Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 330/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1200

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 330/14

Verkündet am:

19. November 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
nach §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum
15.
Oktober
2014

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7.
Zi-vilsenats des [X.] am Main
vom 7.
Dezember 2011
wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verneinung eines Schadensersatzan-spruchs richtet.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 6.159,14

Von Rechts wegen

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Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversiche-rung und Schadensersatz.

Der Versicherungsvertrag wurde
aufgrund eines Antrags [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
April 1996 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 14.
Dezember 2009 erklärte [X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits vom Versicherer gezahlten [X.].

Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.
Außerdem sei der Versicherer wegen unzureichender Aufklärung über Rückvergütungen
zum Scha-densersatz verpflichtet.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt [X.] das Klagebegehren noch in Höhe von 6.159,14

(Differenz zwischen den gezahlten Prämien ohne Zinsen und dem ausgezahlten Rückkaufswert) weiter.
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Entscheidungsgründe:

Die Revision ist bezüglich des geltend gemachten Schadenser-satzanspruchs als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen führt sie zur Auf-hebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe zwar nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über das Widerspruchsrecht [X.]. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam gewor-den. [X.] [X.] könne auch keinen Schadensersatz
verlangen.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] a.F. für unwirksam erachtet und einen daraus abgeleite-ten Anspruch nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB verneint hat. Es hat die Revision zugelassen, da der [X.] in vergleichbaren Fällen eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.]
zu §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
erwogen habe. Diese in den Entscheidungsgrün-den des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem [X.] abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam. Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hin-6
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sicht unabhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgebli-chen Prozessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014

[X.], [X.], 817 Rn.
11; für BGHZ vorgesehen).

I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist,
begründet.

1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellun-gen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht. Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4
[X.] a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 (VersR 10
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2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.],
[X.], 817 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn [X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat
(im Einzelnen dazu Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 22-34).

bb) Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits voll-ständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; 16
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bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.10.2010 -
2-23 O 216/10 -

O[X.], Entscheidung vom 07.12.2011 -
7 U 238/10 -

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Meta

IV ZR 330/14

19.11.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 330/14 (REWIS RS 2014, 1200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1200

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IV ZR 76/11

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