Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 10 AZR 319/12

10. Senat | REWIS RS 2013, 5835

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Gegenstand

Intensivzulage und Stationsleitungszulage nach TV-L


Tenor

1. Die Revision des [X.] und die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Februar 2012 - 2 [X.]/10 - werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Zulage nach § 43 Nr. 8 Abs. 1 [X.] iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O in Höhe von 90,00 Euro brutto monatlich ([X.]), hilfsweise über die Zahlung einer Zulage gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich ([X.]).

2

Der Kläger ist seit 1993 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgänger als Pfleger beschäftigt. Jedenfalls seit 1. November 2006 hat er die Stationsleitung der gynäkologischen Überwachungsstation ([X.] der Frauenklinik) inne; die Pflegetätigkeit überwiegt jedoch.

3

Auf das Arbeitsverhältnis finden jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung.

4

§ 43 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung lautet auszugsweise:

        

Sonderregelungen für die nichtärztlichen Beschäftigten in Universitätskliniken und [X.]ankenhäusern

        

Nr. 1 

        

Zu § 1 - Geltungsbereich -

        

Diese Sonderregelungen gelten für Beschäftigte (mit Ausnahme der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, die unter § 41 oder § 42 fallen), wenn sie in Universitätskliniken, [X.]ankenhäusern oder sonstigen Einrichtungen und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen, beschäftigt werden.

        

       

        

Nr. 8 

        

Regelungen zur Anwendung der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O

        

(1)     

Der Betrag nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 und Absatz 1a zu Abschnitt A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O wird von 46,02 Euro auf 90,00 Euro erhöht. Die Zulage steht auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zu.

        

(2)     

Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O, denen die Leitung einer Station übertragen ist, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 45,00 Euro, soweit diesen Beschäftigten in demselben Zeitraum keine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Absatz 1 oder Absatz 1a zu Abschnitt A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O gezahlt wird. Dasselbe gilt für Beschäftigte in der Funktionsdiagnostik, in der Endoskopie, im Operationsdienst und im Anästhesiedienst.“

5

Die Protokollerklärung Nr. 1 zu Abschn. A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O ([X.]), die gemäß § 17 [X.] auf das Arbeitsverhältnis weiter Anwendung fand, regelt auszugsweise Folgendes:

        

„(1a) 

Pflegepersonen der Vergütungsgruppen [X.] I bis [X.] VII, die zeitlich überwiegend in Einheiten für Intensivmedizin Patienten pflegen, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 46,02 €.“

6

Die Protokollerklärung Nr. 3 (PE Nr. 3) lautet:

        

„Einheiten für Intensivmedizin sind Stationen für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung. Dazu gehören auch [X.], die für Intensivbehandlung und Intensivüberwachung eingerichtet sind.“

7

Die Beklagte unterhält mehrere Intensivstationen, jedoch keine in der Frauenklinik. Die rein technische Ausstattung des [X.]s der Frauenklinik entspricht derjenigen einer Einheit für Intensivmedizin; eine künstliche Beatmung ist dort jedoch nicht vorgesehen. Der Personalschlüssel für den [X.] liegt bei 1,7 Pflegekräften pro Patientin. Am Wochenende und an Feiertagen ist die Personalstärke reduziert. In der Frauenklinik frisch operierte Patientinnen werden entweder in den unter anästhesistischer Leitung stehenden Aufwachraum, in den organisatorisch der Frauenklinik zugeordneten [X.] oder auf eine Intensivstation, etwa der chirurgischen Klinik, verbracht.

8

Die Beklagte zahlte den Pflegekräften des [X.]s bis einschließlich Januar 2007 eine „[X.]“, ab November 2006 in Höhe von 90,00 Euro. Mit Schreiben vom 9. Januar 2007 teilte die Beklagte mit, dass sie nach Inkrafttreten des [X.] am 1. November 2006 keine Möglichkeit mehr sehe, „die bisher übertariflich gewährte [X.] weiterhin anzuweisen“. Im Februar 2007 wurden die Zulagen für die Monate November 2006 bis Januar 2007 rückwirkend von der Vergütung abgezogen. Eine Zahlung der Zulage erfolgte seitdem, trotz eines [X.] vom 6. März 2007, nicht mehr.

