Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.01.2011, Az. XI ZR 356/09

11. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10358

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Gegenstand

Widerruf eines Darlehensvertrages bei nur teilweiser Finanzierung eines verbundenen Vertrages


Leitsatz

Dient ein Darlehen nur teilweise der Finanzierung eines verbundenen Vertrags, ist § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB nur auf diesen Teil, nicht aber auf den an den Darlehensnehmer selbst ausgezahlten Restbetrag des Darlehens anwendbar .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 26. November 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des [X.] auch insoweit zurückgewiesen worden ist, als er die Feststellung beantragt hat, der Beklagten nur noch die nach Abzug sämtlicher Zahlungen verbleibende Nettodarlehenssumme aus dem Darlehensvertrag … ohne Versicherungsbeiträge und darauf entfallende Zinsen und Kosten zu schulden. Das Urteil wird zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil der 7. Zivilkammer des [X.] vom 30. Juni 2009 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass der Kläger der Beklagten nicht die Rückzahlung des aus dem Darlehensvertrag … finanzierten [X.] einschließlich darauf entfallender Zinsen und Kosten schuldet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Verbraucherdarlehensvertrages und eines im Zusammenhang damit abgeschlossenen Restschuldversicherungsvertrages.

2

Der Kläger nahm bei der Beklagten am 5. Januar 2007 einen Ratenkredit in Höhe von 32.994,40 € mit einer Laufzeit von 84 Monaten auf. Davon wurden dem Kläger 26.617,89 € ausgezahlt. Der Restbetrag von 6.376,51 € diente zur Finanzierung des Versicherungsbeitrags für eine Restschuldversicherung (Kreditlebensversicherung mit eingeschlossener Arbeitsunfähigkeitszusatz- und Arbeitslosigkeitsversicherung), die der Kläger am selben Tag mit zwei als "Partner" der Beklagten bezeichneten Versicherungsgesellschaften abschloss. Einschließlich einer Bearbeitungsgebühr von 989,83 € (3%), Nominalzinsen von 16.299,22 € (11,49%) und einer Kostenpauschale von 30 € belief sich der Gesamtbetrag des Darlehens auf 50.313,45 €. Der Darlehensvertrag enthielt eine Widerrufsbelehrung, in der nicht gemäß § 358 Abs. 5 BGB auf die für verbundene Verträge geltenden Rechtsfolgen des § 358 Abs. 1 und 2 BGB hingewiesen wurde.

3

Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Januar 2009 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf den Abschluss des Darlehens- und des Versicherungsvertrages gerichteten Willenserklärungen. Er forderte die Beklagte zur Rückabwicklung der Verträge auf, hilfsweise zur verbindlichen Erklärung, dass er nur noch die nach Abzug seiner geleisteten Zahlungen verbleibende Gesamtnettodarlehenssumme ohne Zinsen schulde. Die Beklagte lehnte dies ab.

4

Die Klage auf Feststellung, dass der Kläger der Beklagten nur noch die nach Abzug sämtlicher Zahlungen verbleibende Nettodarlehenssumme ohne Zinsen, Kosten und Versicherungsbeiträge schulde, hilfsweise auf Feststellung, dass der Kläger der Beklagten nur noch die nach Abzug der bis zur mündlichen Verhandlung am 16. Juni 2009 erbrachten Zahlungen von 15.548 € verbleibende Nettodarlehenssumme ohne Zinsen, Kosten und Versicherungsbeiträge, d.h. nur noch 11.069,89 €, schulde, und auf Zahlung von 1.167,08 € nebst Zinsen an die [X.] (von dieser [X.] vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten) ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

5

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist teilweise begründet.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Die Regelungen der §§ 355, 358 [X.] seien auf den vom Kläger abgeschlossenen [X.] nicht anwendbar. § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] aF sehe ein gesondertes Widerrufsrecht vor.

9

Der Widerruf des [X.] vom 19. Januar 2009 sei auch nicht innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 [X.] erfolgt. Die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag vom 5. Januar 2007 sei ordnungsgemäß. Sie habe keinen Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 [X.] auf die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1 und 2 [X.] enthalten müssen, weil der [X.] und der am selben Tag geschlossene [X.] keine verbundenen Geschäfte seien.

