) näher ausgeführt hat, ist bei einem Bausparvertrag von einem vollständigen Empfang des Darlehens regelmäßig im Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife auszugehen. Denn zu diesem Zeitpunkt ist das Zweckdarlehen, welches der Erlangung des Anspruchs auf Gewährung eines Bauspardarlehens dient, der Bausparkasse vollständig gewährt worden.

Entgegen der Ansicht der Revision folgt vorliegend etwas anderes nicht aus der Zinsbonusregelung der § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 [X.]. Diese Regelung führt ebenso wenig wie ein Wahlrecht betreffend die Höhe der Guthabenverzinsung während der Ansparphase (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 25. Juli 2017 - [X.], juris Rn. 10) zu einer Modifikation des Vertragszwecks im Hinblick auf die in der Erbringung der Ansparleistungen liegende Darlehensgewährung an die [X.] (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.], 94 Rn. 81). § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 [X.] eröffnen dem Bausparer lediglich die Möglichkeit, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das Bauspardarlehen zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen - hier: in Abhängigkeit von der Höhe der Bewertungszahl - über den ursprünglichen Zinssatz von 3% p.a. hinausgehenden Zins für das Bausparguthaben beanspruchen zu können. Diese Möglichkeit besteht nicht nur einmalig beim erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (§ 3 Abs. 3 [X.]), sondern auch bei einer Vertragsfortsetzung (§ 5 Abs. 4 [X.]). Das dem Bausparer eingeräumte Optionsrecht ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen Zuteilungsreife erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 [X.] abgegolten werden kann. Insoweit ist der vorliegende Fall anders gelagert als der Fall eines zeitlich begrenzten Verzichts auf die Gewährung eines Bauspardarlehens, bei dem der Vertrag nach Ablauf des [X.] fortgesetzt wird und bei dem die Ansparleistungen während der Karenzzeit zusätzlich einem reinen Sparzweck dienen (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017, aaO; Senatsbeschluss vom 25. Juli 2017, aaO).

Ein anderes Verständnis der Zinsbonusregelung hat das Berufungsgericht zu Recht - insoweit von der Revision nicht angegriffen - auch dem Werbematerial der [X.]n nicht entnommen. Darin werden lediglich die Zinsbonusregelung und die Möglichkeit einer späteren Zuteilung der Bausparsumme näher erläutert, ohne indes den Klägern eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit der Geldanlage zu versprechen.

cc) Soweit die Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend machen, einen Verzicht auf das Bauspardarlehen erklärt zu haben, sind sie mit diesem Vorbringen gemäß § 559 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen. Die Revision hat auch keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben, mit der sie aufzeigt, dass das Berufungsgericht entsprechenden Vortrag der Kläger entgegen § 286 ZPO unbeachtet gelassen hat (vgl. dazu [X.], Urteile vom 8. Juli 1954 - [X.], [X.]Z 14, 205, 209 f., vom 22. Februar 2005 - [X.], [X.], 782, 785 f. und vom 11. Juni 2015 - [X.], [X.], 953 Rn. 45). Ungeachtet dessen würde vorliegend der Verzicht auf das Bauspardarlehen nach § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 [X.] lediglich zu einem Anspruch der Kläger auf Gewährung des vereinbarten Zinsbonus führen, nicht hingegen die Wirksamkeit der Kündigung vom 7. Mai 2015 berühren.

c) Mit Ablauf der Kündigungsfrist von sechs Monaten nach dem Zugang des Kündigungsschreibens vom 7. Mai 2015 ist der Bausparvertrag am 4. Januar 2016 beendet worden.

d) Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass die Kündigung auch nicht gemäß § 489 Abs. 3 [X.] aF als nicht erfolgt gilt. Da die Parteien gerade um die Wirksamkeit der Kündigung streiten, können sich die Kläger auf diese Vorschrift nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) auf Grund ihres widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen (vgl. Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - [X.], [X.], 94 Rn. 89).

Ellenberger     

        

Grüneberg     

        

Maihold

        

Menges     

        

Derstadt     

        

Meta

XI ZR 135/17

10.07.2018

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Koblenz, 26. Januar 2017, Az: 3 S 15/16

§ 242 BGB, § 489 Abs 1 Nr 2 BGB, § 489 Abs 1 Nr 3 BGB, § 489 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.07.2018, Az. XI ZR 135/17 (REWIS RS 2018, 6330)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6330

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XI ZR 185/16

I ZR 75/14

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