Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2019, Az. VI ZR 437/18

6. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3544

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Gegenstand

Vorleistungspflicht der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nach Verkehrsunfall bis zur Entscheidung der Rentenversicherung


Leitsatz

Für die Frage, auf wen ein Schadensersatzanspruch gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangen ist, kommt es darauf an, wer im Außenverhältnis zur Erbringung der jeweiligen Sozial- oder Beitragsleistung gesetzlich verpflichtet ist, nicht aber darauf, ob Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche im Innenverhältnis bestehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 54/14, BGHZ 204, 44 Rn. 14; BGH, Urteil vom 17. April 1958 - II ZR 198/56, BGHZ 27, 107, 111 ff., juris Rn. 7 ff. zu § 1542 RVO).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 19. Oktober 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die klagende [X.] nimmt als Trägerin der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall aus gemäß § 116 Abs. 1, Abs. 10 [X.] übergegangenem Recht auf Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch.

2

Am 4. September 2010 wurde die bei der Klägerin versicherte [X.] (im Folgenden: Geschädigte) bei einem Verkehrsunfall, für den die Beklagte dem Grunde nach voll schadensersatzpflichtig ist, schwer verletzt. Nach dem Unfall bezog die Geschädigte zunächst Krankengeld. Vom 5. Mai 2012 bis 8. September 2013 erhielt sie von der Klägerin [X.] in Höhe von 9.846 € ausgezahlt. Daneben führte die Klägerin Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 3.638,16 €, Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 468,81 € und Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 4.522,75 € ab. Mit Bescheid vom 23. September 2013 gewährte die [X.] ([X.]) der Geschädigten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Dezember 2011. Die Klägerin hob daraufhin den Bewilligungsbescheid über das Arbeitslosengeld gegenüber der Geschädigten auf. Von der [X.] erhielt sie für den Zeitraum vom 5. Mai 2012 bis 8. September 2013 die an die Geschädigte direkt geleisteten [X.] in vollem Umfang und von den Beiträgen zur Krankenversicherung 1.919,99 €, von den Beiträgen zur Pflegeversicherung 278,46 € erstattet. Die Beklagte ersetzte der Klägerin die Beiträge zur Rentenversicherung vollumfänglich, nicht aber die ebenfalls eingeforderten Restbeträge an Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von 1.718,17 € und an [X.] in Höhe von 190,35 €. Mit der Klage hat die Klägerin den auf diese beiden Positionen entfallenden Gesamtbetrag von 1.908,52 € nebst Zinsen geltend gemacht.

3

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ([X.] - 32 S 21/18), dessen Urteil in juris veröffentlicht ist, ist die Klägerin nicht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 10 [X.] aktivlegitimiert. Die Klägerin habe bis zum Eintritt der [X.] einen Anspruch auf Ersatz der auf das Arbeitslosengeld gezahlten Beiträge an die [X.] gegen die Beklagte gehabt. Bis dahin sei sie aufgrund der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 Satz 1 [X.] verpflichtet gewesen, der Geschädigten Arbeitslosengeld zu zahlen und hierauf Sozialabgaben zu entrichten. Mit der Feststellung der verminderten Erwerbsfähigkeit durch den [X.]sträger sei der An[X.]dungsbereich der Nahtlosigkeitsregelung entfallen. Die Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente begründe einen Regressanspruch der Klägerin gegen die [X.], der neben den an die Geschädigte ausgezahlten Leistungen auch die Sozialabgaben erfasse, allerdings nur in dem Umfang, in dem die [X.] Beiträge auf die Rentenleistungen habe zahlen müssen. Für einen Ersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der Restsumme aus [X.]sbeiträgen fehle es an der Anspruchsberechtigung im Sinne des § 116 [X.]. Der Rechtsübergang nach dieser Vorschrift stehe von vornherein unter der auflösenden Bedingung des späteren Wegfalls der Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers. Ab dem Eintritt der [X.] sei die Leistungspflicht der Klägerin mit Wirkung ex tunc entfallen, was einen Wegfall der [X.] der Klägerin gemäß § 116 [X.] ebenfalls mit ex tunc-Wirkung zur Folge habe. Eine Aufspaltung der Aktivlegitimation gemäß § 116 [X.] dergestalt, dass sie beim ursprünglichen Leistungsträger verbleibe, soweit er vom Nachfolger keine Erstattung verlangen könne, widerspreche der Konzeption des § 116 [X.]. Der [X.] werde nicht an den Schaden des Sozialleistungsträgers, sondern an dessen Leistungspflicht geknüpft. Falle die Leistungspflicht rückwirkend weg, gehe der Ersatzanspruch des vorleistenden Leistungsträgers hinsichtlich dieses [X.]raums auf den endgültig verpflichteten Leistungsträger über, soweit er noch nicht erfüllt sei. Objektiv sei die Klägerin nicht leistungspflichtig gewesen, das Arbeitslosengeld sei bei rückschauender Betrachtung zu Unrecht geleistet worden. Dies folge aus dem Verweis des § 145 Abs. 3 Satz 1 [X.] auf § 103 [X.] statt auf § 104 [X.]. Entgegen der Auffassung der Klägerin werde der Schädiger bei Annahme eines rückwirkenden Fortfalls der Aktivlegitimation nicht unbillig zu Lasten der Solidargemeinschaft entlastet. Die Beiträge seien zwar der Solidargemeinschaft der Arbeitslosenversicherung entgangen, dafür aber der Solidargemeinschaft der [X.] zugutegekommen. Darüber hinaus sei nicht einzusehen, warum der Schädiger desto stärker belastet werden solle, je später die [X.] ihre Eintrittspflicht anerkenne.

