Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2009, Az. AnwZ (B) 14/08

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2009, 2678

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[X.][X.] ([X.]) 14/08 vom 4. Juli 2009 in dem Verfahren Antragsteller und [X.]eschwerdeführer, gegen Antragsgegnerin und [X.]eschwerdegegnerin, wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft - 2 - Der [X.]ndesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidenten des [X.]ndesgerichtshofs Prof. Dr. [X.], [X.] Schmidt-Räntsch und [X.], die Richterin [X.], die Rechtsanwältin [X.] sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. [X.] und Dr. [X.]raeuer nach mündlicher Verhand-lung am 4. Juli 2009 beschlossen: Die sofortige [X.]eschwerde des Antragstellers gegen den [X.]eschluss des 1. Senats des [X.]es des Landes [X.] vom 21. September 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die [X.]sten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im [X.]eschwerdeverfahren entstande-nen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten. Der Geschäftswert des [X.]eschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Der Antragsteller ist seit 1976 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit [X.]escheid vom 16. Mai 2007 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO wegen Vermögensverfalls. 1 - 3 - Der [X.] hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gericht-liche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrags wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen [X.]eschwerde. 2 I[X.] 3 Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 [X.]RAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwalt-schaft ist zu Recht widerrufen worden. 1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO ist die Zulassung zur Rechtsanwalt-schaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der [X.] Verfügung erfüllt. 4 a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in [X.], schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von [X.] und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr.; vgl. nur [X.]GH, [X.]eschl. vom 25. März 1991 - [X.] ([X.]) 73/90, [X.]RAK-Mitt. 1991, 102; [X.]eschl. vom 21. November 1994 - [X.] ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; [X.]eschl. vom 26. November 2002 - [X.] ([X.]) 18/01; NJW 2003, 577). Der Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht zu füh-rende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 [X.], § 915 ZPO) eingetragen ist. 5 Zum Zeitpunkt des Widerrufs war der Antragsteller mit drei Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis des [X.] eingetragen. Die Gläubiger 6 - 4 - H. [X.]. Stiftung, M. Mi.

und die Gerichtskasse [X.] hatten diese Haftbefehle wegen Forderungen in einer Gesamthöhe von über 50.000 • erwirkt. Die Voraussetzungen für die Löschung dieser Haftbefehle lagen, [X.] als bei dem vierten, der Widerrufsverfügung ebenfalls zu Grunde liegen-den Haftbefehl (281 [X.]), im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung nicht vor, so dass der Vermutungstatbestand gegeben war. [X.] Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen detailliert Stellung zu nehmen und entsprechende [X.]elege vorzulegen, war der Antragsteller nur unzu-reichend nachgekommen. b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Inte-ressen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der [X.] nicht vor. Wie der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO zu [X.] ist, geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Vermögensverfall re-gelmäßig zu einer derartigen Gefährdung führt, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Die Gefahr hat sich im Falle des Antragstellers auch bereits verwirklicht, denn er ist wegen Untreue zu Lasten von Mandanten in drei Fällen durch Strafbefehl des [X.] vom 24. April 2003 zu einer vorbehaltenen Geldstrafe verurteilt worden. Die Strafe ist später durch das Urteil des [X.] vom 2. April 2004 - rechtskräftig seit dem 26. Mai 2004 - in eine Gesamtgeldstrafe von 180 Ta-gessätzen zu je 60 • einbezogen worden. Das Anwaltsgericht [X.] hat deshalb mit Urteil vom 10. Mai 2004 ([X.]) dem Antragsteller einen Verweis erteilt und eine Geldbuße in Höhe von 10.000 • verhängt. Durch [X.]erufungsurteil des [X.] [X.] vom 25. September 2007, rechtskräftig seit dem 11. März 2008, wurde der Antragsteller wegen Untreue und wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40 • verurteilt. Die Untreue hatte der Antragsteller wiederum zum Nachteil von Mandanten begangen. In dem Urteil des [X.] ist festgestellt, dass 7 - 5 - er bewusst das [X.]nto seiner Ehefrau als Anwalts- und [X.] nutzte, weil seine eigenen Girokonten durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse "blockiert" waren. 8 2. Ein nachträglicher Wegfall des [X.], der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre ([X.]GHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. 9 a) Eine [X.]nsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der [X.] zwar behauptet, aber nicht belegt. Zwar sind die der Widerrufsverfügung zu Grunde liegenden vier Haftbefehle alle zwischenzeitlich gelöscht worden, nach-dem der Antragsteller die entsprechenden Forderungen bezahlt oder mit den Gläubigern [X.] getroffen hat. Es sind jedoch zwi-schenzeitlich wieder neue Haftbefehle gegen den Antragsteller ergangen: am 1. Oktober 2007 auf Antrag des [X.]. G.

, am 23. Oktober 2007 auf [X.] der D.

A.

bank, der [X.].

Reisen GmbH, [X.]. [X.]. , des [X.]. N.

, der Sparkasse [X.] , der A.

AG und des De.