9

In einem zwischenzeitlich geführten [X.] erkannte die Beklagte die vom Kläger begehrte Eingruppierung in die Vergütungsgruppe [X.] VII ab 1. Juli 2006 an; es erging ein entsprechendes Anerkenntnisurteil. Die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe [X.] VII setzte beim Kläger nicht die Tätigkeit in einer Einheit für Intensivmedizin voraus.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der [X.] der Frauenklinik stelle eine Einheit der Intensivmedizin im Sinne der tariflichen Bestimmungen dar. Die apparative Ausstattung des [X.]s entspreche einer Einheit für Intensivmedizin und ebenso sei der Personalschlüssel nach den „Richtlinien für die [X.] in den [X.]ankenhäusern - Empfehlung der Deutschen [X.]ankenhausgesellschaft vom 9. September 1974“ (Intensivrichtlinien) ausreichend.

Die Arbeitsweise des [X.]s stelle sich wie folgt dar: Die operierte Patientin komme in Begleitung eines Anästhesisten und weiteren Personals aus dem Operationssaal in den [X.], bei problematischen Patienten komme auch der Oberarzt mit. Im [X.] finde die Übergabe der Narkosemedikamentation sowie eine Beschreibung der Reaktion des Patienten auf die Narkose und Intubation statt. Probleme würden besprochen, Untersuchungen und Therapien angeordnet. Zur gleichen Zeit werde die Patientin an den Monitor angeschlossen, damit der Anästhesist die Vitalwerte (Blutdruck, [X.], EKG) sehen und möglicherweise gleich reagieren könne. Medikamente (Schmerzmittel) würden besprochen und auch gleich verabreicht bzw. angeschlossen. Die Infusionstherapie, also die Gabe von Blutkonserven, Elektrolyten etc. oder notwendige Blutentnahmen, insbesondere bei Herzinfarkt, würden besprochen. Alle Ableitungen müssten versorgt werden. Bei großen Operationen kämen zentral intravenöse Zugänge zum Einsatz, da der Patient über Infusionen tagelang ernährt werden müsse. Es werde möglicherweise auch ein arterieller Zugang gelegt, der unumgänglich sei für die Gabe von Katecholaminen. Der Flüssigkeitshaushalt und die Zufuhr und Ableitung von Flüssigkeiten würden dokumentiert, der zentrale [X.] gemessen und ggf. Medikamente verabreicht.

Mit Einführung des [X.] seien keinerlei organisatorische Änderungen in den Arbeitsabläufen einhergegangen.

Jedenfalls habe der Kläger ab 1. Februar 2009 Anspruch auf die [X.] in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich. Die tariflichen Voraussetzungen seien erfüllt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit 1. November 2006 eine Zulage in Höhe von 90,00 Euro brutto monatlich gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 1 [X.] iVm. der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O zu zahlen,

        

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit 1. Februar 2009 eine Zulage in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Beim [X.] der Frauenklinik handle es sich nicht um eine Einheit der Intensivmedizin. Dort würden nur frisch operierte Patientinnen mit stabiler [X.]eislaufsituation routinemäßig nachversorgt und überwacht. [X.]eislaufinstabile Personen, die während der [X.] als intensivpflichtig angesehen würden, würden in die jeweils geeigneten Intensivstationen anderer Kliniken (Innere Medizin oder Chirurgie) verlegt, da insbesondere kein aktuell qualifiziertes Intensivpersonal im Bereich des [X.]s zur Verfügung stehe. Auch entspreche der Personalschlüssel nicht annähernd dem einer Intensivstation. In der chirurgischen Intensivstation betrage der Personalschlüssel 3,5 Pflegekräfte pro Patient, in der internistischen Intensivstation 3 Pflegekräfte pro Patient.

