Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.10.2015, Az. 2 C 40/13

2. Senat | REWIS RS 2015, 3164

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Gegenstand

Rückforderung der Fachausbildungskosten bei vorzeitiger Beendigung der Dienstzeit


Leitsatz

Bei vorzeitiger Beendigung der Dienstzeit eines Soldaten auf Zeit nach Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer ist die Erstattungsforderung für fehlgeschlagene Kosten einer Fachausbildung nicht um den Betrag zu vermindern, den der ehemalige Soldat auf Zeit bei einer vergleichbaren Berufsausbildung außerhalb der Bundeswehr als Ausbildungsvergütung erhalten hätte.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungskosten bei vorzeitiger Entlassung aus der [X.] nach Kriegsdienstverweigerung.

2

Die Beklagte berief den Kläger zum 1. Januar 2004 zum Grundwehrdienst ein. Zum 1. Juli 2004 übernahm sie ihn aufgrund einer von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung, zwölf Jahre Wehrdienst zu leisten, unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] als Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel.

3

In der [X.] vom Oktober 2004 bis Juni 2006 absolvierte der Kläger eine Ausbildung zum Elektroniker für luftfahrttechnische Systeme. Im Juni 2008 beantragte er seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer, wurde als solcher anerkannt und daraufhin im Juli 2008 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] entlassen.

4

Mit dem angefochtenen Bescheid forderte die Beklagte den Kläger zur teilweisen Erstattung der anlässlich seiner Fachausbildung entstandenen Kosten von 31 504,24 € auf. Den Erstattungsbetrag setzte sie auf 28 477,47 € fest. Im Widerspruchsbescheid wurde der Erstattungsbetrag auf 26 460,14 € nebst Stundungszinsen reduziert. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Kläger dem Dienstherrn noch für einen Teil seiner nach Beendigung der Ausbildung abzuleistenden Dienstzeit zur Verfügung gestanden habe (sog. Abdienquote).

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Rückforderung der Beklagten sei rechtmäßig. Die gesetzliche Härtefallregelung sei bei der Bestimmung des Erstattungsbetrags hinreichend berücksichtigt worden.

6

Auf die Berufung des [X.] hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Bescheide der Beklagten aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Rückforderung von Ausbildungskosten lägen dem Grunde nach zwar vor. Die von der Beklagten angestellten Erwägungen zum zurückgeforderten Erstattungsbetrag seien aber ermessensfehlerhaft. Der Erstattungsbetrag sei in dem Umfang - hier auf Null - zu kürzen, wie der Soldat auf [X.] bei einer fiktiven Ausbildung außerhalb der [X.] eine Ausbildungsvergütung erhalten hätte. In einem solchen Fall stünden den während der Ausbildungszeit anfallenden Lebenshaltungskosten die Einnahmen aus eben dieser Ausbildung gegenüber, die regelmäßig gerade auch der Bestreitung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt seien.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des [X.] für das [X.] vom 22. August 2013 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 15. August 2011 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des [X.] verletzt § 56 Abs. 4 [X.] und damit revisibles Recht. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

Bei antragsgemäßer vorzeitiger Beendigung der Dienstzeit eines Soldaten auf [X.] ist die Erstattungsforderung für fehlgeschlagene Kosten einer Fachausbildung nicht um den Betrag zu vermindern, den der ehemalige Soldat auf [X.] bei einer vergleichbaren Berufsausbildung außerhalb der [X.] als Ausbildungsvergütung erhalten hätte. Dies gilt auch für ehemalige Soldaten auf [X.], die nach Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus dem Dienst der [X.] ausscheiden.

1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 3 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - [X.]) vom 19. März 1956 ([X.]), hier anzuwenden in der nach dem Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes vom 19. Dezember 2000 ([X.]) unveränderten Fassung der Neubekanntmachung vom 30. Mai 2005 ([X.] [X.] 1482). Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 [X.] muss ein Soldat auf [X.], dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt.

Ein Soldat auf [X.] gilt nach seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer als aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf [X.] entlassen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 Halbs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 [X.]). Diese Entlassung gilt als Entlassung auf Antrag (§ 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 Halbs. 2 [X.]).

