Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. IX ZR 119/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15164

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030316UIXZR119.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IX ZR 119/15

Verkündet am:

3. März 2016

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 60; [X.] § 278
Der Insolvenzverwalter hat gegenüber den [X.] das Verschulden eines Rechtsanwalts, den er mit der Durchsetzung einer zur Masse gehörenden Forderung beauftragt hat, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes [X.].
[X.], Urteil vom 3. März 2016 -
IX ZR 119/15 -
LG Marburg

[X.]
-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
3. März 2016
durch [X.] [X.], die Richter
Prof. Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] Schopp-meyer

für Recht erkannt:

Auf die
Revision
des [X.]
wird
das Urteil
der 5. Zivilkammer des [X.] vom 19. Mai 2015
aufgehoben.

Die Sache
wird
zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der beklagte
Rechtsanwalt
war Verwalter in dem am 5. März 2009 eröff-neten und am 9. August 2013 aufgehobenen Insolvenzverfahren über das Ver-mögen des M.

B.

. Der Kläger hatte in diesem Verfahren eine Forderung in Höhe von 62.765,60

angemeldet, welche zur Tabelle festgestellt
und bei der Schlussverteilung
im Umfang
der festgesetzten Quote von 1,31 v.H.

berücksichtigt
wurde.

Der Kläger wirft dem Beklagten vor, eine zur Masse gehörende Forde-rung gegen B.

D.

(fortan: [X.])
in Höhe von 6.060,44

nebst Zinsen
nicht mit der gebotenen Beschleunigung eingezogen
und dadurch die Verteilungsmasse verkürzt
zu haben.
Dazu ist folgender Sachverhalt un-1
2
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3
-
streitig:
Die [X.] hatte
die Forderung
dem Beklagten gegenüber
an-erkannt und
Ratenzahlungen angeboten, die vereinbarten Raten aber nicht [X.]. Daraufhin beauftragte der Beklagte den
damals seiner Sozietät
ange-hörigen
Rechtsanwalt D.

[X.]

mit der Durchsetzung der Forderung. [X.] erwirkte am 4. Februar 2010 ein Versäumnisurteil, aus dem er zunächst vergeblich zu vollstrecken suchte.
Am 19. November 2010 fertigte er einen an das [X.] adressierten Antrag, der die
Eintragung von Zwangs-sicherungshypotheken auf näher bezeichneten unbelasteten Grundstücken der [X.]
zum Gegenstand hatte. Eine Sachstandsanfrage vom 18. März 2011 ergab, dass der Antrag nicht
beim [X.] eingegangen war. Rechtsanwalt [X.]

fertigte einen weiteren
Antrag vom
21. März
2011, der zur Eintragung der Zwangssicherungshypotheken führte. Die [X.]
ver-starb am 19. April 2011. Am 26. Mai 2011 wurde das Nachlassinsolvenzverfah-ren über ihr Vermögen eröffnet. Der Verwalter im Nachlassinsolvenzverfahren focht die Eintragung der Zwangssicherungshypotheken an, worauf der Beklagte deren Löschung bewilligte und die Forderung gegen die [X.]
zur Tabelle anmeldete. Das Nachlassinsolvenzverfahren
über das Vermögen der [X.]
ist noch nicht beendet.

Der Kläger, dessen Forderung 40,772672 v.H. aller zur Tabelle festge-stellten Forderungen
ausmacht, meint, ihm sei aus diesem Vorgang ein Scha-Weiteren Schadensersatz in Höhe von 13,94

langt er
wegen Vollstreckungskosten, die gegebenenfalls aus der e-gen der höheren Verwaltervergütung, die auf die
nachlässige Führung der In-solvenzverwaltung zurückzuführen sei. Wegen der Einzelheiten der Schadens-berechnung wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug ge-nommen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des 3
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4
-
[X.], mit welcher er die Zahlungsansprüche Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus einer etwaigen Nachtragsverteilung weiter verfolgt hat, hat
das Berufungsgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Ansprüche

nach Maßgabe des im Beru-fungsverfahren gestellten Antrags
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I.

Die Revision
ist unbeschränkt zugelassen worden. Der Tenor spricht [X.] Beschränkung aus. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt, ohne zwischen den drei Teilforderungen zu unterscheiden,
als derzeit unbegründet abgewiesen.
Die Urteilsgründe lassen
nicht erkennen, dass das Berufungsge-richt die Zulassung auf einen der drei erhobenen Ansprüche beschränken [X.].

