Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. IV ZR 460/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 16062

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 460/14

Verkündet am:

4. Februar 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 14.
Januar 2015 einge-reicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 7.
April 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit
der Anspruch nicht auf den gemäß §
5a [X.] erklärten Widerspruch gestützt ist.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
1
-
3
-

Diese wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
Oktober 2000 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abgeschlossen. Dem Versicherungsschein waren die Allgemeinen Versi-cherungsbedingungen, die besonderen Produktbedingungen, ein [X.] für fondsgebundene Lebensversicherungen, ein Merkblatt zur Fondsanlage und eine Belehrung über das Widerspruchsrecht beigefügt. Auf Antrag [X.] wurde der Vertrag zum 1.
Mai 2009 beitragsfrei ge-stellt. Mit Schreiben vom 25.
Juni 2009 erklärte die p.

Gesell-schaft für Projektentwicklung und -durchführung AG (im Folgenden:
p.

AG) als Zessionarin den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.]
Der Versicherer legte das Schreiben als Kündigung aus und zahlte [X.] einen Rückkaufswert von 6.316,72

Mit der Klage verlangt [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 7.864,41

.

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt [X.] das Klagebegehren weiter.
2
3
4
5
-
4
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision als unzulässig zu verwerfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß §
5a [X.] erklärten Widerspruch gestützt ist. Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe [X.] zwar die Versicherungsbedingungen überlassen und ihn in drucktechnisch hervorgehobener Form über das Widerspruchsrecht belehrt. Der Vortrag [X.] in zweiter Instanz, die Verbraucherinformation sei nicht den [X.] des §
10a [X.] gerecht geworden, sei pauschal, wobei die Beklagte einräume, dass der Rückkaufswert in der Information nicht an-gegeben worden sei. Selbst wenn der Vortrag [X.] nicht als verspätet zurückzuweisen oder unbeachtlich wäre, wäre der Vertrag gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rück-wirkend endgültig wirksam geworden. D. [X.] habe auch kein Widerrufs-recht nach den §§
355, 495 Abs. 1, 499 Abs. 1 BGB a.F. zugestanden. Der Versicherer sei nicht wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtver-letzung nach den Grundsätzen des Verschuldens beim Vertragsschluss zum Schadensersatz verpflichtet.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des mit ihr [X.] Schadensersatzanspruchs unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] für unwirksam erachtet hat. Es hat die Revision be-6
7
8
9
-
5
-

schränkt auf die Frage, ob §
5a [X.] mit europäischem
Recht ver-einbar sei, zugelassen. Diese auch
in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam. Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt
kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht un-abhängig von dem für die Schadensersatzforderung und den [X.] maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 -
IV ZR
76/11, [X.]Z
201, 101 Rn.
11).

I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

1. Die -
auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (vgl. [X.], Urteile vom 12.
April 2011
-
II ZR 197/09, NJW 2011, 2581 Rn.
10; vom 7.
Juli 2008 -
II ZR 26/07, [X.], 1615 Rn.
12; jeweils m.w.N.)
-
Prozessführungsbefugnis [X.] ist gegeben. Falls die zwi-schen [X.] und der p

AG getroffene -
nicht zu den [X.] gereichte
-
Abtretungsvereinbarung derjenigen entspricht, die Ge-genstand der Senatsurteile vom 11.
Dezember 2013 ([X.]; [X.]; [X.]; jeweils in juris veröffentlicht) waren,
ist sie oh-nehin wegen Verstoßes gegen §
2
Abs.
2
Satz
1 Fall
2
[X.] [X.]. §
3 [X.] gemäß §
134 BGB nichtig. Jedenfalls ist [X.] im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft befugt, die an die p.

AG abge-tretene Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Das erforderliche schutzwürdige Interesse an der Geltendmachung fremder Ansprüche im eigenen Namen ist unter anderem im Fall der Sicherungs-abtretung zu bejahen ([X.], Urteile vom 19.
September 1995 -
VI [X.], [X.], 83 unter II 2 a; vom 24.
Oktober 1985 -
VII ZR 337/84, [X.]Z 96, 151, 155).
Aus der im Termin zur mündlichen Ver-10
11
-
6
-

handlung vor dem Senat vorgelegten Bestätigung der p.

AG vom 6.
März 2012 ergibt sich, dass [X.] die streitgegenständliche For-derung sicherungshalber an die p.

AG abgetreten hat und von ihr ausdrücklich schon seit dem 1.
März 2010 und damit bereits bei Kla-geerhebung ermächtigt
war,
Leistung an sich zu fordern.
Die erstmalige Bezugnahme [X.]
auf seine Ermächtigung zur Prozessführung im [X.] ist zu beachten, weil er zu Recht gerügt hat, dass das Berufungsgericht es [X.] unterlassen hat, ihm durch ent-sprechenden Hinweis diesen Vortrag bereits im Berufungsverfahren zu ermöglichen
(vgl. [X.], Urteil vom 12.
Oktober 1987 -
II ZR 21/87, NJW 1988, 1585 unter [X.]).

2. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.

aa)
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob die [X.] über-sandte Verbraucherinformation vollständig war,
und darauf abgestellt, dass das Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen sei.
Wenn d.
[X.] -
was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist
-
mit dem [X.] keine vollständige Verbraucherinformation erhalten hat, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeit-punkt der Widerspruchserklärung fort.
12
13
14
-
7
-

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11 [X.], 817 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Le-bens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Le-bensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.] nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungs-bedingungen nicht (vollständig) erhalten hat.

bb) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits voll-ständiger Leistungserbringung kommt nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-15
16
17
18
-
8
-

cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.]

Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.09.2010 -
22 O 204/10 -

O[X.], Entscheidung vom 07.04.2011 -
7 [X.] -

19

Meta

IV ZR 460/14

04.02.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2015, Az. IV ZR 460/14 (REWIS RS 2015, 16062)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16062

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.