Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.06.2020, Az. VII R 40/18

7. Senat | REWIS RS 2020, 3555

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Gegenstand

Tarifierung eines Internetradios


Leitsatz

NV: Eine Ware, die digitale Audiodateien aus dem Internet abrufen und in Form von verstärkten Tönen wiedergeben kann (sog. Streaming), ist ein Tonwiedergabegerät i.S. der Pos. 8519 KN und damit auch i.S. der Pos. 8527 KN.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25.07.2018 - 4 K 37/17 Z wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Am 22.06.2016 beantragte die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bei einem Zollamt des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --[X.]--) die Überlassung einer Sendung von sog. [X.]radios mit der internen Bezeichnung A sowie eines weiteren, hier nicht mehr streitgegenständlichen Modells zum zollrechtlich freien Verkehr unter Angabe der [X.]odenummer 8527 91 19 der Kombinierten Nomenklatur (--[X.]--, Zollsatz 10 %).

2

Bei den streitigen [X.]radios handelt es sich um Geräte, die im Wesentlichen aus einem [X.]-/DAB-Tuner, einem Audiodecoder, einem Ethernet- und USB-[X.]ontroller, einem WLAN-Modul, einer Antenne, einem Tonfrequenzverstärker, einer Uhr mit Weckfunktion und zwei Lautsprechern in einem Gehäuse mit Anzeige, Bedienelementen, Audio-, Ethernet- und [X.] bestehen. Sie dienen dem Empfang von [X.] im UKW- und DAB-Bereich, zur Tonwiedergabe von Audiodateien verschiedener Formate aus dem [X.] oder einem lokalen Netzwerk (sog. Audiostreaming und [X.]radio), zur Tonwiedergabe von [X.], zum Verstärken von Audiosignalen externer Audioquellen und zur Ausgabe über die eingebauten Lautsprecher sowie zur Uhranzeige. Sie verfügen außerdem über eine Weckfunktion. Die Geräte besitzen ein zentrales Modul, das aus einem einzigen [X.] besteht und unabhängig von der Quelle alle ein- und ausgehenden Signale verarbeitet. Die Geräte können empfangene Audiodaten nicht speichern. Sie befinden sich jeweils zusammen mit einer Fernbedienung, einem Steckernetzteil für die Stromversorgung, einem Audioanschlusskabel, einer Bedienungsanleitung und einer Garantiekarte in einem gemeinsamen Verkaufskarton.

3

Die Zollstelle nahm die Zollanmeldung an und setzte ausgehend von einer Tarifierung in die [X.]. 8527 91 19 [X.] (Zollsatz 10 %) mit Einfuhrabgabenbescheid vom 22.06.2016 u.a. Zoll in Höhe von 25,90 € fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und begehrte eine Einreihung der [X.]radios in die zollfreie [X.]. 8527 92 10 [X.]. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

