Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2011, Az. II ZB 12/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5599

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 12/10

vom

21.
Juni 2011

in der Genossenschaftsregistersache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §§ 53, 54, 55, 64c, 101; [X.] § 155
a)
Das Recht und die Pflicht des genossenschaftlichen [X.], nach §§
53, 54 [X.] die gesetzlichen Pflichtprüfungen durchzuführen, besteht nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Genossenschaft jedenfalls dann nicht mehr, wenn der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft ein-gestellt worden ist.
b)
Sind in diesem Fall die Voraussetzungen für die Prüfung des Jahresabschlusses nach §
53 Abs.
2 [X.] erfüllt, ist gemäß §
155 Abs.
3 Satz
1
[X.] auf Antrag des Insolvenzverwalters ein Abschlussprüfer durch das Registergericht zu bestellen. Der Insolvenzverwalter kann dem Registergericht den Prüfungsverband als [X.] vorschlagen. Er kann aber auch eine andere Person vorschlagen.
[X.],
Beschluss vom 21. Juni 2011 -
II ZB 12/10 -
OLG [X.]

LG [X.] (Oder)

AG [X.] (Oder)

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des [X.] hat am 21.
Juni 2011 durch [X.]
[X.], [X.]
Strohn, die Richterin-nen Caliebe
und
Dr.
Reichart
sowie den Richter
Sunder
beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 1.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts [X.]
(Oder) vom 6.
April 2009 abgeändert.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts -
Registergericht
-
[X.] (Oder) vom 7.
Januar 2009 wird [X.].
Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat der Beschwerdegegner zu tragen.

[X.]: 3.000

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob im
[X.] über das Vermögen einer Genossenschaft eine Befreiung von den gesetzlichen Prüfungen des [X.] möglich ist.

Der Antragsteller ist Verwalter in dem am 1.
April 1997 eröffneten [X.] über das Vermögen der Konsumgenossenschaft Be.

e.G., die ihren Geschäftsbetrieb 1997 eingestellt hat. Die Schuldnerin
1
2
-
3
-

ist seit dem Jahr 1991 Mitglied des K.

-Prüfverbands e.V., B.

, jetzt Prü-
fungsverband

K.

e.V.,
[X.], dem Beschwerdegegner. Die letzte Prüfung des [X.] fand
im Jahr 2004 statt und bezog sich auf die Jahresabschlüsse der Jahre 2002 und 2003.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 6.
September 2007 beantragt, die Konsumgenossenschaft Be.

analog §
270 Abs.
3 AktG, §
71 Abs.
3
GmbHG von der gesetzlichen Prüfungspflicht für die Wirtschaftsjahre ab 2004 zu befreien. Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben, das Beschwerdege-richt hat ihn auf die Beschwerde des [X.] zurückgewiesen. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Das [X.] (ZIP 2010, 1459) möchte die weitere Beschwerde als unbegründet zurückweisen, sieht sich daran aber durch den Beschluss des [X.] vom 16.
März 2009 ([X.], 2105) gehindert und hat die Sache daher dem [X.] zur Entschei-dung vorgelegt.
II.
Die Voraussetzungen für die Vorlage gemäß §
28 Abs.
2 [X.] in [X.] mit Art.
111 Abs.
1 Satz
1 [X.]-Reformgesetz sind erfüllt. Das [X.] hat in dem angeführten Beschluss die Ansicht vertreten, eine Genossenschaft unterliege nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht der Pflichtprüfung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband. Von die-ser obergerichtlichen Rechtsprechung würde das vorlegende [X.] mit seiner beabsichtigten Entscheidung abweichen. Zwar geht es bei der Ent-scheidung des [X.] nicht -
wie hier
-
um ein Gesamtvoll-streckungsverfahren, sondern um ein Insolvenzverfahren. Die Rechtslage ist 3
4
5
-
4
-

