Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.05.2023, Az. IV ZR 72/22

4. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 3722

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Gegenstand

Streitwertbeschwerde: Antrag einer Partei auf Erhöhung des Streitwerts in Ansehung eines Pflichtteilsanspruchs


Tenor

Auf die Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Senats vom 15. März 2023 dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das [X.] auf 1.335.000 € festgesetzt wird.

Die Gegenvorstellung des Streithelfers der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Senats vom 15. März 2023 wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Die Kläger haben mit ihrer Klage im Wesentlichen die Übertragung des Nachlasses ihres [X.] gegen Zahlung von 90.000 € von der [X.] verlangt. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Der Senat hat mit Beschluss vom 15. März 2023 die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger zurückgewiesen und den Streitwert auf bis 380.000 € festgesetzt. Dieser Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Streithelfers der [X.] am 20. März 2023 zugestellt worden. Mit ihrer am 28. März 2023 beim [X.] eingegangenen Gegenvorstellung beantragen der Streithelfer und sein Prozessbevollmächtigter eine Abänderung der Streitwertfestsetzung auf 1.335.000 €.

2

II. 1. [X.] ist unzulässig. Eine [X.] kann - jedenfalls in der Regel - nur mit dem Ziele der Herabsetzung des Streitwerts Beschwerde einlegen oder Gegenvorstellung erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 1986 - [X.], NJW-RR 1986, 737 [juris Rn. 4]), denn sie wird durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwerts grundsätzlich nicht beschwert (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Oktober 2009 - [X.]/09, juris Rn. 3). Besondere Umstände, die abweichend hiervon eine Beschwer des Streithelfers wegen der seiner Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann eine [X.] die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen, durch die Erhöhung des Streitwerts das finanzielle Risiko der Gegenpartei an der Prozessführung zu steigern ([X.], Beschluss vom 20. Dezember 2011 - [X.], [X.], 114 Rn. 6).

3

2. Auf die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten des Streithelfers, die innerhalb der analog geltenden Frist des § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2019 - [X.], [X.] 2019, 706 Rn. 3 m.w.[X.]), war die Streitwertfestsetzung wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern.

4

a) Entgegen der Bewertung des Nachlasses durch den Nachlasspfleger mit 367.855,02 €, die der bisherigen Streitwertfestsetzung zugrunde lag, haben die Kläger in einer beim [X.] eingereichten Klageschrift vom 28. Dezember 2022 den Nachlass im Einzelnen aufgeführt und dessen Nettowert auf ca. 2.670.000 € geschätzt, wobei sie für die Werte von Grundeigentums- und Gesellschaftsanteilen wiederum die Angaben der [X.] übernommen haben. Es kann offenbleiben, worauf es beruht, dass diese Wertangaben dem Senat durch die [X.]en nicht vor seiner Entscheidung mitgeteilt wurden. Dies hindert eine Berücksichtigung dieser Angaben nicht, wenn die Kläger den Wert zuvor objektiv zu niedrig angegeben haben und nunmehr deren korrigierte Wertangaben vorliegen. Nach Abschluss des Verfahrens mit dem Ziel einer Erhöhung des Streitwerts vorgetragene Tatsachen können dann keine Berücksichtigung finden, wenn sie weder festgestellt noch unstreitig sind (vgl. Senatsbeschluss vom 13. November 2019 - [X.], juris Rn. 4). Hier haben die [X.]en jedoch keine Einwände gegen die Authentizität der vorgelegten Klageschrift oder die Richtigkeit der darin enthaltenen Wertangaben erhoben. Entgegen der Ansicht der Kläger ist es unschädlich, wenn es sich bei ihrer Streitwertangabe in dieser Klageschrift zunächst nur um eine Schätzung handelt. Sie haben sich die Angaben der [X.] zum Nachlasswert zu eigen gemacht und auf dieser Grundlage Klage erhoben. Das Interesse der Kläger in jenem und in diesem Rechtsstreit stimmt auch insoweit überein, als sie jeweils den Nachlass oder einen Teil dessen Wertes verlangen.

5

b) Für die Streitwertfestsetzung ist der Nachlasswert aufgrund der Pflichtteilsansprüche der Kläger nach ihrem [X.] in Höhe von jeweils 1/4 zu halbieren. Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise muss der Wert des dem Grunde nach unstreitigen Pflichtteilsanspruchs bei der Festsetzung des Werts außer Betracht gelassen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Juni 2002 - [X.], juris Rn. 9; vom 15. Januar 1975 - [X.], [X.] 1975, 389 [juris Rn. 1]).

Prof. Dr. Karczewski     

  

Harsdorf-Gebhardt     

  

Dr. Bußmann

  

Dr. Bommel     

  

Rust     

  

Meta

IV ZR 72/22

24.05.2023

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 15. März 2023, Az: IV ZR 72/22

§ 3 ZPO, § 32 Abs 2 S 1 RVG, § 63 Abs 3 S 2 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.05.2023, Az. IV ZR 72/22 (REWIS RS 2023, 3722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3722

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Referenzen
Wird zitiert von

IV ZR 253/22

Zitiert

IV ZR 33/19

VIII ZB 59/11

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