4

Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, der Einfuhrabgabenbescheid sei rechtmäßig. Die eingeführten Waren bildeten zusammen mit den mitgelieferten Waren (Steckernetzteil, [X.] und Audioanschlusskabel) eine funktionelle Einheit i.S. der [X.]. 4 zu Abschn. XVI [X.], die als [X.] in die [X.]. 8527 [X.] einzureihen sei, weil nur diese [X.]ition die Hauptfunktion dieser Geräte, den Radioempfang, erfasse. Innerhalb dieser [X.]ition gehörten die Waren in die [X.]. 8527 9 [X.], weil sie weder ohne externe Energiequelle betrieben werden könnten noch von der in Kfz verwendeten Art seien, bzw. in die [X.]. 8527 91 19 [X.], weil sie mit [X.]en kombinierte Rundfunkgeräte seien. Es handele sich um eine kombinierte und mehrfunktionale Maschine i.S. der [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.]. Das Gerät bestehe aus drei Maschinen, die zusammenarbeiten sollten und ein Ganzes bildeten, nämlich aus einem Rundfunk- und [X.], einem [X.] zur Wiedergabe von Audiodateien (auch über den [X.]) und aus einer Uhr mit Weckfunktion. Könne ein Gerät wie das hier zu beurteilende [X.]radio Daten- und Audiosignale verschiedener Formate über ein lokales Funk- oder drahtgebundenes Netzwerk empfangen, konvertieren und wiedergeben, erfülle es die Funktionen eines [X.]s i.S. der [X.]. 8519 [X.]. Gleiches gelte, soweit mit dem streitgegenständlichen [X.]radio über dessen [X.] Audiodaten aus über diese Quellen angeschlossenen Geräten wiedergegeben werden. Der Umstand, dass ein [X.] keine feste Datenspeicherung vornehmen müsse, sondern sich nur mit Streamen, einer kontinuierlichen Übertragung von Dateien aus dem [X.] ohne Speicherung, begnügen könne, werde auch durch die Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 69/2013 der [X.] vom 23.01.2013 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur --DVO 69/2013-- ([X.] --ABl[X.]-- Nr. L 26/1) bestätigt. Der Einreihung in die [X.]. 8527 91 [X.] stehe nicht entgegen, dass die jeweiligen Funktionen, [X.] und [X.] nicht äußerlich erkennbar getrennten [X.] zugeordnet werden könnten, sondern in einem gemeinsamen Gehäuse zusammengefasst und nur über ein gemeinsames Bedienfeld auszuwählen seien. Gegenüber der Kombination eines [X.]s mit einem [X.] sei die vorhandene Uhr mit Weckfunktion von untergeordneter Bedeutung.

5

Nach Auffassung der Klägerin ist das [X.]radio A als Radiowecker in die [X.]. 8527 92 10 [X.] einzureihen. Die Klägerin begründet ihre Revision dahingehend, das [X.] habe die [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.] falsch ausgelegt, weil diese dem Begriff der kombinierten Maschine zwei unterschiedliche Sachverhalte zuordne. Daher könne es begrifflich keine Kombination aus zwei oder mehreren Maschinen geben, die zugleich nur eine einzige Maschine mit mehreren Funktionen sei. Das [X.] habe diese Begrifflichkeit verkannt, indem es die Formulierung "kombinierte und mehrfunktionale Maschine" verwandt habe. Abgesehen davon handele es sich bei den verschiedenen Audiofunktionen um sich abwechselnde Funktionen, während eine kombinierte Maschine nur dann vorliege, wenn alle drei Maschinen zusammenarbeiten sollten. Es würden nur jeweils eine der Eingangsquellen einerseits und der Tonfrequenzverstärker samt Lautsprecher andererseits zusammenarbeiten und ein Ganzes bilden. Dagegen gebe es keine Zusammenarbeit zwischen einem [X.] und einem vermeintlichen [X.], wenn [X.]radio oder andere Audiosignale aus dem [X.] gestreamt würden oder aus dem lokalen Netzwerk oder von einem angeschlossenen USB-Gerät stammten. Eine Gerätekombination liege nur in Kombination mit einer Uhr vor. Das [X.] hätte aus dem Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) [X.] vom 17.03.2016 - [X.] ([X.]:[X.]:2016:184, ABl[X.] 2016 Nr. [X.] 156/14) die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass [X.] per [X.] nur eine technische Innovation sei, Rundfunk empfangen zu können, und keine andere Funktion als [X.]. Es hätte auch den Schluss ziehen müssen, dass der Audiodecoder, das zentrale Modul mit dem [X.] sowie der Tonfrequenzverstärker und der Lautsprecher nichts Gesondertes seien. Aus den verschiedenen Zugängen der Geräte ergäben sich auch keine gesonderten Funktionen. Aus der vom [X.] in Bezug genommenen Einreihungsverordnung ergebe sich nichts anderes, weil diese signifikant andere Waren betreffe. So müsse bei dem streitgegenständlichen [X.]radio ein [X.]-Modem zwischengeschaltet werden, und es sei nicht dazu bestimmt, Tonsignale an verschiedene Geräte weiterzuleiten. Das [X.] irre außerdem, wenn es davon ausgehe, dass eine Tonwiedergabe, die kein [X.] sei, eigenständig zu betrachten sei. Es setze den Begriff der Funktion fälschlicherweise mit dem Begriff eines Geräts gleich und habe nicht festgestellt, ob es bei den streitgegenständlichen Waren unterschiedliche Schaltkreise gebe, argumentiere damit aber in der Urteilsbegründung. Abgesehen davon könne ein Schaltkreis kein taugliches [X.] sein, weil er für sich genommen nicht wahrnehmbar sei und ein Abstellen darauf in der [X.] nicht praktikabel wäre. Die [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.] sei vorrangig vor den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) anzuwenden. Der Begriff "[X.]" sei nicht auf terrestrisch übermittelte Signale beschränkt. Das [X.] sei fälschlicherweise davon ausgegangen, das streitgegenständliche Gerät könne Tonsignale direkt aus dem [X.] empfangen und verarbeiten. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil ein Router zwischengeschaltet werden müsse. Auch in der Durchführungsverordnung ([X.]) 2019/647 der [X.] vom 15.04.2019 zur Einreihung bestimmter Waren in die [X.] --DVO 2019/647-- (ABl[X.] Nr. L 110/13) werde nur von einem einzigen Gerät gesprochen, das mehrere Funktionen vereint.

