Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2011, Az. VIII ZR 17/09

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4819

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 17/09
Verkündet am:

13. Juli 2011

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 89b Abs. 1 Satz 1
a)
Der Annahme eines bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Handels-vertreters (Vertragshändlers) berücksichtigungsfähigen Stamm-
oder Mehrfach-kundengeschäfts steht es nicht entgegen, wenn der Folgekauf durch den [X.] oder einen nahen Angehörigen des [X.] erfolgt. Einer häuslichen [X.] zwischen dem Erst-
und dem Zweitkäufer bedarf es hierfür nicht (Fort-führung von [X.], Urteil vom 5. Juni 1996 -
VIII
ZR 7/95, NJW 1996, 2302 unter [X.] a).
b)
Ein für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters ([X.]) zu berücksichtigendes Neuwagengeschäft liegt auch dann vor, wenn das Fahrzeug zwar nicht fabrikneu im Sinne der Rechtsprechung des Se-nats (Urteil vom 7. Juni 2006 -
VIII
ZR 180/05, [X.], 2008 Rn.
10 f. mwN), aber nicht gebraucht ist.

-
2 -
c)
Bei der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Nr. 3 HGB aF (§
89b Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 HGB nF) kann ausgleichsmindernd berücksichtigt werden, dass der vormalige Vertragshändler einen Vertragswerkstattbetrieb fortführt und damit die Möglichkeit behält, seinen Kundenstamm weiter zu nutzen (Fortführung von [X.], Urteil vom 27. Februar 1981 -
I
ZR 39/79, [X.], 832 unter [X.] mwN).
[X.], Urteil vom 13. Juli 2011 -
VIII ZR 17/09 -
OLG [X.]/Main

LG [X.]/Main

-
3 -
Der VIII.
Zivilsenat des [X.]s hat im schriftlichen Verfahren
ge-mäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 6. Juli 2011
durch den
Vor-sitzenden Richter [X.], die Richterinnen Dr.
Milger, Dr.
[X.] und
Dr.
[X.] sowie [X.]
Bünger
für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Kartellsenats des [X.]s [X.] am Main vom 16. Dezember 2008
im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben,
als
darin die [X.] betreffend den Ausgleichsanspruch der Klägerin in Höhe von nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Im
Umfang der Aufhebung wird die Sache
zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisions-
und des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwie-sen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin war seit vielen Jahren als Vertragshändlerin der [X.] tätig. Nach einer ordentlichen Kündigung durch die Beklagte zum 31. Oktober 2002 einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Vertragsverhältnisses zum 31. Dezember 2002.
Die Klägerin schloss
mit der [X.] zum 1. Januar 2003 einen Vertragswerkstattvertrag, der einvernehmlich zum 30.
Juni 2004 aufgelöst wurde.
1

-
4 -
Am 13. Februar 2003 vereinbarte die Klägerin mit der A.

K.

, einer Vertragshändlerin der [X.], dass
die Klägerin für die A.

K.

den Ver-kauf von [X.]n
vermitteln und dafür von dieser eine Provision erhalten solle.
Die Klägerin bewarb in der Folgezeit [X.].
Mit der Klage hat die Klägerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, einen Ausgleichsanspruch
analog §
89b HGB
in Höhe von

nebst Zinsen geltend gemacht.
Das [X.] hat die Beklagte

f-rechnung zur Zahlung von nebst Zinsen
verurteilt und die weiter-gehende Klage abgewiesen.
Das [X.] hat die Berufung der Klä-gerin zurückgewiesen und auf die Berufung der [X.] deren Zahlungsver-pflichtung -

g-reichen Hilfsaufrechnung
-
auf einen Betrag von

bst Zinsen her-abgesetzt. Dagegen richtet sich die vom [X.] beschränkt zugelassene [X.] der Klägerin, mit der diese einen weiteren Ausgleichsanspruch nur noch in

nebst Zinsen
geltend macht.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der Klägerin stehe analog § 89b Abs. 1 HGB ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte zu. Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwen-2
3
4
5
6

