Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.06.2020, Az. 2 StR 428/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 7817

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. Mai 2019, soweit es ihn betrifft, im [X.] und in der Anordnung über den [X.] von Freiheitsstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

2

1. Die Verfahrensrüge ist entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht näher ausgeführt und daher unzulässig.

3

2. Schuld- und Strafausspruch weisen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf. Der [X.] sieht keinen Anlass zu einer Schuldspruchberichtigung; er ist im Übrigen trotz eines entsprechenden Antrags des [X.] nicht gehindert, im Beschlussverfahren zu entscheiden, weil es sich insoweit nicht um einen zu Gunsten des Angeklagten wirkenden Antrag handelt (vgl. [X.], Beschluss vom 3. Mai 2011 – 5 [X.]/11).

4

3. Hingegen hält der [X.] rechtlicher Nachprüfung nicht stand; dies führt auch zum Entfallen der Anordnung über den [X.] von Freiheitsstrafe.

5

Der [X.] hat hierzu wie folgt ausgeführt:

„1. Nach den Feststellungen des [X.] begann der Angeklagte nach dem Erreichen des Hauptschulabschlusses mit dem [X.] von Cannabis und schließlich auch Heroin, was zur Folge hatte, dass seine Großmutter ihn nicht mehr bei sich beherbergen wollte, so dass er zu seinem Bruder nach [X.]zog und seine Ausbildung abbrach. Dort bezog er Sozialleistungen und besserte seinen Lebensunterhalt mit dem Handel von Betäubungsmitteln auf ([X.]). Im Alter von 17 Jahren wurde er erstmalig straffällig, wobei es auch zu Betäubungsmitteldelikten kam ([X.] f.). Im Alter von 18 Jahren erhielt er eine Jugendstrafe von einem Jahr wegen Verstoßes gegen das [X.]. Eine Rückstellung nach § 35 BtMG wurde widerrufen, weil der Angeklagte die Therapie nach einer Woche abbrach ([X.], 6). Es folgten zahlreiche Vorstrafen, wobei [X.] eine Rückstellung gemäß § 35 [X.] erfolgte, welche [X.] widerrufen werden musste ([X.] f.). Die Therapiedauern betrugen dabei vier Wochen, sechs Wochen, zweieinhalb Monate und zwei Wochen, eine weitere freiwillige Therapie dauerte drei Wochen an ([X.] f.). Anschließend wurde der Angeklagte mit Methadon substituiert, wobei es zu einem Beikonsum von täglich einem bis eineinhalb Gramm Heroin kam ([X.]). Die Tat II.4 der Urteilsgründe beging der Angeklagte im Zusammenhang mit seiner Substitutionsbehandlung ([X.]1 ff.).

2. Angesichts dieser außerordentlich ungünstigen Umstände, die gegen einen mehr als nur kurzfristigen Behandlungserfolg sprechen, ist allein die Erklärung des Angeklagten, ihm sei klar geworden, dass er bei einer Therapie nicht dauerhaft substituiert werde und dass eine Therapie im Rahmen des § 64 StGB eine Chance für ihn sei, dauerhaft an seinem Leben etwas zu ändern, so dass er auf jeden Fall eine Therapiemaßnahme im Rahmen des § 64 StGB versuchen wolle ([X.]), nicht geeignet, eine konkrete Erfolgsaussicht der angeordneten Maßregel im Sinne des § 64 Satz 2 StGB zu begründen (vgl. [X.], Beschluss vom 9. April 2019 – 2 StR 518/18; BeckRS 2019, 10180).

Wenngleich nicht jedes Risiko, dass in einer Entziehungsanstalt ein nachhaltiger Behandlungserfolg nicht erzielt wird, zugleich bedeutet, dass es an einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht fehlt (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2017 – 3 StR 38/17, [X.], 283, 284), hätte es hier, insbesondere im Hinblick auf die in der Vergangenheit gescheiterten Therapien, der eingehenden Darlegung der für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechenden Gesichtspunkte unter Mitteilung der diesbezüglichen Ausführungen des von der [X.] hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen bedurft (st. Rspr.; vgl. [X.], aaO). Die [X.] wäre gehalten gewesen, das Risiko eines Scheiterns der Behandlung – als mehr oder weniger hoch bzw. gering – konkret zu gewichten, um die [X.] nachvollziehbar zu bewerten. Dabei wären in die Beurteilung die im Urteilszeitpunkt gegebenen prognosegünstigen (bekundete [X.]) und auch die prognoseungünstigen Faktoren (insbesondere langjährige Drogenabhängigkeit, mehrfache erfolglose Therapien) einzubeziehen gewesen.

Die danach erforderliche Abwägung kann nicht durch den bloßen Hinweis der [X.] auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ersetzt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 9. April 2019 – 2 StR 518/18; BeckRS 2019, 10180).“

6

Dem kann sich der [X.] nicht verschließen.

[X.]     

      

[X.]     

      

Eschelbach

      

Zeng     

      

Meyberg     

      

Meta

2 StR 428/19

03.06.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

§ 64 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.06.2020, Az. 2 StR 428/19 (REWIS RS 2020, 7817)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 7817


Verfahrensgang

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Az. 2 StR 428/19

Bundesgerichtshof, 2 StR 428/19, 03.06.2020.

Bundesgerichtshof, 2 StR 428/19, 03.06.2020.


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