Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2012, Az. II ZR 177/11

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4339

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 177/11
Verkündet am:
24. Juli 2012
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 199 Abs. 1, § 826
Die regelmäßige Verjährung für den Anspruch aus Existenzvernichtungshaftung ge-gen den [X.]er-[X.]er einer GmbH beginnt erst zu laufen, wenn dem Gläubiger sowohl die anspruchsbegründenden Umstände als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, [X.] der mittelbare [X.]er als Schuldner in Betracht kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind.

[X.], Urteil vom 24. Juli 2012 -
II ZR 177/11 -
O[X.]

[X.]
-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24.
Juli 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bergmann und die Richterin Caliebe
sowie
die Richter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 21.
Juli 2011 aufgehoben.
[X.] wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der P.

GmbH (im Folgenden: Schuld-nerin). Mehrheitsgesellschafterin und gleichzeitig Lieferantin der Schuldnerin war die P.

GmbH
(im Folgenden: [X.]), deren [X.] der [X.] war. Der Geschäftsführer der Schuldnerin war auch Geschäftsführer der [X.]. Die [X.]
hatte Anfang Oktober 2001 Forderungen aus Warenlieferungen gegen die Schuldnerin in Höhe von 1.190.466,60

1
-
3
-

Warenbestand der Schuldnerin war der [X.] übereignet.
Am 7.
Oktober 2001 erwarb die C.

GmbH die Anteile der [X.]
an der Schuldnerin für 5

schäftsführer der C.

-GmbH war der Streithelfer, der Wirtschaftsprüfer des [X.]n. Der Streithelfer
beschloss am 12.
Oktober 2001 die Liquidation der Schuldnerin und bestellte sich nach Abberufung des bisherigen [X.] zum Liquidator. Am 16.
Oktober 2001 erwarb die [X.]
von der Schuldnerin Waren im Wert ihrer offenen Forderungen
gegen die Schuldnerin und erklärte nach Lieferung die Aufrechnung mit den
offenen Forderungen. Am 24.
Oktober 2001 kündigte die W.

Bank eG die Geschäftsbeziehung. Am 27.
Dezember 2001 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des [X.], das am 1.
März 2002 eröffnet wurde.
Am 2.
Mai 2002 erhob der Kläger Klage gegen die [X.]
auf Kaufpreis-zahlung
aus dem Verkauf vom 16.
Oktober 2001. Diese wurde durch Urteil vom 5.
Mai 2004 zur Zahlung verurteilt, weil die Aufrechnung unwirksam sei. Die kreditierten Kaufpreisforderungen seien wie Eigenkapital zu werten. Da die [X.] daraufhin Insolvenzantrag stellte, erhielt der Kläger aus der titulierten [X.] nur 171.875

Der [X.] wurde am 29.
September 2008 aufgrund der Vorgänge
im Jahr
2001 wegen Anstiftung zur Untreue, der Streithelfer we-gen Untreue verurteilt.
Mit seiner am 11.
September 2009 eingereichten und alsbald zugestell-ten Klage verlangt der Kläger vom [X.]n die Zahlung von 5.245.439,28

, die er darauf stützt, [X.] die Schuldnerin bereits im März 2001 überschuldet gewesen sei und die Ansprüche der [X.]
daher wertlos gewesen seien. Dies habe der [X.] gewusst und daher den Streithelfer
bei einem Treffen mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin und der [X.] am 4.
Oktober 2001
veran-2
3
4
-
4
-

lasst, die Anteile der [X.]
an der Schuldnerin zu erwerben und anschließend erhebliche Warenbestände der Schuldnerin an die [X.]
zu veräußern. Die [X.] der [X.], die Forderungen
aus Warenlieferung an die Schuldnerin stehen zu lassen, sei außerdem Grundlage der Kreditgewährung durch die W.

Bank eG gewesen. Daher habe das Verhalten im [X.] 2001 zur [X.] und damit zur Insolvenz geführt. Außerdem habe der [X.] in der zweiten Jahreshälfte 2001 veranlasst, [X.] Gelder in Höhe von rund 2
Millionen