II.

Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist der Kläger prozessführungsbe-fugt.

1. Der Kläger wirft dem Beklagten vor,
die Insolvenzmasse pflichtwidrig verkürzt, nämlich
eine Forderung des Insolvenzschuldners nicht zur Masse ge-4
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-
zogen und die Masse durch unnötige Kosten und Gebühren verringert
zu ha-ben. Wird durch ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters die Masse ge-schmälert, handelt es sich um einen Schaden, welcher der [X.] fällt und durch Zahlung in die Masse auszugleichen ist
(§ 92
[X.]). Ein derartiger Gesamtschaden kann nicht durch einen einzelnen Gläubi-ger eingeklagt werden. Dies wäre mit dem Grundsatz der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung nicht zu vereinbaren. Das der [X.] zugewiesene Verwaltungs-
und Verfügungsrecht muss durch einen Sonderverwalter oder neu
bestellten Verwalter geltend gemacht werden. Die Verkürzung der Masse schmälert allerdings regelmäßig zugleich auch die Divi-dende (Quote) eines jeden Insolvenzgläubigers. Der Quotenschaden ist jeweils ein Einzelschaden. Der Anspruch auf Ersatz des [X.] steht jedem an der Verteilung der Masse teilnehmenden Insolvenzgläubiger selbst und nicht der Gemeinschaft der Insolvenzgläubiger
zu ([X.], Urteil vom 22. April 2004
-
IX ZR 128/03, [X.]Z 159, 25, 26 f; Beschluss vom 14. Mai 2009 -
IX ZR 93/08, [X.], 1982 Rn. 7). Während der Dauer des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzgläubiger seinen Quotenschaden jedoch nicht durchsetzen; ihm fehlt die Einziehungs-
und Prozessführungsbefugnis ([X.], Urteil vom 22.
April 2004, aaO S. 29). Erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann
der einzelne Gläubiger Schadensersatz in Höhe der auf ihn entfallenden Quote verlangen
([X.], Urteil vom 22. April 2004, aaO S.
28; Beschluss vom 14. Mai 2009, aaO; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 92 Rn. 25;
MünchKomm-[X.]/
[X.]/[X.], 3. Aufl., §
92 Rn. 5;
vgl. auch [X.], Urteil vom 22. Februar 1973 -
VI [X.], [X.], 642, 644).

2. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des M.

B.

ist mit Beschluss vom
9. August 2013 aufgehoben worden. Soweit eine
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-
Nachtragsverteilung vorbehalten wurde, bezieht sie sich nicht auf den hier ver-folgten Anspruch.

a) Der Beschluss vom 9. August 2013
stand unter dem Vorbehalt der Nachtragsverteilung des Erlöses aus der Anmeldung der Forderung des Schuldners
gegen die [X.] im Insolvenzverfahren über deren Nach-lass. Soweit
die Nachtragsverteilung vorbehalten
wird, besteht der [X.] auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort (vgl. [X.], [X.] vom 26. Januar 2012 -
IX [X.], [X.], 366 Rn. 16). Der [X.] behält insoweit die alleinige Verwaltungs-
und Verfügungsbefug-nis einschließlich der Prozessführungsbefugnis (vgl. [X.], Urteil vom 22. [X.] 1973 -
VI [X.],
[X.], 642, 644; Urteil vom 10. Februar 1982
-
VIII ZR 158/80, [X.]Z 83, 102, 103;
Schmidt/[X.], [X.], 19. Aufl., §
203 Rn. 12; [X.]/[X.], aaO § 203 Abs. 16; [X.]/[X.], [X.], § 203 [X.]). Der Schuldner ist nicht berechtigt, über den betreffenden Gegen-stand zu verfügen. Ziel der [X.] ist es, auch die zurückbehal-tenen Beträge, die Beträge, die zur Insolvenzmasse zurückfließen, und die nachträglich ermittelten Gegenstände gleichmäßig unter die Insolvenzgläubiger zu verteilen. Dem widerspricht es, dem Schuldner
zwischenzeitlich die Verfü-gungsbefugnis über die der [X.] unterliegenden Beträge zu überlassen. Ist die Verteilung noch nicht abgeschlossen, gilt auch die Ein-schränkung des § 92 [X.] fort.