II.

5

Die Revision ist begründet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Anspruchs auf Ersatz der Restbeträge an [X.]sbeiträgen, die sie von dem an die Geschädigte erbrachten Arbeitslosengeld zu zahlen hatte, gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 10 [X.] aktivlegitimiert.

6

1. Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen (sachliche Kongruenz) und sich auf denselben [X.]raum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen (zeitliche Kongruenz). Gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gehören dazu auch die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind. Die [X.] gilt gemäß § 116 Abs. 10 [X.] als Versicherungsträger im Sinne des § 116 Abs. 1 [X.].

7

Auf der Grundlage der nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin aufgrund des Verkehrsunfalls, für den die Beklagte der Geschädigten gegenüber dem Grunde nach voll schadensersatzpflichtig ist, im [X.]raum vom 5. Mai 2012 bis 8. September 2013 Arbeitslosengeld I-Leistungen erbracht. Diese Sozialleistung, die mit dem Anspruch der Geschädigten auf Ersatz ihres [X.] sachlich und zeitlich kongruent ist, hatte die Klägerin im Rahmen ihrer Vorleistungspflicht zu erbringen (dazu 2.). Welche Folgerungen aus der rückwirkenden Bewilligung der Erwerbsminderungsrente auf den [X.] gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] und damit die Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf die Erstattung des Arbeitslosengeldes als Hauptleistung zu ziehen sind, kann, da nicht streitgegenständlich, dahinstehen (dazu 3.). Denn jedenfalls hatte die Klägerin von dem Arbeitslosengeld Beiträge zur [X.] zu zahlen. Die diesbezügliche Leistungspflicht traf in dem für den Forderungsübergang maßgeblichen Außenverhältnis nur sie und ist nicht rückwirkend entfallen, so dass sie insoweit aktivlegitimiert ist (dazu 4.).

