Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.02.2015, Az. 2 B 7/15

2. Senat | REWIS RS 2015, 14854

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Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 29. September 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2

Die Klägerin ist beamtete Lehrerin im Dienst des [X.]. An einem Tag im Juni 2010 nahm sie während ihrer Unterrichtszeit an einem Streik teil, zu dem die [X.] aufgerufen hatte. Zielrichtung des Streiks war insbesondere die [X.]ekämpfung der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und der Verlängerung der Arbeitszeit für Lehrkräfte. Wegen der Teilnahme an diesem Streik erhielt die Klägerin einen disziplinarischen Verweis. Ihre dagegen erhobene Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur [X.]egründung unter [X.]ezugnahme auf die ausführlich zitierte Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 27. Februar 2014 - 2 [X.] 1.13 - [X.]VerwGE 149, 117 Rn. 23 ff.) darauf abgestellt, dass [X.]eamte derzeit nicht berechtigt seien, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen oder diese zu unterstützen.

3

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen [X.]edeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91> und vom 2. Februar 2011 - 6 [X.] 37.10 - NVwZ 2011, 507).

4

Auch wenn in der Entscheidung eines obersten Fachgerichts bereits alle wesentlichen Aspekte einer Rechtsfrage gewürdigt worden sind, muss es einem [X.]eschwerdeführer - schon im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde - unbenommen bleiben, in seinem Verfahren eine Überprüfung dieser Würdigung zu begehren, wenn er dafür vernünftige und gewichtige Gründe anführen kann. Das gilt besonders, wenn es sich um eine verfassungsrechtliche Frage handelt, die umstritten geblieben ist und über die auch das [X.]undesverfassungsgericht noch nicht abschließend entschieden hat ([X.]VerfG, [X.]eschluss vom 14. Juni 1994 - 1 [X.]vR 1022/88 - [X.]VerfGE 91, 93 <106>). Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist dann, wenn die betreffende Rechtsfrage bereits durch eine Entscheidung des [X.] geklärt ist, eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - nur - zulässig, wenn neue Gesichtspunkte vorgebracht werden (vgl. nur [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. August 1960 - 7 [X.] 54.60 - [X.]uchholz 310 § 132 VwGO Nr. 2 S. 2 und vom 25. November 1992 - 6 [X.] 27.92 - [X.]uchholz 421.0 Nr. 306 S. 224).

5

Die hier als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage:

„Kann Art. 33 Abs. 5 GG durch Gerichte unter [X.]erücksichtigung der sich aus Art. 11 [X.] ergebenden Grundsätze dahingehend ausgelegt werden, dass [X.]eamten ein Recht auf kollektive Kampfmaßnahmen zuzubilligen ist?"

rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, denn sie ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt.

6

Das [X.]undesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 27. Februar 2014 (2 [X.] 1.13 - [X.]VerwGE 149, 117) ausgeführt, dass einerseits das umfassende Streikverbot für [X.]eamte als hergebrachter Grundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG Geltung beansprucht (Rn. 23 ff.), andererseits dieses Streikverbot für außerhalb des genuin hoheitlichen [X.]ereichs tätige [X.]eamte mit der Koalitionsfreiheit des Art. 11 der [X.] ([X.]) unvereinbar ist (Rn. 34 ff.), der Gesetzgeber verpflichtet ist, einen konventionskonformen Zustand herzustellen (Rn. 52 ff.), und bis zu einer Auflösung der Kollisionslage durch den dazu allein berufenen Gesetzgeber das statusbezogene beamtenrechtliche Streikverbot nach wie vor geltendes Recht ist (Rn. 56 ff.).

7

In dem erwähnten Urteil ist im Einzelnen dargelegt, dass Art. 33 Abs. 5 GG als hergebrachter Grundsatz des [X.]erufsbeamtentums ein umfassendes Streikverbot für alle [X.]eamten enthält, das aufgrund seiner inhaltlichen [X.]estimmtheit unmittelbar gilt und deshalb auch ohne ausdrückliche einfach-gesetzliche Verbotsregelungen beachtet werden muss. Die verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtung, die Vorgaben des Art. 11 [X.] zur Koalitionsfreiheit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in die [X.] Rechtsordnung zu integrieren, kann nicht durch eine konventionskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG oder im Wege richterlicher Rechtsfortbildung erfüllt werden; denn die hergebrachten Grundsätze des [X.]erufsbeamtentums gelten mit demjenigen Inhalt, der sich im traditionsbildenden Zeitraum herausgebildet hat. Dieser [X.] darf nicht im Wege der Auslegung geändert werden. Vielmehr kann allein der Gesetzgeber den Geltungsanspruch eines hergebrachten Grundsatzes in Wahrnehmung seines Auftrags zur Regelung und Fortentwicklung des [X.]eamtenrechts in Grenzen einschränken. Es ist Aufgabe des [X.]undesgesetzgebers, einen Ausgleich zwischen den inhaltlich unvereinbaren Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG und des Art. 11 [X.] herzustellen. Solange dies nicht geschehen ist, beansprucht das beamtenrechtliche Streikverbot nach Art. 33 Abs. 5 GG weiterhin Geltung (Rn. 23, 32, 57) und ist disziplinarisch zu ahnendes Recht (Rn. 74 des zitierten Urteils).

8

Die [X.]eschwerde hält diese Rechtsprechung des [X.] für falsch, hat aber keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die sie in Frage stellen könnten. Sie stellt darauf ab, dass sich das Streikverbot für [X.]eamte nicht ausdrücklich aus dem Grundgesetz ergebe, sondern richterrechtlich entwickelt worden sei; eine durch Richterrecht geschaffene Rechtslage könne und müsse ebenfalls durch Richterrecht - nämlich durch konventionskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG - abgeändert werden, ohne dass es hierfür einer gesetzlichen Grundlage bedürfe. Damit negiert sie die Ausführungen des Senats, wonach das Streikverbot für [X.]eamte ein hergebrachter Grundsatz des [X.]erufsbeamtentums und gerade keine richterrechtliche Rechtsschöpfung ist. Somit entfällt auch die Grundlage für die Schlussfolgerung der [X.]eschwerde, dass die durch Richterrecht geschaffene Rechtslage auch durch Richterrecht abgeändert werden könne. Vielmehr ist allein der Gesetzgeber befugt, den Geltungsanspruch eines hergebrachten Grundsatzes in Wahrnehmung seines Auftrags zur Regelung und Fortentwicklung des [X.]eamtenrechts einzuschränken. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens zur - erneuten - Klärung der von der [X.]eschwerde aufgeworfenen Frage bedarf es nicht. Dies gilt unabhängig davon, dass vor dem [X.]undesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Senats vom 27. Februar 2014 (a.a.O.) anhängig ist.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 Abs. 1 [X.]DG, § 41 Abs. 1 [X.] Ein Streitwert für das [X.]eschwerdeverfahren muss nicht festgelegt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren nach der Anlage zu § 78 [X.]DG betragsgenau festgelegt ist (§ 78 Satz 1 [X.]DG, § 41 Abs. 1 [X.] S-H).

Meta

2 B 7/15

26.02.2015

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 29. September 2014, Az: 14 LB 1/13, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.02.2015, Az. 2 B 7/15 (REWIS RS 2015, 14854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14854

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