[X.]
geflossen seien.
Das [X.] hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Der Klä-ger habe spätestens aufgrund des Urteils vom 5.
Mai 2004 die zur Erhebung der Klage erforderliche Kenntnis gehabt. Die Berufung des [X.] hatte keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision
des [X.].
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.
[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Ansprüche des [X.] unter dem Gesichtspunkt der Existenzvernichtungshaftung bestünden nicht.
Hinsichtlich des Verkaufs von Waren an die [X.]
im Oktober 2001 und der folgenden Aufrechnung seien Ansprüche verjährt. Der Kläger habe [X.] mit Erlass des Urteils vom 5.
Mai 2004 in dem Rechtsstreit gegen die [X.] wegen Kaufpreiszahlung Kenntnis der Umstände gehabt, die die Haftung
des [X.]n begründeten. Unabhängig von den Erkenntnissen des Strafverfah-rens habe der Kläger schon im Jahr 2004 Anhaltspunkte dafür gehabt, [X.] der 5
6
7
8
-
5
-

[X.] in die Vorgänge eingebunden gewesen sei. Im Prozess gegen die [X.] habe der Kläger
selbst vorgetragen, [X.] der [X.] die Vorgänge im [X.] 2001 gekannt habe. Damit habe die Beteiligung des [X.]n auf der Hand gelegen. Wenn der Kläger daraufhin
keine weiteren Ermittlungen [X.] habe, sei ihm zumindest der Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis zu ma-chen.

Es bestünden auch keine Ansprüche des [X.], soweit er sich [X.] darauf berufe, der [X.] habe die Insolvenz dadurch veranlasst, [X.] auf seine
Veranlassung in der zweiten Jahreshälfte 2001 Gelder in Höhe von rund 2
Mio.

, die der Schuldnerin zugestanden hätten, an die [X.] geflossen seien. Es sei nicht ersichtlich, [X.] die Handlung für die Rechtsgutverletzung kausal geworden sei. In erster Instanz habe der Kläger vorgetragen, der [X.] habe damit nicht nur die Insolvenzreife vertieft, sondern auch die [X.] der Kreditvergabe verletzt und
zwingend die [X.] mitverur-sacht. In der Berufungsinstanz habe der Kläger seinen Vortag dahingehend relativiert, die Verletzung der Kreditvergabegrundlage habe die Gefahr
einer Kündigung von Krediten in Millionenhöhe heraufbeschworen. Tatsachenvortrag, der die nunmehr lediglich noch als Vermutung vorgetragene Kausalität [X.] könnte, sei jedoch weder in erster noch in zweiter Instanz erfolgt. [X.] basiere der in
erster Linie gehaltene Vortrag des [X.] gerade auf der Behauptung, erst der Verkauf des [X.] habe die Insolvenz verursacht.
Zu Recht habe das [X.] schließlich eine Kapitalerhaltungshaftung nach den [X.] nach §§
30, 31 GmbHG bzw. nach §§
32a, [X.] verneint, weil nicht der [X.], sondern die [X.] Auszahlungsemp-fänger gewesen sei.
I[X.] Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9
10
11
-
6
-

1. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen
Anspruch aus Exis-tenzvernichtungshaftung für den Verkauf von Waren an die [X.] im Oktober 2001 für verjährt gehalten.
a) Die regelmäßige Verjährung für den Anspruch aus
Existenzvernich-tungshaftung gegen den
[X.]er-[X.]er einer GmbH beginnt erst zu laufen, wenn dem Gläubiger sowohl die Umstände, die einen Ersatzan-spruch wegen Existenzvernichtungshaftung begründen, als auch die Umstände, aus denen sich ergibt, [X.] der mittelbare [X.]er als Schuldner
in [X.] kommt, bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind.
Der Kläger macht gegen den [X.]n als mittelbaren [X.]er der Schuldnerin einen Anspruch aus Existenzvernichtungshaftung nach § 826 BGB geltend, der nach den allgemeinen Vorschriften (§§
195, 199 BGB)
und nicht nach Sonderverjährungsvorschriften des Gesetzes betreffend die [X.] mit beschränkter Haftung verjährt (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Februar 2009
-
II
ZR 292/07, [X.]Z 179, 344 Rn.
34
-
Sanitary). Die Haftung eines
[X.]er-[X.]ers, der
Adressat der Existenzvernichtungshaftung ist
(vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
44
-
Triho-tel), setzt voraus, [X.]
er einen Beitrag
zur Existenzvernichtung
der GmbH ge-leistet hat. Dieser kann auch darin bestehen, [X.] er
sich an
einem
existenz-vernichtenden Eingriff durch den Geschäftsführer der [X.]erin als Mittä-ter, Anstifter oder Gehilfe beteiligt