insoweit jedoch gleich (vgl. §
1 Abs.
4 Satz
2 [X.]). Ohne Bedeutung ist auch, dass hier nur die Befreiung von der Prüfungspflicht analog §
270 Abs.
3 Satz
1 AktG, §
71 Abs.
3 Satz
1 GmbHG beantragt ist, während das [X.] Jena angenommen hat, der Prüfungsverband sei mit der Eröffnung des [X.] schon grundsätzlich nicht mehr zur Durchführung der [X.] berechtigt. Wäre der Auffassung des [X.] zu [X.], bliebe für eine Entscheidung nach §
270 Abs.
3 Satz
1 AktG, §
71 Abs.
3 Satz
1 GmbHG kein Raum.
III.
Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die Be-schwerde des [X.] zulässig ist. Insbesondere ist die Beschwer-debefugnis des [X.] nach §
20 [X.] gegeben, was der Senat unabhängig von den Verfahrensrügen des Antragstellers zu prüfen hat.
Nach §
20 Abs.
1 [X.] (jetzt §
59 Abs.
1 FamFG) steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die beanstandete Verfügung beeinträchtigt ist. Das ist bei der Entscheidung darüber, ob eine Genossenschaft von der gesetz-lichen Prüfungspflicht zu befreien ist, (auch) der Prüfungsverband, dessen [X.] die Genossenschaft ist. Der Prüfungsverband ist nach §§
54, 55 [X.] verpflichtet, die
ihm angehörenden Genossenschaften zu prüfen. Dem ent-spricht ein aus dem Mitgliedschaftsverhältnis hervorgehendes Prüfungsrecht des [X.] ([X.], [X.], 15.
Aufl., §
55 Rn.
1; s. auch [X.], Beschluss vom 1.
März 2011 -
II
ZB
6/10, ZIP
2011, 765
Rn.
9
f.), das durch den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts verletzt sein kann.
Die Konsumgenossenschaft Be.

ist noch Mitglied des beteiligten Prü-
fungsverbands. Die Mitgliedschaft einer Genossenschaft im Prüfungsverband endet nach §
64c [X.] nicht schon mit der Auflösung der Genossenschaft
-
hier durch die Eröffnung des [X.] gemäß §
101 6
7
8
-
5
-

[X.], §
1 Abs.
4 [X.]
-, sondern erst mit ihrer Vollbeendigung (OVG [X.], [X.], 1338, 1339; [X.], [X.] 2002, 520). Diese ist noch nicht ein-getreten, da das [X.] noch nicht abgeschlossen ist.
IV.
Die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers führt in der Sache zum Erfolg. Jedenfalls dann, wenn der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft -
wie hier
-
eingestellt ist, finden nach Eröffnung des Insolvenz-
oder Gesamt-vollstreckungsverfahrens keine Pflichtprüfungen mehr nach §§
53, 55 [X.] in Bezug auf das dem Verfügungsrecht des Verwalters unterliegende Vermögen statt.
Möglich sind nur noch Abschlussprüfungen. Diese obliegen aber nicht [X.] weiteres dem Prüfungsverband. Vielmehr wird der Abschlussprüfer gemäß §
155 Abs.
3 Satz
1 [X.] auf Antrag des Insolvenzverwalters durch das Regis-tergericht bestellt.
1.
Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Vorlageentschei-dung ausgeführt: Eine Befreiung von der Prüfungspflicht in entsprechender An-wendung der §
270 Abs.
3 Satz
1 AktG, §
71 Abs.
3 Satz
1 GmbHG komme nicht in Betracht, weil bei Genossenschaften eine solche Befreiung gegen den Wortlaut des Gesetzes verstieße. In §
64c [X.] sei ausdrücklich vorgesehen, dass die Pflichtprüfungen auch nach Auflösung der Genossenschaft und damit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder des Gesamtvollstreckungs-verfahrens stattzufinden hätten. Eine teleologische Reduktion der §§
53, 54, 64c [X.] sei angesichts des entgegenstehenden Wortlauts nicht möglich. Auch der Gesetzgeber habe bei der Neubekanntmachung des Genossen-schaftsgesetzes keinen Anlass gesehen, eine Befreiungsmöglichkeit einzufüh-ren.

2.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht stand.