-
5 -
dung dieser Bestimmung auf die Klägerin als Vertragshändlerin seien im Beru-fungsverfahren ebenso wenig
in Frage gestellt worden
wie die rechtzeitige [X.] auch
lägen keine Ausschlussgründe
nach §
89b Abs.
3 Nr.
1 und 2 HGB
vor.
Die Klägerin habe im letzten Vertragsjahr 21 Neufahrzeuge an [X.] verkauft. Aus diesen [X.] errechne sich
für das letzte Vertragsjahr eine
Stammkundenprovision (individueller Rohertrag ohne Boni)
von 20.431,49

Die von der [X.] bei [X.] gewährten Großabnehmerzuschüsse, Mietwagenzuschüsse und Verkaufsprä-mien in Höhe von 33.600,08

seien hinzuzurechnen, da diese einem berück-sichtigungsfähigen Provisionsverlust gleichkämen. Für das letzte Verkaufsjahr ergebe sich damit für [X.] ein individueller Rohertrag ein-schließlich Zusatzleistungen von 54.031,57

Aus diesem Betrag seien zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit der Vermittlungsprovision eines Handelsvertreters die Rabattbestandteile herauszu-rechnen, die
der Händler als Gegenleistung für händlertypische Tätigkeiten und Risiken erhalte. Dazu sei der gesamte
Rohertrag
einschließlich [X.] um 29 %
zu reduzieren. Weiter sei ein Abschlag für die verwaltende, ver-mittlungsfremde Tätigkeit des Handelsvertreters und damit auch des Händlers in Höhe von 2,5 % der unverbindlichen Preisempfehlung zu den [X.] vorzunehmen. Danach

Da das letzte Vertragsjahr keinen atypischen Verlauf genommen habe, könne es als Basis für die Hochrechnung auf einen Prognosezeitraum von fünf Jahren dienen.

äß §
89b Abs.
1 Satz
1 Nr.
3 HGB (aF)
aus Billigkeitsgründen um
45 % herabzusetzen. Hiervon 7
8
9
10

-
6 -
entfielen 25 % auf die Sogwirkung der Marke. Ein weiterer Abschlag von 5
% sei vorzunehmen, weil die
Klägerin nach Beendigung ihrer [X.] als Vertragswerkstatt der [X.] tätig gewesen sei. Ihr seien hier-durch Vorteile aus dem von ihr geworbenen Kundenstamm erhalten geblieben. Eine weitere Kürzung um 5
% erscheine billig, da die Klägerin auch nach der Beendigung ihres Vertragshändlervertrags mit
der [X.] im Rahmen ihrer Tätigkeit für die A.

K.

weiterhin [X.] beworben habe und insoweit ihre bisherigen Kundenkontakte habe weiternutzen sowie Provisionen erzielen können.
Letztlich sei der Ausgleichsanspruch im Hinblick darauf
um 10
% herabzusetzen, dass
ein nicht unerheblicher Teil der Mehrfachkundenge-schäfte
mit der [X.]

S.

Autovermietung zustande gekom-men sei. Diese
sei zwar rechtlich selbständig, aber mit der Klägerin verbunden, weil Inhaber des Mietwagenunternehmens der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin sei. Angesichts dieser Verbindung könne nicht davon ausgegan-gen werden, dass die Zahl der Geschäfte zwischen der

S.

Autover-mietung und der [X.] im Prognosezeitraum unverändert hoch geblieben sei.
Nach Abzinsung und unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer verbleibe ein Betrag von 68.316,der sich durch die
in Höhe von 3.294,26

g-

II.
Diese Beurteilung hält
rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten
stand.
Die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist nicht frei von [X.].

11
12

-
7 -
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Voraus-setzungen einer analogen Anwendung des § 89b HGB auf die Klägerin als ehemalige Vertragshändlerin
der [X.]
vorliegend erfüllt sind
(vgl. [X.]s-urteile vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, NJW-RR 2010, 1263 Rn. 15 mwN; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, NJW 2011, 848 Rn. 17,
und VIII
ZR 210/07, NJW-RR 2011, 389 Rn.
18),
der Anspruch nicht nach § 89b Abs. 3 HGB ausgeschlossen ist
(vgl. [X.]surteil vom 16. Februar 2011 -
VIII
ZR 226/07, [X.], 620
Rn.

