Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.10.2018, Az. 4 StR 414/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 3001

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Gegenstand

Bewertung der Taten bei dem Straftatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Juni 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Dass die [X.] die verschiedenen massiven Gewalthandlungen des Angeklagten zum Nachteil seines im Tatzeitraum zwei Monate alten Kindes nicht jeweils als ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet hat (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 7. August 2018 – 4 StR 89/18, Rn. 4 mwN), beschwert den Angeklagten nicht. Durch die Feststellung, dass das Tatopfer in dem kurzen, insgesamt nur ca. einmonatigen Tatzeitraum infolge der wiederholten Gewalthandlungen des Angeklagten an länger andauernden, wiederkehrenden Schmerzen litt, was dem Angeklagten auch bewusst war und von ihm billigend in Kauf genommen wurde, wird auch ein [X.] im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend belegt.

[X.] im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Es wird im Allgemeinen durch mehrere Tathandlungen bewirkt, wobei oft erst deren ständige Wiederholung den besonderen Unrechtsgehalt des [X.]s verwirklicht. Die zugefügten Schmerzen oder Leiden müssen dabei über die typischen Auswirkungen einzelner Körperverletzungshandlungen hinausgehen und der Vorsatz des [X.] sich auch hierauf erstrecken (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 [X.], [X.], 369, 370; Beschluss vom 24. Februar 2015 – 4 StR 11/15, [X.], 434; Beschluss vom 20. März 2012 – 4 StR 561/11, [X.], 466, 467; Beschluss vom 7. Dezember 2006 – 2 [X.], Rn. 5 [insoweit in NStZ 2007, 720 nicht abgedruckt]). Das Erfordernis, dass die zugefügten Schmerzen oder Leiden über die typischen Auswirkungen der einzelnen Körperverletzungshandlungen hinausgehen müssen, ist dabei insbesondere dann von Bedeutung, wenn die einzelnen Körperverletzungshandlungen für sich genommen eher niederschwellig sind (vgl. den Sachverhalt in [X.], Beschluss vom 20. März 2012 – 4 StR 561/11, [X.], 466 ff.) und erst deren ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht (vgl. [X.], Beschluss vom 31. August 2016 – 4 [X.], [X.], 282, 284 mwN). Bringt der Täter – wie hier – dem Tatopfer vorsätzlich in enger Folge mehrere schwere Verletzungen (zeitverschiedene handgelenksnahe Speichenfrakturen auf beiden Seiten, metaphysäre Kantenabrisse an beiden Oberschenkelknochen, Schlüsselbeinfraktur, Unterschenkelschaftfraktur am Schien- und Wadenbein, [X.], tiefe Verbrühung am [X.] u.a.) bei, die jeweils schon für sich zu länger dauernden und erheblichen Schmerzen führen, sodass die neu zugefügten Schmerzen und Leiden zu noch nicht oder gerade abgeklungenen Schmerzen und Leiden aus früheren Gewalthandlungen hinzutreten oder sich an diese anschließen, ist auch damit ein [X.] im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegeben.

Sost-Scheible     

      

Roggenbuck     

      

[X.]

      

Quentin     

      

Feilcke     

      

Meta

4 StR 414/18

10.10.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Detmold, 8. Juni 2018, Az: 21 KLs 42/17

§ 223 StGB, § 225 Abs 1 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.10.2018, Az. 4 StR 414/18 (REWIS RS 2018, 3001)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3001

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

4 StR 61/18

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