Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2013, Az. V ZB 129/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2690

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

V ZB 129/12

vom

18. September 2013

in der Abschiebungshaftsache

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 18. September 2013
durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Lemke und
Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen
Dr. Brückner
und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.]s Leipzig
vom 5.
Juni 2012 und der Beschluss des [X.] vom 31.
Mai 2012
ihn in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die au-ßergerichtlichen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen wer-den dem [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatsangehöriger, reiste zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt ohne gültige Einreisedokumente in das [X.] ein und stellte am 5.
August 2011 einen Asylantrag. Das
zuständige Bundesamt stellte fest, dass der Betroffene bereits in [X.] einen Asylantrag gestellt hatte, und bat [X.] um Zustimmung zur Rücknahme, die am 2. Dezember 2011
er-teilt wurde. Mit Bescheid vom 23. Februar 2012 lehnte es den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung an. Der Betroffene reiste aber nicht 1
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freiwillig aus. Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht mit Beschlüssen vom 3. Mai 2012 und vom 16. Mai 2012 Haft zur Sicherung der Abschiebung gegen den Betroffenen bis zuletzt zum 1. Juni 2012 an.

Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht die Haft mit Be-schluss vom 31. Mai 2012 bis zum 29. Juni 2012 verlängert. Die Beschwerde des Betroffenen hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwer-de
beantragt der Betroffene, die Rechtswidrigkeit der vorgenannten Beschlüsse festzustellen.

II.

Das Beschwerdegericht hält die Haftverlängerung
für rechtmäßig. Die Haftgründe nach § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 5 AufenthG
lägen vor. Die Haftanordnung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der Betroffene in einem Haftkrankenhaus untergebracht und dort eine Trennung von den Strafgefange-nen nicht gewährleistet sei.

III.

Die mit dem Feststellungsantrag gemäß § 62 FamFG statthafte und auch sonst
zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist begründet.

1. Die Anordnung der Haftverlängerung durch das Amtsgericht ist [X.] deshalb rechtswidrig, weil dem Betroffenen rechtliches Gehör nicht in der vorgeschriebenen Form gewährt worden ist.

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a) [X.](verlängerungs-)antrag kann dem Betroffenen zwar erst zu Beginn der persönlichen Anhörung eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berück-sichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Se-nat, Beschluss vom 4. März 2010 -
V [X.], [X.], 323, 330 Rn. 16 mwN). Dabei
muss dem Betroffenen aber in jedem Fall eine Kopie des [X.] ausgehändigt und erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt werden; dies muss in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 257, 258 Rn. 8 und vom 14. Juni 2012 -
V [X.], [X.] 2012, 227 Rn. 9).

b) Diesen Anforderungen genügt das Verfahren des Amtsgerichts nicht. Es hat dem Betroffenen nach dem maßgeblichen Inhalt des Protokolls den Ver-, aber nicht in Kopie ausgehändigt. Die Aushändigung konnte auch weder durch die Aushändigung vorausgegangener [X.] noch durch Aushändigung des erlassenen Haftbeschlusses ersetzt werden. Die vorausgegangenen [X.] konnten die Gründe
nicht enthal-ten, die die beteiligte Behörde für die spätere Verlängerung anführt. Die [X.] gibt Auskunft nur über die Gründe, die den Haftrichter zu seiner Entscheidung, die Haft zu verlängern,
bewogen ha-ben, aber nicht über das Vorbringen der Behörde zur Begründung des [X.] (Senat, Beschluss vom
6.
Dezember 2012 -
V [X.], [X.] 2013, 87, 88 Rn. 13).

2. Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das [X.] ist ebenfalls rechtswidrig. Der aufgetretene Verfahrensmangel konnte nur geheilt werden, in dem der Haftantrag dem Betroffenen nachträglich ausgehän-6
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digt und dieser von dem Beschwerdegericht erneut persönlich angehört wurde (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Dezember 2012 -
V [X.], [X.] 2013, 87, 88 Rn. 15). Das ist nicht geschehen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430
FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 [X.], Art. 5 [X.]. Der Gegenstandswert be-stimmt sich nach § 128c Abs. 3 Satz 2, § 30 Abs. 2 [X.].

Stresemann

Lemke

Schmidt-Räntsch

Brückner

Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.05.2011 -
282 [X.] B -

LG Leipzig, Entscheidung vom 05.06.2012 -
7 T 311/12 -

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Meta

V ZB 129/12

18.09.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.09.2013, Az. V ZB 129/12 (REWIS RS 2013, 2690)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2690

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