14 ff.) und fristgemäß (§
89b Abs. 4 HGB) geltend gemacht wurde.
2. Frei von [X.] ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] flössen aus der Geschäftsverbindung mit von der Klägerin neu geworbenen Kunden auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebli-che Vorteile zu (§
89b Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 HGB, vgl. hierzu [X.]surteile
vom 13.
Januar 2010 -
VIII
ZR
25/08, aaO Rn. 16
ff.; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 18 ff.,
und [X.], aaO Rn. 19
ff.). Hierbei hat das Be-rufungsgericht zutreffend nur die Vergütungen berücksichtigt, die die Klägerin im letzten Vertragsjahr für Umsätze mit von ihr während der Vertragslaufzeit neu geworbenen Stammkunden erhalten hat (vgl. [X.]surteile
vom 12. Januar 2000 -
VIII
ZR 19/99, NJW 2000,
1413 unter [X.] mwN; vom 13.
Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 16; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 210/07, aaO Rn.
19). Allerdings sind -
wie die Revision zutreffend geltend macht
-
dem Beru-fungsgericht
bei der Bestimmung der Anzahl der in diesem Zeitraum von der Klägerin getätigten Neuwagenverkäufe an Stammkunden
Rechtsfehler unter-laufen.
a) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Ein-stufung des Geschäfts Nr. 4 (Kunde P.

) als Stammkundengeschäft nicht verneint werden.
13
14
15

-
8 -
Das Berufungsgericht hat den Kunden P.

nicht als Stammkunden gewertet, weil die Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, dass der maßgeb-liche [X.] -
wie sie behaupte
-
am 17. Februar 1997 und damit weniger als fünf Jahre vor dem Folgekauf am 7. Februar 2002 erfolgt sei. Nach den [X.] Geschäftsbedingungen der Klägerin komme ein Kaufvertrag zustande, wenn die Klägerin das Angebot des Kunden entweder durch eine schriftliche Auftragsbestätigung innerhalb der vierwöchigen Bindungsfrist oder durch Aus-lieferung des Fahrzeugs angenommen habe. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin, dessen Richtigkeit unterstellt werde, habe der Kunde P.

beim Erstkauf keine schriftliche Auftragsbestätigung erhalten. Damit müsse der Vertrag durch Auslieferung des Fahrzeugs geschlossen worden sein. Es könne aber nicht beurteilt werden, ob die Auslieferung am 17. Februar 2002 noch innerhalb der Bindungsfrist erfolgt sei, da die Klägerin das Datum der Auftragserteilung durch den Kunden nicht genannt habe. Wenn
die Auslie-ferung nicht innerhalb der
Bindungsfrist erfolgt
wäre, wäre
der Vertrag nicht zu-stande gekommen und der Kunde hätte die Abnahme des [X.] können.
Diese Ausführungen halten
rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Be-rufungsgericht ist bei seiner Beurteilung zwar zu
Recht davon ausgegangen, dass zur Annahme einer Stammkundeneigenschaft von Kunden eines Kraft-fahrzeug-Vertragshändlers in der Regel eine Nachbestellung innerhalb von fünf Jahren nach dem Erstkauf erforderlich ist ([X.]surteil vom 26. Februar 1997 -
VIII
ZR 272/95, [X.] 1997, 852 unter C
I 1 a aa; [X.], Urteil vom 2. Juli 1987 -
I
ZR 188/85, [X.], 1462 unter [X.] b).
Es hat aber verkannt,
dass
vor-liegend
eine wegen Ablaufs der vierwöchigen Bindungsfrist möglicherweise verspätete Annahme der Klägerin im Wege der
Auslieferung des Fahrzeugs gemäß §
150 Abs. 1 BGB als neues Angebot zu sehen wäre, welches jedenfalls durch die Entgegennahme
durch den Kunden am 17. Februar 1997
-
und damit 16
17

-
9 -
innerhalb des maßgeblichen Fünfjahreszeitraums
-
angenommen worden wäre. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der Klägerin, die einen Vertrags-schluss im Wege des Angebots durch den Kunden und der fristgebundenen Annahme durch die Klägerin vorsehen, stehen dem nicht entgegen. Das von der Klägerin behauptete Geschehen, von dem im
Revisionsverfahren mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen ist, ist als konkludente Individualabrede zu qualifizieren, die nach § 305b BGB Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat
(vgl.
[X.]/[X.], 5. Aufl., § 305b Rn. 5 mwN).
b) Von [X.] beeinflusst ist weiter die Auffassung des [X.], das Geschäft Nr. 72 (Kunde

[X.]

