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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 311/14
vom
27. November 2014
in der Strafsa[X.]he
gegen
wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in ni[X.]ht geringer
Menge
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Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und na[X.]h Anhörung des Bes[X.]hwerdeführers am 27. November 2014
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO bes[X.]hlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 17.
Oktober 2013 im Strafausspru[X.]h mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sa[X.]he zu neuer Verhand-lung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in ni[X.]ht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es 489,6
Gramm si[X.]hergestelltes Marihuana eingezogen und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 1.350
Euro angeordnet. Dagegen ri[X.]htet si[X.]h die auf die Verletzung formel-len und materiellen Re[X.]hts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Re[X.]htsmit-tel hat mit der Sa[X.]hrüge den aus der [X.] ersi[X.]htli[X.]hen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
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I.
Die von dem Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragss[X.]hrift des [X.] ohne Erfolg.
II.
1. Die Na[X.]hprüfung des angefo[X.]htenen Urteils aufgrund der Sa[X.]hrüge hat zum S[X.]huldspru[X.]h sowie zur Einziehungs-
und Verfallsents[X.]heidung keinen den Angeklagten belastenden Re[X.]htsfehler ergeben.
2. Die Strafaussprü[X.]he halten jedo[X.]h der re[X.]htli[X.]hen Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Das [X.] hat mit ni[X.]ht tragfähiger Begründung die tatbestandli[X.]hen Voraussetzungen des §
31 BtMG verneint.
a) Na[X.]h den Feststellungen erwarb der Angeklagte in den Jahren 2010 bis 2011 in vier Fällen Marihuana im [X.] von dem gesondert verfolgten M.
. In drei Fällen veräußerte er das Raus[X.]hgift, das von dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]her Qualität war, an seinen Abnehmer weiter, im vierten Fall s[X.]heiterte das Ges[X.]häft, weil der Abnehmer mit der Qualität des [X.] unzufrieden war.
Am 11. April 2012 (Fall 5) wurde bei dem Angeklagten anlässli[X.]h einer Wohnungsdur[X.]hsu[X.]hung 489,60 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 8,1
% THC si[X.]hergestellt. Dieses Raus[X.]hgift stammte aus einer anderen Be-zugsquelle.
Soweit der Angeklagte behauptet hat, das Raus[X.]hgift nur für seinen Na[X.]hbarn "J.
" aufbewahrt zu haben, ist das [X.] von einer S[X.]hutzbe-hauptung ausgegangen.
Als
seinen Abnehmer hat der Angeklagte den am 7.
Februar 1984 gebo-renen
"
K.
" ([X.]
) benannt, dessen Wohnans[X.]hrift mitgeteilt
und
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ihn auf einer Wahlli[X.]htbildvorlage
identifiziert. Zudem hat er eingeräumt, von [X.] seinen "Eigenbedarf"
bezogen zu haben.
Gegen
K.
[X.]
wird seit
2011 ein Ermittlungsverfahren we-gen Betäubungsmittelstraftaten
geführt. Er ist flü[X.]htig und wird mit Haftbefehl gesu[X.]ht.
b) Vor diesem Hintergrund hat das [X.] die tatbestandli[X.]hen Voraussetzungen
des §
31 BtMG verneint. Zwar sei
K.
[X.]
im Zusammenhang mit [X.] polizeibekannt; allein
daraus lasse si[X.]h aber ni[X.]ht s[X.]hließen, dass er der Abnehmer des Angeklagten gewe-sen sei. Die Angaben des Angeklagten seien ni[X.]ht stimmig. Es ers[X.]hließe si[X.]h ni[X.]ht, warum
der Angeklagte einerseits seinen Eigenbedarf von [X.]
bezogen, andererseits aber an diesen Betäubungsmittel veräußert haben will. Zudem sei die Glaubwürdigkeit des Angeklagten dur[X.]h seine
unzutreffenden
Angaben
im Fall
5 ers[X.]hüttert.