Zweifelhaft sei, ob Darlehens- und [X.] eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 358 Abs. 3 [X.] bildeten. Es gebe zwar genügend Anhaltspunkte dafür, dass diese Verträge Teilstücke einer wirtschaftlichen Einheit seien. Nach dem Regelungszweck des § 358 Abs. 3 Satz 2 [X.] ergebe sich die wirtschaftliche Einheit aber daraus, dass der Kunde ohne die Drittleistung kein Darlehen benötige und das Darlehen ihm die Inanspruchnahme der Drittleistung erst ermögliche. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Das Darlehen habe nicht den Abschluss der Restschuldversicherung ermöglichen sollen. Diese habe allein der Absicherung des Darlehens gedient und sei als reines Sicherungsmittel keine "andere Leistung" im Sinne des § 358 Abs. 1 [X.], sondern Teil der Gesamtfinanzierung.

Selbst im Fall eines wirksamen Widerrufs des Darlehensvertrages wäre der Kläger nicht nur verpflichtet, die Nettodarlehenssumme zurückzuzahlen, sondern schulde er nach § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 [X.] auch die marktüblichen Zinsen als Nutzungsersatz.

II.

Diese Ausführungen des [X.] halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Die Revisionserwiderung macht insoweit ohne Erfolg geltend, dass nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteile vom 11. Juli 1979 - [X.], NJW 1979, 2099, 2101, vom 3. März 1982 - [X.], [X.], 543, 544 und vom 12. Dezember 1994 - [X.], [X.], 410, 411) die Berechnungsgrundlage für einen streitigen Anspruch nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann. Darum geht es hier nicht. Gegenstand des vorliegenden Hauptfeststellungsantrags ist nicht die Berechnungsgrundlage für einen Zahlungsanspruch, sondern der Zahlungsanspruch selbst, nämlich die nach Abzug sämtlicher Zahlungen verbleibende Nettodarlehenssumme ohne Zinsen, Kosten und Versicherungsbeitrag.

Hingegen ist die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage als unbegründet angesehen hat, nicht frei von [X.]. Die Klage ist teilweise begründet, weil der Kläger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat und der [X.] nicht die Rückzahlung des finanzierten [X.] einschließlich darauf entfallender Zinsen und Kosten schuldet.

1. Die Auffassung des [X.], der Kläger habe seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung nicht gemäß § 495 Abs. 1, § 355 Abs. 1 [X.] wirksam widerrufen, ist rechtsfehlerhaft.

a) Bei Abgabe der Widerrufserklärung vom 19. Januar 2009 war die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen. Sie war durch die in dem Darlehensvertrag vom 5. Januar 2007 enthaltene Widerrufsbelehrung nicht in Lauf gesetzt worden. Die Belehrung war nicht ordnungsgemäß, weil sie keinen Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 [X.] auf die Rechtsfolgen des Widerrufs verbundener Geschäfte nach § 358 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2 [X.] enthielt. Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils durch Urteil vom 15. Dezember 2009 ([X.], [X.], 1 Rn. 13, 17) entschieden, dass die in den §§ 358 ff. [X.] getroffenen Regelungen über verbundene Verträge nicht durch die §§ 8, 48c [X.] aF verdrängt werden und dass ein Darlehensvertrag und ein [X.] verbundene Geschäfte bilden, sofern die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 [X.] vorliegen. Dies ist hier der Fall.

b) Nach § 358 Abs. 3 Satz 1 [X.] sind ein Vertrag über die Erbringung einer entgeltlichen Leistung und ein [X.] verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrages dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.

aa) Das Darlehen vom 5. Januar 2007 diente teilweise, nämlich in Höhe von 6.376,51 € der Finanzierung des [X.]es, d.h. eines Vertrages über die Erbringung einer anderen Leistung im Sinne des § 358 Abs. 3 Satz 1 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 19 ff.).

bb) Der Darlehensvertrag und der [X.] bilden auch eine wirtschaftliche Einheit.

(1) Eine wirtschaftliche Einheit ist nach § 358 Abs. 3 Satz 1 [X.] anzunehmen, wenn über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus beide Verträge derart miteinander verbunden sind, dass der eine Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre. Die Verträge müssen sich wechselseitig bedingen bzw. der eine seinen Sinn erst durch den anderen erhalten. Dazu bedarf es der Verknüpfung der Verträge durch konkrete Umstände, die sich nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale abschließend umschreiben lassen, sondern im Einzelfall verschieden sein oder gar fehlen können, wenn sich die wirtschaftliche Einheit aus anderen Umständen ergibt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 30).

