Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2017, Az. GSSt 4/17

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2017, 8343

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:100717BG[X.][X.]T4.17.0

BUN[X.][X.]GERICHT[X.]HOF

BE[X.]CHLU[X.][X.]
G[X.][X.]t 4/17

vom
10. Juli
2017

[X.][X.]t:
ja
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

[X.]tGB § 52

Das sowohl dem Transport des [X.] für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren [X.] dienende [X.] des Lieferanten verbindet als natürliche Handlung die beiden [X.] zu einer einheitlichen Tat im materiell-rechtlichen [X.]inne.

Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor "auf [X.]" erhaltenen [X.] aus Anlass der Übernahme einer weiteren [X.] die beiden Umsatzgeschäf-te zu einer einheitlichen Tat im [X.]inne einer natürlichen Handlungseinheit.

[X.], Beschluss vom 10. Juli
2017

G[X.][X.]t 4/17

LG [X.]tade

in der [X.]trafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der Große [X.]enat für [X.]trafsachen hat durch die Präsidentin des Bundes-gerichtshofs [X.], den Vorsitzenden Richter am [X.] Dr.
Raum, die Vorsitzende Richterin am [X.] [X.]ost-[X.]cheible, [X.] am [X.] Dr.
[X.], Prof. Dr.
Jäger
und Dr.
[X.]chäfer, [X.]in am [X.] Dr. [X.] sowie [X.] am Bundes-gerichtshof Prof.
Dr.
[X.], Prof. Dr.
[X.], Dr.
[X.] und Gericke
am 10. Juli 2017 beschlossen:
Das sowohl dem Transport des [X.] für den Erwerb einer früheren als auch der Übernahme einer weiteren Betäubungsmit-telmenge dienende Aufsuchen des Lieferanten verbindet als na-türliche Handlung die beiden [X.] zu einer einheit-lichen Tat im materiell-rechtlichen [X.]inne.
Im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung verbindet die Bezahlung einer zuvor "auf [X.]"
erhaltenen [X.] aus Anlass
der Übernahme einer weiteren [X.] die beiden [X.] zu einer einheitlichen Tat im [X.]inne einer natürlichen Handlungseinheit.

Gründe:
I.
Die Vorlage betrifft die konkurrenzrechtliche Bewertung
unterschiedlicher Modalitäten der Abwicklung
von aufeinanderfolgenden Betäubungsmittelumsät-zen, insbesondere dann, wenn die Bezahlung einer zunächst "auf [X.]"
1
-
3
-
erworbenen [X.] im Zeitpunkt der Übernahme einer weite-ren [X.] noch nicht (vollständig) erledigt ist.
1.
In einem beim 3.
[X.]trafsenat anhängigen Verfahren hat das [X.] den Angeklagten unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben
Monaten verurteilt sowie Einziehungsentscheidun-gen getroffen.
a)
Nach den Feststellungen des [X.] erwarb der Angeklagte in sechs Fällen von derselben Person jeweils mindestens 100
g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 30
%, um dieses
gewinnbringend weiter zu veräußern und sich eine
nicht unerhebliche Einnahmequelle
von einiger Dauer zu verschaffen. Er fuhr deswegen zwischen Mitte August 2011 und Mitte Mai 2012 insgesamt sechs Mal nach vorheriger telefonischer Absprache mit dem Lieferanten in seinem Auto nach [X.], erwarb dort das Rauschgift "auf [X.]"
und bezahlte es jeweils nach gewinnbringendem Weiterverkauf bei Abholung der neuen, zuvor bestellten [X.]. Auf welche Weise das Entgelt für die sechste [X.] entrichtet wurde, hat die [X.] nicht festgestellt.
b)
Das [X.] hat dieses Geschehen ohne weitere Erörterungen als sechs rechtlich selbstständige Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgeurteilt.
Nur insoweit ist die Verurteilung des Ange-klagten, gegen die er sich insgesamt mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts wendet, Gegenstand des Vorlageverfahrens.
Der [X.] hat beantragt, das angefochtene Urteil im [X.]trafausspruch wegen unterlassener Berücksichtigung eines eingezogenen Kraftfahrzeugs bei der 2
3
4
-
4
-
[X.]trafzumessung aufzuheben (§
349 Abs.
4 [X.]tPO) und die weiter gehende Revi-sion des Angeklagten zu verwerfen (§
349 Abs.
2 [X.]tPO).
2.
Der 3.
[X.]trafsenat beabsichtigt, die Revision des Angeklagten in diesen sechs [X.] zu verwerfen, soweit sie sich gegen den [X.]chuld-spruch richtet. Er ist ebenso wie das
[X.] der Ansicht, dass sechs in Tatmehrheit zueinander stehende Verbrechen des Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge nach §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG gegeben seien. [X.]ie würden weder durch das sowohl dem Transport des [X.] für die erste als auch der Übernahme der weiteren [X.] die-nende
Aufsuchen des Lieferanten noch durch die Bezahlung der zuvor "auf [X.]"
erhaltenen [X.] bei Gelegenheit der Über-nahme einer weiteren [X.]
tateinheitlich
miteinander ver-knüpft.
3.
Der 3.
[X.]trafsenat sieht sich jedoch nach dem
Ergebnis des gemäß §
132 Abs.
3
[X.] durchgeführten Anfrageverfahrens daran gehindert, in die-sem [X.]inne zu entscheiden.
a)
Der 2. und der 4.
[X.]trafsenat haben mit Beschlüssen vom 31.
Mai 2016 (2
ARs
403/15, [X.], 313) und 1.
[X.]eptember 2016 (4
ARs
21/15, [X.], 373) mitgeteilt, dass sie an ihrer entgegenstehenden Recht-sprechung festhalten. Dabei hat der 2.
[X.]trafsenat seine Rechtsprechung