Auch die Organisation sei nicht so eingerichtet, dass man den [X.] als Einheit der Intensivmedizin betrachten könnte. So sei es Ziel der [X.], auf Intensivstationen ausschließlich fachweitergebildetes Personal arbeiten zu lassen, auch wenn dies derzeit angesichts der Rahmenbedingungen im [X.]ankenpflegebereich nicht realisiert werden könne. Im [X.] der Frauenklinik hingegen werde weder eine Fachweiterbildung Anästhesie/Intensivpflege noch eine entsprechende Berufserfahrung für nicht einschlägig weitergebildetes Personal als erforderlich vorausgesetzt. Von der Konzeption des [X.]s sei auch nicht vorgesehen, dass hier lebensbedrohte Personen überwacht würden. Sobald eine Lebensbedrohung festgestellt werde, zB unmittelbar nach einer großen/langen Operation, erfolge eine Verlegung auf die Intensivstation der Chirurgie oder die interdisziplinäre operative Intensivstation.

Auch der Hilfsantrag sei unbegründet; dem Kläger stehe eine [X.] nicht zu. Es sei bereits fraglich, ob dem Kläger eine Leitungszulage zustehen könne, da er weniger als 50 Prozent Leitungstätigkeit ausübe. Vor allem aber falle er nicht unter die Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a zu Abschn. A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O; der [X.] sei keine Einheit der Intensivmedizin. Soweit § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] nur von „Pflegepersonen im Sinne des Abschnitts A der Anlage 1b zum [X.]/[X.]-O“ spreche, sei davon auszugehen, dass das Weglassen der Zitierung der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a lediglich zur Vermeidung der Wiederholung des langen Zitats erfolgt sei. Dies ergebe sich aus dem letzten Halbsatz desselben Satzes, in dem der Wegfall der Anspruchsberechtigung mit Blick auf eine Zahlung einer Zulage gemäß Abs. 1 geregelt werde. Der Sinn der Neuregelungen in § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] liege darin, dass man denjenigen, die nach Abs. 1 deswegen auf die erhöhte Zulage kein Anrecht hätten, weil sie nicht überwiegend Pflegetätigkeit ausübten, wenigstens eine Zulage in der früheren Höhe gewähren wolle, wenn sie überwiegend die Pflegetätigkeit deshalb nicht mehr ausübten, weil sie in größerem Umfang Leitungsfunktionen übernommen hätten. Es gebe kein Indiz dafür, dass man mit dieser Regelung eine völlig neue [X.] abgekoppelt von den Tätigkeiten der Protokollerklärung zum [X.] habe schaffen wollen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr im Hinblick auf die [X.] stattgegeben. Einen Anspruch auf die [X.] hat es nach Beweisaufnahme mangels Vorliegens der tariflichen Voraussetzungen abgelehnt. Das [X.] hat die Revision für beide Parteien zugelassen. Der Kläger begehrt mit seiner Revision eine Verurteilung der [X.] zur Zahlung der [X.], die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision des [X.] und die [X.] der [X.] sind zulässig, aber unbegründet.

1. Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der [X.] nach § 43 Nr. 8 Abs. 1 [X.] iVm. der [X.] 1.

a) Der Kläger ist nicht in einer Einheit für Intensivmedizin iSd. [X.] 3 tätig. Das [X.] geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass es sich beim [X.] der Frauenklinik nicht um eine solche handelt.