Zu diesen Indizien gehören die Zweckbindung des Darlehens zur Finanzierung eines bestimmten Geschäfts, durch die dem Darlehensnehmer die freie Verfügbarkeit über die Darlehensvaluta genommen wird, der zeitgleiche Abschluss beider Verträge, das Verwenden einheitlicher Formulare mit konkreten wechselseitigen Hinweisen auf den jeweils anderen Vertrag, die Einschaltung derselben Vertriebsorganisation durch Darlehensgeber und Unternehmer sowie das Abhängigmachen des Wirksamwerdens des Erwerbsvertrages vom Zustandekommen des [X.] mit einer vom Unternehmer vorgegebenen Bank (Senat, Urteile vom 18. Dezember 2007 - [X.], [X.], 967 Rn. 26 und vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 31).

(2) Nach diesen Maßstäben liegt eine wirtschaftliche Einheit vor. Das Darlehen vom 5. Januar 2007 war zweckgebunden, soweit der Darlehensvertrag seine Verwendung zur Bezahlung der Prämie der am selben Tag abgeschlossenen Restschuldversicherung vorsah. Dadurch wurde dem Kläger die freie Verfügungsbefugnis über diesen unmittelbar an die Versicherer gezahlten Teil der Darlehensvaluta genommen. Darlehens- und [X.] nehmen wechselseitig aufeinander Bezug. Im Darlehensvertrag wird der Versicherungsbeitrag selbständig neben dem [X.] ausgewiesen. In dem [X.] wird darauf hingewiesen, dass dieser Vertrag nur in Verbindung mit dem gleichzeitig bei der [X.] aufgenommenen Kredit gilt und der Absicherung dieses Kredits dient. Damit wird die Wirksamkeit des [X.]es ausdrücklich vom Zustandekommen des Darlehensvertrages abhängig gemacht. Die Versicherer werden ausdrücklich als "Partner" der [X.] bezeichnet. Die Firmen der Versicherer und die ähnliche drucktechnische Gestaltung der Formulare des Darlehens- und des Versicherungsvertrages legen eine geschäftsmäßige Verbundenheit der [X.] und der Versicherer nahe. Hinzu kommt, dass die Versicherer sich zum Vertrieb ihrer Versicherungen regelmäßig und auch im vorliegenden Fall der [X.] bedienen.

Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass Darlehensvertrag und [X.] über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, dass sie nicht unabhängig voneinander geschlossen worden wären. Für den Kläger bedingten sich Darlehensvertrag und [X.] wechselseitig.

2. Die Hilfsbegründung des [X.], im Falle eines wirksamen Widerrufs schulde der Kläger außer der Rückzahlung des [X.]betrages (26.617,89 €) auch die Zahlung von Zinsen als Nutzungsersatz, hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.

a) Durch den wirksamen Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung hat sich dieser gemäß § 357 Abs. 1, §§ 346 ff. [X.] in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 123 Rn. 19 f.). Der Widerruf des Darlehensvertrags führt zugleich dazu, dass der Kläger gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht mehr an den [X.] gebunden ist (vgl. Senat, Urteile vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 123 Rn. 25 und vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 39). Gemäß § 358 Abs. 4 Satz 3 [X.] tritt die Beklagte im Verhältnis zum Kläger hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten der Versicherungsunternehmen aus dem [X.] ein (vgl. Senat, Urteile vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 123 Rn. 26 und vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 39). Dadurch wird der Verbraucher vor den Folgen einer Aufspaltung des [X.] geschützt. Er ist nicht zur Rückzahlung des zur Finanzierung des Drittgeschäfts aufgewandten Kreditbetrages an den Darlehensgeber verpflichtet, ohne diesem seine Ansprüche gegen den Unternehmer entgegenhalten zu können (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 123 Rn. 26; vgl. zu § 3 [X.] bereits Senat, Urteil vom 17. September 1996 - [X.], [X.], 254, 259 ff.). Seine Ansprüche gegen den Unternehmer auf Rückzahlung des aus dem Darlehen finanzierten Entgelts werden vielmehr mit den Ansprüchen der [X.] verrechnet ([X.], [X.] (2004), § 358 Rn. 67: Konsumtion; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 358 Rn. 84: Saldierung; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 358 Rn. 27: Konzentration). Die Rückabwicklung der an die Versicherer im Sinne des § 358 Abs. 4 Satz 3 [X.] geflossenen Leistungen hat demnach nur im Verhältnis zwischen diesen und der [X.] zu erfolgen (vgl. [X.]/Medicus, [X.], 4. Aufl., § 358 Rn. 15; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand: 1. Mai 2009, § 358 Rn. 28 f.).

