Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2015, Az. AK 34/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 16735

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 34/14
vom
22. Januar 2015
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 22.
Januar 2015 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].

Eine etwa weiter erforderliche Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem
nach den [X.] Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:
I.

Der Beschuldigte wurde am 2.
Juli 2014 vorläufig festgenommen und be-findet sich seit dem 3.
Juli 2014 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrich-ters des [X.] vom selben Tag (1
BGs
162/14), neugefasst durch den Beschluss vom 16.
Dezember 2014 (1
BGs
244/14) ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Be-schuldigte habe in zwei Fällen für den Geheimdienst einer fremden Macht eine geheimdienstliche Tätigkeit gegen die [X.] ausgeübt, die auf die Mitteilung oder Lieferung von Tatsachen, Gegenständen oder Er-kenntnissen gerichtet ist, und dabei unter Missbrauch seiner verantwortlichen Stellung, die ihn zur Wahrung von Geheimnissen besonders verpflichtet, [X.]
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sachen oder Erkenntnisse mitgeteilt, die von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung geheimgehalten werden; in einem Fall habe er tateinheit-lich hierzu als Amtsträger Vorteile für sich dafür angenommen, dass er -
ge-werbsmäßig handelnd und auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezogen -
Diensthandlungen vorgenommen habe (Vergehen, strafbar nach §
99 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
1, §
332 Abs.
1, §
335 Abs.
1 Nr.
1a, Abs.
2 Nr.
1 und 3 StGB).

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl vorgeworfenen Taten drin-gend verdächtig.

a) Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschuldigte, beim [X.] ([X.]) in der [X.] "Einsatzgebiete und Auslandsbeziehungen" ([X.]) beschäftigt, zur Verschwiegenheit verpflichtet und zum Zugang zu Verschluss-sachen der Geheimhaltungsgrade bis einschließlich "[X.] GEHEIM amt-lich geheimgehalten" berechtigt, nahm Anfang des Jahres 2010 per E-Mail Kontakt mit der [X.] Botschaft in [X.] auf und fragte an, ob dort Interesse an Informationen aus dem Sicherheitsbereich bestünde. Nach-dem die [X.] Seite dies bejaht hatte, übermittelte der Beschuldigte in der Folgezeit, beginnend noch im Jahr 2010 und endend unmittelbar vor seiner 2
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Festnahme, regelmäßig interne Dokumente des [X.] an einen [X.] Geheimdienst. Dabei nutzte er ab Juni 2012 ein ihm bei einem Treffen mit seinem Kontaktmann beim [X.] Geheimdienst über-gebenes Notebook, das mit einem Programm zum Empfang und Versand ver-schlüsselter Nachrichten ausgestattet war. Unter den mehr als 200 übermittel-ten Dokumenten des [X.] befanden sich auch solche der Geheimhaltungsstufe "[X.] GEHEIM -
amtlich geheimgehalten". Schon Ende 2010 / Anfang 2011 übermittelte der Beschuldigte eine [X.]-interne Datenbank der Abteilung "Einsatzgebiete und Auslandsbeziehungen" ([X.]), die die Datensätze von ca. 3.500 aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des [X.]

enthielt. Sämtliche von ihm weitergegebenen Dokumente speicherte der Beschuldigte auf einem [X.]. Als Gegenleistung für seine Verratstätigkeit erhielt er bei Treffen mit seinem Kontaktmann oder über präparierte Verstecke einen Agentenlohn
von der Beschuldigte seinem Vater, der das Geld sodann jeweils unter Angabe [X.] Verwendungszwecke auf das Konto des Beschuldigten
einzahlte. Den Restbetrag zahlte dieser selbst ein oder verbrauchte das Geld unmittelbar für sich.

