Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2002, Az. 4 StR 160/02

4. Strafsenat | REWIS RS 2002, 2989

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[X.] StR 160/02vom4. Juni 2002in der Strafsachegegenwegen vorsätzlichen Vollrausches- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführerin am 4. Juni 2002 gemäß § 349 Abs. 2und 4 StPO [X.] Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 3. Januar 2002 mit [X.]) im Strafausspruchb) soweit davon abgesehen worden ist, die Unterbrin-gung der Angeklagten in einer Entziehungsanstaltanzuordnen.2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten [X.], an eine andere, allgemeine Strafkammerdes [X.] Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat die Angeklagte unter [X.]eisprechung im übrigen we-gen vorsätzlichen Vollrausches zu einer [X.]eiheitsstrafe von drei Jahren [X.] verurteilt. Gegen die Verurteilung wendet sich die [X.] ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen [X.]. Das Rechtsmittel hat zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg; im übrigen ist esunbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.- 3 -1. [X.] aufgrund der [X.] [X.] Schuldspruch keinen die Angeklagte benachteiligenden Rechtsfehler er-geben. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausfrungen in [X.] des [X.] vom 25. April 2002.2. Dlt der Rechtsfolgenausspruch rechtlicher Prfung nichtstand.a) Zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs [X.] in erster Linie, daßdas [X.] mit rechtsfehlerhaften Erwvon abgesehen hat, [X.] der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 Abs. 1 StGB)anzuordnen.Die Feststellungen ergeben, daß die Angeklagte seit Jahren den Hanghat, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen. Hiervon geht auch das [X.] aus, das der gehörten [X.] darin folgt, bei der Angeklagtenbestehe ein "Alkoholigkeitssyndrom" ([X.]). Die Feststellungenergeben ferner, daß die Angeklagte im Sinne des § 64 StGB gefrlich ist. [X.] selbst bewußt ist, reagiert sie unter dem Einfluß von Alkohol leicht [X.] aggressiv. Bereits zweimal ist sie wegen gefrlicher Körperverletzung,jeweils begangen im Zustand erheblicher Alkoholisierung, strafgerichtlich [X.] getreten. Auch die neuerliche Tat, bei der die Angeklagte einen"Zechkumpan" derart schlug und trat, daß dieser an den Folgen der [X.] verstarb, beging die Angeklagte nach erheblichem Alkoholgenuß, der nichtausschließbar zu ihrer Schuldunfigkeit ge[X.] hat.- 4 -Das [X.] hat gleichwohl von der Anordnung der [X.] Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Abs. 1 StGB abgese-hen, weil die [X.] vorausgesetzte hinreichend konkrete Erfolgsaussicht([X.] 91, 1 f.) nicht bestehe. Zur [X.] es sich die Auffassungder [X.] zu eigen gemacht, einer Entziehungskur kten nurdann konkrete Erfolgsaussichten beigemessen werden, wenn auch der [X.] abstinent sei. Dies sei bei der Angeklagten nicht gewrleistet, [X.], von dem sie sich nicht trennen wolle, leide unter chronischemAlkoholismus und es sei nicht zu erkennen, [X.] er bereit sei, sich in eine Ent-ziehungsbehandlung zu begeben.Diese [X.]rt die getroffene Entscheidung, von der Anord-nung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abzuse-hen, nicht. Der Auffassung des [X.]s kann schon im Ansatz nicht ge-folgt werden, denn sie liefe im Ergebnis darauf hinaus, von vornherein auchdiejenigen aufgrund ihrer Rauschmitteligkeit gefrlichen Straftter, dietherapiewillig und grundstzlich auch therapiegeeignet sind, die aber in engersozialer und perslicher Beziehung mit ebenfalls rauschmitteligenPersonen leben, von der erforderlichen Entziehungsbehandlung [X.]