[X.]) Mit diesen Erwägungen hat die [X.] ihre fehlende Überzeu-gung
von einer erfolgrei[X.]hen Aufklärungshilfe des Angeklagten ni[X.]ht na[X.]hvoll-ziehbar aufgezeigt. Der [X.] hat dazu ausgeführt:
"Das [X.] geht zwar zu Re[X.]ht davon aus, dass §
31 Satz
1 Nr.
1 BtMG ni[X.]ht zur Anwendung kommt, wenn der Tatri[X.]hter ni[X.]ht die Überzeugung gewinnt, dass die Darstellung des Angeklagten über die Beteiligung anderer an der Tat zutrifft, wobei der [X.] dem Täter hier ni[X.]ht zugute kommt. Die Begründung ei-nes Verda[X.]hts und die damit verbundene S[X.]haffung einer Aufklä-rungsmögli[X.]hkeit rei[X.]ht ni[X.]ht aus (vgl. [X.]/[X.]/[X.] BtMG 7.
Aufl. §
31 Rn.
104). Sieht der Tatri[X.]hter von der Strafmilderung des §
31 BtMG ab, muss er die vom Angeklagten über den eigenen Tatbeitrag hinausgehenden Angaben vollständig wiedergeben und die Gründe eingehend erörtern, die ihn zur Verneinung der Straf-milderung gemäß §
31 BtMG bewogen haben. Nur so wird das Re-visionsgeri[X.]ht in die Lage versetzt zu prüfen, ob si[X.]h der Tatri[X.]hter 8
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bei seiner Ents[X.]heidung von re[X.]htli[X.]h zutreffenden und
zulässigen Erwägungen hat leiten lassen ([X.]/[X.]/[X.] BtMG 7.
Aufl. §
31 Rn.
117 mwN).
Daran fehlt es hier: Die [X.] hat si[X.]h von der Ri[X.]htigkeit der Darstellung des Angeklagten ni[X.]ht überzeugen können. Wenn es die Glaubwürdigkeit des Angeklagten zudem dur[X.]h die unzutref-fenden Angaben im Fall
5 ers[X.]hüttert sieht (UA S.
12) ohne hier zu berü[X.]ksi[X.]htigen, dass der Angeklagte im Fall 5 versu[X.]ht hat, seinen eigenen Tatbeitrag herunter zu spielen und zu bes[X.]hönigen, was einer Anwendung des §
31 BtMG ni[X.]ht notwendig entgegenstünde (siehe [X.]/[X.]/[X.] BtMG 7.
Aufl. §
31 Rn.
57), liegt in dieser Überlegung no[X.]h kein dur[X.]hgreifender Re[X.]htsfehler. Die [X.] ist indes re[X.]htli[X.]h ni[X.]ht
tragfähig, als das [X.] vornehmli[X.]h auf die fehlende Stimmigkeit der Angaben des Ange-klagten abstellt (UA S.
12), wona[X.]h es si[X.]h ni[X.]ht ers[X.]hließe, wes-halb der Angeklagte einerseits seinen Eigenbedarf von Herrn [X.]
bezogen, andererseits aber an diesen Betäubungsmittel veräu-ßert haben will. Dieser Einwand ist nur na[X.]hvollziehbar, wenn der Angeklagte seinen Eigenbedarf tatsä[X.]hli[X.]h aus den von ihm an [X.]
verkauften Raus[X.]hgiftmengen au[X.]h bezogen hat. Ob dies aber der Fall war und ob der Angeklagte hierzu Angaben gema[X.]ht hat, ist den Urteilsgründen indes ni[X.]ht zu entnehmen. Na[X.]h den [X.] hat der Angeklagte ledigli[X.]h angegeben, "[X.]
" sei zudem die Person gewesen, von der er seinen Eigenbedarf be-zogen habe" (UA S.
11). Das angefo[X.]htene Urteil ist insoweit lü-[X.]kenhaft.
Der Strafausspru[X.]h hat daher insgesamt keinen Bestand; au[X.]h die im Fall 5 verhängte [X.] ist aufzuheben. Das [X.] geht zwar davon aus, dass die Strafmilderungsvors[X.]hrift des §
31 BtMG nur in Bezug auf die Taten 1-4 der Urteilsgründe zu prüfen ist, weil der
Angeklagte nur bezogen auf diese Fälle seinen [X.] bezei[X.]hnet habe (UA S.