[X.], am 8. November 2007 auf Antrag der Dr. [X.]ank AG und am 19. Dezember 2007 auf Antrag der Antragsgegnerin. Am 4. März 2008 hat der Antragsteller die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Am 13. August 2008 hat die Gläubigerin Gu. [X.]. erneut einen Haftbefehl zwecks Ergänzung der eidesstattlichen Versicherung gegen den Antragsteller erwirkt. Die Vermu-tung des Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 [X.]RAO besteht deshalb weiterhin. Insgesamt belaufen sich die offenen Forderungen gegen den [X.]steller nach der [X.] der Antragsgegnerin per 28. Oktober 2008 auf 411.257,80 •. Soweit der Antragsteller bei zahlreichen dieser Forde-rungen Zahlung behauptet hat, hat er keine Nachweise vorgelegt. Auch hat er nicht belegt, dass die Voraussetzungen für die Löschung der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gegeben sind. - 6 - b) Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 10 11 3. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln, weil dieser sein Fernbleiben zum Termin nicht hinreichend entschuldigt hat (vgl. [X.]GH, [X.]eschl. vom 24. September 2008 - [X.] ([X.]) 32/06 juris [X.]. 5; [X.]/[X.], [X.]RAO, 7. Aufl., § 40 Rdn. 3). Da der Antragsteller hinreichende Gründe für eine Verlegung des Termins auch im Nachhinein nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat, konnte die Entscheidung ohne erneute mündliche Ver-handlung ergehen. Im Hinblick auf die durch einen Vermögensverfall indizierte Gefährdung der Interessen der [X.] Mandanten sind an den [X.] und dessen Glaubhaftmachung (vgl. § 227 Abs. 2 ZPO) strenge Anforde-rungen zu stellen, wenn der Antragsteller - wie hier - zum [X.] sei-ne Reise- und Verhandlungsunfähigkeit aufgrund einer akuten Erkrankung gel-tend macht und aus diesem Grund einen [X.] stellt. Eine weitere Verlegung kommt in diesen Fällen nur in [X.]etracht, wenn die Reise- oder [X.] durch ein amtsärztliches Attest belegt ist ([X.]GH aaO; [X.]FH, [X.]eschl. vom 21. April 2008 - XI [X.] 206/07 u.a. juris [X.]. 4). Die [X.]escheinigung des [X.]. vom 16. März 2009 ist daher zur Glaub-haftmachung nicht geeignet, zumal die Diagnose einer "akuten Gastroenteritis" offenbar schon telefonisch auf der Grundlage ausschließlich der Angaben des Antragstellers gestellt wurde. Jedenfalls fehlt es an näheren Angaben zu den aufgetretenen [X.]eeinträchtigungen und deren Schwere, die dem Senat eine ei-gene [X.]eurteilung erlauben würden, ob dem Antragsteller eine Teilnahme an der Verhandlung möglich und zumutbar war (vgl. hierzu [X.]FH, [X.]eschl. vom 5. Juli 2004 - VII [X.] 7/04 juris [X.]. 12). 12 - 7 - Dieser Mangel der Glaubhaftmachung wird auch durch das im [X.] an die mündliche Verhandlung nachgereichte amtsärztliche Attest, auf dessen Erforderlichkeit der Antragsteller schon mit der Terminsladung hingewiesen worden war, nicht überwunden. Die amtsärztliche Untersuchung hat keine [X.] Anzeichen für eine akute Gastroenteritis mit Durchfall und mehr-fachem Erbrechen in den frühen Morgenstunden des [X.] und der vorangegangenen Nacht ergeben. Der Amtsarzt konnte die geltend gemachten gesundheitlichen [X.]eschwerden weder ausschließen noch bestätigen. Der un-auffällige abdominelle [X.]efund und der erhöhte, bei [X.]ntrolle normalisierte [X.]lut-druck sprechen jedoch eher gegen das Vorliegen einer Gastroenteritis, denn diese geht nach den amtsärztlichen Ausführungen häufig mit niedrigem [X.]lut-druck und instabiler [X.] einher. 13 [X.]ei der gebotenen, das prozessuale Verhalten des Antragstellers insge-samt berücksichtigenden Würdigung besteht daher keine überwiegende Wahr-scheinlichkeit für die behauptete Reise- und Verhandlungsunfähigkeit. Der [X.]steller war von [X.]eginn an um eine Verzögerung des [X.]eschwerdeverfahrens bemüht. So hat er [X.] eine Verlängerung der Frist zur [X.]egründung seiner sofortigen [X.]eschwerde erwirkt, die wiederholt angekündigte [X.]egründung in dem mehr als 14 Monate beim Senat anhängigen Verfahren jedoch bis zuletzt nicht vorgelegt. [X.]evor er die jeweils erst am Verhandlungstag angebrachten [X.] gestellt hat, hat er erfolglos versucht, eine weitere Fristverlängerung und eine Ausset-zung des Verfahrens mit dem - nicht ansatzweise belegten - Vorbringen zu er-reichen, von der in Kürze anstehenden Entscheidung über seine dauerhafte Anstellung bei einem namentlich nicht genannten Unternehmen, die sich [X.] wegen einer "feindlichen Übernahme" bzw. der allgemeinen Finanzkrise verzögere, sei eine Verbesserung seiner Vermögensverhältnisse zu erwarten. Hierauf ist der Antragsteller im weiteren Verfahren nicht zurückgekommen. [X.] - 8 - gesichts dieser Umstände liegt der Verdacht nicht fern, dass der Antragsteller mit seinem neuerlichen [X.] lediglich eine weitere Verfahrensver-zögerung beabsichtigt hat. Jedenfalls spricht keine überwiegende Wahrschein-lichkeit dafür, dass er tatsächlich reise- und verhandlungsunfähig war. [X.] [X.][X.] [X.]

[X.] [X.] [X.]raeuer Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] -

Meta

AnwZ (B) 14/08

04.07.2009

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2009, Az. AnwZ (B) 14/08 (REWIS RS 2009, 2678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2678

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