) sei nicht als [X.]geschäft zu qualifizieren, da die Klägerin nicht hinreichend vorgetragen habe,
dass der
den Erstkauf tätigende
Sohn des Folgekäufers nicht nur die gleiche Rechnungsanschrift habe wie sein Vater, sondern auch mit diesem in häuslicher Gemeinschaft lebe.
Das Berufungsgericht hat insoweit zu hohe Anforderungen an das [X.] der Stammkundeneigenschaft gestellt. Der [X.] hat entschieden, dass ein berücksichtigungsfähiger Mehrkundenverkauf auch dann vorliegt, wenn das zweite Fahrzeug auf den
Ehegatten oder einen
nahen Angehörigen des Käufers des Erstfahrzeugs
zugelassen wurde, da derartige Gestaltungen in erster Linie durch steuerliche oder versicherungsrechtliche Überlegungen bestimmt seien (vgl. [X.]surteil vom 5. Juni 1996 -
VIII
ZR 7/95, NJW 1996, 2302 unter [X.] a).
Diese im Bereich der Zulassung angenommene Privilegierung des
besonde-ren [X.] lässt sich übertragen auf den Fall, dass nicht nur die Zu-lassung des zweiten Fahrzeugs auf den Ehegatten oder nahen Angehörigen erfolgt, sondern dieser bereits den Kaufvertrag über das Fahrzeug schließt. Denn
der Kaufentschluss des Nacherwerbers
kann
angesichts seiner engen 18
19

-
10 -
familiären Verbindung mit dem [X.] auf die dem Abschluss des [X.] mit diesem
vorangegangene Tätigkeit des Vertragshändlers zurückzufüh-ren sein. Anders als das Berufungsgericht meint, ist hierfür
eine häusliche [X.] zwischen dem Erst-
und dem Zweitkäufer nicht erforderlich.
c) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann auch eine Qualifizierung des unter der [X.] (Kunde St.

) aufgeführten Geschäfts
als Stammkundengeschäft nicht verneint werden.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht hinrei-chend dargelegt, dass es um den Kauf eines Neufahrzeugs gegangen sei, da zwischen der Auslieferung des Fahrzeugs an die Klägerin und dessen Verkauf an den Kunden ein Zeitraum von über einem Jahr gelegen habe.
Das ist nicht richtig.
Zwar sind nach
der Rechtsprechung des [X.]s für die
Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur [X.] zu berücksichtigen ([X.]surteil vom 5. Juni 1996 -
VIII
ZR 141/95, NJW 1996, 2298 unter [X.]). Ein Neuwa-gengeschäft ist jedoch nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil zwischen der Auslieferung des Fahrzeugs an den Vertragshändler und dessen Verkauf an den Kunden ein Zeitraum von über einem Jahr liegt
und
das verkaufte Fahr-zeug somit bei Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr fabrikneu ist
(vgl. zu letz-terem [X.]surteil vom 7. Juni 2006 -
VIII
ZR 180/05, [X.], 2008 Rn. 10 f. mwN). Vielmehr kann von einem Neuwagengeschäft nur dann nicht mehr ge-sprochen werden, wenn
das Fahrzeug bereits gebraucht war.
3. Die
vom Berufungsgericht vorgenommene Reduzierung des [X.] der Klägerin um die händlertypischen Anteile
ist
in einem entscheidenden Punkt ebenfalls von [X.] beeinflusst.
20
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22
23