in der [X.]ache
dem 4.
[X.]trafsenat folgend

dahin präzisiert, dass in dem Aufsuchen des Lieferanten, das der Bezahlung der bereits früher erworbenen und der Ab-holung der weiteren Rauschgiftmenge diene, ein den Tatbestand des [X.] mit Betäubungsmitteln erfüllendes Handlungselement liege, welches die [X.] der Ausführungshandlungen begründe. Es sei deshalb in sol-5
6
7
-
5
-
chen Fällen von Tateinheit im [X.]inne von
§
52 Abs.
1 [X.]tGB auszugehen. Der 2.
und der 4.
[X.]trafsenat sind der Auffassung, der eindeutige Wortlaut der Vor-schrift lasse die Annahme von Tatmehrheit nicht zu. Dem Gewicht oder dem Unrechtsgehalt der jeweiligen Tathandlung komme
bei der rechtlichen Beurtei-lung des [X.] keine Bedeutung zu.
b)
Der 5.
[X.]trafsenat hat mit Beschluss vom 2.
März 2016 (5
ARs
60/15) entschieden, dass seine Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung des 3.
[X.]trafsenats nicht
entgegenstehe und er an eventuell früherer, abweichender Rechtsprechung aus den Gründen des Anfragebeschlusses nicht festhalte. Der 1.
[X.]trafsenat hat von einer [X.]tellungnahme zu dem [X.].
II.
1.
Mit Beschluss vom 15.
November
2016 (3
[X.]tR
236/15) hat der 3.
[X.]trafsenat die [X.]ache gemäß §
132 Abs.
2 [X.] dem Großen [X.]enat für [X.]traf-sachen zur Entscheidung über folgende Rechtsfrage vorgelegt:
Verbindet das sowohl dem
Transport des [X.] für die ers-te als auch der Übernahme der weiteren [X.] dienende Aufsuchen des Lieferanten oder die Bezahlung einer zuvor auf "[X.]"
erhaltenen [X.] bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren [X.]
die beiden [X.] zu einer einheitlichen Tat im materiellrechtlichen [X.]inn?
8
9
-
6
-
2.
Der [X.] hat beantragt zu beschließen:
Weder das sowohl dem Transport des [X.] für die erste als auch der Übernahme der weiteren [X.] dienende Aufsuchen des Lieferanten noch die Bezahlung einer zuvor auf "[X.]"
erhaltenen [X.] bei Gelegenheit der Übernahme einer weiteren [X.] verbindet die beiden [X.] zu einer einheit-lichen Tat im materiell-rechtlichen [X.]inn.
III.
Die Voraussetzungen einer Divergenzvorlage nach §
132 Abs.
2 [X.] sind gegeben, da der 3.
[X.]trafsenat mit seiner beabsichtigten Entscheidung von Rechtsprechung des 2.
und des 4.
[X.]trafsenats abweichen würde.
IV.
Der Große [X.]enat für [X.]trafsachen beantwortet die [X.] wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
Aus der Anwendung der Konkurrenz-regel des §
52 Abs.
1 [X.]tGB auf den Tatbestand des Handeltreibens
mit Betäu-bungsmitteln ergibt sich danach
Folgendes:
[X.], sich auf unterschiedliche [X.]n
beziehende [X.] eines Betäubungsmittelhändlers werden im [X.]inne des §
52 [X.]tGB zu einer Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verbun-den, wenn sich der Täter zu seinem Lieferanten begibt, um die vorangegange-10
11
12
13
-
7
-
ne Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine weitere, zuvor bestellte Liefe-rung abzuholen, wenn also das Aufsuchen des Lieferanten zugleich
beiden [X.]n
dient. Kommt es
hingegen
ohne eine vergleichbare teiliden-tische Ausführungshandlung zur Entgegennahme weiterer
Betäubungsmittel lediglich aus Anlass
der Bezahlung zuvor gelieferter Betäubungsmittel,
handelt es sich um einen Fall der natürlichen Handlungseinheit.
Im Einzelnen:
1.
Nach §
52 Abs.
1 [X.]tGB liegt materiell-rechtlich Tateinheit vor, wenn dieselbe Handlung mehrere [X.]trafgesetze oder dasselbe [X.]trafgesetz mehrfach verletzt:
a)
Den Begriff "dieselbe Handlung"
in §
52 Abs.
1 [X.]tGB definiert das
Gesetz nicht ausdrücklich. Nach allgemeiner Auffassung wird
der Handlungs-begriff in den §§
52 Abs.
1
ff. [X.]tGB vorausgesetzt (MüKo-[X.]tGB/von [X.], 3.
Aufl., Vorbemerkung zu §
52 Rn.
8). Da die sachlich-rechtlichen Regelungen des §
52 [X.]tGB in erster Linie als Voraussetzung für ein funktionie-rendes Rechtsfolgensystem dienen, ist der Handlungsbegriff
im [X.]inne der [X.] unabhängig vom jeweils erfüllten Tatbestand allgemein zu be-stimmen (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Oktober 1997