8

2. Die Klägerin hatte, wie in dem angegriffenen Urteil rechtsfehlerfrei ausgeführt, bis zum Bescheid der [X.] vom 23. September 2013, mit dem die volle Erwerbsminderung der Klägerin festgestellt wurde, aufgrund der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung des § 145 Abs. 1 Satz 1 [X.] Arbeitslosengeld I-Leistungen und damit eine Sozialleistung im Sinne von § 116 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 [X.] zu erbringen. § 145 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährt demjenigen einen Anspruch auf eine "Sonderform" des Arbeitslosengeldes (vgl. Überschrift zu §§ 145, 146 [X.]), der wegen einer mehr als sechsmonatigen Minderung seiner Leistungsfähigkeit nicht objektiv verfügbar im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nr. 1 [X.] und damit nicht gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 1 [X.] arbeitslos ist, dessen verminderte Erwerbsfähigkeit aber (noch) nicht durch den hierfür zuständigen Träger der gesetzlichen [X.] (§ 145 Abs. 1 Satz 2 [X.]) festgestellt ist. Die Wirkung der Nahtlosigkeitsregelung besteht darin, ein aus gesundheitlichen Gründen objektiv nicht bestehendes Leistungsvermögen des Arbeitslosen bis zum Eintritt des in der [X.] versicherten Risikos der Erwerbsminderung zu fingieren. Diese Fiktion hindert die Arbeitsverwaltung daran, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit der Begründung zu verneinen, der Anspruchsteller sei wegen seiner Leistungsminderung objektiv nicht verfügbar und deshalb nicht arbeitslos. Die Fiktion gesundheitlichen Leistungsvermögens und objektiver Verfügbarkeit und damit auch die Sperrwirkung der Nahtlosigkeitsregelung gegenüber der Arbeitsverwaltung dauern bis zur Feststellung, dass verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne des Rechts der gesetzlichen [X.] vorliegt, wobei diese Feststellung gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 [X.] dem zuständigen Rentenversicherer vorbehalten ist (BSG, Urteile vom 12. Dezember 2017 - [X.] [X.] 27/16 R, BeckRS 2017, 137017 Rn. 12; vom 21. März 2007 - [X.]a [X.] 31/06 R, BeckRS 2007, 45853 Rn. 16 f. zu § 125 Abs. 1 [X.] a.F.). Zweck der Nahtlosigkeitsregelung ist es in erster Linie, negative Kompetenzkonflikte zu Lasten des Versicherten zu vermeiden: Es soll unterschiedlichen Beurteilungen der Erwerbsfähigkeit durch Arbeitslosen- und [X.] und damit der Gefahr entgegengewirkt werden, dass tatsächlich kein Versicherungsschutz gewährt wird, obwohl gegen eine der Versicherungen ein Anspruch besteht (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 2007 - [X.]a [X.] 31/06 R, BeckRS 2007, 45853 Rn. 17 zu § 125 Abs. 1 [X.] a.F.; BSG, [X.] 1999, 315, 317 f.; BSG, Urteil vom 14. Dezember 1995 - 11 [X.], BeckRS 1995, 30758824 zur Vorgängerregelung § 105a [X.]). Den [X.] trifft somit eine Vorleistungspflicht bis zur Entscheidung des [X.] über den Eintritt des Versicherungsfalls der verminderten Erwerbsfähigkeit (BSG, Urteil vom 30. Januar 2002 - [X.] RJ 6/01 R, BeckRS 2002, 40723 zu § 125 Abs. 1 [X.] a.F.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 145 Rn. 2). Diese Vorleistungspflicht traf vorliegend die Klägerin.

9

3. Für die Frage, auf [X.] ein Schadensersatzanspruch gemäß § 116 Abs. 1 [X.] übergegangen ist, kommt es darauf an, wer im Außenverhältnis zur Erbringung der jeweiligen Sozial- oder Beitragsleistung gesetzlich verpflichtet ist, nicht aber darauf, ob Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche im Innenverhältnis bestehen (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 2015 - [X.], [X.], 44 Rn. 14; vom 8. Juli 2003 - [X.], [X.], 342, 346 ff., juris Rn. 12 ff.; vom 28. März 1995 - [X.], [X.], 600, 601 f., juris Rn. 11 ff.; [X.], Urteil vom 17. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 107, 111 ff., juris Rn. 7 ff. zu § 1542 RVO). Ob die Klägerin danach aus ihrer Vorleistungspflicht gegenüber der Geschädigten einen Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] hinsichtlich der als Sonderform des Arbeitslosengeldes gewährten Hauptleistung für sich herleiten kann, obwohl die [X.] im Verhältnis zur Geschädigten aufgrund der Rückwirkung des Bescheids vom 23. September 2013 für denselben [X.]raum zur Gewährung von Erwerbsminderungsrente verpflichtet ist, ist fraglich und für die vorliegende Fallkonstellation noch nicht entschieden. Dies kann aber vorliegend dahinstehen, weil die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Erstattung des Arbeitslosengeldes als Hauptleistung nicht im Streit steht.

4. Hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Restbeträge der Beiträge zur [X.], die sie von dem Arbeitslosengeld zu zahlen hatte, ist die Klägerin gegenüber der Beklagten gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] aktivlegitimiert. Insbesondere traf entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die diesbezügliche Leistungspflicht in dem für den Forderungsübergang maßgeblichen Außenverhältnis allein die Klägerin und ist durch den Eintritt der [X.] nicht rückwirkend entfallen.

a) Der Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] knüpft an Beiträge an, die "von Sozialleistungen zu zahlen" sind. Er setzt eine schädigungsbedingte Beitragspflicht des Sozialversicherungsträgers voraus.

aa) Vorliegend traf, bedingt durch den Unfall, die Klägerin die Pflicht, von dem Arbeitslosengeld, das sie als Sozialleistung im Rahmen ihrer Vorleistungspflicht gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu erbringen hatte, Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und [X.] Pflegeversicherung zu zahlen. Denn die Geschädigte war wegen des Bezugs des Arbeitslosengeldes gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung und gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]I in der [X.] Pflegeversicherung versicherungspflichtig. Die Beiträge zur [X.] waren gemäß (§ 59 Abs. 1 Satz 1 [X.]I i.V.m.) § 251 Abs. 4 a [X.] von der klagenden [X.] zu tragen und gemäß (§ 60 Abs. 1 Satz 1 [X.]I i.V.m.) § 252 Abs. 1 Satz 1 [X.] von ihr zu zahlen. Die rückwirkende Bewilligung der Erwerbsminderungsrente ließ die durch den Bezug von Arbeitslosengeld begründete Versicherungspflicht der Geschädigten in der gesetzlichen Krankenversicherung und der [X.] Pflegeversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2, letzter Halbsatz [X.] und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]I unberührt. Die Versicherungspflicht tritt allein aufgrund des tatsächlichen Bezugs von Arbeitslosengeld ein, ohne Rücksicht darauf, ob die Voraussetzungen für diesen Leistungsbezug vorgelegen haben. Dementsprechend bleibt nach den genannten Regelungen die Versicherungspflicht (selbst) dann bestehen, [X.]n die Entscheidung, die zum Bezug des Arbeitslosengeldes geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder das Arbeitslosengeld zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist (BSG, [X.] 2014, 458 Rn. 23). Darin findet der Grundsatz seinen Niederschlag, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes einmal begründete [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung und [X.] Pflegeversicherung nicht rückwirkend beseitigt werden sollen, selbst dann nicht, [X.]n sie auf einem rechtswidrigen und rückabgewickelten Zustand beruhen ([X.] in [X.] Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2019, § 5 [X.] Rn. 45). Der an die Gewährung von Arbeitslosengeld anknüpfende Beitragsanspruch des gesetzlichen Krankenversicherers und des [X.] Pflegeversicherers und damit korrespondierend die Leistungspflicht der Klägerin gegenüber diesen Versicherern sind also nicht wegen der rückwirkenden Gewährung der Erwerbsminderungsrente an die Geschädigte entfallen. Dementsprechend kann die klagende [X.] die von ihr gezahlten Beiträge von dem Kranken- und dem Pflegeversicherer nicht zurückfordern (BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 - [X.] KR 13/12 R, juris Rn. 20 ff.). Demgegenüber war und ist gemäß § 335 Abs. 2 Satz 4, Abs. 5 [X.] die [X.] als (im Innenverhältnis ausgleichspflichtiger, dazu sogleich bb)) Träger der [X.] im Außenverhältnis zum Kranken- und zum Pflegeversicherer trotz der rückwirkenden Bewilligung der Erwerbsminderungsrente nicht verpflichtet, für dieselbe [X.] Beiträge zur [X.] zu entrichten. Denn der Beitragspflicht ist bereits durch die Zahlung der (hier höheren) Beiträge aus dem Arbeitslosengeld durch die Klägerin genügt worden, die bei der [X.] verbleiben.