-
11 -
Das Berufungsgericht hat
in Übereinstimmung mit der [X.]srechtspre-chung ([X.]surteile
vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 28 mwN; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 29,
und [X.],
aaO Rn. 29) von den -
bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle der Provisionen eines Handelsvertreters tretenden
-
Händlerrabatten diejenigen Teile herausge-rechnet, die der Vertragshändler auf Grund seiner vom Handelsvertreter abwei-chenden Stellung für Leistungen erhält, die der Handelsvertreter nicht zu [X.] hat. Hierzu gehören Aufwendungen für die personelle und sächliche Ausstattung des Betriebs sowie für Werbung, Präsentation, Lagerhaltung und Vorführfahrzeuge. Das Berufungsgericht hat den Anteil für diese von ihm expli-zit benannten Aufwendungen rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegrif-fen mit
29 % des [X.] angesetzt (vgl. [X.]surteile
vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 44 ff.; vom 6. Oktober
2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn.
43,
und [X.], aaO Rn. 38).
Zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht die rechtsfeh-lerfrei ermittelte Quote von 29 % von dem Rohertrag der Klägerin einschließlich der Großabnehmer-
und
Mietwagenzuschüsse sowie Verkaufsprämien in [X.] gebracht hat. Denn bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs sind nur Entgeltleistungen, die für händlertypische Aufgaben gezahlt werden, außer Be-tracht zu lassen. Die genannten
Zuschüsse sind aber -
anders als die vom Händler gewährten Preisnachlässe selbst
-
nicht als händlertypisch einzuord-nen. Wenn das Berufungsgericht
nun den gesamten Rohertrag einschließlich der Zuschüsse um 29 % kürzt, setzt es sich damit in Widerspruch zu seiner rechtsfehlerfrei gewonnenen
Auffassung, die genannten Zuschüsse seien gera-de nicht als Entgelt für händlertypische Tätigkeiten gezahlt worden. Ein Abzug für händlertypische Aufgaben wäre bei diesen Zuschüssen daher nur gerecht-fertigt, wenn und soweit mit ihnen auch händlertypische Leistungen (Werbung, Vorführwagen, Ausstellungsraum, Einsatz geschulter Verkäufer) abgegolten 24
25

-
12 -
werden sollten
(vgl. [X.]surteile vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 49; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 44,
und [X.], aaO Rn. 39). Dass auch in diesen Zusatzleistungen jeweils ein Anteil für händ-lertypische Leistungen enthalten ist, der dem Verhältnis der -
konkreten Zwe-cken zugeordneten
-
Zusatzrabatte zum Gesamtrabatt (= 29 %) entspricht, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt (vgl. [X.]surteil vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO).
4. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, ist der nach [X.] der händlertypischen Vergütungsbestandteile verbleibende Händler-rabatt in einem weiteren Schritt um den Anteil zu reduzieren, den der Händler für solche Leistungen erhält, die ihm, wäre er Handelsvertreter, nicht als Entgelt für seine werbende (vermittelnde) Tätigkeit, sondern für "verwaltende"
(vermitt-lungsfremde) Tätigkeiten gezahlt würden. Diesen Anteil hat das Berufungsge-richt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach §
287 Abs.
2 ZPO auf 2,5
% der unverbindlichen Preisempfehlung zu den [X.] geschätzt
(vgl. [X.]surteile
vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 50; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 45, und [X.], aaO Rn. 40; vom 16. Februar 2011 -
VIII
ZR
226/07, aaO Rn. 33).
Der Einwand der Revision, sämtliche von der Rechtsprechung anerkannten "verwaltenden"
und "handelsvertreteruntypischen"
Kosten seien
bereits im ersten Schritt, der Kür-zung des [X.] um 29
%, anspruchsmindernd berücksichtigt worden, weswegen ein weiterer Abzug nicht vorzunehmen sei, bleibt ohne Erfolg. Die vom Berufungsgericht zur Begründung des Abzugs von 2,5
% der unverbindli-chen Preisempfehlung zu den [X.] unter anderem her-angezogene Tätigkeit
der Buchführung ist
in der Reduzierung des [X.] um 29
% nicht enthalten. Letztere beschränkt sich nach den Ausführungen des Berufungsgerichts auf Abzüge für Vorführwagen, Werbung, Ausstellungsraum und Verkaufspersonal.
26