Die Einbeziehung von anerkannten Kriegsdienstverweigerern in den Kreis der Soldaten auf [X.] und Berufssoldaten, die bei vorzeitiger Entlassung Ausbildungskosten zu erstatten haben, ist mit Art. 4 Abs. 3 GG vereinbar (stRspr, BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 12 m.w.N.). Der Begriff der Fachausbildung gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 [X.] ist eine besondere zur allgemeinen militärischen Ausbildung hinzutretende und für alle Teilnehmer einheitlich gestaltete Ausbildung mit einem bestimmten Ausbildungsziel, die - sei es nach einer Prüfung oder einem planmäßigen Abschluss - zu einer zusätzlichen Befähigung oder Berechtigung führt (stRspr, BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - 6 [X.] 3.81 - BVerwGE 65, 203 <210>).

Da das Dienstverhältnis des Soldaten auf [X.] entsprechend der eingegangenen Verpflichtung andauern soll, kann der Dienstherr, der für die Fachausbildung eines Soldaten auf [X.] im dienstlichen Interesse erhebliche Kosten aufgewandt hat, regelmäßig davon ausgehen, dass ihm der Soldat die erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Wenn der Soldat auf [X.] nach eigenem Entschluss aus dem Dienstverhältnis ausscheidet, stellen für ihn die auf Kosten des Dienstherrn erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten im weiteren Berufsleben einen erheblichen Vorteil dar, während der Dienstherr die Kosten der Ausbildung insgesamt oder teilweise vergeblich aufgewendet hat. Diese Lage fordert einen billigen Ausgleich, den der Gesetzgeber durch die Normierung eines Erstattungsanspruchs verwirklicht hat ([X.], Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 u.a. - [X.]E 39, 128 <142>).

Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist vom Gesetz nicht auf die Höhe der entstandenen Ausbildungskosten festgelegt. Der Dienstherr ist vielmehr ermächtigt, von einem Erstattungsverlangen ganz abzusehen oder den Betrag zu reduzieren, wenn die Erstattung der Ausbildungskosten eine besondere Härte für den Soldaten bedeuten würde (§ 56 Abs. 4 Satz 3 [X.]). Unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 3 GG ist § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] 1995 dahin auszulegen, dass anerkannte Kriegsdienstverweigerer die Kosten ihrer Ausbildung nur im Umfang des geldwerten Vorteils erstatten müssen, der ihnen aus der genossenen Fachausbildung für ihr weiteres Berufsleben verbleibt (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 15).

Der Erstattungspflicht, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer kraft Gesetzes zu entlassender Soldat gegenübersieht, stellt in der Regel eine besondere Härte im Sinne des § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] dar, die den Dienstherrn nach dieser Vorschrift zu Ermessenserwägungen über den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf einen Ausgleich der Ausbildungskosten zwingt (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 16).

Der Erstattungsbetrag darf nicht höher sein als der Betrag, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart hat, dass die [X.] den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die ihm im späteren Berufsleben von Nutzen sind, finanziert hat (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 17). Durch diese Beschränkung der zu erstattenden Kosten auf den durch die Fachausbildung erlangten Vorteil ist sichergestellt, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme wird, die den Betroffenen von der Stellung des Antrags auf Kriegsdienstverweigerung abhält. Mit der Abschöpfung lediglich des durch die Fachausbildung erworbenen Vorteils erleidet der anerkannte Kriegsdienstverweigerer keine Einbuße an Vermögensgütern, über die er unabhängig von dem [X.] verfügt. Durch den [X.] wird nur die Situation wiederhergestellt, die in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht bestand, bevor der Soldat die Fachausbildung absolviert hat. Mehr soll und darf bei verfassungskonformer Auslegung des Gesetzes nicht abgeschöpft werden (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 18).

Der Vorteil aus der Fachausbildung, den die Beklagte nach § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] in Ausübung ihres Ermessens zu bestimmen und zu bemessen hat, besteht in der Ersparnis von Aufwendungen, nicht in der Aussicht auf künftige oder fiktive Einnahmen. Bestimmen, wenn auch generalisierend und pauschalisierend, lassen sich die Aufwendungen, die der Soldat auf [X.] dadurch erspart hat, dass er die Fachausbildung nicht auf eigene Kosten hat absolvieren müssen. [X.] werden darf nur die eingetretene Ersparnis.