Am 28.
Mai 2014 übermittelte der Beschuldigte per E-Mail drei interne Papiere des [X.] an das [X.] Generalkonsulat in [X.] und bot in der Erwartung, dass die Nachricht an einen [X.]n Geheimdienst weitergeleitet werden würde, an, zukünftig weitere Informationen zu liefern. Er wollte sich dadurch eine weitere Einnahmequelle sichern, bekam jedoch in der Folgezeit Bedenken und löschte das zum Zweck der Kontaktaufnahme eingerichtete
E-Mail-Konto, ohne eine Reaktion eines [X.]n Geheimdiensts erfahren zu haben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Tatvorwürfe wird auf den Haftbe-fehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 16.
Dezember 2014 Bezug genommen.

b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus den [X.] weitgehend geständigen Angaben des Beschuldigten, den [X.] der sichergestellten Computer und Speichermedien, den Finanzermittlun-gen und den Angaben von Zeugen. Im Vordergrund stehen dabei die mehr als 200 Dokumente des [X.], die der Beschuldigte nach seinen geständigen An-gaben an den [X.] Geheimdienst weitergegeben hat. Diese [X.] waren vom Beschuldigten auf einem [X.] gespeichert worden, der bei der Durchsuchung seiner Wohnung sichergestellt werden konnte und als Beweismittel zur Verfügung steht. Das Geständnis des Beschuldigten wird durch die bei der Auswertung der Computer gewonnenen Erkenntnisse über die Übermittlungswege und -zeiten der Daten untermauert. Die geständigen Einlassungen zu der Kontaktaufnahme mit dem [X.]n Generalkonsulat finden ihre Bestätigung in den Erkenntnissen des [X.] sowie in den auf dem [X.] vom Beschuldigten gespeicherten drei Dokumenten. Wegen der Einzelheiten verweist der Senat auf die Darlegungen im Haftbefehl des Ermitt-lungsrichters des [X.] vom 16.
Dezember 2014 sowie auf den Zwischenbericht des [X.] vom 22.
Dezember 2014.

2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs.
2 Nr.
2 StPO). Der
Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen, Flucht-anreiz bildenden Freiheitsstrafe zu rechnen. Wie im Haftbefehl des Ermittlungs-richters im Einzelnen dargelegt ist, könnte der Beschuldigte bei dem Unterfan-gen, sich dem Verfahren durch Flucht zu entziehen, mit der Unterstützung US-7
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[X.]r Stellen rechnen. Der Zweck der Untersuchungshaft kann [X.] auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§
116 Abs.
1 StPO).

3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersu-chungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die be-sondere Schwierigkeit und der Umfang des Verfahrens haben ein Urteil bislang noch nicht zugelassen.

Das dem Beschuldigten durch den [X.] Geheimdienst zur Verfügung gestellte Notebook der Marke [X.] muss ausgewertet werden, was sich wegen der Verschlüsselung als technisch außerordentlich schwierig und zeitaufwändig erweist. Dies konnte noch nicht abgeschlossen werden. Gleiches gilt für die sachverständige Bewertung der verratenen Dokumente, die in Auftrag gegeben worden ist, um den Umfang des verursachten Verratsscha-dens festzustellen. Der Beschuldigte hat zwar den Tatvorwurf von Anfang an im Grundsatz eingeräumt, indes Einzelheiten, vor allem zur Dauer der Verratstä-tigkeit, zu den Kontakten mit dem Mitarbeiter des [X.] Geheim-diensts, zu seiner Entlohnung sowie zu der Verstrickung des [X.] in die [X.] der Geldzahlungen, erst im Verlauf mehrerer [X.] und in dem Maße zugegeben, wie ihm jeweils Erkenntnisse aus den aufwändi-gen und noch andauernden Auswertungen der sichergestellten Datenspeicher, darunter dem Laptop der Marke [X.] des Beschuldigten, sowie [X.] aus den Finanzermittlungen
vorgehalten werden konnten.

Das Verfahren ist danach bislang mit der in Haftsachen gebotenen Be-schleunigung geführt worden.

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4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu [X.] Strafe.

[X.]

Gericke
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Meta

AK 34/14

22.01.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2015, Az. AK 34/14 (REWIS RS 2015, 16735)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16735

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