b) Nur diejenigen Massegegenstände bleiben jedoch beschlagnahmt, auf die sich der Vorbehalt bezieht. Der [X.] hat bereits entschieden, dass wegen der [X.] und des
Übergangs
der Verwaltungs-
und Verfü-gungsbefugnis auf den Verwalter die Gegenstände, auf die sich die Anordnung der Nachtragsverteilung
bezieht, ausreichend bestimmt bezeichnet werden 9
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-
müssen ([X.], Beschluss vom 12. Februar 2015 -
IX [X.], Z[X.] 2015, 634 Rn. 2). Gleiches gilt für den Vorbehalt einer Nachtragsverteilung.
Auch er gilt nicht allgemein für das gesamte zur Masse gehörende Schuldnervermögen, sondern nur für den im Aufhebungsbeschluss bezeichneten [X.]. Das ist hier der
Anspruch gegen die [X.]. Der
Anspruch aus § 60 Abs. 1 [X.] gegen den
Beklagten, den der Kläger geltend macht, ist nicht vor-behalten worden.
Teilweise, nämlich hinsichtlich des Anspruchs gegen die [X.], hat also
eine Nachtragsverteilung stattzufinden, teilweise, nämlich hinsichtlich des (behaupteten) Anspruchs gegen den Beklagten, bleibt die Gel-tendmachung den Gläubigern überlassen. Das ist jedoch die Folge der Aufhe-bung des Insolvenzverfahrens, mit welcher die Verwaltungs-
und Verfügungs-befugnis des Verwalters grundsätzlich ebenso endet wie die Einschränkung des §
92 [X.].

III.

Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Begründetheit der Klage nicht verneinen.

1. Das Berufungsgericht
hat
ausgeführt: Der Beklagte habe seine [X.] verletzt, weil er Rechtsanwalt [X.]

, der den Antrag auf [X.] entweder zu spät gestellt oder das Schicksal eines früher gestellten Antrags nicht verfolgt habe, nicht hinreichend überwacht habe. Dazu habe jedoch Anlass bestanden, nachdem der Kläger auf den Grundbesitz der [X.] hingewiesen habe. Solange das Nachlassinsolvenzverfah-ren über das Vermögen der [X.] noch nicht abgeschlossen sei, sei jedoch kein Schaden entstanden. Ein Rechtsschutzinteresse für eine Feststel-lungsklage bestehe gleichfalls nicht, weil die Verjährung des Schadensersatz-11
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anspruchs aus § 60 [X.] gemäß § 62 [X.] erst mit dem Entstehen des [X.] beginne;
das sei bisher nicht der Fall.

2. Diese Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Klage insge-samt als derzeit unbegründet abgewiesen hat,
halten einer rechtlichen Überprü-fung
in einem wesentlichen Punkt nicht stand.

a) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejaht. Für diese hat der Beklagte gemäß §
278 [X.] einzustehen.

aa) Der Insolvenzverwalter ist den [X.] gegenüber zur bestmöglichen Erhaltung und Verwertung der Insolvenzmasse verpflichtet ([X.], Urteil vom 28. Oktober 1993 -
IX ZR 21/93, [X.], 33, 38, insoweit in [X.]Z 124, 27 nicht abgedruckt; vom 16. Juli 2015 -
IX [X.], [X.], 1644 Rn. 8). Dazu gehört es, zur Masse gehörende Forderungen des [X.] gegen Dritte geltend zu machen und erforderlichenfalls mit den Mitteln des Rechts durchzusetzen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2015, aaO).

bb) Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt.

(1) Entgegen der
Ansicht der Vorinstanzen hat
der Beklagte seine ihm gegenüber den [X.]
aus der Insolvenzordnung
obliegende Pflicht, die Forderung gegen die [X.] einzuziehen,
nicht bereits dadurch erfüllt, dass er
insoweit
den Rechtsanwalt [X.]

einschaltete.
Der In-solvenzverwalter
kann sein Amt als solches weder ganz noch teilweise
auf eine andere Person
übertragen; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut. [X.] Handlungen darf er nur persönlich vornehmen. Dazu gehören
etwa die Führung eines Anfechtungsprozesses, die Aufnahme 13
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15
16
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-
9
-
eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits
oder sonstige
Entschei-dungen
über die Art der
Sammlung und
Verwertung
der Masse
(vgl. [X.], [X.] vom 19. September 2013 -
IX AR (VZ) 1/12, [X.]Z 198, 225 Rn. 9). Die Übertragung von Aufgaben an Mitarbeiter oder Dritte, etwa an einen Rechtsan-walt, wird durch den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des Amtes zwar nicht ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 5 [X.] setzt gerade voraus, dass
zur Verwaltung gehörende Tätigkeiten angemessenerweise einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer, einem Steuerberater oder anderen Fachleuten über-tragen werden können. Der Verwalter erfüllt die ihm
obliegenden insolvenzspe-zifischen Pflichten
jedoch nicht
ohne weiteres durch die Einschaltung dieser Fachleute.