Zwischen der Ausbildung und den zu erstattenden Kosten muss ein adäquater Zusammenhang bestehen (BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 2 [X.] 6.72 - BVerwGE 42, 233 <237>; [X.], Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 u.a. - [X.]E 39,128 <143>). Erspart hat der ehemalige Soldat auf [X.] stets die unmittelbaren Ausbildungskosten im engeren Sinne wie Ausbildungsgebühren und Aufwendungen für Ausbildungsmittel (BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - 6 [X.] 105.74 - BVerwGE 52, 70 <76>, - 6 [X.] 135.74 - BVerwGE 52, 84 <92> und - 6 [X.] 114.74 u.a. - [X.] 238.4 § 46 [X.] Nr. 8 S. 13). Erspart hat der ehemalige Soldat auf [X.] des Weiteren aber auch die mittelbaren Kosten der Ausbildung wie Reisekosten und Trennungsgeld sowie die ersparten Lebenshaltungskosten und die Kosten für die Krankenversicherung (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 19.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 22). Diese mittelbaren Ausbildungskosten sind Kosten, die bei einer Fachausbildung in der [X.] vom Dienstherrn getragen werden, während sie bei einer dualen betrieblichen Ausbildung jedenfalls typischerweise vom Auszubildenden selbst getragen werden müssen.

Lebenshaltungskosten sind die Kosten, die von einem Haushalt aufgewandt werden müssen, um das Leben im Alltag zu bestreiten. Dazu zählen insbesondere Aufwendungen für Verpflegung und Wohnung. Nach § 18 Satz 1 [X.] ist der Soldat auf dienstliche Anordnung verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen und an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen, mit der Folge, dass - für diesen Fall - sonst wesentliche Lebenshaltungskosten jenseits des unterkunftsbezogenen [X.] (§ 39 Abs. 2 [X.]) für ihn entfallen.

2. Den an diesen Maßstäben orientierten Anforderungen wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Oberverwaltungsgericht beschränkt die nach § 56 Abs. 4 Satz 1 [X.] gebotene Erstattungspflicht auf einen [X.] für ersparte unmittelbare wie mittelbare Ausbildungskosten von Fachausbildungen, die außerhalb der [X.] entweder nicht im betrieblichen Ausbildungssystem zu erlangen sind (z.B.: Pilotenausbildung) oder für die bei der dualen betrieblichen Berufsausbildung (§ 17 [X.] vom 23. März 2005, [X.] [X.] 931, - BBiG -) Ausbildungsvergütungen gezahlt werden, die im Betrag über dem jährlichen einkommensteuerlichen Existenzminimum liegen (Grundfreibetrag Alleinstehender in den Jahren von 2004 bis 2009: 7 664 €). Damit saldiert es berufliche Ausbildungskosten des Staates für Soldaten auf [X.] mit fiktiven Ausbildungsvergütungen von Auszubildenden in der dualen betrieblichen Berufsausbildung. Diese Saldierung betrifft nicht miteinander saldierbare, weil strukturell verschiedene Positionen.

Der ehemalige Soldat auf [X.] muss keinen Teil seiner Geld- und Sachbezüge (§ 30 [X.]) erstatten. Er wird durch die gesetzliche Erstattungspflicht nach § 56 Abs. 4 Satz 1 [X.] nur zu einer Vorteilsabschöpfung für die von der Beklagten jenseits des ihm gewährten [X.] finanzierte Fachausbildung herangezogen, weil er die [X.] vor Ablauf seiner [X.]verpflichtung verlassen hat. Schon deshalb müssen Ausbildungsvergütungen in der dualen betrieblichen Berufsausbildung bei der Vorteilsbestimmung nach § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] von vornherein außer Betracht bleiben.

Eine Fachausbildung bei der [X.] unterscheidet sich strukturell von einer dualen betrieblichen Berufsausbildung. Ein gesetzessystematischer Anhaltspunkt dafür ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 BBiG, der die Berufsbildung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis - hier: im [X.] auf [X.] - vom Anwendungsbereich des BBiG und damit von der betrieblichen Ausbildung ausschließt.