830 BGB).
Nach §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger
-
hier der Kläger als Insol-venzverwalter (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Februar 2009 -
II
ZR 292/07, [X.]Z 179, 344 Rn.
34 -
Sanitary)
-
von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Von einer Kenntnis oder grobfahrlässigen Unkenntnis kann bei der Haftung des Teilneh-12
13
14
15
-
7
-

mers nur ausgegangen werden, wenn sowohl die Umstände bekannt oder infol-ge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, die in Bezug auf die Handlung des [X.] einen Ersatzanspruch begründen, als auch die Umstände, aus de-nen sich ergibt, [X.] auch der Teilnehmer als [X.] in Betracht kommt ([X.], Urteil vom 3.
Mai 2011 -
XI
ZR 374/08,
juris
Rn.
64; Urteil vom 25.
Januar 2011 -
XI
ZR 106/09, [X.], 735 Rn.
59; Urteil
vom 13.
Juli 2010 -
XI [X.], [X.], 2004 Rn.
46).

b) Dass der Kläger von einer solchen Beteiligung des [X.]n an dem existenzvernichtenden Eingriff durch den Geschäftsführer der [X.]
Kenntnis hatte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Kenntnis von der [X.] im Oktober 2001 an die [X.] und von der Verweigerung der Zahlung des Kaufpreises unter Berufung auf aufrechenbare Gegenansprüche durch die [X.] bzw. deren Geschäftsführer
beinhaltet noch
nicht die Kenntnis eines
Verhaltens
des [X.]n, aufgrund dessen
er als [X.] in Frage kommt.
c) Dem Kläger kann entgegen der Ansicht des
Berufungsgerichts
auch keine grobfahrlässige Unkenntnis einer Beteiligung des [X.]n vorgeworfen werden. [X.] fahrlässige Unkenntnis im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat ([X.], Urteil vom 8.
Juli 2010 -
III
ZR 249/09, [X.]Z
186, 152 Rn.
28). Die tatrichterliche Beurteilung, ob einer [X.] der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur dahin, ob der Tatrichter den [X.] der groben Fahrlässigkeit verkannt, bei der Beurteilung des [X.] wesentliche Umstände außer Betracht gelassen oder gegen Denkge-16
17
-
8
-

setze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstoßen hat ([X.], Urteil vom 8.
Juli 2010 -
III
ZR 249/09, [X.]Z
186, 152 Rn.
27
m.w.N.). Das [X.] hat bei seiner Bewertung, die Unkenntnis des [X.] sei grobfahr-lässig, wesentliche Umstände außer [X.] gelassen und Vortrag des [X.] übergangen.
aa) Das Berufungsgericht hat Vortrag des [X.] übergangen, soweit es ihm vorhält, [X.] er angesichts der bekannten Umstände, nach denen die Be-teiligung des [X.]n auf der Hand gelegen habe, keine weiteren Ermittlun-gen angestellt habe.
Der Kläger hat nach seinem Vortrag die vom Berufungsge-richt vermissten Ermittlungen angestellt. Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang selbst feststellt, hat er vorgetragen, [X.] er den [X.] der [X.] und den
Streithelfer um Auskünfte gebeten hat, die diese aber verweigerten.
bb) Soweit das Berufungsgericht weiter meint, die dem Kläger bekannten Tatsachen reichten aus, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des [X.]n als naheliegend erscheinen zu lassen,
und der Kläger habe die-sen Schluss durch seine Behauptungen im Vorverfahren selbst gezogen, [X.] dies den Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Behauptun-gen des [X.] im Vorverfahren. Der Kläger hat dort zwar behauptet, [X.] der [X.] einzelne
Vorgänge gekannt habe. Dass er in dem früheren Verfahren daraus den Schluss gezogen hat, der [X.] habe den Geschäften zuge-stimmt oder sie veranlasst, und eine entsprechende Behauptung
aufgestellt hat, hat das Berufungsgericht
aber
nicht festgestellt.
[X.]) Der Kläger musste aus den Umständen, die er nach den [X.] des
Berufungsgerichts
gekannt hat, nicht schließen, [X.] der [X.] an einem existenzvernichtenden Eingriff durch die [X.] beteiligt war. Aus der Kenntnis des [X.]n, [X.] die [X.] die Kaufpreiszahlung verweigert und 18
19
20
-
9
-

sich auf aufrechenbare Gegenansprüche berufen hatte
sowie [X.] versucht worden war, durch den Verkauf von Ware eine Aufrechnungslage zu schaffen, um

