Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.09.2010, Az. 7 BN 1/10

7. Senat | REWIS RS 2010, 2878

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ermessen der Wasserbehörde: Festsetzung eines Wasserschutzgebietes; räumliche Abgrenzung; Einbeziehung von Grundstücken; andere Schutzmaßnahmen; Verhältnismäßigkeit


Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine Gemeinde, wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Rechtsverordnung des [X.] über die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes zu Gunsten eines Wasserversorgungszweckverbands, dem sie selbst angehört. Das Wasserschutzgebiet, das dem Schutz von vier Trinkwasserbrunnen dient und insbesondere eine Nitratsanierung des Grundwassers bezweckt, hat eine Größe von 6 471,35 ha und erfasst nahezu das gesamte Gemeindegebiet der Antragstellerin. Die Festsetzung folgt in der räumlichen Ausdehnung im Wesentlichen einem hydrogeologischen Abschlussgutachten des Amts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau [X.]. Sie weicht nur insoweit von der darin vorgeschlagenen Gebietsabgrenzung ab, als dass das im südwestlichen Randbereich gelegene Verbandsgebiet des Zweckverbands "[X.]" und die westlich daran bis zur Begrenzungslinie anschließenden künftigen Erweiterungsflächen nicht in das Wasserschutzgebiet einbezogen worden sind. Im Endausbau soll das Industriegebiet insgesamt eine Fläche von 66 ha umfassen; bislang ist im östlichen Bereich im ersten Bauabschnitt ein Baugebiet mit einer Größe von ca. 22 ha ausgewiesen.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag abgewiesen; die Revision hat er nicht zugelassen.

II.

3

Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

4

Die Antragstellerin möchte die Frage geklärt wissen,

ob die Wasserschutzbehörde die Einbeziehung von Teilflächen in ein erforderliches und ansonsten auch ausgewiesenes Wasserschutzgebiet für diese Flächen dadurch umgehen darf, dass den für den Vollzug eines Bebauungsplans Verantwortlichen oder anderen potentiellen Normadressaten die Auferlegung von Prüfpflichten in Gestalt von Auflagen bei der Baugenehmigung vertraglich oder anderweitig übertragen wird.

5

Diese Frage rechtfertigt auch ungeachtet der weiteren Erläuterungen der Antragstellerin die Zulassung der Revision nicht.

6

Der Zulassung der Revision steht allerdings nicht bereits entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage von § 19 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 19. August 2002 ([X.]) entschieden hat, diese Vorschrift mittlerweile außer [X.] getreten ist und es sich demnach um auslaufendes Recht handelt. Denn das am 1. März 2010 insoweit in [X.] getretene Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 ([X.]) enthält in § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] eine gleichlautende Bestimmung, so dass sich die Frage auch für die zukünftige Rechtsanwendung in gleicher Weise stellt (vgl. dazu Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 [X.] - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9).

7

Soweit sich die von der Antragstellerin als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage in einer verallgemeinerungsfähigen Weise beantworten lässt, ist diese Antwort schon in der vorliegenden Rechtsprechung des [X.] gegeben. Danach entscheidet die Wasserbehörde nach Ermessen, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 [X.] ein Wasserschutzgebiet festsetzt oder dies im Hinblick auf anderweitige Möglichkeiten eines wirksamen Schutzes des Grundwassers unterlässt (vgl. Beschluss vom 30. September 1996 - BVerwG 4 NB 31 und 32.96 - [X.] 445.4 § 19 [X.] Nr. 7, im [X.] an Beschluss vom 23. Januar 1984 - BVerwG 4 [X.] und 158.83 - [X.] 445.4 § 19 [X.] Nr. 4). Es versteht sich von selbst, dass dieses "[X.]" sich nicht nur auf die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes als Ganzes, sondern auch auf dessen räumliche Abgrenzung im Einzelnen bezieht (vgl. Beschluss vom 17. Oktober 2005 - BVerwG 7 [X.] 1.05 - [X.] 445.3 Landeswasserrecht Nr. 4).

8

Die Effektivität des Schutzes des Grundwassers, an der die Wasserbehörde die Entscheidung über die Einbeziehung eines Grundstücks in das Wasserschutzgebiet auszurichten hat, bemisst sich dabei nach dem von der Behörde im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben verfolgten Schutzkonzept. Wird die Entscheidung über die räumliche Abgrenzung des Wasserschutzgebietes diesem Konzept nicht gerecht, kann der Festsetzung des Wasserschutzgebietes die auch bei der Verordnungsgebung rechtsstaatlich nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebotene Eignung fehlen (vgl. auch [X.], [X.] 1992, 397 <401>; [X.], Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 872).

9

Ob hiernach die Einbeziehung eines Grundstücks ohne Gefährdung des Schutzzwecks des Wasserschutzgebietes unterbleiben kann, weil durch andere Maßnahmen ein vergleichbares Schutzniveau für das Grundwasser gewährleistet ist, kann nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden und ist folglich einer fallübergreifenden Klärung nicht zugänglich.

So entnimmt der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, dass das Grundwasser im Bereich des Baugebietes "[X.]" auf andere Weise als durch Einbeziehung in ein Wasserschutzgebiet vor nachteiligen Einwirkungen im Sinne von § 19 Abs. 1 [X.] geschützt wird, einer "Gesamtregelung", auf der die Entscheidung der Wasserbehörde beruht. Zu diesem Maßnahmenpaket zählen im Rahmen der Erschließung des Gebietes besondere auf den Schutz des Grundwassers zielende Bestimmungen für den Bau und den Betrieb der Abwasseranlagen sowie Vorgaben für die Niederschlagswasserbehandlung, die in einer Entscheidung des Landratsamts von 23. Oktober 1997 enthalten sind. Daneben verweist der Verwaltungsgerichtshof auf die von der Antragstellerin in ihrer Fragestellung angesprochenen spezifisch wasserrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten. Diese sind auf der Grundlage von §§ 19g, 19i [X.] a.F. (§ 62 [X.] n.F.) auf die Abwehr von Gefahren ausgerichtet, die von Anlagen zur Lagerung wassergefährdender Stoffe ausgehen. Aber auch in dieser Hinsicht könnten in einem Revisionsverfahren rechtsgrundsätzliche Erkenntnisse nicht gewonnen werden. Denn insoweit stellen sich in erster Linie Fragen des praktischen Vollzugs.

Meta

7 BN 1/10

29.09.2010

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 26. November 2009, Az: 3 S 140/07, Urteil

§ 19 Abs 1 WHG vom 19.08.2002, § 51 Abs 1 Nr 1 WHG vom 31.07.2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.09.2010, Az. 7 BN 1/10 (REWIS RS 2010, 2878)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2878

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

7 BN 2/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Festsetzung des Wasserschutzgebietes "Wilde Brunnen"


7 CN 1/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Normenkontrollverfahren; Antragsbefugnis; Wasserschutzgebiet; Festsetzung; Aufhebung; Beobachtungspflicht des Verordnungsgebers; Erforderlichkeit; Schutzkonzept; Verschlechterungsverbot


7 CN 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Wasserschutzgebietsverordnung; Schutzgebietsabgrenzung


7 BN 2/21 (Bundesverwaltungsgericht)

Erforderlichkeit der Festsetzung eines Wasserschutzgebiet


7 BN 2/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Schutzkonzept bei der Festsetzung der Schutzzone II eines Wasserschutzgebiets


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.