b) Der Kläger schuldet deshalb der [X.] nicht die Rückzahlung des [X.] in Höhe von 6.376,51 € nebst Zinsen, wohl aber gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 [X.] die Rückzahlung des [X.]betrages in Höhe von 26.617,89 € abzüglich bereits geleisteter Zahlungen. Hierauf hat der Kläger außerdem, wie das Berufungsgericht in seiner Hilfsbegründung rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 und 2 Satz 2 [X.] Zinsen zu zahlen.

Die Revision beruft sich gegenüber der Verpflichtung zur Zinszahlung ohne Erfolg auf § 358 Abs. 4 Satz 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift sind im Falle des § 358 Abs. 1 [X.], also bei Widerruf des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Geschäfts, Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des [X.]es ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt nicht für den Teil des Darlehens in Höhe von 26.617,89 €, der nicht zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts verwendet, sondern dem Kläger ausgezahlt worden ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der auf § 358 Abs. 1 [X.], d.h. auf den Widerruf des verbundenen Geschäfts verweist. Der Regelungszweck der Norm bestätigt diese Auslegung. Die Vorschrift soll, wie ihre Entstehungsgeschichte zeigt, dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnen, sich von dem verbundenen Geschäft folgenlos, d.h. auch unbelastet von Zinsen und Kosten aus dem zur Finanzierung aufgenommenen Darlehen, zu lösen. § 358 Abs. 4 Satz 2 [X.] geht auf § 4 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 FernAbsG zurück und trägt der entsprechenden Vorgabe der Richtlinie 97/7/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ([X.]. [X.] 1997 Nr. L 144/19) Rechnung ([X.], [X.] (2004) § 358 Rn. 64). Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten in ihren Rechtsvorschriften vorzusehen, dass ein Kreditvertrag, den ein Verbraucher zur Finanzierung des Preises einer Ware oder Dienstleistung geschlossen hat, im Fall des Widerrufs des Vertragsschlusses über die Ware oder die Dienstleistung entschädigungsfrei aufgelöst wird. Dies zeigt, dass der Verbraucher von der Zahlung von Zinsen und Kosten nur insoweit befreit wird, als das Darlehen zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts gedient hat. Soweit es hingegen für andere Zwecke verwendet worden ist, besteht eine Pflicht des Verbrauchers zur Zahlung von Zinsen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 2009 - 6 U 110/09, juris Rn. 82; [X.], [X.], 1074, 1076; [X.], EWiR 2010, 351, 352).

III.

Soweit das Berufungsgericht die Klage auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten abgewiesen hat, beruht dies ebenfalls auf der rechtsfehlerhaften Auffassung, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen. Insoweit erweist sich die angefochtene Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

Die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren wird von der [X.] nicht geschuldet, weil sie den betreffenden Vermögensschaden weder aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 280 Abs. 1 und 2, § 286 [X.]) noch wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 [X.]) nach § 276 [X.] zu vertreten hat.

1. Zwar war die Ablehnung der vorgerichtlichen Forderung des [X.], mit der Wirkung eines gerichtlichen Feststellungsurteils zu erklären, dass der Kläger nur noch die nach Abzug seiner geleisteten Zahlungen verbleibende Gesamtnettodarlehenssumme ohne Zinsen schulde, teilweise sachlich unbegründet und insoweit im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 1 [X.] objektiv pflichtwidrig. Eine Haftung der [X.] scheidet aber nach § 280 Abs. 1 Satz 2 [X.] aus, weil sie dabei wegen der zum damaligen Zeitpunkt höchstrichterlich noch ungeklärten Rechtsfrage, ob Darlehens- und Restschuldversicherungsverträge verbundene Geschäfte im Sinne von § 358 [X.] sein können, nicht im Sinne des § 276 Abs. 2 [X.] sorgfaltswidrig gehandelt hat.

