Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2004, Az. 2 StR 158/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 2133

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[X.] vom 23. Juli 2004 in der Strafsache gegen

wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes
- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. Juli 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2003 mit den Feststellungen auf-gehoben, soweit der Angeklagte verurteilt wurde. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe: [X.] Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von [X.] in zehn Fällen sowie wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von [X.] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier [X.] und sechs Monaten verurteilt und ihn im übrigen freigesprochen. Es hat ihn weiter verurteilt, an die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld von 8.000 • nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 15. Dezember 2003 zu zahlen. Mit der gegen seine Verurteilung gerichteten Revision rügt der Ange-klagte die Verletzung formellen und materiellen Rechtes. Sein Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge in vollem Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). - 3 - I[X.] Die Rüge, es liege ein Verstoß gegen § 338 Nr. 5 StPO vor, greift durch. Der Angeklagte war gemäß § 247 Satz 1 StPO für die Zeit der Verneh-mung des [X.] aus dem Sitzungszimmer entfernt worden. Während der Vernehmung dieser Zeugin wurden im Wege des [X.] (vgl. Strafakten Bd. II Bl. 344) deren handschriftliche Aufzeichnungen zum [X.] verlesen, die im angefochtenen Urteil wörtlich wiedergegeben sind ([X.]) und im Rahmen der Beweiswürdigung verwertet werden. Dies beanstandet der Revisionsführer zu Recht. Eine Verlesung zum Zwecke des [X.] durfte nicht in Abwesenheit des Angeklagten erfolgen (vgl. u.a. [X.], 402 m.w.N.). Zumindest hätte die Verle-sung der Aufzeichnungen in Gegenwart des Angeklagten wiederholt werden müssen. Dies ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen, so daß der unbedingte Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO vorliegt. [X.] ist hier auch nicht dadurch eingetreten, daß im Rahmen der Vernehmung der Stiefmutter des [X.] dieser Vorhalte aus den handschriftlichen Aufzeichnungen der Stieftochter gemacht wurden (vgl. Strafakten Bd. II Bl. 365).
Zum einen besteht zwischen der Verlesung im Wege des [X.] und der Verlesung zum Zwecke des Vorhaltes ein wesentlicher Unter-schied, da im letzteren Fall nur die daraufhin erfolgte Zeugenaussage maßgeb-lich ist. Zum anderen ist nicht sicher, daß der Vorhalt die gesamten [X.] erfaßte. Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, daß die Stiefmutter - [X.] als das Tatopfer - zu den konkreten Mißbrauchsfällen nichts bekunden konnte und es naheliegt, daß sie in erster Linie zum Entstehen der schriftlichen - 4 - Aufzeichnungen befragt wurde. Der [X.] kann sich danach von einer Heilung des Verstoßes im erforderlichen Umfang nicht überzeugen. II[X.] Da die Verfahrensrüge zur vollständigen Aufhebung der Verurteilung des Angeklagten führt, kommt es auf die Sachrüge nicht an. Der [X.] merkt jedoch für den neuen Tatrichter an:
1. Der [X.] weist in seiner Antragsschrift zutreffend darauf hin, daß in mehreren Fällen die Verurteilung wegen tateinheitlich be-gangenem sexuellem Mißbrauch einer [X.] (§ 174 StGB) wegen Verjährung zu entfallen hat. Die Verjährung wurde am 26. April 2002 durch [X.] des Haftbefehls gegen den Angeklagten unterbrochen (§ 78 c Abs. 1 Nr. 5 StGB). Soweit die Taten gemäß § 174 StGB vor dem 27. April 1997 begangen wurden, sind sie verjährt.
Der Verjährung steht nicht entgegen, daß die Vergehen tateinheitlich mit sexuellem Mißbrauch von Kindern zusammentreffen. Auch bei Tateinheit unter-liegt jede Gesetzesverletzung einer eigenen Verjährung (vgl. u.a. [X.], [X.] vom 6. August 2003 - 2 StR 235/00 m.w.N.).
Auch die am 1. April 2004 in [X.] getretene Neufassung des § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB hindert hier die Entstehung der Verfolgungsverjährung nicht, da die Taten bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung verjährt waren (vgl. [X.], Beschluß vom 24. Juni 2004 - 4 [X.]). Danach war hinsicht-lich des § 174 StGB jedenfalls bei den Taten 1. bis 4. Verjährung sicher einge-treten und bei den Taten 5. bis 9., bei denen die Tatzeit nicht eindeutig ist, lag dies nahe. Sollte das [X.] erneut die Tatzeit nicht näher bestimmen können, müßte es insoweit zugunsten des Angeklagten davon ausgehen, daß - 5 - auch diese Fälle in [X.] begangen wurden (vgl. u.a. [X.], Beschluß vom 13. Oktober 1993 - 3 [X.]; [X.]St 33, 271, 277). 2. Zutreffend zeigt der [X.] in seiner Antragsschrift weiter auf, daß die vom Tatrichter getroffenen Feststellungen die Verurteilung "wegen versuchter Vergewaltigung" (in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von [X.]) nicht tragen. Der [X.] kann allerdings dem Urteil in seiner Gesamtheit entnehmen, daß die Kammer insoweit wegen versuchten schweren sexuellen Mißbrauchs eines Kindes (in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch von [X.]) verurteilen wollte. [X.] Bode

Rothfuß

Fischer

Meta

2 StR 158/04

23.07.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2004, Az. 2 StR 158/04 (REWIS RS 2004, 2133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2133

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