(2) Pflichtverletzungen, welche dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt
[X.]

bei der Einziehung der Forderung unterlaufen sind, werden dem [X.] zugerechnet. Der Verwalter hat gemäß § 278 [X.] für Pflichtverletzungen
einzustehen, die ein beauftragter Fachmann bei der Erfüllung insolvenzspezifi-scher Pflichten
begeht.

(a) Die Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 278 [X.] sind erfüllt. Die Vorschrift des § 278 [X.] lässt dann eine Zurechnung des Verschuldens Dritter zu, wenn der Schuldner sich dieser Personen zur Erfüllung seiner [X.] bedient. Zwischen ihm und dem Geschädigten muss bereits im Zeitpunkt der fraglichen Handlung eine aus Vertrag oder Gesetz herrührende Sonderverbindung bestanden haben ([X.], Urteil vom 8.
März 1951 -
III ZR 65/50, [X.]Z 1, 248, 249 f; vom 7. März 1972 -
VI [X.], [X.]Z 58, 207, 212;
RGRK/[X.], [X.], 12. Aufl., § 278 Rn. 16;
MünchKomm-[X.]/[X.], 7.
Aufl., § 278 Rn. 15). Der Schuldner soll sich der Haftung für Pflichtverletzun-gen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt ([X.], Urteil 18
19
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10
-
vom 27. Juni 1985 -
VII ZR 23/84, [X.]Z 95, 128, 132). Zwischen dem [X.] und den Beteiligten des Insolvenzverfahrens, denen gegenüber ihm die Insolvenzordnung insolvenzspezifische Pflichten auferlegt, besteht eine derartige gesetzliche Sonderverbindung.
Unter der Geltung der Konkursord-nung hat der [X.] daher § 278 [X.] angewandt, wenn der [X.] sich zur Erfüllung seiner Pflichten anderer Personen bediente
([X.], Ur-teil vom 21. März 1961 -
VI [X.], [X.], 511, 512; vom 17. Januar 1985 -
IX ZR 59/84, [X.]Z 93, 278, 284; vom 19. Juli 2001 -
IX ZR 62/00, [X.], 1605, 1606). Nichts anderes gilt für diejenigen Pflichten, welche die In-solvenzordnung dem Verwalter gegenüber den Beteiligten des Insolvenzverfah-rens auferlegt.
Der Verwalter ist den [X.] zur Sammlung und Verwertung der Masse verpflichtet, damit auch zur Einziehung von zur Masse gehörenden Forderungen.
Bedient er sich dabei einer Hilfsperson, hat er für deren Pflichtverletzung und
deren
Verschulden
grundsätzlich
nach § 278 [X.]
einzustehen.
Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht jetzt § 60 Abs. 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter unter bestimmten Voraussetzungen dann, wenn er Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzt, nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich; § 278 [X.] ist nicht anwendbar. Das heißt im [X.], dass § 278 [X.] für sonstige Hilfspersonen grundsätzlich an-wendbar ist.

(b) Unanwendbar ist § 278 [X.] allerdings insoweit, als dem Schuldner nur die Auswahl einer sachkundigen Person, nicht aber die Erfüllung der [X.] selbst obliegt (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1992 -
III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705). So liegt der Fall hier nicht. Der Verwalter darf Hilfspersonen einsetzen, hat seine Verwalterpflichten damit aber nicht erfüllt.