diesem Vorgehen zugestimmt oder es sogar veranlasst hatte.
Der Kauf der
Waren durch die [X.] war
allein noch kein [X.] Eingriff. Nach der Senatsrechtsprechung liegt ein zum Schadensersatz nach §
826 BGB verpflichtender existenzvernichtender Eingriff dann vor, wenn der [X.] von ihren [X.]ern in sittenwidriger Weise das zur [X.] ihrer Schulden erforderliche Vermögen entzogen und dadurch
eine Insol-venz verursacht oder vertieft wird
([X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
23 ff. -
Trihotel; Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR 252/10, [X.], 1071 Rn.
13). Das Vermögen wird der [X.] nur dann entzo-gen, wenn der Weggabe von Vermögen keine gleichwertige Gegenleistung ge-genübersteht ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
51; Urteil vom 23.
April 2012 -
II
ZR 252/10, [X.], 1071 Rn.
17). Da der Kauf durch die [X.] nicht unter Wert
stattfand, liegt darin noch kein [X.]. Auch die dadurch geschaffene Aufrechnungslage
führt noch nicht zum Entzug des Vermögens bei der Schuldnerin. Dazu kam es erst durch die Aufrechnung mit der wertlosen bzw. eigenkapitalersetzenden Gegenforderung nach der Lieferung. Der Eingriff in das Vermögen der Schuldnerin lag damit bei dem Abschluss des Kaufvertrags allenfalls vor, wenn bereits damals
beabsich-tigt war, mit Gegenforderungen aufzurechnen.
Zwar liegt es nicht fern, eine Zustimmung zu diesem Vorgehen oder so-gar seine Veranlassung durch den [X.]n anzunehmen, weil er
als [X.] der [X.] wirtschaftlicher Nutznießer der Vermögensübertragung war. Es kam aber auch
in Frage, [X.] der Geschäftsführer der [X.] im eigenen Interesse ohne Einbeziehung des [X.]n oder ohne seine unmittelbare Ver-anlassung handelte.
21
22
-
10
-

dd) Soweit das Berufungsgericht aufgrund des Vortrags des [X.] im früheren Verfahren gegen die [X.] davon
ausgegangen ist, [X.] er
gewusst habe, [X.] der [X.] von den Vorgängen im [X.] 2001 Kenntnis gehabt habe, hat es
nicht berücksichtigt, [X.] der Kläger diese
Behauptung
in einem zivilrechtlichen Verfahren aufgestellt hat. Ohne Berücksichtigung des damaligen
prozessualen
Zusammenhangs
kann nicht festgestellt werden, ob der
Kläger von der
Kenntnis des [X.]n von den Vorgängen gewusst
oder er sie nur für möglich gehalten hat.
Eine [X.] darf im Prozess auch Tatsachen behaupten, über die sie keine positive Kenntnis hat und im Regelfall auch nicht haben kann, die sie aber nach Lage der Dinge
für wahrscheinlich und möglich hält ([X.], Beschluss vom 19.
März 2004 -
IXa [X.], NJW 2004, 2096, 2097). [X.] bei inneren Tatsachen des Prozessgegners muss sie sich zwangsläufig auf Vermutungen stützen.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen Anspruch wegen der Umleitung von [X.], die der Schuldnerin zugestanden hätten, auf
die [X.] verneint.
a) Voraussetzung der Haftung wegen Existenzvernichtung ist allerdings, wie das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, [X.] durch einen kompensa-tionslosen Eingriff die Insolvenz verursacht oder eine
Insolvenz vertieft wird ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
16 -
Trihotel).
Dazu
genügt die Vertiefung einer bestehenden Überschuldung ([X.], Urteil vom 20.
September 2004 -
II
ZR 302/02, [X.], 2138, 2140).
Das [X.] hat nicht beachtet, [X.] der Kläger behauptet hat, [X.] die Schuldnerin bereits im März 2001 überschuldet
war. Dass der Entzug von rund 2 Millionen

Überschuldung zur Fol-ge haben kann, liegt auf der Hand. Dass der Kläger auch behauptet hat, die Übertragung des [X.] habe die Insolvenz verursacht, widerspricht dem nicht. Damit ist vor dem Hintergrund des Vortrags, [X.] der gravierende Liquidi-23
24
25
-
11
-

