Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.02.2023, Az. 29 W (pat) 514/20

29. Senat | REWIS RS 2023, 2231

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2016 227 498

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 06. Februar 2023 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und des Richters Posselt

beschlossen:

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 28. September 2016 angemeldete, in Rot und Blau ausgestaltete Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 30. Januar 2017 in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister unter der Nummer 30 2016 227 498 eingetragen worden für die Waren und Dienstleistungen der

3

Klasse 14: Nadeln zum Gebrauch mit Krawatten [Schmuckwaren];

4

Klasse 25 Hemden;

5

Klasse 35: Präsentation von Waren zu Verkaufszwecken [für Dritte].

6

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 3. März 2017 veröffentlicht wurde, hat der Beschwerdeführer aus seiner am 17. Juli 2008 für Waren und Dienstleistungen der

7

Klasse 14: [X.], Krawattennadeln, Manschettenknöpfe, Schmuckwaren;

8

Klasse 25: Hemden, Krawatten, Schleifen (Bekleidung), T-Shirts, Hemdblusen, Oberbekleidungsstücke;

9

Klasse 35: Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien für den Einzelhandel; Bestellannahme, [X.] und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce,

eingetragenen Wortmarke 307 81 862

kragenweite de

Widerspruch erhoben.

Mit am 13. Oktober 2017 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz hat der Inhaber der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Daraufhin hat der Widersprechende mit Schriftsatz vom 1. März 2018 verschiedene Glaubhaftmachungsunterlagen eingereicht, unter anderem eine eidesstattliche Versicherung vom 22. Februar 2018 sowie Rechnungen, verschiedene Geschäftsunterlagen, Produktabbildungen und (archivierte) Webseiten seines Internetauftritts.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat mit Beschluss vom 30. September 2019 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich - ausgehend von einer zugunsten des Widersprechenden unterstellten Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der älteren Marke - die Vergleichsmarken bei identischen und hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen begegnen könnten. Zudem verfüge die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Den bei dieser Ausgangslage erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke in schriftbildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ein. Angesichts des Umstands, dass es sich bei dem übereinstimmenden Wort "kragenweite/KRAGENWEITE" um eine Sachangabe handle, scheide eine allein darauf bezogene Markenähnlichkeit und damit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus. Für andere Arten der Verwechslungsgefahr sei nichts [X.] dargetan oder ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 30. September 2019 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2016 227 498 zu löschen.

Der Senat hat mit gerichtlichem Schreiben vom 9. Dezember 2022 die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen, dass er die im Amtsverfahren in zulässiger Weise nach § 158 Abs. 5 [X.] i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] a. F. erhobenen Einreden der mangelnden Benutzung entgegen der Auffassung der Markenstelle für entscheidungsrelevant erachte.

Der Beschwerdegegner hat daraufhin sinngemäß beantragt,

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

2. hilfsweise das Widerspruchsverfahren an die Markenstelle zurückzu-verweisen;

3. weiter hilfsweise das Widerspruchsverfahren auszusetzen, bis eine rechtskräftige Entscheidung im von ihm zwischenzeitlich eingeleiteten parallelen Löschungsverfahren gegen die Widerspruchsmarke wegen Verfalls vorliegt.

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde nicht begründet und auch zu dem [X.] vom 9. Dezember 2022 keine Stellung genommen. Insbesondere hat er weder etwas zu einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke vorgetragen noch hierzu weitere Glaubhaftmachungsunterlagen vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Widersprechende hat auf die im Amtsverfahren in zulässiger Weise erhobenen Nichtbenutzungseinreden des Inhabers der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 26 Abs. 1 [X.] a. F. nicht glaubhaft gemacht. Mangels berücksichtigungs-fähiger Waren und Dienstleistungen auf Seiten der Widerspruchsmarke konnte der Widerspruch und damit die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, § 43 Abs. 1 Satz 3 [X.].

Da der Widerspruch gegen die beschwerdegegenständliche Marke vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden war, sind die §§ 26 und 43 Abs. 1 [X.] in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden, § 158 Abs. 5 [X.].

Mit am 13. Oktober 2017 beim [X.] eingegangenem Schriftsatz hat der Inhaber der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 [X.]§ 43 Abs. 1 [X.] a. F. bestritten. In diesem undifferenzierten Bestreiten ist die § 43 Abs. 1 [X.] a. F. bestritten. In diesem undifferenzierten Bestreiten ist die Erhebung beider Nichtbenutzungseinreden zu sehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 43 Rn. 30), weil sowohl zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 3. März 2017 als auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede am 13. Oktober 2017 die Widerspruchsmarke bereits über fünf Jahre im Register eingetragen war (Eintragung: 17. Juli 2008). Damit oblag es dem Widersprechenden, die wesentlichen Umstände der Benutzung seiner Marke, insbesondere nach Art, Zeit, Ort und Umfang in den jeweils maßgeblichen Benutzungszeiträumen, nämlich März 2012 bis März 2017 und Januar 2018 bis Januar 2023 darzutun und glaubhaft zu machen. Der sog. "wandernde" Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist dabei der maßgebliche Fünfjahreszeitraum vor der Entscheidung im hiesigen Beschwerdeverfahren (vgl. Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 21).

Die Frage, ob dem Widersprechenden durch die Vorlage von Unterlagen im Amtsverfahren eine ausreichende Glaubhaftmachung für den ersten hier maßgeblichen Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] (a. F.) gelungen ist – woran durchaus Zweifel bestehen – kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist der Widersprechende seiner Obliegenheit zur Glaubhaftmachung für den zweiten Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.] (a. F.) nicht nachgekommen; er hat insoweit keinerlei Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt oder irgendetwas zur Benutzung der Widerspruchsmarke für diesen zweiten Zeitraum vorgetragen.

Der Senat hat in seinem schriftlichen Hinweis deutlich gemacht, dass er beide Einreden für zulässig und die rechtserhaltende Benutzung für entscheidungsrelevant erachtet. Über diesen deutlichen Hinweis hinaus bedurfte es für den notwendigen Sachvortrag zur rechtserhaltenden Benutzung und die Einreichung von Glaubhaftmachungsunterlagen, insbesondere in Bezug auf den "wandernden" Zeitraum keines weiteren besonderen Hinweises durch den Senat nach § 139 ZPO (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/[X.]/Thiering, a. a. [X.], § 43 Rn. 70-72).

Der Widersprechende hatte vorliegend auch ausreichend Gelegenheit gehabt, sich zum Verfahrenshinweis des Senats zu äußern und weitere Benutzungsunterlagen vorzulegen. Dies hat er unterlassen und im Übrigen auch keinen Fristverlängerungsantrag gestellt.

Mangels berücksichtigungsfähiger Widerspruchswaren und -dienstleistungen kommt es auf die weiteren Fragen der Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zwischen den sich gegenüberstehenden Marken nicht mehr an.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Da der Hauptantrag des Beschwerdegegners auf Zurückweisung der Beschwerde Erfolg hat, ist über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Von den Beteiligten hat keiner einen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 [X.]); die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch aus anderen Gründen nicht angezeigt (§ 69 Nr. 2 und Nr. 3 [X.]).

Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, § 71 Abs. 1 [X.].

Meta

29 W (pat) 514/20

06.02.2023

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.02.2023, Az. 29 W (pat) 514/20 (REWIS RS 2023, 2231)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2231

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