. Damit aber [X.] in weitem Umfang sowohl der auf individuelle [X.] von seiner Sucht gerichtete Zweck der Maûregel als auch derdamit verbundene [X.] verfehlt.Der Auffassung des [X.]s kann aber auch deshalb nicht gefolgtwerden, weil ihr ein nicht zutreffender Bezugspunkt, mlich allein die [X.] Entlassung in die [X.]eiheit, zugrunde liegt. Sinn der Maûregelanordnungnach § 64 StGB ist es aber, [X.] umgehend mit der Behandlung zu be-- 5 -ginnen, weil dies am ehesten einen dauerhaften Erfolg verspricht. Deshalb istdie Erfolgsaussicht einer Entziehungsbehandlung schon fr die voraussichtli-che Dauer der Inhaftierung zu prfen, zumal es auch darum geht, den [X.] durch die Behandlung in die Lage zu versetzen, an der Verwirklichung [X.] mitzuarbeiten (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2 [X.] 7m.w.N.). Auch wenn vieles [X.] sprechen mag, [X.] die [X.] eines (ehe-mals) igen Straftters in sein "Milieu" nach Entlassung aus der [X.] Entziehungsbehandlung die Gefahr des [X.] in frre Verhaltens-weisen [X.], kann dies deshalb fr sich kein Grund sein, die Anordnungder Maûregel abzulehnen. Zwar mag ein solcher Umstand einen dauerhaftenErfolg der Entziehungsbehandlung in [X.]age stellen. Doch verlangt § 64 Abs. 1StGB nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [X.] 91, 1 f.(= NStZ 1994, 578) nicht unbedingt die Aussicht auf eine vollstige Heilungvon der Sucht; vielmehr t danach die konkrete Aussicht, —den Schtigenr eine gewisse Zeitspanne vor dem Rckfall in die akute Sucht zu [X.] auch eine solche zumindest vorlfige Heilung der Angeklagten vonihrer Alkoholigkeit durch eine gezielte Entwsbehandlung nichtzu erreichen ist, hat das [X.] nicht geprft. Es versteht sich auch [X.] selbst. Die Angeklagte hat sich nicht grundstzlich gegen eine Therapieausgesprochen. Abgesehen davt die Erfolgsaussicht nicht unbedingtvon der in der [X.] Einstellung zur Therapie [X.] ist es gerade Aufgabe des [X.], den [X.] die Therapie zu motivieren (vgl. [X.] aaO). Die Angeklagte hat sich [X.] keiner Entwsbehandlung unterzogen, so [X.] auch nicht etwa er-- 6 -folglose Therapieversuche der Annahme hinreichend konkreter [X.] die [X.]age der Unterbringung ist deshalb neu zu entscheiden. [X.] steht der Anordnung der Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 StPO). Die Angeklagte hat dieNichtanwendung des § 64 StGB auch nicht wirksam von ihrem Rechtsmittelan-griff ausgenommen.b) Der Senat hebt wegen des inneren Zusammenhangs auch den Straf-ausspruch auf. Denn er kann nicht [X.], [X.] das [X.] im [X.] Unterbringung der Angeklagten [X.] § 64 StGB auf eine niedrigere[X.]eiheitsstrafe erkannt tte. [X.] das weitere Verfahren weist der Senat daraufhin, [X.] der neue Tatrichter auch zu prfen haben wird, ob die alkoholn-gige Angeklagte in ihrer Figkeit, der Versuchung des [X.] zuwiderstehen, im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war (vgl. [X.] § 323 a Abs. 2 Strafzumessung 7). [X.] hat das [X.]bislang nur ausgeschlossen, [X.] ihre Alkoholigkeit es ihr "unmlich"machte, die [X.] eines Rausches zu verhindern ([X.]). Damit ist -rechtsfehlerfrei - aber nur der [X.] vlliger Aufhebung der Schuldfig-keit (§ 20 StGB) in Bezug auf das Sichberauschen belegt. Dies errigt [X.] der Voraussetzungen des § 21 StGB nicht, zumal das [X.] die[X.]age der Schuldfigkeit des [X.] nur unter dem [X.] krankhaften seelischen Strung, nicht aber auch einer schweren anderenseelischen Abartigkeit errtert hat.- 7 -Es wird sich empfehlen, fr das neue Verfahren einen weiteren, mit [X.] noch nicht befaûten [X.] hinzuzuziehen.3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des[X.]s zurck, da nach Rechtskraft des Schuldspruchs keine die Zu-stigkeit des Schwurgerichts begrZustigkeit mehr besteht.Tepperwien Maatz Kuckein [X.]

Meta

4 StR 160/02

04.06.2002

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.06.2002, Az. 4 StR 160/02 (REWIS RS 2002, 2989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2989

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