Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2014, Az. I ZR 84/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4348

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

3. Juli 2014

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Wir zahlen Höchstpreise
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Auch bei einer Spitzenstellungswerbung besteht für eine Beweiserleichterung zugunsten des [X.] kein Anlass, wenn er die für die Beurteilung der Spit-zenstellung maßgeblichen Tatsachen ohne erhebliche Schwierigkeiten darlegen und beweisen kann.
[X.], Urteil vom 3. Juli 2014 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 3.
Juli 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr.
Büscher,
die Richter
Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff,
Dr.
Koch
und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]
3.
Zivilsenat
vom 28.
März 2013 wird auf Kos-ten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber beim Ankauf von Altgold. Die Klägerin wendet sich dagegen, dass die [X.] am 23.
März 2011 in der Zeitung "F.

-Express" mit der Angabe "[X.] ZAHLEN [X.] IHREN
SCHMUCK!" geworben hat.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

es der [X.]n zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr beim Ankauf von Altedelmetallen mit "Höchstpreise für Ihren Schmuck" zu werben, wenn tatsächlich keine "Höchstpreise für Ihren Schmuck" bezahlt werden.
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3
-

Außerdem begehrt sie die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 651,80

nebst Zinsen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne
Erfolg
geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und dazu ausgeführt:

Die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die
[X.] tatsächlich keine "Höchstpreise" beim Ankauf von Schmuck bezahle. Für
eine
Umkehr der Darlegungs-
und Beweislast sei im Streitfall kein Raum, da die Klägerin auf eine solche Beweiserleichterung
nicht
angewiesen sei. Als Wettbewerberin der [X.]n im Bereich des Altedelmetallankaufs sei sie über die Preisgestaltung auf diesem Markt im Bilde und könne
[X.] nach Durchführung zumutbarer Testkäufe
auch ohne weiteres zur tat-sächlichen Grundlage der Behauptung der [X.]n substantiiert
vortragen.

Soweit die Klägerin in zweiter Instanz eine Irreführung
erstmals damit begründet habe, dass
der Spitzenstellungsbehauptung keine vom Verkehr er-wartete Marktbeobachtung
durch die [X.]
vorausgegangen sei, sei dieser Vortrag verspätet und daher
nicht mehr
zu
berücksichtigen.

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-
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat kei-nen Erfolg.

1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §
8 Abs.
1 Satz
1 in Verbindung mit §
3 Abs.
1, §
5 Abs.
1 Satz
2 Nr.
2 UWG nicht zu, weil sie nicht substantiiert darge-legt habe, dass
die [X.] entgegen ihrer Werbung
tatsächlich keine Höchst-preise
zahle, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Die Darlegungs-
und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der behaupteten Irreführung liegen
bei der Klägerin. Auch im Bereich der Al-leinstellungs-
und Spitzengruppenwerbung ist keine allgemeine Umkehr der Darlegungs-
und Beweislast anzunehmen. Allerdings muss der [X.], der eine Spitzenstellung in Anspruch nimmt, die sie begründenden Tatsachen dar-legen und beweisen, wenn seine Werbung als unrichtig beanstandet wird und der Kläger diese Tatsachen entweder überhaupt nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufklären kann. Für eine Umkehr der Darlegungs-
und Beweis-last
zugunsten des [X.] besteht dagegen kein Anlass, wenn er die für die Beurteilung der Spitzenstellung maßgeblichen Tatsachen ohne erhebliche Schwierigkeiten darlegen und beweisen kann (vgl. [X.], Urteil vom 20.
De-zember 1977
I ZR
1/76, [X.] 1978, 249, 250 = WRP 1978, 210
Kredit-vermittlung; Urteil vom 7.
Juli 1983
I
ZR
119/81, [X.] 1983, 779, 781 = [X.], 675
Schuhmarkt; Urteil vom 22.
Oktober 2009
I
ZR
73/07, [X.] 2010, 352 Rn.
22 = [X.], 636
Hier spiegelt sich Erfahrung).

