Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2015, Az. 2 StR 35/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 13733

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 35/15
vom
19. März
2015
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der
Beschwerdeführerin
am 19. März
2015 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12.
August 2014 im Straf-ausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.].
Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr mit [X.]n in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaub-ten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und sichergestellte [X.] nebst Verpackung sowie ein Mobiltelefon eingezogen. Hierge-gen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang [X.].
1
-
3
-

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s hat die Angeklagte drei nichteheliche Kinder, deren Väter keine Unterhaltsleistungen erbringen. Sie schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch und erhielt von einer Freundin "M.

" ein Darlehen, das sie nicht
zurückzahlen konnte. Am 8.
März 2014 er-schien ein Schwager von "M.

" mit einem Begleiter bei der Angeklagten, die sich mit ihren Kindern im Haus einer Tante aufhielt, und verlangte von der Angeklagten, Kokain nach [X.] zu transportieren; anderenfalls werde er sie erschießen. Dabei zeigte er ihr eine Pistole. Aus Angst um ihr Leben und das ihrer Kinder willigte die Angeklagte ein. Am Folgetag führte ihr der Schwager von "M.

" zehn verpackte [X.] Kokain mit 89,3 Gramm Kokainge-misch in den Anus ein und veranlasste sie dazu, selbst 197,4 Gramm verpack-tes Kokain in ihre Vagina einzuführen. Damit sollte sie über F.

und Z.

nach B.

fliegen. Sie erhielt [X.] [X.] und sollte für den Transport eine Belohnung von 1.000
Euro erhal-ten sowie den Erlass ihrer Schulden bei "M.

" erlangen. Auf dieser Reise wurde sie in F.

von Zollbeamten kontrolliert, stritt zuerst den Verdacht des Drogentransports ab,
räumte diesen dann aber ein und wies auf die Bedrohungssituation hin. Dazu zeigte sie den Beamten ein Bild von "M.

". Das von der Angeklagten im Körper mitgeführte [X.] hatte einen Wirkstoffanteil von 212,9 Gramm.
2. Das [X.] hat ausgeführt, eine Rechtfertigung oder Entschul-digung der Tat durch eine Notstandslage komme nicht in Betracht, weil sich die Angeklagte jedenfalls bei ihrer Einreise nach [X.] nicht mehr in einer Notstandslage befunden habe und sich hier sogleich habe offenbaren können.
2
3
-
4
-
Der Strafzumessung hat die Strafkammer den Strafrahmen des §
30
Abs.
1 BtMG zugrunde gelegt. Einen minder schweren
Fall gemäß §
30 Abs.
2 BtMG hat sie verneint.
Der [X.] sei vom Gesetzgeber geschaf-fen worden, um außergewöhnliche Fallkonstellationen zu erfassen. Eine solche liege hier nicht vor. Vielmehr handele es sich "um einen geradezu idealtypi-schen Drogenkurierfall". Die Angeklagte sei eine junge Frau aus dem Ausland, die erstmals straffällig geworden sei, sich aufgrund einer desolaten wirtschaftli-chen Situation und einer Bedrohung durch einen erfahrenen Hintermann dazu habe "verleiten oder zwingen"
lassen, einen unter Umständen für sie lebensge-fährlichen Drogentransport für geringen Kurierlohn auszuführen. Damit entspre-che sie einem verbreiteten "Drogenkuriertypus", auf den die Merkmale des min-der schweren Falls nicht zuträfen. Das gelte auch im Hinblick darauf, dass sie frühzeitig ein Geständnis abgelegt, nur mit bedingtem Vorsatz in Bezug auf Art und Wirkstoffgehalt des [X.]s gehandelt habe
und die Droge [X.] worden sei. Die Menge der eingeführten Drogen sei nicht atypisch ge-ring, da die Angeklagte als Körperschmugglerin tätig geworden sei, weshalb die transportierte Menge von vornherein begrenzt gewesen sei.
II.
1. Die Revision der Angeklagten ist unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet. Ein Betäubungs-mittelkurier, der inkorporierte Betäubungsmittel aus dem Ausland
nach [X.] verbringt,
um sie später einem Empfänger
im Ausland zu überge-ben, ist wegen vollendeter Einfuhr von Betäubungsmitteln zu bestrafen. Es liegt angesichts der Zollkontrolle im Inland kein Fall der Durchfuhr vor (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Januar 2010 -
5
StR 509/09, [X.], 522).
Eine Not-standslage
der Angeklagten, welche ihre Handlung rechtfertigen oder entschul-4
5
-
5
-
digen könnte, hat das [X.] rechtsfehlerfrei verneint (vgl. [X.] in Körner/[X.]/[X.], BtMG 7.
Aufl. §
29 Rn.
250).
2. Die Strafzumessung begegnet durchgreifenden rechtlichen Beden-ken.
Nach der
Rechtsprechung ist für das Vorliegen eines minder schweren Falles entscheidend, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden Fälle in einem so erheblichen Maß abweicht, dass
die Anwendung des milderen Strafrahmens geboten erscheint. Für das [X.] der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gilt nichts anderes.
Die Ausführungen der Strafkammer zur Strafrahmenwahl lassen besor-gen, dass sie von einem falschen Maßstab ausgegangen ist. Bei der Prüfung, ob §
30 Abs.
2 BtMG zur Anwendung kommt, ist nicht darauf abzustellen, ob ein "typischer Drogenkurierfall", auch in der Variante des Körperschmuggels, vorliegt. Die Frage, ob der Einzelfall vom Durchschnitt der üblicherweise [X.] Fälle derart abweicht, dass die Anwendung des [X.] unangemessen erscheinen müsste, ist vielmehr am Durchschnitt aller Fälle der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu messen. Das Land-gericht
führt,
auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne,
eine ganze Reihe 6
7
8
-
6
-
erheblicher
Strafmilderungsgründe auf, so dass
die Annahme eines minder schweren Falls bei der gebotenen
Gesamtbetrachtung nicht ausgeschlossen erscheint.
Fischer [X.]Eschelbach

Ott Zeng

Meta

2 StR 35/15

19.03.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.03.2015, Az. 2 StR 35/15 (REWIS RS 2015, 13733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13733

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 35/15 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Prüfung eines minder schweren Falls


206 StRR 49/24 (BayObLG)

Nicht geringe Menge, Minder schwerer Fall, Rechtsfolgenausspruch, Urteilsgründe, Geringfügige Überschreitung, Feststellungen des Berufungsgerichts, Rechtsmittelbeschränkung, Schweigen …


4 StR 169/13 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmittelhandel: Polizeiliche Observierung des Drogentransports und vollständige Sicherstellung der Drogen als Strafmilderungsgrund; Prüfung der Unterbringung …


5 StR 9/22 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessungserwägungen bei Betäubungsmitteldelikten: Einfuhr der Betäubungsmittel zum Weitertransport ins Ausland; lückenlose polizeiliche Überwachung des Betäubungsmittelgeschäfts


5 StR 68/18 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 35/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.