Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. XI ZR 493/11

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8090

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 493/11
Verkündet am:

19. Februar 2013

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 18.
Januar 2013 eingereicht werden konnten, durch [X.] [X.] und [X.]
Ellenberger, [X.], Dr.
Matthias und Pamp
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
November 2011 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Zahlung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Immobilienfonds in Anspruch.
Der Kläger ist langjähriger Kunde der [X.]. Als im Jahre 1993 ein Sparbrief in Höhe von 40.000
DM zur Auszahlung fällig wurde, erwarb er nach Beratung durch die Beklagte am 3.
November 1993 Anteile in Höhe von 80.000
DM nebst 5% Agio an dem geschlossenen Immobilienfonds "F.

1
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3
-

KG" (nachfolgend: Fonds). In seiner Beteiligungserklärung bestätigte der Kläger, den Emissionsprospekt zur Kennt-nis genommen zu haben. Ausweislich des Prospektes sollte das Agio einer Ka-pitalrücklage zugeführt werden. Außerdem sollten "fondsbedingte Kosten"
in Höhe
von
12,22% des Investitionsvolumens anfallen, in denen 7,15% des In-vestitionsvolumens für "[X.],
Platzierungsverpflichtung"
enthalten waren. Weiter heißt es im Prospekt:
"Damit stehen 87,78% des gesamten Investitionsvolumens unabhängig von der Fonds-konstruktion in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung und Nutzung des Ob-F.

etwa 4000 Beteiligten drei umfangreiche Dienstleistungspakete:
1.
Generelle Expertise, Beratungs-
und Vermittlungsleistungen von Banken, Spar-kassen oder anderen qualifizierten Finanzdienstleistungsunternehmen.
2.

erungs-
und Einzahlungsga-

Welche Banken, Sparkassen oder Finanzdienstleistungsunternehmen Provisionen in welcher Höhe erhalten sollten, wird im Prospekt nicht angege-ben. Zur Finanzierung seiner Beteiligung verwendete der Kläger zu gleichen Teilen den Ertrag des Sparbriefes und die Valuta aus einem Darlehensvertrag mit der [X.] vom 9.
Dezember 1993. Die Beklagte erhielt für die Vermitt-lung der Fondsbeteiligung eine Provision in nicht geklärter Höhe, auf die sie den Kläger nicht hinwies.
Unter anderem deshalb hat der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Er macht zuletzt einen Schaden geltend, der sich aus dem von ihm aufgewendeten Beteiligungsbetrag [X.] Agio in Höhe von insge-samt 42.948,51

5.749,77

in Höhe von 48.698,28

3.245,16

fferenzbetrag in [X.] von 46.654,12

3
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-
4
-
Zug gegen die Übertragung der Fondsanteile. Ferner macht der Kläger vorge-richtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 832,88