2. Fahrlässig handelt ein Gläubiger nicht bereits dann, wenn er nicht erkennt, dass seine Forderung in der Sache nicht berechtigt ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 69. Aufl., § 276 Rn. 22). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt kann der Gläubiger nach der Rechtsprechung des [X.] auch dann genügen, wenn die von ihm zu beurteilende Rechtslage in besonderem Maße unklar ist und er sorgfältig prüft, ob dem eigenen Rechtsstandpunkt und der darauf beruhenden Anspruchsberühmung eine vertretbare rechtliche Beurteilung zugrunde liegt. Bleibt bei dieser Prüfung mangels höchstrichterlicher Leitentscheidungen für die Auslegung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen ungewiss, ob eine Pflichtverletzung der anderen Vertragspartei vorliegt, darf der Gläubiger einen ihm vom Schuldner abverlangten Forderungsverzicht zurückweisen, ohne Schadensersatzpflichten wegen einer schuldhaften Vertragsverletzung befürchten zu müssen, auch wenn sich seine Anspruchsberühmung in einem Rechtsstreit später als unberechtigt herausstellt (vgl. [X.], Urteile vom 7. März 1972 - [X.], [X.], 589 f., vom 22. November 2007 - [X.], [X.], 38 Rn. 6 ff., vom 23. Januar 2008 - [X.], [X.], 561 Rn. 13 und vom 16. Januar 2009 - [X.], [X.], 753 Rn. 20 und 26).

3. Gemessen an diesen Anforderungen hat die Beklagte ihr vorgerichtliches Zurückweisen der vom Kläger verlangten Erklärung nicht zu vertreten. Die von dem Senat in seinem Grundsatzurteil vom 15. Dezember 2009 ([X.], [X.], 1 Rn. 13 ff.) entschiedene Rechtsfrage, ob ein Darlehensvertrag und ein [X.] im Sinne des § 358 Abs. 3 [X.] verbunden sein können, war bis dahin in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der Literatur umstritten und in der Rechtsprechung des [X.] ungeklärt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.], 1 Rn. 16 mwN). In Anbetracht dessen kann der [X.], die sich auch vorprozessual gegenüber dem Kläger auf die ihr günstige Instanzrechtsprechung berufen hat, ein sorgfaltswidriges Verhalten bei der Zurückweisung der vom Kläger geltend gemachten Widerrufsfolgen nicht zur Last gelegt werden.

IV.

Das Berufungsurteil ist somit teilweise aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Umfang der Aufhebung hat der Senat in der Sache selbst entschieden, da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Ist, wie hier, die im Rahmen einer negativen Feststellungsklage streitige Verpflichtung teilbar und genügt eine teilweise Feststellung dem Interesse des [X.], darf eine Klageabweisung regelmäßig nur insoweit erfolgen, als der geleugnete Anspruch besteht; im Übrigen ist der Klage stattzugeben (vgl. [X.], Urteile vom 15. Dezember 1959 - [X.], [X.]Z 31, 358, 362, vom 29. Mai 1969 - [X.], [X.], 1116, 1117 und vom 1. März 1985 - [X.], [X.], 901, 902). Dementsprechend ist dem Hauptantrag der negativen Feststellungsklage des [X.] - unter Klarstellung des Umfangs des nicht bestehenden Anspruchs der [X.] - teilweise stattzugeben. Die Klarstellung bringt zugleich zum Ausdruck, dass ein etwaiger Anspruch der [X.] auf Wertersatz für den dem Kläger bis zu seiner Widerrufserklärung vom 19. Januar 2009 gewährten Versicherungsschutz, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits und dieses Urteils ist. Der Hilfsantrag, der sich vom Hauptantrag nur durch die Bezifferung der geleisteten Zahlungen und des verbleibenden Darlehensrestbetrages unterscheidet, hat keinen weitergehenden Erfolg. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen.

[X.]                                     Joeres                                        [X.]

                     Ellenberger                                 [X.]

Meta

XI ZR 356/09

18.01.2011

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 26. November 2009, Az: 8 U 174/09, Urteil

§ 355 Abs 1 BGB, § 358 Abs 4 S 2 BGB, § 495 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.01.2011, Az. XI ZR 356/09 (REWIS RS 2011, 10358)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10358

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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