2
[X.]tR
520/96, [X.][X.]t 43, 252, 256; von [X.] aaO, Rn.
12). Er knüpft an den Vollzug eines Ver-haltens im natürlichen [X.]inne und damit letztlich an eine Körperbewegung an ([X.][X.]W-[X.]tGB/[X.], 3.
Aufl., §
52 Rn.
31, 57). Die für die Annahme von Tateinheit im [X.]inne von §
52 Abs.
1 [X.]tGB erforderliche Verknüpfung der Tat-bestände
hat der [X.] dabei
allein in der Überlagerung der objek-tiven Ausführungshandlungen gesehen ([X.], Beschluss vom 11.
Novem-ber
1976

4
[X.]tR
266/76, [X.][X.]t 27, 66, 67; vgl. dazu auch [X.], Urteil vom 14
15
16
-
8
-
28.
April 1899

Rep.
1158/99, [X.][X.]t 32, 137, 138
f.). Einen darüber hinausge-henden "inneren Zusammenhang"
hat der [X.] dagegen nicht gefordert ([X.] aaO). Abzugrenzen ist eine derartige Überschneidung jedoch von einem Zusammenfallen zweier Tatbestände, bei dem der Täter den einen Tatbestand nur gelegentlich der anderen Tat verwirklicht
(vgl. etwa [X.],
Beschluss vom 27.
April 2004

1
[X.]tR
466/03, [X.], 694; Urteil vom
5.
August 2010

3
[X.]tR
210/10, juris Rn.
16). An diesen bereits in der früheren Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen hat der [X.] auch in der Folgezeit festgehalten (vgl. die Darstellung bei [X.], [X.]tGB, 12.
Aufl., Vor §
52 Rn.
9
ff., §
52 Rn.
6
ff; jeweils
mwN). Eine Einschränkung der Annahme von Tateinheit ergibt sich auch nicht aus dem in der Rechtsprechung des [X.]s formulierten Erfordernis der Identität in einem für beide Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil (vgl. [X.],
Beschluss vom 11.
November 1976

