Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. V ZB 83/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7571

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/12

vom

7. März 2013

in der Grundbuchsache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 899; ZPO § 325 Abs. 2
Die Eintragung eines [X.]s in das Grundbuch kann bei fehlender Bewilligung des Buchberechtigten in entsprechender Anwendung von § 899 Abs. 2 [X.] (i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) nur im Wege der einstweili-gen Verfügung erzwungen werden.
[X.], Beschluss vom 7. März 2013 -
V [X.]/12 -
[X.] [X.]

[X.]

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2

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Der V.
Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2013
durch die [X.] Richterin Dr. Stresemann,
die Richter [X.] und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des [X.] vom 26. März 2012 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:

I.
Der Beteiligte zu 2 ist Erbe des verstorbenen [X.], der als Eigen-tümer verschiedener Grundstücke im Grundbuch eingetragen ist. Der Beteiligte zu 1, der das Eigentum an diesen Grundstücken für sich in Anspruch nimmt, erhob gegen den Beteiligten zu 2 vor dem Prozessgericht Klage auf Zustim-mung zur Berichtigung des Grundbuchs. Unter Hinweis auf den laufenden Rechtsstreit und unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung des [X.] hat der Beteiligte zu 1 beim Grundbuchamt die Eintragung eines [X.]s beantragt. Das Grundbuchamt hat den Antrag zu-rückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit 1
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der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu
1 seinen Antrag weiter.

II.

Nach Ansicht des [X.] genügt für die Eintragung eines [X.]s der bloße Nachweis der Rechtshängigkeit nicht. Erforderlich
sei vielmehr eine einstweilige Verfügung, deren Erlass eine Glaub-haftmachung des [X.] erfordere. Der [X.] habe vergleichbare Wirkungen wie ein Widerspruch, eine Vormerkung oder ein gerichtliches Veräußerungsverbot und könne daher nach der gesetzli-chen Wertung keinen geringeren Eintragungsanforderungen unterliegen.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
78 Abs.
1 [X.]) und auch im Übri-gen zulässig (§
78 Abs.
3 [X.] i.V.m. §
71 FamFG). Sie ist jedoch unbegrün-det. Zu Recht lehnt das Beschwerdegericht es ab, das Grundbuchamt zur Ein-tragung eines [X.]s anzuweisen.

1. Die Eintragung eines Vermerks über die Rechtshängigkeit eines Zivil-prozesses über
das Eigentum oder ein im Grundbuch eingetragenes
Recht an einem Grundstück ist im Gesetz nicht vorgesehen; seine Zulässigkeit ist jedoch im Hinblick auf § 325 Abs. 2 ZPO i.V.m. §
892 Abs. 1 [X.] nahezu einhellig [X.] (vgl. etwa [X.], NJW-RR 2000, 384; [X.], NJW-RR 1994, 1498; [X.], NJW 1989, 1098; [X.], [X.] 1979, 853, 854; [X.]/[X.], [X.] [2008], §
892 Rn. 264; [X.]/[X.], 5. Aufl., §
899 Rn. 30, § 892 Rn. 61; [X.]/[X.], [X.], § 76 [X.] Rn. 18; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., §
325 Rn. 50; 2
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Toussaint in [X.], 6.
Aufl., § 899 Rn. 35; PWW/Huhn, [X.], 7. Aufl., §
899 Rn. 13; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., §
899 Rn. 7; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15.
Aufl., Rn. 1652; [X.]/[X.], Grundbuchrecht, 6. Aufl., [X.]. J 30; [X.],
Grundbuchordnung, 28. Aufl., [X.]. zu § 13 Rn. 34; [X.]/von [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., §
29 Rn. 63; [X.]/[X.]/Tank, [X.], 4.
Aufl., [X.]; [X.], [X.] 1960, 61, 63; Wächter, NJW 1966, 1366; a.A. Lickleder [X.] 114 [2001], 195).