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(c) Eine Beschränkung der Haftung auf Auswahl und Überwachung der Hilfsperson hat der
[X.]
darüber hinaus
in einem Fall
vorgenom-men,
in welchem es nicht um (seinerzeit) konkursspezifische Verbindlichkeiten einem Konkursbeteiligten gegenüber ging, sondern um die Erfüllung der aus der Abgabenordnung folgenden steuerlichen Verpflichtungen
des Verwalters
([X.], Urteil vom 29. Mai 1979 -
VI [X.], [X.]Z 74, 316, 321).
In der Kommentarliteratur ist aus dieser Entscheidung
vielfach der Schluss gezogen worden, dass der Verwalter bei Zuziehung
einer sachkundigen Person (§
5 [X.])
unabhängig davon stets
nur für Fehler bei der Auswahl und Überwa-chung haftet, um welche Verwalterpflichten es sich jeweils handelt
(vgl. etwa
[X.]/[X.], [X.], § 60 Rn. 124;
Schmidt/[X.], [X.], 19. Aufl., §
60 Rn.
49;
[X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 60 Rn. 99; [X.] in [X.]/[X.]/
Ringstmeier, [X.], 2. Aufl., § 60 Rn. 36; [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 60 Rn.
33; vgl. auch [X.],
Z[X.] 2009, 2296). Auf diese Weise könne
eine Begrenzung der Verwalterhaftung erreicht werden, die angesichts der Vielzahl und Komplexität der [X.] sachgerecht erscheine ([X.]/[X.], aaO).

Eine Einschränkung der Haftung des Verwalters kann nicht allein an den Tatbestand der Einschaltung einer sachkundigen Person anknüpfen. Das ist offensichtlich, soweit es um Verwalterpflichten geht, die
unbeschadet etwaiger Zu-
und Hilfsarbeiten von Mitarbeitern
nur höchstpersönlich erfüllt werden [X.], etwa die Berichtspflichten
gegenüber dem Insolvenzgericht, der [X.] und dem Gläubigerausschuss gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2, §§
69, 79, 152, 156 [X.], die Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach §
218 [X.] auf einen entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung hin und die Rechnungslegung nach § 66 [X.]
([X.], Beschluss vom 19. Sep-tember 2013 -
IX AR (VZ) 1/12, [X.]Z 198, 225 Rn. 9).
Aber auch im Übrigen 21
22
-
12
-
kann der Verwalter seine Verantwortung nicht auf einen beauftragten Selbstän-digen verlagern. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts zum Forderungseinzug schränkt auch dann, wenn sie im Sinne von § 5 [X.] angemessen
oder im Hinblick auf den Anwaltszwang vor den Zivilgerichten (§ 78 ZPO) sogar erfor-derlich
ist, die Verantwortung des Verwalters nicht ein. Der Forderungseinzug gehört im Hinblick auf den
Übergang des Verwaltungs-
und Verfügungsrechts gemäß
§ 80 [X.] sowie auf das Verbot der [X.] gemäß §
89 [X.] zu den Kernpflichten des Verwalters. Bei Fehlern des Anwalts, [X.] die Masse geschädigt haben, kann der Verwalter diesen auf [X.] in Anspruch nehmen. Das wäre auch im vorliegenden Fall möglich und geboten gewesen; der Schadensersatzanspruch gegen Rechtsanwalts [X.]

persönlich und/oder gegen die Kanzlei, welcher er angehörte und für welche er im Zweifel auch den Anwaltsvertrag geschlossen hatte, war Bestandteil der Masse und hätte durchgesetzt werden müssen. Dass der Beklagte diesen [X.] nicht geltend gemacht hat, stellt eine weitere, hier allerdings nicht streit-gegenständliche Pflichtverletzung dar.

(3) Dem
vom Beklagten beauftragten
Rechtsanwalt [X.]

fällt ein schuldhaftes Fehlverhalten zur Last. Er
hat
die Forderung
gegen die [X.]
zwar
mit Versäumnisurteil vom 4. Februar 2010
titulieren lassen und Vollstreckungsversuche unternommen. Die Eintragung der [X.]en hat er jedoch nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrie-ben. Der Antrag vom 29. November 2010 wurde nicht abgesandt, ging nicht beim zuständigen Vollstreckungsgericht ein oder wurde dort nicht bearbeitet. Wenn der
Fehler zunächst nicht beim Rechtsanwalt, sondern beim Gericht ge-legen hätte, würde dies ihn
nicht entlasten. Seine Aufgabe war mit der [X.] nicht erledigt. Vielmehr hätte er eine kurze Wiedervorlagefrist notieren und bei
Gericht nachfragen müssen, ob der Antrag vorlag und bearbei-23
-
13
-
tet wurde. Dies ist unterblieben. Die Vertreterin des Beklagten hat in der münd-lichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt, der Handakte lasse sich nicht entnehmen, ob der Antrag überhaupt abgeschickt worden war. Die Titel, die mit dem Antrag zusammen einzureichen gewesen wären, lagen noch in der Akte. Dazu, ob eine Wiedervorlagefrist notiert worden war, konnte die [X.] ebenfalls keine Auskunft geben. Die Sachstandsanfrage vom 17. März 2011 war jedenfalls zu spät; wäre der Antrag auf Eintragung der [X.] überhaupt erst am 18. März 2011 gestellt worden, wäre dies ebenfalls deutlich zu spät gewesen, nachdem Rechtsanwalt [X.]

