Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. V ZB 50/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2779

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB
50/12
vom

27. September 2012

in der Abschiebungshaftsache

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 27. September 2012 durch
die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.],
die Richterin-nen Dr. [X.] und Weinland
und [X.] Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 13.
Februar
2012 und der Beschluss der 23. Zivilkammer des [X.] vom 27. Februar 2012 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen und des Beteiligten zu 3 werden der Stadt [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:
I.
Der Betroffene, ein tadschikischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2008 nach [X.] ein. Sein Asylantrag wurde mit seit Februar 2010 bestands-kräftigem Bescheid des zuständigen [X.] zurückgewiesen. Aufgrund dieser Entscheidung ist er vollziehbar ausreisepflichtig, kam dem aber nicht nach. Im Februar 2012 wurde er von der Polizei aufgegriffen. Am 1
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13.
Februar
2012 hat das Amtsgericht Haft zur Sicherung der Abschiebung für die Dauer von vier Wochen angeordnet. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] zurückgewiesen. Am 29. Februar 2012 ist der Betroffene abgeschoben
worden.
Mit der Rechtsbeschwerde
möchte der Beteiligte zu
3 festgestellt wissen,
dass der Betroffene durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung in sei-nen Rechten verletzt worden ist.
II.
Das Beschwerdegericht bejaht die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr.
2 und Nr. 5 [X.] Der Betroffene habe seinen Aufenthaltsort gewech-selt,
ohne der Ausländerbehörde seine neue Anschrift anzugeben. Zudem sei er 2008 untergetaucht, um nicht ausreisen zu müssen.
III.
1. [X.] ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). Der Beteiligte zu 3 ist beschwerdeberechtigt, weil er als von dem Betroffenen benannte [X.] bereits im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt worden ist (§ 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG).
2. [X.] ist auch begründet. Der Betroffene ist durch die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung durch das Beschwerdegericht in seinen Rechten verletzt worden.
a) Das Amtsgericht hätte die Haft nicht anordnen dürfen, weil es dem Betroffenen den Haftantrag der Beteiligten zu 2 zu Beginn der mündlichen An-2
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hörung lediglich "bekannt gegeben"
hat. Das Protokoll der mündlichen Anhö-rung lässt nicht erkennen, dass ihm der Haftbefehl auch ausgehändigt wurde.
aa) Der Haftantrag kann dem Betroffenen zwar erst zu Beginn der rich-terlichen Anhörung eröffnet werden, wenn er einen einfachen, überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu dem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunftsfähig ist (Senat, Beschluss vom 4. März 2010 -
V [X.], [X.], 323, 330 Rn. 16 mwN). Das be-deutet aber nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf be-schränken dürfte, den Inhalt des [X.] mündlich bekannt zu geben. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall
eine Kopie ausgehändigt wer-den; dies muss in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden. Er muss im weiteren Verlauf der Anhörung in ein Exemplar des [X.] einsehen und dieses gegebenenfalls später ei-nem Rechtsanwalt vorlegen können (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012

V
[X.],
Rn. 9, juris). Die Bekanntgabe durch Aushändigung des [X.] ist Voraussetzung für die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Anderenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene nicht in der Lage war, sich zu sämtlichen Angaben der beteiligten Behörde (vgl. § 417 Abs. 2 FamFG) zu äußern (Senat, Beschluss vom 21. Juli 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 257
Rn. 8).
bb) Da die Haftanordnung bereits mangels Aushändigung des [X.] rechtswidrig ist, kann dahingestellt bleiben, ob deren Rechtswidrigkeit auch daraus folgt, dass die Begründung des [X.] nicht erkennen lässt, ob er die Angaben der Behörde in dem Haftantrag einer eigenständigen Würdi-gung unterzogen hat. Zweifel
daran bestehen deshalb, weil sich die Begrün-dung der Haftanordnung auf eine wörtliche Übernahme des [X.] -
sogar 7
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mit Übernahme der von dem behördlichen Sachbearbeiter verwendeten Ich-Form -
beschränkt.
b) Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das Beschwerdege-richt hat den Betroffenen ebenfalls in seinen Rechten verletzt. Es durfte von der auch in einem Beschwerdeverfahren grundsätzlich erforderlichen Anhörung (vgl. nur Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 -
V [X.], Rn. 12 mwN, juris) nicht absehen, da die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen schon man-gels Aushändigung des [X.] fehlerhaft war (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012 -
V ZB 48/12,
Rn. 14, juris).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und
2, §
83 Abs.
2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 [X.] analog. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Stresemann
[X.]
[X.]

Weinland
Kazele
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.02.2012 -
9 XIV 5794.B -

LG Bielefeld, Entscheidung vom 27.02.2012 -
23 [X.]/12 -

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Meta

V ZB 50/12

27.09.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. V ZB 50/12 (REWIS RS 2012, 2779)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2779

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V ZB 222/09

V ZB 141/11

V ZB 284/11

V ZB 48/12

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