tätsentzug zur Insolvenz geführt habe, weil der Entzug des [X.] zur [X.] führen musste, ersichtlich die Verursachung oder Vertiefung
des Insolvenzgrunds
der Zahlungsunfähigkeit gemeint. Jeder der beiden be-haupteten existenzvernichtenden Eingriffe kann die Insolvenzreife der Gesell-schaft verursacht oder vertieft haben.
Für die Verursachung der Insolvenzreife genügt Mitursächlichkeit.
b) Das Urteil erweist sich
hinsichtlich der Umleitung der Gelder
auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Entgegen der Revisionserwiderung hat der Kläger einen kompensationslosen Eingriff schlüssig vorgetragen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt eine [X.] ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen ([X.], Urteil vom 13.
März 2012
-
II
ZR 50/09, [X.], 1197 Rn.
17 m.w.N.). Der Vortrag des [X.] erfüllt diese Anforderungen an einen schlüssigen [X.]. Er hat behauptet, [X.]
die
der Schuldnerin zustehenden Gelder auf die [X.] umgeleitet worden seien und die nachfolgende Verrechnung der vereinnahmten Forderungen
mit Forderungen der [X.] gegen die Schuldnerin keine Kompensation sei, weil die
Forderungen
der [X.] wertlos gewesen seien.
Mit
der Verhat er
kenntlich gemacht, [X.] die [X.] seiner Ansicht nach keinen Anspruch darauf hatte, [X.] Schuldner
an sie zahlten.
II[X.] [X.] ist nicht zur Endentscheidung reif.
Das Berufungsgericht hat -
aus seiner Sicht folgerichtig
-
keine Feststellungen zum Vorliegen eines existenzvernichtenden Eingriffs, der Beteiligung des [X.]n, der Verursa-chung der
Insolvenz oder ihrer
Vertiefung sowie
zum Schaden getroffen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

26
27
-
12
-

1. Der aufgrund eines existenzvernichtenden Eingriffs zu ersetzende Schaden besteht nicht regelmäßig
in den
im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen, die nicht befriedigt werden konnten, wie dies der Kläger seiner Schadensberechnung zugrunde gelegt hat.
Zu ersetzen sind die durch den Eingriff verursachten [X.] der [X.]. Das sind die entzogenen Vermögenspositionen, [X.] sowie ein etwa entgangener Gewinn der [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
33 und 54
f.
-
Trihotel) und,
wenn die [X.] ohne den Eingriff nicht insolvenzreif geworden wäre, die Kosten des vorläufigen Insolvenzverfahrens und des Insolvenzverfahrens ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
57
-
Trihotel). Die gesamten im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen zuzüglich der Kosten des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens stellen die Obergrenze dar (vgl. [X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
56
-
Trihotel). Die angemeldeten Forderungen können daher als Ober-grenze nur zu ersetzen sein, wenn ohne den existenzvernichtenden Eingriff alle Gläubiger hätten befriedigt werden
können.
Es ist entgegen der
Ansicht der
Revisionserwiderung
allerdings auch
nicht von vorneherein ausgeschlossen, [X.] ohne den Eingriff eine [X.] aller Gläubiger möglich gewesen wäre und der Gesamtschaden -
entzogene Vermögenspositi

-
diese Höhe erreicht. Der Kläger hat zwar behauptet, die [X.] sei im März 2001 überschuldet gewesen. Dass ohne die Umleitung der Gelder oder die Verschiebung des [X.] alle Gläubiger hätten befriedigt werden können, liegt danach eher fern. Der Kläger hat aber
auch behauptet, [X.] erst die Ver-schiebung des [X.] die Insolvenz verursacht hat, so [X.] nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann, [X.] ohne den Entzug des Waren-lagers, die mit der Insolvenz verursachten [X.] und den ent-28
29
30
-
13
-

gangenen Gewinn
alle Gläubiger hätten befriedigt werden können. Dass
der Vortrag des [X.] widersprüchlich ist, entbindet das Gericht nicht davon, ggf. durch eine Beweisaufnahme den Sachverhalt aufzuklären (vgl. [X.], Urteil vom 13.
März 2012 -
II
ZR 50/09,
[X.], 1197 Rn.
16). Da sich die Höhe der ent-zogenen Vermögenspositionen dem Vortrag des [X.] unschwer entnehmen lässt, kommt eine vollständige Klageabweisung wegen unzureichender Darle-gung des Schadens ohnehin
nicht in Frage.
2. Sofern das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangt, [X.] Ansprüche aus einem existenzvernichtenden
Eingriff hinsichtlich der Vorgänge im [X.] 2001 verjährt sind, wird es zu prüfen haben, ob und inwieweit die Vo-raussetzungen eines -
nicht verjährten