11), im Fall 5 habe er sol[X.]he Tat-sa[X.]hen dagegen ni[X.]ht preisgegeben. Mit Bli[X.]k auf die Re[X.]htspre-[X.]hung des [X.], wona[X.]h die Anwendung des §
31 Satz
1 BtMG ni[X.]ht daran s[X.]heitert, dass die angegebenen Taten als re[X.]htli[X.]h selbständig zu werten sind, sofern sie nur mit der strafba-ren Beteiligung des Angeklagten an der Handelstätigkeit in Zu-sammenhang stehen ([X.], 707; [X.]/[X.]/[X.] BtMG 7.
Aufl. §
31 Rn.
63), hat das Tatgeri[X.]ht die Voraussetzungen -
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des §
31 Satz
1 BtMG au[X.]h im Fall 5 der Urteilsgründe erneut zu prüfen.
Wenn das [X.] zur Anwendung der Strafmilderung über §
31 Satz
1 Nr. 1 BtMG kommt, hat das Tatgeri[X.]ht erneut über das Vorliegen eines
minder s[X.]hweren Falls gemäß §
29a Abs.
2 BtMG unter Berü[X.]ksi[X.]htigung dieses
vertypten Strafmilderungsgrundes zu ents[X.]heiden."
Dem s[X.]hließt si[X.]h der Senat an.
d) Soweit der [X.] einen weiteren dur[X.]hgreifenden Re[X.]htsfehler darin sieht, dass die [X.] der Bemessung der Strafen
feh-lerhaft ges[X.]hätzte Wirkstoffmengen zugrunde gelegt hat, bemerkt der Senat:
Das [X.] ist ni[X.]ht auf der Grundlage der S[X.]hätzungen von [X.]/[X.], NStZ 2011, 76 von einem THC-Gehalt von 6
% für Marihuana von dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]her Qualität ausgegangen. Vielmehr hat es seine Erfahrungen im eigenen Geri[X.]htsbezirk, die den statistis[X.]hen Erhebungen von [X.]/[X.] nahekommen, zur Grundlage seiner S[X.]hätzungen gema[X.]ht ([X.]. Dagegen ist im Ansatz ni[X.]hts zu erinnern. Es liegt auf der Hand, dass der Reinheitsgehalt von "auf dem Markt befindli[X.]hen" Raus[X.]hgift örtli[X.]hen S[X.]hwan-kungen unterworfen ist. So kann z. B. der dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]he Wirkstoffgehalt von Kokain in sol[X.]hen [X.]sbezirken, in die die direkte Einfuhr aus [X.] auf dem Luft-
oder Seeweg erfolgt, deutli[X.]h höher sein als in sol[X.]hen Regio-nen, in denen
der Weitervertrieb na[X.]h zwis[X.]henzeitli[X.]her Stre[X.]kung des Raus[X.]h-gifts erfolgt. Au[X.]h kann es bedeutsam sein, wenn
Gruppierungen
den Betäu-bungsmittelhandel in bestimmten Regionen beherrs[X.]hen
und diese jeweiligen Vertriebsorganisationen das zu handelnde Raus[X.]hgift
aus bestimmten Quellen
beziehen. Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzli[X.]h ni[X.]ht re[X.]htsfehlerhaft, wenn Tatgeri[X.]hte die örtli[X.]hen
Gegebenheiten bei der S[X.]hätzung von Wirkstoff-mengen berü[X.]ksi[X.]htigen. Voraussetzung ist jedo[X.]h, dass die [X.]n
ihre 11
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entspre[X.]henden Erfahrungen im eigenen Bezirk in einer für das Revisionsgeri[X.]ht na[X.]hvollziehbaren Weise in den Urteilsgründen darlegen.
Sollte -
wie der [X.] meint
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einer Ents[X.]heidung des 3.
Strafsenats vom 9.
Juni 2004 -
3 [X.], [X.], 602 zu entnehmen sein, der Wirkstoffgehalt von Marihuana dur[X.]hs[X.]hnittli[X.]her Qualität liege aus-nahmslos zwis[X.]hen 2 bis allenfalls 5
% THC und die Zugrundelegung eines [X.] [X.] sei stets re[X.]htsfehlerhaft, würde dem der 2.
Strafsenat ni[X.]ht folgen.
Fis[X.]her [X.]
RiBGH Prof. Dr. S[X.]hmitt
ist an der Unters[X.]hrifts-
leistung gehindert.
Fis[X.]her
Krehl Ott
13
Meta
27.11.2014
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2014, Az. 2 StR 311/14 (REWIS RS 2014, 932)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 932
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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