9
10
11
-
6
-

a)
In Rechtsprechung und Schrifttum ist umstritten, ob die Genossen-schaft nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unverändert verpflichtet ist, sich von dem Prüfungsverband, dem sie angehört, prüfen
zu lassen (so OVG [X.], ZIP
1982, 1338
ff. mit zustimmender Besprechung [X.], GWW
1983, 155
f.; [X.], [X.]
2002, 520; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 36.
Aufl., §
64c Rn.
2; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 36.
Aufl., §
101 Rn.
2; [X.] in [X.], Sanie-rung und Insolvenz, 2006, §
24 Rn.
247; [X.] in [X.]er Kommentar zum [X.], 2. Aufl., §
64c Rn.
2; Hunscha in [X.]er Kommentar zum [X.], 2.
Aufl., §
101 Rn.
1; [X.], [X.], 2.
Aufl., §
64c Rn.
2, 4; Selchert, Prüfungen anlässlich der Gründung, Umwandlung, Fusion und Beendigung von Unter-nehmungen, 1977, [X.], 253, 282; [X.], [X.] 1999, 454
f.; [X.]., [X.] 2002, 521), oder ob sie der Prüfungspflicht nur noch im Hinblick auf genossenschaftsinterne Organpflichten und die Verwaltung freigegebener Mas-segegenstände unterliegt ([X.], [X.], 2105, 2106
f.; [X.], ZIP
2011, 497 ff.; [X.]., [X.], 15.
Aufl., §
64c Rn.
2, §
101 Rn.
4; [X.], [X.] 2000, 273, 277
f.; [X.], [X.], 3.
Aufl., §
93 [X.] Rn.
64, 66; [X.], [X.], Stand März 2008, §
64c Rn.
8, Stand Januar 2010, §
101 Rn.
41). Weiter wird angenommen, dass eine Prüfungspflicht durch den Prüfungsverband (nur) bei einer Eigenverwal-tung gemäß §
270 Abs.
1 [X.] bestehe ([X.]/[X.], [X.], 1116, 1121
f.; [X.]/[X.], Z[X.] 2009, 2135, 2141 f.). Schließlich wird ver-treten, dass eine Prüfungspflicht nur dann ausscheide, wenn die Genossen-schaft endgültig abgewickelt werde ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
64c Rn.
1).

b)
Der
vorliegende Fall zwingt nicht zu einer generellen Entscheidung der Streitfrage. Die Konsumgenossenschaft Be.

wird von dem Antragsteller
12
13
-
7
-

nicht fortgeführt -
gegebenenfalls mit dem Ziel, eine Fortsetzung als werbende Gesellschaft gemäß §
117 [X.] zu erreichen. Sie hat vielmehr schon im Jahr 1997 ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Jedenfalls in einem solchen Fall schei-det eine Pflichtprüfung durch den zuständigen Prüfungsverband aus, soweit das dem Verfügungsrecht des Verwalters unterliegende Vermögen betroffen ist. Das ergibt sich aus einer am Sinn und Zweck der Vorschriften orientierten Aus-legung.

aa)
Zutreffend ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass nach dem Wortlaut des § 64c [X.] (in Verbindung mit §
1 Abs. 4 [X.]) auf die Konsumgenossenschaft Be.

auch nach der Eröffnung des Gesamt-
vollstreckungsverfahrens die Bestimmungen des 4. Abschnitts des Genossen-schaftsgesetzes über die Prüfung und die Prüfungsverbände zur Anwendung kommen. Zutreffend ist auch, dass weder das Genossenschaftsgesetz noch die Insolvenzordnung oder die Gesamtvollstreckungsordnung eine Regelung der Frage enthalten, ob im Rahmen eines Insolvenz-
oder Gesamtvollstreckungs-verfahrens die Pflichtprüfung durch den zuständigen Prüfungsverband nach §§
53, 55 [X.] entfällt oder nur noch eingeschränkt stattfindet oder -
wie vom Antragsteller begehrt
-
davon befreit werden kann. Damit ist eine dahingehende Auslegung des §
64c [X.] aber nicht ausgeschlossen.

bb)
Auch der Wille des Gesetzgebers steht dieser Auslegung nicht ent-gegen.