bereits seit Monaten von den
unbelasteten Grundstücken
der [X.]
wusste.

b) Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen
Vorbringen des [X.] ist durch den nachlässigen Forderungseinzug auch ein Schaden entstanden.

aa) Hätte Rechtsanwalt [X.]

den Antrag am 29. November 2010 pflichtgemäß
beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingereicht und über-wacht, wären die Sicherungshypotheken noch im Dezember 2010 eingetragen worden. Der Verwalter im Insolvenzverfahren über den Nachlass der [X.] hätte sie nicht mehr anfechten können, weil die Eintragung außer-halb der Dreimonatsfrist der §§ 130, 131 [X.] erfolgt wäre. Eine Anfechtung nach § 133 [X.] wäre wegen einer fehlenden [X.] aus [X.] nicht in Betracht gekommen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Februar 2005
-
IX ZR 211/02, [X.]Z 162, 143, 147 ff; vom 10. Dezember 2009 -
IX ZR 128/08, [X.], 360 Rn. 6).
Der Beklagte hätte wegen der Forderung gegen die [X.] die abgesonderte Befriedigung aus den belasteten [X.] verlangen können (§ 49 [X.]).
Die Masse hätte sich um denjenigen Betrag erhöht, der bei der Zwangsvollstreckung in die Grundstücke erzielt [X.] wäre. Nach der allerdings bestrittenen Behauptung des [X.] hätte es 24
25
-
14
-

der Masse
gegen die [X.]
auch nach Abzug der Kosten
vollständig
befriedigt
worden
wä-re.
Bei der Schlussverteilung
hätte dann der vom Kläger errechnete Betrag zu-sätzlich an die Gläubiger ausgekehrt werden können.

bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts
ist
der Schaden des [X.] bereits eingetreten. Die Möglichkeit, dass die Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens
über den Nachlass der [X.]
noch ganz
oder teilweise befriedigt werden könnte, schließt einen gegenwärtigen Schaden nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] entsteht ein Schaden dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen objektiv ver-schlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht
abschließend
beziffert werden können. Es muss auch nicht feststehen, dass die [X.] bestehen bleibt und damit endgültig wird
([X.], Urteil vom 25. April 2013
-
IX ZR 65/12, [X.], 1081 Rn. 10; vom 16.
Juli 2015 -
IX
ZR 197/14, [X.], 1622 Rn.
76). Der Gesamtschaden
der Masse
ist
ebenso wie der [X.] jedes Gläubigers
bereits
in dem Zeitpunkt entstanden, in welchem der Beklagte die an den Grundstücken der [X.] eingetragenen Zwangs-sicherungshypotheken freigeben musste.
Die Masse hat damit unwiderruflich Rechte verloren, die ihr bis dahin zugestanden hatten.
Eine abgesonderte Be-friedigung wegen des Anspruchs gegen die [X.] kam von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in Betracht.

IV.

Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzu-heben
(§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, 26
27
-
15
-
wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen
(§ 563 Abs. 1 ZPO).
Dieses wird sich
insbesondere
mit der Schadenshöhe zu befassen haben. Der Beklagte hat den Vortrag des [X.], welcher Erlös bei einer Zwangsversteigerung erzielt worden
wäre, bestritten und darauf verwiesen, dass der Verwalter im Insolvenzverfahren über den Nachlass der [X.] bei der Verwertung der Grundstücke nur einen . Zu prüfen sein wird weiterhin, ob die Gebühren worden wären und ob das Insolvenzverfahren gegebenenfalls früher hätte [X.] werden können. Der Kläger hat die Abtretung etwaiger Ansprüche aus der Nachtragsverteilung angeboten

255 [X.]).

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Schoppmeyer
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.04.2014 -
6 [X.] (2) -

LG Marburg, Entscheidung vom 19.05.2015 -
5 [X.]/14 -

Meta

IX ZR 119/15

03.03.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.03.2016, Az. IX ZR 119/15 (REWIS RS 2016, 15164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15164

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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