aa) Für die Definition der Begriffe „Einheiten für Intensivmedizin“, „Intensivbehandlung“, „[X.]“ und „Wachstation“ ist auf die - unverändert gebliebenen - [X.] der [X.] vom 9. September 1974 zurückzugreifen (grundlegend [X.] 10. Juli 1996 - 4 [X.] -; 26. September 2001 - 10 [X.] 526/00 - [X.]E 99, 131). Danach ist als „Einheit“ eine entsprechende Station anzusehen, eine weiter gehende Verselbstständigung ist nicht gefordert ([X.] 10. Juli 1996 - 4 [X.] - zu [X.] 5.4.1 der Gründe). Die [X.] 3 setzt dabei voraus, dass die entsprechenden Einheiten sowohl die Aufgabe der [X.] als auch der Intensivbehandlung haben. [X.] und -behandlung im Tarifsinn kommt wiederum nur bei [X.]en in Betracht. [X.] ist ein schwerst, oft lebensbedrohlich Erkrankter, der über einen längeren [X.]raum einer intensiven Beobachtung bzw. intensiven Therapie bedarf und bei dem ein beträchtlich über die Norm hinausgehendes Maß an medizinischem Aufwand betrieben werden muss. Ein Überwachungsfall kann bei einem solchen Patienten von einer Minute zur anderen zu einem Behandlungsfall werden. Räumlich und organisatorisch von einer Intensivstation getrennte [X.] müssen dabei in Aufbau und Ausstattung den Intensivstationen entsprechen, wobei der Übergang zwischen [X.] und Intensivbehandlung fließend ist ([X.] 10. Juli 1996 - 4 [X.] - zu [X.] 5.4.2 und 5.4.3 der Gründe).

Dementsprechend hat der Senat den Zweck der [X.] darin gesehen, die Erschwernis auszugleichen, die aus den besonderen Pflegebedingungen in Einheiten für Intensivmedizin herrühren. Dort würden vital bedrohte Schwerkranke aufgenommen, die eine intensive Überwachung, Behandlung und Pflege durch besonders geschultes Personal unter Einsatz besonderer technischer Einrichtungen benötigen ([X.] 17. März 2004 - 10 [X.] - zu [X.] 4 b der Gründe).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s nicht in einer Einheit für Intensivmedizin tätig. Um eine „klassische“ Intensivstation iSd. [X.] Nr. 3 Satz 1 handelt es sich beim [X.] nicht; darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Der [X.] ist auch nicht „für Intensivbehandlung und [X.] eingerichtet“ iSd. [X.] Nr. 3 Satz 2.

(1) Nach den og. Grundsätzen bedeutet „eingerichtet sein“ nicht das bloße Vorhandensein entsprechender technischer Hilfsmittel. Dies ist zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung zur Bejahung des [X.]. Vielmehr müssen darüber hinaus nach Quantität und Qualität die personellen Voraussetzungen vorhanden sein, um eine solche [X.] und -behandlung durchführen zu können. Weiter setzt das [X.] voraus, dass einer solchen Wachstation tatsächlich [X.]en zugewiesen werden oder bleiben; die Zuweisung von „normalen“ Patienten - sei es mit erhöhtem Überwachungsbedarf - genügt nicht. In einem Krankenhaus kann es jederzeit und auf jeder Station zu lebensbedrohlichen Situationen und zu einer entsprechenden Behandlungsbedürftigkeit von Patienten kommen. Deshalb ist aber nicht jeder Patient gleichzeitig [X.] iSd. [X.]. Nur wenn Patienten mit einer Gefährdung oder Störung der vitalen Funktionen, die durch besondere Maßnahmen aufrechterhalten und/oder wieder hergestellt werden müssen, bei Eintritt einer solchen Situation in der Wachstation auch behandelt werden, handelt es sich um eine Einheit der Intensivmedizin im Tarifsinn. Von den Intensivstationen iSd. [X.] 3 Satz 1 unterscheiden sich die [X.] iSd. Satzes 2 dabei dadurch, dass nicht ausschließlich oder auch nur überwiegend [X.]en behandelt werden. Vielmehr genügt es, wenn mit entsprechender technischer und personeller Ausstattung [X.] und -behandlung durchgeführt wird, wenn dies im Einzelfall erforderlich ist.