2. Umstritten ist jedoch, auf welche Weise die Eintragung eines [X.]s in das Grundbuch gegen den Willen des Betroffenen [X.] werden kann.

a) Nach überwiegender Meinung genügt in entsprechender Anwendung von § 22 [X.] der gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 [X.] zu führende Nachweis, dass ein dinglicher Anspruch, der die im Grundbuch verzeichnete Rechtsposition betrifft, rechtshängig geworden ist. Im Gegensatz zum Widerspruch gemäß § 899 Abs. 2 [X.] sei Anknüpfungspunkt des guten Glaubens beim [X.] nicht die materielle Rechtslage, son-dern allein die Rechtshängigkeit eines Prozesses. Der [X.] sei daher ein Sicherungsmittel von wesentlich geringerem Gewicht. [X.] werde der im Grundbuch eingetragene Berechtigte nach Eintragung eines [X.]s in seiner Verfügungsmöglichkeit über das [X.] zwar stark eingeschränkt. Die Gefahr eines endgültigen Rechtsverlusts für den wahren Berechtigten wiege aber schwerer als die nur zeitlich be-schränkte Beeinträchtigung des Buchberechtigten ([X.], [X.] 2009, 250, 251; [X.]
Brandenburg, Beschluss vom 27. November 2007

5 [X.], juris Rn. 5; [X.], NJW-RR 2005, 1099, 1100; [X.], NJW-RR 2003, 234; [X.], NJW-RR 2000, 384, 385; [X.], NJW-RR 1994, 1498, 1499; [X.], NJW 1989, 1098, 1099; [X.] 5
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Stuttgart, [X.] 1979, 853, 854; [X.]/[X.], 4.
Aufl., § 325 Rn.
102; PWW/Huhn, [X.], 7. Aufl., §
899 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 899 Rn. 7; [X.]/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 325 Rn. 50; [X.]/[X.], ZPO, 70. Aufl., § 325 Rn. 10 f.; [X.], [X.], 28. Aufl., [X.]. zu § 13 Rn. [X.]/von [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., § 29 Rn. 63; [X.], [X.], 359; [X.], [X.]
2009, 252; Mai, [X.] 2003, 108, 110).

b) Nach anderer Auffassung, der sich auch das Beschwerdegericht [X.] hat, erfordert die Eintragung eines [X.]s bei fehlender Bewilligung das Vorliegen einer einstweiligen Verfügung. Ein [X.] habe für den Betroffenen faktisch die gleiche Wirkung wie ein Widerspruch, da er in aller Regel einer Veräußerung oder einer Belastung des Grundstücks zur Sicherung einer Kreditaufnahme entgegenstehe. Dieser schwere Eingriff in Form der faktischen [X.] zu Lasten des Einge-tragenen sei nach der von dem Gesetzgeber in §
899 [X.] getroffenen Wertung erst dann berechtigt, wenn ein Gericht geprüft und bejaht habe, dass die Be-gründetheit des [X.] jedenfalls glaubhaft gemacht wurde ([X.]
Schleswig, [X.] 2012, 348; [X.] Köln, Rpfleger 2012, 522; Münch-Komm-[X.]/[X.], 5. Aufl., §
899 Rn. 31; [X.]/[X.], [X.]
[2012], §
899 Rn. 102; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 1654; [X.], [X.] 2012, 1119; Wächter, NJW 1966, 1366; [X.], [X.] 1966, 267, 272; a.[X.], [X.] 2010, 1, 9: Glaubhaftmachung der Rechtshängigkeit des [X.] erforderlich; [X.], NJW 1966, 1030 und [X.] Stutt-gart, NJW 1960, 1109: Glaubhaftmachung der Rechtshängigkeit des [X.] und der Gefährdung des Anspruchs erforderlich).

