Bundesverfassungsgericht, Prozesskostenhilfebeschluss vom 29.04.2015, Az. 2 BvR 804/14

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2015, 11893

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Versagung von PKH im Verfassungsbeschwerdeverfahren mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung - Unzulässigkeit einer noch zu erhebenden Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung


Gründe

1

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts war mangels hinreichender Erfolgsaussichten abzulehnen.

2

1. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist im Verfahren über eine Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer entsprechend §§ 114 ff. ZPO grundsätzlich zulässig (vgl. [X.] 1, 109 <110 ff.>; 1, 415 <416>; 79, 252 <253>; 92, 122 <123>). Allerdings wird Prozesskostenhilfe im schriftlichen Verfahren nur unter strengen Voraussetzungen bewilligt, weil das Verfahren kostenfrei ist und kein Anwaltszwang besteht. Sie wird daher nur gewährt, wenn der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, sich selbst zu vertreten (vgl. [X.] 27, 57; 78, 7 <19>; 92, 122 <123>). Im Übrigen ist einer [X.], die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe nur dann zu gewähren, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 9. Juli 2010 - 2 BvR 2258/09 -, juris).

3

2. Es kann dahinstehen, ob die Antragsteller nicht in der Lage sind, sich selbst zu vertreten oder die Kosten der Prozessführung durch Beauftragung eines Rechtsanwalts aufzubringen. Denn jedenfalls hat die von den Antragstellern angekündigte Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg, da sie nicht mehr innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 [X.]G erhoben wäre.

4

a) Die Verfassungsbeschwerde ist nach § 93 Abs. 1 [X.]G binnen eines Monats nach Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung nicht nur einzulegen, sondern auch in einer § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.]G genügenden Weise zu begründen (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 99, 84 <87>). Die von den Antragstellern als zuletzt ergangen genannten Entscheidungen des [X.] vom 6. Februar 2013 sind ihnen nach eigenen Angaben am 21. Februar 2013 zugegangen, so dass die Monatsfrist in jedem Fall abgelaufen wäre. Im Hinblick auf die Entscheidungen des [X.] im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kommt es daher nicht darauf an, dass eine auf eine [X.] ergehende gerichtliche Entscheidung nicht geeignet ist, die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.]G für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde gegen die im Vorprozess ergangene rechtskräftige Entscheidung neu in [X.] zu setzen, da die [X.] nicht zum Rechtsweg im Sinne von § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]G gehört (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 9. Oktober 1989 - 1 BvR 992/89 -, juris).

5

b) Der Vortrag der Antragsteller, dass ihnen selbst eine hinreichende Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht möglich sei, diese vielmehr durch den ihnen im Wege der Prozesskostenhilfe beizuordnenden Rechtsanwalt erfolgen solle und sie Wiedereinsetzung in gegebenenfalls versäumte Fristen beantragen würden, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Monatsfrist gemäß § 93 Abs. 2 [X.]G kommt nicht in Betracht. Zwar kann es, soweit ein Beschwerdeführer nicht imstande ist, die erforderlichen Mittel für die Beauftragung eines Rechtsanwalts aufzubringen, der ihn im Verfassungsbeschwerdeverfahren vertreten soll, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen, wenn der in der Mittellosigkeit liegende Hinderungsgrund entfällt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 1. Juli 2002 - 2 BvR 578/02 -, juris). Im Falle der Mittellosigkeit kann Wiedereinsetzung nach Gewährung von Prozesskostenhilfe aber nur dann gewährt werden, wenn die mittellose [X.] alles Zumutbare getan hat, um das bestehende Hindernis alsbald zu beheben. Die Fristversäumung ist daher grundsätzlich nur dann unverschuldet, wenn der Beschwerdeführer innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.]G alle für die Entscheidung über das [X.] wesentlichen Angaben und Unterlagen vorlegt (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 7. Februar 2000 - 2 BvR 106/00 -, [X.], [X.]). Dazu gehört auch, dass er entsprechend § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO wenigstens im [X.] deutlich macht, welche verfassungsrechtliche Beanstandung er gegen die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen erheben will (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Oktober 1993 - 1 BvR 1686/93 -, juris). Unverzichtbar ist mithin jedenfalls eine einigermaßen plausible Minimalbegründung (vgl. [X.], Nichtannahmebeschluss der [X.] des [X.] vom 5. November 2013 - 1 BvR 2544/12 -, juris). Diesen Anforderungen wird der innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.]G gestellte Antrag vom 17. März 2013 in keiner Weise gerecht. Er erschöpft sich insofern in der Benennung der als verletzt gerügten Grundrechte.

6

c) Soweit die Antragsteller ihren Antrag mit Schreiben vom 6. April 2014 weiter begründet haben und die zeitliche Verzögerung damit rechtfertigen, dass der Antragsteller zu 1. an einer früheren Begründung krankheitsbedingt sowie aufgrund der Komplexität der Rechtssache gehindert gewesen sei, kann eine Wiedereinsetzung ebenfalls nicht gewährt werden. Es kann dabei dahinstehen, ob auch hinsichtlich der im Rahmen des Verfahrens über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu beachtenden Fristen die Vorschriften über die Wiedereinsetzung nach § 93 Abs. 2 [X.]G überhaupt zur Anwendung kommen können. Denn selbst in diesem Fall haben die Antragsteller die versäumte Handlung jedenfalls nicht innerhalb der Jahresfrist gemäß § 93 Abs. 2 Satz 2 [X.]G nachgeholt.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 804/14

29.04.2015

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Prozesskostenhilfebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BFH, 6. Februar 2013, Az: IX S 13/12, Beschluss

§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 1 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 93 Abs 2 S 2 BVerfGG, § 114 S 1 ZPO, § 117 Abs 2 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Prozesskostenhilfebeschluss vom 29.04.2015, Az. 2 BvR 804/14 (REWIS RS 2015, 11893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11893

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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