So heißt es in der Amtlichen Begründung zur [X.] über Maßnahmen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts vom 19.
Dezember 1942, durch die §
64b [X.] über die Bestellung eines [X.] in Fällen, in denen die Genossenschaft zu Beginn der Liquidation keinem Prü-14
15
16
-
8
-

fungsverband angehört, in das Gesetz eingefügt worden ist (RGBl. I S.
729), dass von der Bestellung eines [X.] insbesondere dann abgese-hen werden könne, wenn eine andere geeignete Überwachung der Genossen-schaft stattfinde, etwa bei einer Abwicklung einer aufgelösten Genossenschaft durch einen amtlichen Kommissar ([X.]/[X.], Materialien zum Genos-senschaftsgesetz, III, Parlamentarische und sonstige Materialien [1923-1969], S. 240
f.). Auf demselben Gedanken beruht §
136 Abs.
2 des [X.] zum Genossenschaftsgesetz aus dem [X.] ([X.]/[X.], [X.] zum Genossenschaftsgesetz, III, Parlamentarische und sonstige Mate-rialien [1923-1969], [X.], 557), der allerdings nicht umgesetzt worden ist. [X.] war vorgesehen, dass während eines Konkursverfahrens eine Prüfung nicht stattfinden soll. Dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des Genossen-schaftsgesetzes durch das Gesetz zur Einführung der [X.] und zur Änderung des Genossenschaftsrechts vom 14.
August 2006 ([X.]) die Streitfrage nicht entschieden hat, lässt keinen Schluss auf eine bestimmte gesetzgeberische Absicht zu. Die Gesetzesmaterialien enthal-ten insoweit keine Hinweise.

cc)
Sinn und Zweck der gesetzlichen Pflichtprüfung der Genossenschaf-ten einerseits und des Insolvenzverfahrens andererseits lassen es geboten er-scheinen, eine Pflichtprüfung im Umfang des §
53 [X.] nicht mehr zu verlan-gen, wenn im Rahmen eines Insolvenz -
oder [X.] das Unternehmen der insolventen Genossenschaft nicht mehr weitergeführt wird, sondern die einzelnen Vermögensgegenstände der Genossenschaft vom Insolvenzverwalter verwertet werden.

Die Pflichtprüfung nach §
53 Abs.
1 [X.] bezieht sich auf die Einrich-tungen, die Vermögenslage und die Geschäftsführung der Genossenschaft. 17
18
-
9
-

Nach §
53 Abs.
2, §
164 [X.] in der Fassung des [X.] und zur Änderung des Genossenschafts-rechts vom 14.
August 2006 ist bei Genossenschaften, deren Bilanzsumme ei-ne Million Euro und deren Umsatzerlöse zwei Millionen Euro übersteigen, auch der Jahresabschluss zu prüfen. Vor dem Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung für ein frühestens am 31.
Dezember 2006 endendes Geschäftsjahr (§
164 [X.]) war der Jahresabschluss bei allen Genossenschaften zu prüfen. Die Prüfung einer Genossenschaft geht -
und ging
-
damit weit über die Abschluss-prüfung nach §§
316, 317, 336
ff. HGB hinaus. Die auch als Betreuungsprüfung bezeichnete genossenschaftliche Pflichtprüfung hat den Zweck, neben dem Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger und Genossen auch die Einhal-tung des genossenschaftlichen [X.]s im Sinne des §
1 Abs.
1 [X.] zu gewährleisten (vgl. [X.], NJW 2001, 2617, 2618). Dabei kommt dem zu-ständigen Prüfungsverband eine zukunftsbezogene Beratungsfunktion zu, die sich auf die gesamte Unternehmensorganisation einschließlich der Zweckmä-ßigkeit der Geschäftsführung des [X.] bezieht. Stellt der [X.] fest, hat er dafür zu sorgen, dass sie abgestellt werden. Dazu kann er nach §
60 [X.] eine außerordentliche Generalversammlung einberu-fen, deren Tagesordnung bestimmen und eine Person seines Vertrauens mit der Versammlungsleitung betrauen.