4
[X.]tR
266/76, [X.][X.]t 27, 66, 67 unter Bezugnahme auf Geerds, Zur Lehre von den Konkurrenzen im [X.]trafrecht, 1961, [X.].
277). Das [X.] bezieht sich insoweit lediglich auf die Tatbestands-verwirklichung in ihrer konkreten Form, mithin auf den konkreten Tatplan des [X.] ([X.] aaO).
b)
Eine mehrfache Gesetzesverletzung durch eine Tat ist zunächst bei einer Handlung im natürlichen [X.]inne gegeben, also dann, wenn sich ein Wil-lensentschluss in einem Ausführungsakt erschöpft (sog. natürliche Handlung; vgl. [X.] aaO, Vor §
52 Rn.
9, §
52 Rn.
6;
jeweils mwN). [X.] hinaus kann von einer Tat im Rechtssinne auszugehen sein, wenn mehre-re Handlungen im natürlichen [X.]inne zu einer Handlungseinheit zusammenge-fasst werden. Das ist der Fall, wenn zwischen mehreren menschlichen, straf-rechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein solcher unmittelbarer Zusammen-hang besteht, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrach-17
-
9
-
tungsweise (objektiv) auch für einen [X.] als [X.] darstellt und die einzelnen [X.] durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (sog. natürliche Handlungs-einheit;
vgl. nur [X.], Urteile vom 27.
März 1953

2
[X.]tR
801/52, [X.][X.]t 4, 219,
220, vom 21.
[X.]eptember 2000

4
[X.]tR
284/00, [X.][X.]t 46, 146, 153, und vom 29.
März 2012

3
[X.]tR
422/11, [X.], 525). Eine weitere Fallgruppe stellt die sog. tatbestandliche Handlungseinheit im engeren [X.]inne dar, die sich dadurch auszeichnet, dass mehrere natürliche Handlungen unter

unterschied-lichen

rechtlichen Aspekten zu einer Handlungseinheit zusammengefasst werden, wie dies etwa in Fällen der mehraktigen oder zusammengesetzten [X.] oder bei [X.] der Fall sein kann ([X.] aaO, Vor §
52 Rn.
20
ff.). Wiederum darüber hinausgehend können auch der [X.]inn und Zweck der jeweils verletzten gesetzlichen
Tatbestände, die im Wege der Ausle-gung zu ermitteln sind, zur Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit führen, die

anders als die natürliche Handlungseinheit

vorwiegend normativ bestimmt wird. [X.]olche Handlungseinheiten werden etwa bei Delikten mit [X.] wie z.B.
den Organisationsdelikten der §§
129
ff. [X.]tGB (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9.
Juli 2015

3
[X.]tR
537/14, [X.][X.]t 60, 308, 311
ff.) sowie in Fällen wiederholter oder fortlaufender Tatbestandsverwirklichungen
(sog. tatbestandliche Handlungseinheit im weite-ren [X.]inne; vgl. dazu [X.] aaO, Vor §
52 Rn.
23
ff., 36 mwN) angenommen.
Der [X.]ache nach stellt auch die sog. Bewertungseinheit eine tatbestand-liche Zusammenfassung einer Mehrzahl natürlicher Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne dar (vgl. [X.]
aaO, Vor §
52 Rn.
39
ff. mwN [Un-terfall der tatbestandlichen Handlungseinheit i.w.[X.]:]; anders MüKo-[X.]tGB/von [X.]
aaO, §
52 Rn.
39 mwN [Rechtsfigur sui generis]). [X.]
-
10
-
anwendungsfall der Bewertungseinheit ist das Handeltreiben mit Betäubungs-mitteln ([X.] aaO, Rn.
39).
2.
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im [X.]inne des §
29 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
1 BtMG
ist jede
eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln ge-richtete Tätigkeit, wobei verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungsein-heit bilden (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2005

G[X.][X.]t 1/05, [X.][X.]t 50, 252, 256 mwN). Eine auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete Tätigkeit ist auch darin zu sehen, dass sich der Täter zu einer Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor bestellte, zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäu-bungsmittellieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll ([X.], Urteil vom 20.
August 1991

1
[X.]tR
273/91, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltrei-ben
28). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor ver-abredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener Betäubungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln.
Dem

weit [X.] ([X.],
Beschluss vom 26.
Oktober 2005

G[X.][X.]t
1/05, [X.][X.]t 50, 252,
262)