-
13 -
5. Auch die Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs um 45
% aus [X.] lässt keine Rechtsfehler erkennen.
Die Würdigung
der
im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach §
89b Abs.
1 Nr.
3 HGB aF (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF) zu berücksichtigenden Um-stände obliegt dem Tatrichter, wobei er einen entsprechenden Abzug im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2
ZPO
vornehmen kann
(st. Rspr., vgl. [X.]s-urteile
vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 47,
und [X.], aaO Rn. 41; vom 16. Februar 2011 -
VIII
ZR 226/07, aaO Rn. 35 mwN). Rechts-fehler der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.
a) Dass das Berufungsgericht einen Billigkeitsabschlag für die Sogwir-kung der Marke [X.] nicht, wie die Revision erstrebt, in Höhe von allenfalls 10
%, sondern in Höhe von 25 % für angemessen erachtet hat, hält sich [X.] des ihm eingeräumten weiten tatrichterlichen Ermessensspielraums
und ist vom [X.] auch in den Parallelverfahren nicht beanstandet worden
(vgl. Se-natsurteile vom 13. Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 51 ff.; vom 6. Oktober 2010 -
VIII
ZR 209/07, aaO Rn. 46 f.,
und [X.], aaO Rn. 41; vom 16.
Februar 2011 -
VIII
ZR 226/07, aaO Rn. 36).
aa) Es entspricht ständiger [X.]srechtsprechung, dass die Förderung der Verkaufsbemühungen des Händlers durch die von der Marke ausgehende Sogwirkung einen Billigkeitsabschlag rechtfertigen kann ([X.]surteil vom 13.
Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 52 mwN). Dies gilt entgegen der [X.] der Revision
auch dann, wenn die Sogwirkung der Marke bereits in die Rabattbemessung einfließt ([X.]surteil vom 5. Juni 1996 -
VIII
ZR 7/95, aaO unter [X.] b).
27
28
29
30

-
14 -
bb) Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des [X.] und Sogwirkung der Marke gehört zum Kernbereich tatrichterlichen [X.]. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft [X.]n, ob der Tatrichter ausreichende Feststellungen zu den für seine Schätzung maßgeblichen Umständen getroffen hat ([X.]surteil vom 13. Januar
2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO). Dies ist hier trotz der stark verkürzten Begründung des Berufungsgerichts noch der Fall.

cc) Die Revision rügt, das Berufungsgericht
sei fehlerhaft davon [X.], der [X.] habe in seiner Entscheidung vom 2.
Juli 1987 (I
ZR 188/85, NJW-RR 1988, 42 unter [X.] c) einen Abschlag von 25
% als "Regelwert"
für den Markeneinfluss aufgestellt. Dies trifft bei näherer Betrach-tung nicht zu. Zwar hat das Berufungsgericht in der Tat den -
so nicht zutreffen-den
-
Begriff "Regelwert"
gebraucht, es hat damit aber nur zum Ausdruck ge-bracht, dass es diesen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang als höchsten Abschlag für die Sogwirkung einer Marke anerkannten Wert zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht hat (vgl. [X.]surteil vom 13.
Januar 2010 -
VIII
ZR 25/08, aaO Rn. 53).
b) Auch die Vornahme eines weiteren [X.] von 5
% we-gen der Tätigkeit der Klägerin als Vertragswerkstatt der [X.] lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Im Rahmen der Billigkeitsprüfung kann ausgleichsmindernd berücksich-tigt werden, dass der Vertragshändler die Möglichkeit behält, seinen Kunden-stamm in irgendeiner Weise weiter zu nutzen (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 1981 -
I
ZR 39/79, [X.], 832 unter [X.]
c
mwN). Eine derartige [X.] wird in der Rechtsprechung der [X.]e dann ange-nommen, wenn der vormalige Vertragshändler einen Vertragswerkstattbetrieb 31
32
33
34