bb) Dem Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Innenverhältnis zur [X.] als gesetzlichem Rentenversicherer gemäß § 335 Abs. 2 Sätze 1, 2, Abs. 5 [X.] einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge hat, weil ihr gemäß § 145 Abs. 3 Satz 1 [X.] auch ein Erstattungsanspruch hinsichtlich des Arbeitslosengeldes zusteht. Denn der [X.] nach § 116 Abs. 1 [X.] ist, wie dargelegt, an die Voraussetzung geknüpft, dass der Sozialleistungsträger nach außen hin (im Rahmen des § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] also gegenüber dem Gläubiger der Sozialleistung, im Rahmen des § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] gegenüber dem Gläubiger der Beitragsleistung) zur Leistung gesetzlich verpflichtet ist. Wenn - wie hier - von mehreren in Betracht kommenden Sozialleistungsträgern (hier: [X.] und [X.]) nur einer (hier: [X.]) im Außenverhältnis (hier: gegenüber dem Kranken- und dem Pflegeversicherer) beitragsleistungspflichtig ist, ist also dieser allein als Rechtsnachfolger des Geschädigten gegenüber dem Schädiger anspruchsberechtigt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob er nach den einschlägigen [X.] im Innenverhältnis ebenfalls Ersatz für seine Auf[X.]dungen verlangen könnte (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2015 - [X.], [X.], 44 Rn. 14; [X.], Urteil vom 17. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 107, 111, juris Rn. 7 zu § 1542 RVO). Eine doppelte Entschädigung des ausgleichsberechtigten Trägers und eine dadurch eintretende Benachteiligung des ausgleichspflichtigen Trägers werden entweder dadurch vermieden, dass der [X.] von dem [X.] einen Ausgleich nur erhält, [X.]n er diesem den Schadensersatzanspruch in Höhe des [X.] abtritt, oder dadurch, dass er dem anderen Träger den Ausgleichsbetrag nach Empfang der Schadensersatzleistung zurückzuzahlen hat (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2015 - [X.], [X.], 44 Rn. 14; [X.], Urteil vom 17. April 1958 - [X.], [X.]Z 27, 107, 122 f., juris Rn. 23). Vorliegend stellt sich für den hier allein eingeforderten Restbetrag der Beiträge die Frage einer doppelten Entschädigung der Klägerin ohnehin nicht, weil diese insoweit keinen Ausgleich von der [X.] verlangen kann. Denn ihr Erstattungsanspruch gegen diese ist, wie im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, gemäß § 335 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, Abs. 5 [X.] auf die [X.] begrenzt, die für denselben [X.]raum aus der Rente zu entrichten gewesen wären.

Auch ein etwaiger Erstattungsanspruch der [X.] gegen den Bezieher von Arbeitslosengeld auf Ersatz der gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und zur [X.] Pflegeversicherung aus § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 [X.] berührt das im Rahmen des § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] maßgebliche Außenverhältnis nicht. Abgesehen davon würde vorliegend ein solcher Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Geschädigte an dem ungeschriebenen Merkmal des nicht pflichtgemäßen Verhaltens des Versicherten scheitern (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 - [X.] KR 13/12 R, juris Rn. 24 mwN).

b) Schließlich fehlt es auch nicht an der sachlichen Kongruenz von Schadensersatz- und Beitragsanspruch. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür und werden von den Parteien auch nicht geltend gemacht, dass der mit den Beiträgen zur [X.] verbundene Schutz seiner Art nach (vgl. hierzu nur Senatsurteile vom 30. Juni 2015 - [X.], [X.]Z 206, 136, Rn. 14; vom 25. Juni 2013 - [X.], [X.]Z 197, 316 Rn. 26, jeweils mwN) nicht ebenso wie der mit der Hauptleistung verbundene Schutz den Erwerbsschaden umfasst, für den die Beklagte gegenüber der Geschädigten einzustehen hat.

III.

Da sich das Berufungsgericht bislang nur mit der Aktivlegitimation der Klägerin befasst und noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der auf die Klägerin übergegangene Anspruch der Geschädigten auf Ersatz ihres [X.] die von der Klägerin geltend gemachten Beitragsbeträge in vollem Umfang umfasst, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es ist sehr unwahrscheinlich, aber nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Erwerbsschaden der Geschädigten niedriger ist als das von der Klägerin gezahlte Arbeitslosengeld, nach dessen Höhe sich die Beiträge richten (vgl. etwa § 150 [X.]). Sollte dies der Fall sein, wäre der Ersatzanspruch entsprechend zu reduzieren.

[X.]     

        

Offenloch     

        

[X.]

        

Müller     

        

Allgayer     

        

Meta

VI ZR 437/18

17.09.2019

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Coburg, 19. Oktober 2018, Az: 32 S 21/18, Urteil

§ 145 Abs 1 S 1 SGB 3, § 335 Abs 2 S 4 SGB 3, § 335 Abs 5 SGB 3, § 116 Abs 1 S 1 SGB 10, § 116 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 10, § 1542 RVO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.09.2019, Az. VI ZR 437/18 (REWIS RS 2019, 3544)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 99-100 REWIS RS 2019, 3544

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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