nebst Zinsen
geltend.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung -
soweit für das Revisionsverfahren von Interesse
-
im Wesentlichen ausgeführt:
Zwischen den Parteien sei stillschweigend ein [X.] zustande gekommen. Eine Haftung der [X.] wegen unterlassener Aufklä-rung über im Gesamtaufwand erhaltene [X.]en bzw. [X.] komme nicht in Betracht. Zwar habe der Kläger nach seinem [X.] 5%
Agio, mithin eine offen ausgewiesene Provision gezahlt. Diese habe jedoch nicht der Deckung der [X.] gedient, sondern sei ausweislich der Bilanz der Fondsgesellschaft einer Kapitalrücklage zugeführt worden. Soweit im Fondsprospekt außerdem darauf hingewiesen werde, dass 12,22% des Investitionsvolumens für Beratungs-
und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen Finanzdienstleistungsunternehmen verwendet würden, betreffe dies die Frage, ob die Beklagte Aufklärungspflich-5
6
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-
5
-
ten bezogen auf eine ihr gewährte [X.] verletzt habe. Unabhängig davon, ab welcher Höhe eine solche offen zu legen sei, reiche es aus, dass die Provision im Prospekt als Kosten der [X.] bezeichnet [X.]. Da sowohl im Prospekt als auch im Gesellschaftsvertrag ein Investitions-
und Finanzierungsplan enthalten sei, in dem die [X.]skos-ten aufgeführt würden, sei die Beklagte nicht zu einer weitergehenden Aufklä-rung verpflichtet gewesen. Dem Kläger habe der Emissionsprospekt so [X.] vorgelegen, dass er von dessen Inhalt habe Kenntnis nehmen können.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im ent-scheidenden Punkt nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei und unangegriffen ist das Berufungsgericht vom [X.] eines [X.]es zwischen der Klägerin und der [X.] ausgegangen.
2. Das Berufungsurteil ist jedoch mit einem Rechtsfehler behaftet, soweit das Berufungsgericht eine Verletzung der Aufklärungspflichten aus
diesem Be-ratungsvertrag in Bezug auf die von der [X.] vereinnahmte Vermittlungs-provision
mit der Begründung
verneint
hat,
dass
es sich dabei um eine [X.] gehandelt habe, über die
die Beklagte nicht näher habe aufklären müssen.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über eine von ihr vereinnahmte [X.] aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 8.
Mai 2012 -
XI
ZR 262/10, [X.], 159 9
10
11
12
-
6
-
Rn.
17 und vom 11.
September 2012 -
XI
[X.], [X.], 513 Rn.
16, jeweils [X.]). [X.] Rückvergütungen sind dabei -
regelmäßig umsatzabhängige
-
Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisi-onen
nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provi-sionen wie zum Beispiel [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entste-hen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 8.
Mai 2012 -
XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
17 und vom 11.
September 2012 -
XI [X.], [X.], 513 Rn. 16, jeweils [X.]).
Demgegenüber handelt es sich bei [X.]en um nicht offen aus-gewiesene Vertriebsprovisionen, die in den Anschaffungs-
oder Herstellungs-kosten eines Anlageobjekts
-
versteckt
-
enthalten sind. Über ihre Existenz und Höhe ist durch die [X.] unter bestimmten Umständen aufzuklären, weil
sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der Kapitalanlage haben und eine unter-bliebene Aufklärung beim Anleger insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen kann (st.
Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 27.
September 2011 -
XI
ZR 178/10, [X.], 2261 Rn.
42 und XI
ZR 182/10, [X.], 119 Rn.
39 [X.]).
b) Danach handelt es sich hier bei der
von der [X.] vereinnahmten Provision -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts
-
um eine aufklä-rungspflichtige Rückvergütung. Ihr Anfall sowie ihre Gesamthöhe von 12,22% des Investitionsvolumens werden im Prospekt offen als "fondsbedingte Kosten" für "[X.],
Platzierungsverpflichtung" ausgewiesen, die ins-besondere für "Beratungs-
und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen qualifizierten Finanzdienstleistungsunternehmen" aufgewendet 13
14
-
7
-
werden sollen. Bei diesen "fondsbedingten Kosten" handelt es sich folglich um offen ausgewiesene Beratungs-
und Vermittlungsgebühren, die der Kunde an Dritte zahlt, die jedoch hinter seinem Rücken teilweise an die [X.] zurückfließen.
c) Anders als die Revisionserwiderung meint, ist der Kläger über diesen Umstand auch nicht durch die rechtzeitige Übergabe des [X.] aufgeklärt worden, denn im Prospekt wird weder angegeben, dass die Beklagte zu den im Prospekt erwähnten Banken gehört, noch wird dort über die konkrete Höhe der ihr gewährten Provision aufgeklärt.

III.
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-tig dar (§
561 ZPO). Insbesondere kann die Frage, ob der Schadensersatzan-spruch des [X.] aufgrund der Regelverjährung (Art.
229 §
6 Abs.
1 Satz
1, Abs.
4 Satz
1 EGBGB, §
199 Abs.
1 BGB) bereits verjährt ist, mangels Feststel-lungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Voraussetzungen des §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB (vgl. dazu [X.], [X.], 2245, 2246, rechtskräf-tig durch Senatsbeschluss vom 3.
April 2012 -
XI
ZR 383/11;
[X.], Urteil vom 6.
Juli 2011 -
17
U 65/09, rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 19.
Juni 2012 -
XI [X.]; [X.], Beschluss vom 9.
Dezember 2010 -
6
U 30/10, juris Rn.
34
f., rechtskräftig durch [X.], Beschluss vom 26.
Januar 2012 -
III
ZR 8/11; U.
[X.] in [X.]/[X.]/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, §
21 Rn.
60 [X.]) derzeit nicht beantwortet werden.

15
16
-
8
-
IV.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Dabei wird das Berufungsgericht insbesondere zu beachten haben, dass der
erkennende Senat bereits mit Beschluss vom 29.
Juni 2010 (XI
ZR 308/09, [X.], 1694 Rn.
5
ff. [X.]) entschieden und eingehend begründet hat, dass sich eine anlage[X.] jedenfalls für die [X.] nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidlichen Rechtsirrtum berufen kann. Dass über heimliche Rückflüsse aus offen ausge-wiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum [X.]punkt der Anlageentscheidung des [X.] entnom-men werden (Senatsbeschluss vom 19.
Juli 2011 -
XI
ZR 191/10, [X.], 1506 Rn.
10
ff. und Senatsurteil vom 8.
Mai 2012 -
XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
25, jeweils [X.]). Sollte es im weiteren Verfahren auf die Frage der

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9
-

Kausalität der [X.] der [X.] für die Anlageent-scheidung des [X.] ankommen, weist der Senat außerdem auf die [X.] in seinem Urteil vom 8.
Mai 2012 (XI
ZR 262/10, [X.], 159 Rn.
28
ff.) hin.

[X.]

Ellenberger

[X.]

Matthias

Pamp
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.11.2010 -
5 O 46/10 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.11.2011 -
3 U 1427/10 -

Meta

XI ZR 493/11

19.02.2013

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. XI ZR 493/11 (REWIS RS 2013, 8090)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8090

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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