31 Abs.
5 GmbHG, Art. 229 §
12 Abs.
2 EGBGB, vgl. [X.], Urteil vom 11.
Februar 2008 -
II
ZR 171/06, [X.], 643 Rn.
17 ff.)
-
Anspruchs nach §§
30, 31 GmbHG (analog) gegen den [X.]n vorliegen. Zwischen beiden Ansprüchen besteht, soweit sie sich überschneiden, [X.] ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2007 -
II
ZR 3/04, [X.]Z 173, 246 Rn.
39
-
Trihotel). Der [X.] kommt ent-gegen der Auffassung des Berufungsgerichts als Schuldner eines solchen An-spruchs in Betracht, wenn er eine Auszahlung an die [X.] veranlasst hat. Der maßgeblich beteiligte [X.]er-[X.]er ist Adressat der [X.] ([X.], Urteil vom 21.
September 1981 -
II
ZR 104/80, [X.]Z 81, 311, 315; Urteil vom 24.
September 1990 -
II
ZR 174/89, [X.], 1467, 1468; Urteil vom 13.
Dezember 2004 -
II
ZR 206/02, [X.], 117, 118; Urteil vom 21.
November 2005 -
II
ZR 277/03, [X.], 279,
282; Urteil vom 18.
Juni 2007 -
II
ZR 86/06, [X.]Z 173, 1 Rn.
12). Er ist bei wirtschaftlicher [X.]ungsweise einem unmittelbar beteiligten [X.]er gleichzustellen. Jedenfalls wenn er die Auszahlung an eine
[X.], an der er beteiligt ist
und die er beherrscht, veranlasst hat, ist er auch als Empfänger der Auszahlung im Sinn von § 31 GmbHG anzusehen (Altmeppen in [X.]Altmeppen, GmbHG, 31
-
14
-

7.
Aufl., §
30 Rn.
57; [X.], GmbHG, 2.
Aufl., §
30 Rn.
180; MünchKommGmbHG/Ekkenga, §
30 Rn.
179; [X.] in [X.]/[X.]
[X.], GmbHG, §
30 Rn.
69; wohl auch [X.]/[X.], GmbHG, §
30 Rn.
72; [X.]/Verse, GmbHG, 11.
Aufl., §
30 Rn.
49).
Bei der Zahlung an eine vom [X.]er-[X.]er beherrschte
[X.], die
[X.]e-rin
der GmbH ist,
kann
insoweit nichts
anderes gelten als bei der Zahlung an eine mit ihm verbundene
dritte [X.], bei
der
von einer Haftung auszu-gehen ist (vgl. dazu [X.], Urteil vom 22.
Oktober 1990 -
II
ZR 238/89, [X.], 1593, 1595).
Dass die [X.] vor der Aufrechnung ihren Geschäftsanteil an der Schuld-nerin veräußert hat, ist für die Einordnung der stehen gelassenen Kaufpreiszah-lungsansprüche als eigenkapitalersetzendes
Darlehen
der [X.]
schon deshalb ohne Bedeutung, weil ein Darlehen seinen eigenkapitalersetzenden
Charakter nicht durch das Ausscheiden des [X.]ers verliert (st. Rspr., [X.], Urteil vom 11.
Juli 1994 -
II
ZR 146/92, [X.]Z 127, 1, 6
f.; Urteil vom 15.
November 2004 -
II ZR 299/02, [X.], 163, 164).
Für die [X.]erstellung [X.]
-
15
-

[X.] und des [X.]n ist der Zeitpunkt der Vereinbarung
der Auszahlung
au-ßerdem deshalb maßgebend, weil die Einschaltung der C.

GmbH der Umgehung der [X.] diente, wenn die [X.] -
wie vom Kläger behauptet
-
am 4.
Oktober 2001
abgesprochen waren.

Bergmann

Caliebe

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.05.2010 -
1 O 385/09
-

O[X.], Entscheidung vom 21.07.2011
-
6 U 543/10
-

Meta

II ZR 177/11

24.07.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2012, Az. II ZR 177/11 (REWIS RS 2012, 4339)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4339

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II ZR 177/11 (Bundesgerichtshof)

Existenzvernichtungshaftung des GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführers: Beginn der Verjährungsfrist


II ZR 199/17 (Bundesgerichtshof)

GmbH-Verschmelzung im Wege der Aufnahme mit Kapitalerhöhung: Differenzhaftung der Gesellschafter im Fall der Überbewertung des …


II ZR 3/04 (Bundesgerichtshof)


II ZR 442/13 (Bundesgerichtshof)


II ZR 104/07 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

II ZR 177/11

XI ZR 57/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.