(2) An einer solchen Intensivbehandlung fehlt es vorliegend. Nach den Feststellungen des [X.]s, die auf der durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme basieren, findet im [X.] eine intensivierte Überwachung statt, die gegenüber dem Normalmaß herausgehoben ist. Der Krankenhausbetrieb bei der [X.] ist jedoch so organisiert, dass Patientinnen, bei denen eine lebensbedrohliche Situation erkennbar ist („intensivpflichtige Patienten“), nach einer Operation gar nicht in den [X.] verlegt werden, sondern sofort auf die Intensivstation einer anderen Klinik. Patientinnen, bei denen unerwartet im [X.] eine solche lebensbedrohliche Situation eintritt, werden schnellstmöglich ebenfalls auf eine Intensivstation verlegt. Dort findet dann die notwendige Intensivbehandlung statt. Dementsprechend ist nach den Feststellungen des [X.]s künstliche Beatmung im [X.] nicht vorgesehen. Zu einer Intensivbehandlung gehört aber typischerweise die Notwendigkeit auch längerfristiger künstlicher Beatmung (vgl. [X.] unter [X.] 8.2.1 Operative Fächer 3. Geräte zur Dauerbeatmung). Damit pflegt der Kläger „seine“ Patienten nicht in einer Einheit für Intensivmedizin im oben genannten Sinn.

b) Ein Anspruch des [X.] auf Fortzahlung der von der [X.] als „Pflegezulage“ in Höhe von 90,00 Euro monatlich ab November 2006 geleisteten Zahlung als übertarifliche Leistung ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Davon gehen auch die Parteien aus, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend klargestellt haben.

2. Die zulässige [X.] der [X.] ist unbegründet.

a) Die [X.] ist zulässig. Sie ist statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt sowie frist- und ordnungsgemäß begründet (§ 74 Abs. 1 ArbGG, § 551 Abs. 3 ZPO; vgl. allgemein zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen zB [X.] 17. Januar 2012 - 3 [X.] - Rn. 16 ff.).

b) Die [X.] ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die [X.] gemäß § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Höhe von 45,00 Euro brutto monatlich.

aa) Die Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Das angestrebte Urteil ist geeignet, den Streit der Parteien über den Anspruch des [X.] auf die [X.] endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern. Der teilweise Vergangenheitsbezug des [X.] steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden [X.]raum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil anstrebt ([X.]Rspr., zuletzt zB [X.] 14. April 2011 - 6 [X.] - Rn. 11).

bb) Dem Kläger ist die Leitung einer Station iSd. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] übertragen. Dies ergibt die Auslegung der tariflichen Vorschriften.

(1) Schon nach dem Wortlaut der Tarifnorm, von dem vorrangig auszugehen ist ([X.]Rspr., vgl. zB [X.] 27. Juli 2011 - 10 [X.] - Rn. 14), erscheint dies eindeutig. Beim Kläger handelt es sich um eine Pflegeperson iSd. Abschn. A der Anlage 1b zum [X.]; dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Auch ist ihm die Leitung einer Station übertragen und er erhält keine Pflegezulage nach der [X.] Nr. 1 Abs. 1 oder Abs. 1a (vgl. oben I 1 a). Die Tarifnorm verlangt nach ihrem Wortlaut weder, dass die Leitungstätigkeit arbeitszeitlich überwiegend ausgeübt wird noch, dass die Leitungstätigkeit in einem Bereich stattfinden muss, in dem für die Stationsleitung oder die anderen Beschäftigten dem Grunde nach ein Anspruch auf die Pflegezulage nach der [X.] Nr. 1 besteht (ebenso Bepler/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Bd. I Stand Oktober 2012 § 43 Nr. 8 Rn. 3 ff.; aA ohne Begründung [X.]/Neffke/[X.] [X.] § 43 Nr. 8 Rn. 2).

(2) Auch gibt der tarifliche Gesamtzusammenhang, insbesondere die Systematik der weiter geltenden Vergütungsordnung und der Zweck der Zulagengewährung, für eine solche einschränkende Auslegung keine Anhaltspunkte.