Der Zweck dieser Prüfungen kann nach Eröffnung des Insolvenzverfah-rens über das Vermögen der Genossenschaft jedenfalls dann, wenn deren [X.] eingestellt worden ist, nicht mehr erreicht werden. Der Insolvenz-verwalter übernimmt nach §
80 Abs.
1 [X.] -
ebenso wie der Verwalter im [X.] nach §
8 Abs.
2 [X.]
-
die Aufgaben des [X.]. Er hat bei seiner Amtsführung nicht den genossenschaftlichen Förder-zweck nach §
1 Abs.
1 [X.] zu verfolgen, sondern den Zweck des Insolvenz-19
-
10
-

verfahrens, die Gläubiger gemeinschaftlich zu befriedigen (§
1 [X.], §
17
[X.]). Bei seiner Tätigkeit wird er nicht von dem Prüfungsverband und der Generalversammlung beaufsichtigt, sondern vom Insolvenzgericht nach §
58 [X.] (§
8 Abs.
3 [X.]), dem Gläubigerausschuss und -
in geringerem Maße
-
der Gläubigerversammlung nach §§
69, 79 [X.] (§
15 [X.]). Nur hinsichtlich der Verwaltung etwaiger vom Insolvenzverwalter freigegebener [X.] verbleibt noch eine Einflussmöglichkeit des [X.] ([X.], [X.], 497, 498).

Bei dieser Sachlage kann eine Pflichtprüfung nach §§
53, 55 [X.] -
jedenfalls abgesehen von dem erwähnten [X.] des freigegebe-nen Vermögens
-
ihr Ziel, den Vorstand der Genossenschaft zu einer sowohl die Vermögensinteressen der Gläubiger und Genossen als auch den gesetzli-chen [X.] angemessen verwirklichenden Geschäftsführung anzuhal-ten, nicht mehr erreichen. Andererseits läuft es dem gesetzlichen Zweck des Insolvenzverfahrens, die Gläubiger zu befriedigen, zuwider, für eine Pflichtprü-fung zu Lasten der Masse -
entweder als Masseverbindlichkeit oder als Insol-venzforderung (zum Meinungsstand s. [X.], [X.] 2000, 273
f.) -
eine Vergü-tungspflicht zu begründen.

Soweit demgegenüber angeführt wird, die insolvenzrechtlichen Kontroll-organe seien häufig mit Personen besetzt, die mit dem Genossenschaftswesen nicht vertraut seien, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Wenn die Ge-schäftstätigkeit der Genossenschaft eingestellt ist, bedarf es des [X.] grundsätzlich nicht mehr. Der Insolvenzverwalter hat dann nur noch die Vermögensgegenstände der Genossenschaft zu verwer-ten, unberechtigte Forderungen abzuwehren und Nachschusspflichten nach §§
105
ff. [X.] geltend zu machen. Soweit dabei genossenschaftlicher Sach-20
21
-
11
-

verstand im Einzelfall erforderlich ist, sind in §
108a Abs.
2, §
116 Nr.
4 [X.] spezielle [X.] zugunsten des [X.] vorgesehen. Es ist nicht erkennbar, dass der Prüfungsverband ohne Pflichtprüfung nicht in der Lage wäre, diese [X.] sachgerecht auszuüben. Jedenfalls dann, wenn -
wie hier
-
der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft eingestellt ist, [X.] der Prüfungsverband keiner Informationen, die ihm nur über eine [X.] vermittelt werden könnten.

dd)
Der Ausschluss der Pflichtprüfungen durch den Prüfungsverband im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebs im Rahmen eines Insolvenzverfah-rens steht auch nicht in Wi[X.]pruch zu §
155 [X.].

Nach Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift bleiben
die handels-
und steuer-rechtlichen Pflichten des Schuldners zur Buchführung und Rechnungslegung durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Die handelsrechtliche Pflicht zur Aufstellung und Prüfung des Jahresabschlusses ergibt sich für die Genossenschaft aus §
33 Abs.
1, §
53 Abs.
2 [X.] in Verbindung mit §§
336
ff., 340
ff. HGB. Danach ist der Jahresabschluss zu prüfen, wenn die Bilanzsumme eine Million Euro und die Umsatzerlöse zwei Millionen Euro über-steigen -
nach § 53 Abs. 2 [X.] aF war der
Jahresabschluss immer zu prüfen.