So liegt es im Streitfall. Bei dem von der [X.]n am 23.
März 2011 angebotenen Ankaufspreis für Schmuck handelt es sich um keine Tatsache, die die Klägerin nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten aufklären konnte. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin den 8
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von der [X.]n an einem bestimmten Tag gezahlten oder jedenfalls angebo-tenen Tagespreis ohne weiteres durch
einige wenige
Testverkäufe
oder anfragen
hätte erfahren können.

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der
[X.] als Wettbewerberin im Bereich des Altedelmetallankaufs die Preisgestaltung auf diesem Markt
bekannt
ist. Infolgedessen verfügen die Parteien hinsichtlich der Ermittlung der
von Mitbewerbern verlangten Preise über dieselben [X.]. Dementsprechend hatte die Klägerin auch Vortrag zu den von [X.] gebotenen Ankaufspreisen gehalten. Auch unter diesem Aspekt bedarf es daher keiner Beweiserleichterung zugunsten der Klägerin.

2. Die Klägerin
hat
in zweiter Instanz eine Irreführung
auch
damit be-gründet,
dass
die [X.] vor der Werbung mit "Höchstpreisen" keine vom Verkehr erwartete Marktbeobachtung durchgeführt habe.
Dieses von der [X.] behauptete Verhalten der [X.]n
ist jedoch vom
Klageantrag
nicht
um-fasst, der den Streitgegenstand auf ein Verbot der
Werbung mit "Höchstpreisen für Ihren Schmuck"
begrenzt, wenn tatsächlich keine solchen Höchstpreise be-zahlt werden.

Aus Gründen prozessualer Fairness ist es nicht geboten, der Klägerin durch Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht Gelegenheit zu geben, einen auch insoweit sachdienlichen Klageantrag zu stellen
(vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 2011

[X.], [X.] 2012, 405 Rn. 16 = [X.], 461

[X.]; Urteil vom 8. März 2012

[X.], [X.] 2012, 1153 Rn.
15 f. = [X.], 1390

Unfallersatzgeschäft). Denn
das Berufungsge-richt hat den zur Frage der Marktbeobachtung
gehaltenen tatsächlichen Vortrag zu Recht nach §
531 Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Die
Ausführungen der Klägerin zur Verkehrserwartung, dass eine Höchstpreis-12
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berühmung nicht leichtfertig, sondern allein aufgrund einer Marktbeobachtung aufgestellt werde,
sowie zum Fehlen einer solchen Marktbeobachtung durch die [X.] im Streitfall sind
neuer
Tatsachenvortrag. Dieser wäre vom [X.] vorliegend nur
dann
zuzulassen gewesen, wenn seine fehlende Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf einer Nachlässigkeit der [X.] beruht
hätte. Zwar
gilt der Ausschluss neuer Angriffs-
und Verteidigungsmit-tel im Berufungsrechtszug
nicht für unstreitige Tatsachen, auch
wenn
sie im ersten Rechtszug aus
Nachlässigkeit nicht geltend gemacht worden sind
([X.], Urteil vom 20.
Mai 2009
VIII
ZR
247/06, [X.], 2532 Rn.
15). Von der [X.]n nicht bestritten wurde
aber
allein das von der Klägerin vorgetragene Verkehrsverständnis, dass eine Höchstpreisbehauptung erst nach einer Markt-beobachtung aufgestellt werde. Die Behauptung der Klägerin, die [X.] ha-be tatsächlich keine Marktrecherche durchgeführt, hat diese aber bestritten.

Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei sorgfältiger Förderung des Prozesses der Vortrag der Klägerin zur [X.] bereits erstinstanzlich hätte erfolgen können und müssen. Entgegen der Ansicht der Revision bestand für die [X.] kein Anlass, von sich aus in erster Instanz zur Frage der Marktbeobachtung
vorzutragen. Vielmehr oblag es auch insoweit der Klägerin, entsprechenden Vortrag zu halten.

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3. Steht der Klägerin der begehrte Unterlassungsanspruch
gegen die [X.]
nicht zu, so kann sie auch keine Erstattung von Abmahnkosten ver-langen.

II[X.] [X.] beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 09.09.2011 -
416 [X.]/11 -

O[X.], Entscheidung vom 28.03.2013 -
3 [X.] -

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Meta

I ZR 84/13

03.07.2014

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2014, Az. I ZR 84/13 (REWIS RS 2014, 4348)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4348

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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