(a) Durch Abs. 1 und Abs. 1a der [X.] 1 ist für Pflegepersonen bestimmter Vergütungsgruppen ein Anspruch auf die Gewährung von Zulagen eingeführt worden, die dem Ausgleich besonderer Belastungen dienen sollen. Abs. 1 knüpft dabei an die Pflege bestimmter Patientengruppen an, Abs. 1a an die Tätigkeit in einer speziellen organisatorischen Einheit, in der die Pflege geleistet wird. Dabei handelt es sich um zwei unterschiedliche Zulagentatbestände (vgl. [X.] 17. März 2004 - 10 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe). Durch § 43 Nr. 8 Abs. 1 [X.] wurde diese Pflegezulage von 46,02 Euro auf 90,00 Euro erhöht. Gleichzeitig wurde - entgegen der früheren Rechtslage ([X.] 17. März 2004 - 10 [X.] - aaO) - klargestellt, dass diese Zulage dem Beschäftigten auch bei Erfüllung mehrerer Tatbestände nur einmal zusteht. Die [X.] Nr. 1 wurde insoweit in zweierlei Hinsicht modifiziert.

(b) § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] schafft demgegenüber einen neuen Zulagentatbestand und erweitert den Kreis der Berechtigten auf diejenigen Pflegepersonen, die eine Station leiten. Diesen wird nicht die Pflegezulage iSd. [X.] Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 1a gewährt, sondern es wird eine neue Zulage in anderer Höhe eingeführt. Die Tarifvertragsparteien machen damit deutlich, dass auch in der Leitungstätigkeit eine besondere, auszugleichende Belastung gesehen wird, die allerdings geringer anzusetzen ist als im Anwendungsbereich des § 43 Nr. 8 Abs. 1 [X.] Darüber hinaus wird klargestellt, dass dieser Anspruch nur dann besteht, wenn die Pflegepersonen nicht bereits die Pflegezulage nach der [X.] 1 Abs. 1 oder Abs. 1a erhalten ([X.] 24. Februar 2010 - 10 [X.] 1035/08 - Rn. 23 f.). Im Hinblick auf diese Neuartigkeit der Zulage, die für eine andere Belastung gewährt wird, besteht systematisch gerade kein Erfordernis, den Personenkreis auf den der [X.] 1 unterfallenden Personenkreis zu beschränken. Jedenfalls enthält die Tarifnorm keine Anhaltspunkte für eine solche Beschränkung. Auch wenn die unterstellten Pflegepersonen nicht zulageberechtigt nach der [X.] 1 sind, bleiben die spezifischen Belastungen der Leitungsaufgabe bestehen. § 43 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. [X.] stellt lediglich sicher, dass die [X.] nicht zusätzlich zu der Pflegezulage bezahlt wird. Die Regelung korrespondiert damit mit § 43 Nr. 8 Abs. 1 Satz 2 [X.]

(c) Ebenso wenig ergeben sich im Hinblick auf den Zweck der Zulage oder aus der Systematik der Tarifregelung Anhaltspunkte dafür, dass die [X.] überwiegend ausgeübt werden müssen (vgl. zur Mitgliedschaft in einer Krankenhausbetriebsleitung nach der [X.] 21: [X.] 23. November 1994 - 4 [X.] 873/93 - zu B [X.] 2 b der Gründe).

cc) Der Kläger hat die [X.] mit Schriftsatz vom 11. August 2009, zugestellt am 13. August 2009, rechtzeitig iSv. § 37 [X.] für die [X.] ab 1. Februar 2009 geltend gemacht.

[X.]. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    [X.]    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Petri    

                 

Meta

10 AZR 319/12

15.05.2013

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Nürnberg, 19. Januar 2010, Az: 4 Ca 4084/09, Urteil

§ 43 Nr 8 Abs 1 TV-L, § 43 Nr 8 Abs 2 S 1 TV-L, Anl 1b Abschn A ProtErkl 1 Abs 1a BAT, Anl 1b Abschn A ProtErkl 1 Abs 1a BAT-O, Anl 1b Abschn A ProtErkl 3 BAT-O, Anl 1b Abschn A ProtErkl 3 BAT

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 10 AZR 319/12 (REWIS RS 2013, 5835)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5835

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