3. Die zweite Meinung ist zutreffend.
Bei fehlender Bewilligung kann die Eintragung eines [X.]s in entsprechender Anwendung 7
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von § 899 Abs. 2 [X.] (i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) nur im Wege der [X.] Verfügung erzwungen werden.

a) Eine Eintragung in das Grundbuch erfordert die Eintragungsbewilli-gung des Betroffenen. Diese kann durch den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs durch öffentliche Urkunde oder durch eine einstweilige Verfügung
ersetzt
werden. Die Rechtshängigkeit eines dinglichen Anspruchs, der eine im Grundbuch verzeichnete Rechtsposition betrifft, führt nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs. Daher genügt für die Eintragung eines [X.]s allein der Nachweis der Rechtshängigkeit nicht. Vielmehr muss ange-sichts der inhaltlichen Nähe von [X.] und Widerspruch (§
899 Abs. 1 [X.]) die vom Gesetzgeber in § 899 [X.] für die Eintragung ei-nes Widerspruchs getroffene
Wertung auch für den [X.]
gelten.
Nur die einstweilige Verfügung ist daher geeignet, die Eintragungsbewil-ligung zu ersetzen. Eine solche ist von dem Prozessgericht zu erlassen, wenn das Bestehen des rechtshängigen Anspruchs glaubhaft gemacht worden ist; einer Glaubhaftmachung der Gefährdung der Rechte des Klägers bedarf es dagegen nicht (vgl. § 899 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

aa) Widerspruch und [X.] haben ähnliche rechtli-che Wirkungen.
Nach § 265 Abs. 1 ZPO schließt ein
über ein Recht an einem Grundstück anhängiger Rechtsstreit nicht das Recht der Partei aus, das [X.] zu veräußern. Allerdings wirkt ein Urteil gemäß § 325 Abs. 1 und 2 ZPO gegen einen [X.], der nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfol-ger geworden ist, sofern er die Rechtshängigkeit gekannt hat. Durch die Eintra-gung der Rechtshängigkeit sichert sich die klagende Partei also die Rechts-krafterstreckung
gegenüber dem Rechtsnachfolger des Buchberechtigten.
[X.] kommt dem [X.] eine ähnliche Wirkung wie dem [X.] zu, mit dessen Eintragung sich die klagende Partei gegen einen Ver-9
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lust und gegen eine Beeinträchtigung ihrer materiellen Rechtsstellung
sichert
(vgl. [X.], [X.] 1966, 268, 273; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
325 Rn. 99).

bb) Widerspruch und [X.] haben für den verklag-ten Buchberechtigten auch faktisch
dieselben Auswirkungen. Mit einem solchen Vermerk im Grundbuch wird in aller Regel weder die Veräußerung noch eine Belastung zur Sicherung einer Kreditaufnahme gelingen. Aus diesem Grunde ist bereits in den Motiven zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches eine Vorschrift, die auf den bloßen Antrag hin die Eintragung der Rechtshängig-
bei offenbarem Ungrunde der Klage den mit der Rechtshängigkeitseintragung verbundenen Nachtheilen preisgeben, nicht selten kreditlos machen und ; vgl. aber auch Prot. III S. 107).

b) Der Umstand, dass es Situationen gibt, in denen
die Glaubhaftma-chung des [X.] nicht gelingt und daher eine einstweilige Ver-fügung nicht ergeht, rechtfertigt es nicht, für die Eintragung eines Rechtshän-gigkeitsvermerks
geringere Voraussetzungen aufzustellen. Angesichts der ge-setzlichen Wertung kann die Folge nur sein, dass in einem solchen Fall kein Sicherungsmittel eingetragen werden darf. Im Übrigen würde der gesetzlich geregelte Widerspruch bedeutungslos, wenn die Eintragung eines Rechtshän-gigkeitsvermerks nur an den Nachweis der Rechtshängigkeit gebunden wäre. Denn dann würde der Kläger dem [X.] regelmäßig den Vorzug vor der schwieriger zu bewirkenden Eintragung eines Widerspruchs ge-ben (Wächter, NJW 1966, 1366, 1367).

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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1
KostO. Maßgebend ist das wirtschaftliche Interesse an der Sicherung des im Hauptsacheverfahren verfolgten Anspruchs auf Zustimmung zur [X.].

Stresemann

[X.]

Schmidt-Räntsch

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.02.2012 -
Petzkofen 595-17 u. [X.] 468-70 -

[X.] [X.], Entscheidung vom 26.03.2012 -
15 W 328/12 -

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Meta

V ZB 83/12

07.03.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2013, Az. V ZB 83/12 (REWIS RS 2013, 7571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7571

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V ZB 83/12

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