Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.12.2023, Az. 5 StR 400/23

5. Strafsenat | REWIS RS 2023, 9386

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Gegenstand

Strafverurteilung wegen Beihilfe zur versuchten Nötigung und versuchten Bedrohung: Konkurrenzverhältnis


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2023 wird

a) das Verfahren im Fall II.2 der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Beihilfe zur versuchten Nötigung beschränkt;

b) der Schuldspruch des vorgenannten Urteils dahin geändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und der Beihilfe zur versuchten Nötigung schuldig ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und der Beihilfe zur versuchten Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur Bedrohung schuldig gesprochen, ihm deswegen eine Geldauflage erteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg, im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der [X.] hat das Verfahren im Fall II.2 der Urteilsgründe aus prozessökonomischen Gründen mit Zustimmung des [X.] auf den Vorwurf der Beihilfe zur versuchten Nötigung beschränkt.

3

a) Der vom [X.] insoweit ausgesprochenen Verurteilung wegen Beihilfe zur versuchten Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur Bedrohung lag zugrunde, dass der Angeklagte im Auftrag eines gesondert Verfolgten einem Zeugen einer von dem gesondert Verfolgten begangenen gefährlichen Körperverletzung eine auf seinem Mobiltelefon gespeicherte Nachricht zeigte, in der der gesondert Verfolgte den Zeugen aufforderte, zu der von ihm beobachteten Tat keine Angaben bei der Polizei zu machen, andernfalls es ihm so ergehen werde, wie dem Opfer der gefährlichen Körperverletzung. Der Zeuge ließ sich davon indes nicht beeindrucken.

4

b) Der [X.] hatte hierzu in seiner Antragsschrift beantragt, den Schuldspruch dahin zu ändern, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zur Bedrohung entfalle, weil die Annahme einer tateinheitlichen Beihilfe zur Bedrohung neben der Beihilfe zur versuchten Nötigung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] zum strafrechtlichen Konkurrenzverhältnis dieser beiden Delikte widerstreite.

5

c) Infolge der mit Zustimmung des [X.] durchgeführten Beschränkung der Strafverfolgung auf den Vorwurf der Beihilfe zur versuchten Nötigung braucht der [X.] nicht mehr zu entscheiden, ob an der zu § 241 StGB in der bis zum 2. April 2021 geltenden Fassung ergangenen Rechtsprechung festzuhalten ist, nach der die Bedrohung auch hinter einer nur versuchten Nötigung zurücktrat, wenn die Nötigungshandlung in einer Bedrohung mit einem gegen den Genötigten gerichteten Verbrechen bestand (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. November 2005 – 1 [X.], [X.], 342; vom 11. März 2014 – 5 StR 20/14 Rn. 4; vom 12. Januar 2022 – 4 StR 389/21 Rn. 7). Er neigt indes – wie zuletzt der 4. Strafsenat (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Juli 2022 – 4 StR 220/22, NStZ-RR 2022, 341) – zur Annahme von Tateinheit. Das ergibt sich aus Folgendem:

6

Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion ist im Grundsatz nur anzunehmen, wenn der Unrechtsgehalt einer Handlung durch einen der anzuwendenden Straftatbestände bereits erschöpfend erfasst wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. Oktober 1992 – [X.], [X.]St 39, 100, 108; vom 27. November 2018 – 2 StR 481/17, [X.]St 63, 253, 258 f. zur Konkurrenz von versuchtem Einbruchdiebstahl und Sachbeschädigung; Urteil vom 24. September 1998 – 4 StR 272/98, [X.]St 44, 196, 198 zur Konkurrenz von versuchtem Tötungsdelikt und vorsätzlicher Körperverletzung). Dass diese Voraussetzung gegeben ist, erscheint dem [X.] aus folgenden Gründen zweifelhaft: Zum einen ist durch das [X.] und der Hasskriminalität vom 30. März 2021 ([X.]) für die Bedrohung mit einem Verbrechen gemäß § 241 Abs. 2 StGB die Strafrahmenobergrenze auf zwei Jahre erhöht worden. Zum anderen werden von den Tatbeständen unterschiedliche Rechtsgüter geschützt, nämlich die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung bei § 240 StGB einerseits (vgl. [X.], Beschluss vom 21. März 1991 – 1 StR 3/90, [X.]St 37, 350, 353; [X.], Urteil vom 11. November 1986 – 1 BvR 713/83, [X.]E 73, 206, 237; so schon [X.], 113, 115) und der subjektive Rechtsfrieden des Einzelnen bei § 241 StGB andererseits (BT-Drucks. 19/17741, [X.]; [X.], Beschluss vom 15. Januar 2015 – 4 [X.], [X.], 394, 395; vgl. [X.] Beschluss vom 19. Dezember 1994 – 2 BvR 1146/94, NJW 1995, 2776, 2777; vgl. auch LK/Schluckebier, StGB, 13. Aufl., § 241 Rn. 1: seit der Erweiterung des Tatbestandes sei seit dem 3. April 2021 mittelbar auch der offene Diskurs in der [X.] und die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement geschützt).

7

Einer Änderung der Rechtsprechung hätte aber möglicherweise eine Entscheidung des 3. Strafsenats (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Juni 2022 – 3 [X.] Rn. 4) entgegengestanden. Der [X.] hat deshalb aus prozessökonomischen Gründen zur Vermeidung eines aufwändigen Anfrageverfahrens die Verfahrensbeschränkung angeregt.

8

d) Der Rechtsfolgenausspruch bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt. Der [X.] schließt aus, dass die [X.] bei einer Verurteilung im Fall II.2 nur wegen Beihilfe zur versuchten Nötigung auf eine niedrigere Geldauflage erkannt hätte, zumal diese auch für Fall II.1 (Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung) einheitlich verhängt wurde, ihre Höhe ohnehin primär am Erziehungsgedanken ausgerichtet ist und der Angeklagte den Tatbestand der Beihilfe zur versuchten Bedrohung tatsächlich verwirklichte.

9

2. Die weitergehende Revision erweist sich als unbegründet. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung hat auch mit Blick auf die [X.] – insoweit aus den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen – keinen (weiteren) Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch die von der Verteidigung mit der angeforderten Stellungnahme zur Verfahrensbeschränkung vorgebrachten weiteren Beanstandungen der Beweiswürdigung der Strafkammer zeigen im Revisionsverfahren beachtliche Rechtsfehler nicht auf, sondern erschöpfen sich in einer eigenen Würdigung der Beweisergebnisse.

VRi'in [X.] Cirener
ist urlaubsbedingt gehindert,
zu unterschreiben.
[X.]

      

[X.]     

      

[X.]

      

     Resch     

      

Werner     

      

Meta

5 StR 400/23

28.12.2023

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Zwickau, 31. Mai 2023, Az: 5 KLs 243 Js 21495/22 jug

§ 240 StGB, § 241 StGB vom 13.11.1998

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.12.2023, Az. 5 StR 400/23 (REWIS RS 2023, 9386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9386

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