Begriff des
Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der
Be-schaffung und der Weitergabe
von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. [X.] erfasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bun-desgerichtshofs
vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nach-folgende Zahlungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der [X.] auf [X.]eiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist ([X.], Beschluss vom 5.
August 2014

3
[X.]tR
340/14, N[X.]tZ-RR 2015,
16;
19
20
-
11
-
Urteile vom 7.
Februar 2008

5
[X.]tR
242/07, N[X.]tZ 2008, 465; vom 17.
Juli 1997

1
[X.]tR
791/96, [X.][X.]t 43, 158, 162; vgl. auch [X.], Beschlüsse
vom 2.
Ok-tober 2002

2
[X.]tR
294/02, juris; vom 23.
Mai 2007

2
[X.]tR 569/06, N[X.]tZ 2008, 42, 43; vom 27.
Juni 2008

3
[X.]tR
212/08, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Kon-kurrenzen
7). [X.]o hat der [X.] in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass auch die bloße Übermittlung des für eine Betäubungsmittel-lieferung zu entrichtenden Geldbetrages vom Abnehmer an den Lieferanten den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. [X.], Urteile
vom 11.
Juli 1995

1
[X.]tR
189/95, [X.]tV 1995, 641; vom 7.
Februar 2008

5
[X.]tR 242/07, N[X.]tZ 2008, 465; Beschlüsse vom 5.
November 1991

1
[X.]tR
361/91, [X.]tV 1992, 161; vom 17.
Mai 1996

5
[X.]tR
119/96, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
50).
3.
Gemessen daran gilt in Bezug auf die [X.] das Folgende:
a)
ln der Fallkonstellation des Ausgangsverfahrens liegt Tateinheit im [X.]inne von
§
52 Abs.
1 [X.]tGB vor.
aa)
Bei aufeinanderfolgenden, sich auf unterschiedliche
Betäubungsmit-telmengen beziehenden [X.]n liegt eine jedenfalls teilweise, Tat-einheit begründende
Überschneidung der objektiven Ausführungshandlungen
darin, dass sich der Täter
zu seinem Lieferanten begibt, um einerseits die vor-angegangene Lieferung zu bezahlen und dabei zugleich eine neue, zuvor be-stellte Lieferung abzuholen, also das Aufsuchen des Lieferanten als verbinden-des Element gleichermaßen beiden [X.]n dient.
Damit sind die Voraussetzungen
für das Vorliegen einer teilidentischen Ausführungshandlung und damit für die Annahme von Tateinheit im [X.]inne von §
52 Abs.
1 [X.]tGB er-füllt.
21
22
23
-
12
-
bb)
Entgegen der Auffassung des vorlegenden [X.]enats ergeben sich

unter Berücksichtigung des Zwecks der §§
52
ff. [X.]tGB, das verwirklichte Un-recht und die [X.]chuld im Einzelfall sachgerecht zu erfassen