Die Buchführungs-
und Rechnungslegungspflicht mag -
nach allerdings umstrittener Auffassung
-
auch dann bestehen, wenn das Unternehmen -
wie hier
-
eingestellt ist und nur noch die verbliebenen Vermögensgegenstände verwertet werden ([X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
155 Rn.
10; aA
A.
Schmidt/Weitzmann, [X.] Kommentar zum Insolvenzrecht, 3.
Aufl., §
155 Rn.
10). Während des Insolvenzverfahrens ist die Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung aber nicht mehr durch die Organe der Genossenschaft 22
23
24
-
12
-

zu erfüllen, sondern gemäß §
155 Abs.
1 Satz
2 [X.] durch den [X.]. Folgerichtig bestimmt §
155 Abs.
3 Satz
1 [X.] hinsichtlich der Prüfung des Jahresabschlusses, dass der Abschlussprüfer ausschließlich durch das Registergericht auf Antrag des Insolvenzverwalters zu bestellen ist. Damit steht es dem Insolvenzverwalter frei, den Prüfungsverband als Abschlussprüfer vor-zuschlagen oder eine andere Person. Ob nach §
155 Abs.
3 Satz
2 [X.] etwas anderes hinsichtlich des bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens laufenden Geschäftsjahres gilt, ob insoweit also der Prüfungsverband als ein schon be-stellter Abschlussprüfer anzusehen ist, der dann für das laufende Geschäftsjahr im Amt bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Kläger wehrt sich nur gegen die Prüfung ab einem späteren [X.]punkt.

V.
Somit kann sich der Antrag, analog §
270 Abs.
3 AktG, §
71 Abs.
3 GmbHG von der Prüfungspflicht zu befreien, nur auf die Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses beziehen. Denn die weitergehende Prüfungspflicht nach §
53 Abs.
2 [X.] besteht im Insolvenzverfahren -
jedenfalls soweit das Unter-nehmen der Genossenschaft eingestellt worden ist
-
ohnehin nicht mehr.

In Bezug auf das frühestens am 31.
Dezember 2006 abgeschlossene und die nachfolgenden Geschäftsjahre ist der Antrag dann gegenstandslos, wenn die Voraussetzungen für eine Prüfung nach §
53 Abs.
2 [X.] nF -
Bilanzsumme von mehr als einer Million Euro und Umsatzerlöse von mehr als zwei Millionen Euro
-
nicht erfüllt sind. In diesem Fall ist auch der [X.] schon grundsätzlich nicht zu prüfen. Dann kann davon auch nicht be-freit werden. Bei sachgerechter Auslegung ist aber davon auszugehen, dass der Antrag auch die Feststellung erfasst, dass eine Prüfungspflicht nicht be-steht. In diesem Sinne ist auch der Tenor der Entscheidung des [X.] auszulegen.
25
26
-
13
-

Für die [X.] vor dem Inkrafttreten des §
53 Abs.
2 [X.] nF und -
falls die Konsumgenossenschaft Be.

die Voraussetzungen für eine Prüfung des Jah-
resabschlusses nach §
53 Abs.
2 [X.] nF erfüllt
-
auch darüber hinaus besteht dagegen eine -
nur auf den Jahresabschluss bezogene
-
Prüfungspflicht. Davon ist der Antragsteller nur dann befreit, wenn das Registergericht zu Recht §
270 Abs.
3 AktG, §
71 Abs.
3 GmbHG analog angewendet hat. Das kann jedoch offen bleiben. Denn der beschwerdeführende Prüfungsverband ist durch die Entscheidung des Registergerichts insoweit nicht beschwert. Er kann nach §
155 Abs.
3 Satz
1 [X.] lediglich -
wie Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprü-fungsgesellschaften
-
vom Antragsteller dem Registergericht zur Bestellung als

27
-
14
-

Abschlussprüfer vorgeschlagen werden. Das verleiht ihm noch kein Beschwer-derecht. Damit verbleibt es im Ergebnis insgesamt bei der Entscheidung des Registergerichts.

[X.]
Strohn
Caliebe

Reichart
Sunder

Vorinstanzen:
AG [X.] (Oder), Entscheidung vom 07.01.2009nR 89
-
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 06.04.2009 -
31 T 2/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.03.2010 -
7 Wx 6/09 -

Meta

II ZB 12/10

21.06.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.06.2011, Az. II ZB 12/10 (REWIS RS 2011, 5599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5599

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