Der Soldat auf [X.] hat darüber hinaus für die Dauer seiner Fachausbildung - analog zum Studenten oder zum angehenden Piloten - keine Dienstleistung jenseits der Fachausbildung zu erbringen. Er muss insbesondere keine militärischen Dienste leisten. Demgegenüber ist ein Berufsausbildungsverhältnis im betrieblichen Ausbildungssystem zumindest teilweise einem Arbeitsverhältnis angenähert. Im Berufsausbildungsverhältnis hat ein Auszubildender auch Arbeitsleistungen zu erbringen ([X.], Urteil vom 19. März 2015 - 8 [X.] - [X.], 1057 Rn. 17, 24, 25). Auch deshalb haben Ausbildende ihren Auszubildenden gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG eine angemessene Vergütung zu gewähren. Denn die in § 17 BBiG geregelte Ausbildungsvergütung hat drei Funktionen. Sie soll den Auszubildenden und seine unterhaltsverpflichteten Eltern bei der Lebenshaltung finanziell unterstützen (Unterhaltsbeitrag), die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten und die Arbeitsleistungen des Auszubildenden in gewissem Umfang "entlohnen" (stRspr, zuletzt [X.], Urteile vom 17. März 2015 - 9 [X.] - [X.] 2015, 410 Rn. 13 und vom 16. Juli 2013 - 9 [X.] - [X.]E 145, 371 Rn. 12 m.w.N.; vgl. auch [X.]. V/4260 S. 9). Ein Soldat auf [X.], der eine Fachausbildung absolviert, ist hingegen von Dienstleistungen freigestellt.

Schließlich darf die Prüfung von nach § 56 Abs. 4 [X.] abzuschöpfenden Vermögensvorteilen nicht von hypothetischen Umständen (hier: fiktiven Ausbildungsvergütungen) abhängig gemacht werden, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Das gilt auch deshalb, weil überhaupt nicht feststeht, ob für den Auszubildenden zum [X.]punkt der Aufnahme einer Fachausbildung des Soldaten auf [X.] überhaupt ein gleichwertiger betrieblicher Ausbildungsplatz zur Verfügung gestanden hätte. Deshalb ist eine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise geboten.

Danach hat das Oberverwaltungsgericht hier zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe ihr Ermessen nach § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] bei der Bestimmung des Erstattungsbetrags fehlerhaft ausgeübt. Die Heranziehung des [X.] zur Erstattung der Kosten seiner Fachausbildung ist nicht zu beanstanden. Die Rückforderung beschränkt sich auf Abschöpfung der Vorteile, die der Kläger durch die ihm zu [X.] gekommene Fachausbildung erlangt hat.

3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die individuelle Einkommens- und Vermögenslage des [X.] gebietet keine Reduzierung des Erstattungsbetrages.

Ob der in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens festzusetzende Erstattungsbetrag von einem ehemaligen Soldaten auf [X.] verlangt werden kann, hängt des Weiteren von dessen individueller Einkommens- und Vermögenslage ab. Je nach seiner wirtschaftlichen Situation - z.B. drohende Überschuldung, Insolvenz oder Nichtverfügbarkeit für den Arbeitsmarkt infolge der Pflege von Angehörigen -, kann die darin liegende besondere Härte eine weitere Reduzierung oder einen vollständigen Verzicht gebieten. Entschließt sich die Beklagte, Ratenzahlungen zu gewähren, darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, sondern muss zeitlich begrenzt sein (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 [X.] 18.05 - [X.] 449 § 56 [X.] Nr. 3 Rn. 24).

In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils des [X.] finden sich - von dessen Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - zwar keine Überlegungen zur individuellen wirtschaftlichen Situation des [X.]. In den Gründen des [X.] erstinstanzlichen Urteils des [X.] wird aber ausgeführt, dass sich die Beklagte bei der Festsetzung des Erstattungsbetrags von 26 460,14 € in der gebotenen Weise an den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des [X.] orientiert hat. Das Verwaltungsgericht hat die zum [X.]punkt seiner Entscheidung vom Kläger geltend gemachte "Einkommenslosigkeit" ebenso wie die durch seine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer verursachten hohen Verbindlichkeiten berücksichtigt. Mangels weiterer Angaben des [X.] zu seiner persönlichen Vermögenssituation hat die Beklagte das ihr im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 [X.] eingeräumte Ermessen zum [X.]punkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids unter dem Gesichtspunkt der damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse des [X.] fehlerfrei ausgeübt, indem sie den Erstattungsbetrag mit der Zusage einer bei Bedarf erfolgenden Verlängerung befristet gestundet und dem Kläger darüber hinaus die Möglichkeit einer Ratenzahlung angeboten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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2 C 40/13

28.10.2015

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 22. August 2013, Az: 1 A 2278/11, Urteil

§ 17 Abs 1 BBiG, § 3 Abs 2 Nr 2 BBiG, Art 4 Abs 3 GG, § 18 S 1 SG, § 30 SG, § 46 Abs 2 S 1 Nr 7 SG, § 55 Abs 1 SG, § 56 Abs 4 S 1 SG, § 56 Abs 4 S 3 SG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.10.2015, Az. 2 C 40/13 (REWIS RS 2015, 3164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3164

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