-
15 -
fortführt, da es der Lebenserfahrung entspreche, dass zumindest ein Teil der geworbenen Neukunden auch nach der Aufgabe des Händlerbetriebs ihr Fahr-zeug bei dem ihnen vertrauten früheren Händler reparieren
und warten lasse
(OLG [X.] am Main, Urteile vom 17. Januar 2006 -
11
U 34/05 (Kart), juris Rn.
51; vom 17. Juli 2007 -
11
U 53/06 (Kart), juris Rn. 71; [X.], [X.], 318, 320; [X.], [X.] 2009, 258, 265
f.
-
unter Aufgabe der früheren abweichenden Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 2006 -
19
U 139/95, juris Rn. 47; für einen Abzug auch [X.], Vertragshändlerrecht im Automobil-vertrieb, 4. Aufl., Rn. 521 ff.; [X.], [X.], 752, 762). Gegen diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
Ihr kann insbesondere nicht entgegen gehalten werden, dass der Aus-gleich
nach § 89b HGB
lediglich für
Vertriebsbemühungen und nicht für eine Tätigkeit im Werkstattbereich gezahlt werde und dass Tätigkeiten, die den Aus-gleich nicht erhöhten, ihn auch nicht reduzieren dürften (so aber [X.] in [X.], 5.
Aufl., §
89b Rn.
162 -
Werkstatttätigkeit; vgl. auch [X.], [X.] 2009, 153, 157). Es besteht kein Grundsatz des Inhalts, dass die [X.] des Kundenstamms nur dann
im Rahmen der Billigkeit
ausgleichs-mindernd berücksichtigt werden kann, wenn sie in einer Art und Weise erfolgt, die der Nutzung während der Dauer der Vertragshändlertätigkeit entspricht. Es reicht aus, dass die Verluste, die dem Vertragshändler im Regelfall durch die Beendigung seines Vertrags entstehen, in irgendeiner Form abgemildert [X.]n.
c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen den vom Berufungsge-richt vorgenommenen Billigkeitsabschlag in Höhe von 5
% wegen der ange-sichts der Vermittlungstätigkeit der Klägerin für die A.

K.

fortbestehenden
Möglichkeit, ihre bisherigen Kundenkontakte zu nutzen und hieraus Einkünfte in Form von Provisionen zu erzielen.
Die dieser Herabsetzung zugrunde liegende 35
36

-
16 -
tatrichterliche Wertung des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Auch wenn sich die Situation eines Vermittlers rechtlich von der der ei-nes Vertragshändlers unterscheidet, begründet die Aufnahme einer Vermittler-tätigkeit durch den vormaligen Vertragshändler eine Konstellation, in der dieser die Möglichkeit hat, seinen bisherigen Kundenstamm weiter zu nutzen und hier-durch Einkünfte zu
erzielen. Er steht damit besser als ein Vertragshändler, der nach Beendigung seines Händlervertrags in keiner Form mehr für sein früheres Unternehmen tätig wird.
d) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht einen Billigkeitsabschlag
von 10 %
im Hinblick auf die zahlreichen Geschäfte zwi-schen der Klägerin und der ihr nahe stehenden

S.

Autovermietung vorgenommen hat.
Die zugrunde liegende Annahme des Berufungsgerichts, angesichts der engen persönlichen Verbindung zwischen der Klägerin und der [X.]

S.

Autovermietung könne nicht angenommen [X.]n, dass letztere trotz der Beendigung des Vertragshändlervertrags der Kläge-rin
zukünftig
in gleich bleibendem Umfang [X.] beziehen [X.], lässt keinen Rechtsfehler erkennen
(vgl. [X.]surteil vom 16.
Februar 2011 -
VIII
ZR 226/07, aaO Rn. 22).

III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil im Umfang der Anfechtung
kei-nen Bestand haben; es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif
ist, an das Berufungsge-37
38
39

-
17 -
richt zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen [X.]n können
(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
[X.]
Dr. Milger
Dr. [X.]

Dr. [X.]
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
LG [X.]/Main, Entscheidung vom 23.11.2007 -
3/11 O 30/07 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 16.12.2008 -
11 [X.] (Kart) -

Meta

VIII ZR 17/09

13.07.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.07.2011, Az. VIII ZR 17/09 (REWIS RS 2011, 4819)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4819

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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