auch aus den [X.] des weiten Tatbegriffs beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
bei dieser Fallgestaltung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Annahme von Tateinheit.
(1)
Wie
ausgeführt sind die Voraussetzungen von Tateinheit im [X.]inne von §
52 Abs.
1 [X.]tGB unabhängig von den im jeweiligen Einzelfall verwirklich-ten Tatbeständen zu bestimmen. Maßgebend ist insoweit allein, ob sich zwei oder mehrere [X.]traftatbestände in ihren Ausführungshandlungen
notwendig
je-denfalls teilweise überschneiden. Ein darüber hinausgehendes sachlich-recht-liches
Kriterium für eine einschränkende Auslegung der Voraussetzungen von Tateinheit ist §
52 Abs.
1 [X.]tGB nicht zu entnehmen (vgl. MüKo-[X.]tGB/von [X.]
aaO, Vor §§
52
ff. Rn.
8).
(2)
Die Auffassung, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung im [X.]inne von §
29 Abs.
1 [X.]atz
1 Nr.
1 BtMG nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier an sich unabhängiger, sich auf unterschiedliche [X.]n beziehender Handelsgeschäfte führt, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts-
und [X.]chuld-gehalt aufweist und dadurch deren Unwert und die jeweilige [X.]chuld des [X.] zumindest mitprägt, was bei dem untergeordneten Teilakt der Fahrt zum Zwe-cke
der Bezahlung
eines bereits abgewickelten Betäubungsmittelgeschäfts nicht der Fall sei, findet
im Gesetz keine [X.]tütze. [X.]ie beruht vielmehr
allein auf einer einschränkenden, auf die jeweilige konkrete Fallgestaltung bezogenen Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Damit
steht sie
zugleich
im Widerspruch zu der vom [X.] in ständiger Recht-24
25
26
-
13
-
sprechung vorgenommenen weiten Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, die ihren Ausdruck schon im Beschluss des Großen [X.]enats vom 26.
Oktober 2005 (G[X.][X.]t
1/05, [X.][X.]t 50, 252) gefunden hat und von der abzuweichen der Große [X.]enat auch weiterhin keinen Anlass sieht.
(3)
Auch als generelles Abgrenzungskriterium zwischen Tateinheit und Tatmehrheit ist die Ansicht, wonach eine teilidentische Ausführungshandlung beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nur dann zu einer tateinheitlichen Verbindung zweier Handelsgeschäfte führen kann, wenn sie für jedes dieser Geschäfte einen nicht unerheblichen eigenen Unrechts-
und [X.]chuldgehalt auf-weist, nicht tragfähig. Mag auch das eigentliche Umsatzgeschäft in Gestalt der Übergabe einer bestellten [X.] bereits abgewickelt sein, sind gleichwohl Fallgestaltungen denkbar, in denen die Fahrt des [X.] zum Zwecke der Bezahlung des gelieferten Rauschgifts beim Lieferanten nicht ledig-lich als untergeordneter Teilakt zu bewerten ist. Denkbar ist dies etwa beim Transport hoher Geldsummen oder in Fällen, in denen der Täter die mit sich geführten Geldbeträge
auf dem
Transport gegen Dritte etwa mit ([X.] "verteidigt"
und dadurch das Handeltreiben gegebenenfalls zu einem be-waffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im [X.]inne von §
30a Abs.
2 Nr.
2 [X.]tGB wird.
b)
Kommt es im Rahmen einer bestehenden Lieferbeziehung ohne eine für beide [X.] teilidentische Ausführungshandlung zur Entgegen-nahme weiterer Betäubungsmittel aus Anlass der Bezahlung zuvor bereits "auf [X.]"
gelieferter Betäubungsmittel,
verbindet
dies
beide Handelsge-schäfte zu einer Tat im [X.]inne einer natürlichen Handlungseinheit.
27
28
-
14
-
aa)
Beide strafrechtlichen
Betätigungen sind jeweils für sich genommen Bestandteile zweier unterschiedlicher [X.] im [X.]inne des [X.] mit Betäubungsmitteln; die Annahme einer (einzigen) Bewertungsein-heit kommt danach regelmäßig nicht in Betracht. Jedoch stehen beide Betäti-gungsakte

ohne tatbestandliche Überschneidung in zumindest einem
Teil der Ausführungshandlung, sondern aufeinander folgend

in
einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang. In objektiver Hinsicht erscheinen sie daher vor dem Hintergrund der zwischen den Beteiligten bestehenden
Lieferbe-ziehung als [X.]. In einer solchen Kon-stellation ist nicht lediglich von einem nur gelegentlichen Zusammentreffen zweier Tatbestände auszugehen.
bb)
Auch das für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit wei-terhin erforderliche subjektive Element des einheitlichen Willens, von dem
die einzelnen [X.] getragen
sein müssen, ist in den Fällen der Bezah-lung einer früheren und der Entgegennahme der Betäubungsmittel einer weite-ren Lieferung regelmäßig gegeben. Zwar erfüllen beide Betätigungen als ge-sonderte Handlungen das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln nur für die jeweilige Lieferung. Gemeinsame Grundlage ist aber auch hier regelmäßig der über die einzelnen [X.] hinausreichende Wille von Lieferant und Abnehmer, im Rahmen einer über ein Einzelgeschäft
29
30
-
15
-
hinausreichenden Lieferbeziehung nicht nur ein Umsatzgeschäft zu tätigen und insgesamt aus mehreren
Rauschgiftgeschäften größtmöglichen Gewinn zu [X.].
[X.]
Raum
[X.]ost-[X.]cheible
[X.]
Jäger
[X.]chäfer
[X.]
[X.]

[X.]
[X.]
Gericke

Meta

GSSt 4/17

10.07.2017

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2017, Az. GSSt 4/17 (REWIS RS 2017, 8343)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8343

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