6

Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der Vorentscheidung den Einfuhrabgabenbescheid vom 22.06.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.12.2016 insoweit aufzuheben, als damit Zölle auf die Einfuhr von [X.]radios mit der internen Bezeichnung A erhoben worden sind.

7

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Der Einreihung in die [X.]. 8527 91 19 [X.] sei zuzustimmen. Jedoch sei die [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.] im Streitfall nicht anwendbar, weil die [X.] bereits zu einem abschließenden [X.] führe. Denn das [X.]radio A werde unmittelbar vom Wortlaut der [X.]. 8527 [X.] erfasst. Die [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.] sei schon deshalb nicht anwendbar, weil diese nur für Maschinen der [X.]. 84 und 85 [X.] gelte und Uhren von [X.]. 91 [X.] erfasst würden. Die Klägerin irre, wenn sie behaupte, die Bestandteile der Ware stellten nur verschiedene Zugänge für das [X.] dar. Richtig sei, dass der [X.]/[X.] die zolltarifliche Funktion eines [X.]s der [X.]. 8527 [X.] und das [X.]radio und die Tonwiedergabe von [X.] die Funktionen von [X.]en der [X.]. 8519 [X.] darstellten. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn das [X.] die Ware als [X.], das mit mehreren [X.]en kombiniert sei, bezeichne. Die Einreihungsverordnung habe das [X.] nur als Auslegungshilfe für die zu beurteilende Einreihungsfrage herangezogen. Das [X.] habe ferner zutreffend dargestellt, dass die Ware aus verschiedenen Bestandteilen bestehe, die im Gerät verschiedene Funktionen ausführten. Wenn in der weiteren Begründung von Funktionen gesprochen werde, bezögen sich diese stets auf die die Funktion ausführenden Bestandteile des Geräts. Auch die Auffassung, die Funktion des [X.]radios sei ein moderner [X.], treffe nicht zu. Der [X.] habe entschieden, das Empfangen von Audiodaten mittels Streaming und deren Wiedergabe in Form von verstärkten Tönen stelle eine Tonwiedergabe i.S. der [X.]. 8519 [X.] dar.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht. Das [X.] hat die streitgegenständliche Ware der Modell-Nr. A zu Recht in die [X.]. 8527 91 19 [X.] (Zollsatz 10 %) der bei der Einfuhr der Waren maßgeblichen Fassung der [X.] nach der Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 1101/2014 der [X.] vom 16.10.2014 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung ([X.]) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl[X.] Nr. L 285/1) eingereiht.

1. Die Zollschuld ist gemäß Art. 77 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 des [X.] ([X.]) mit der Annahme der Zollanmeldung zur Überlassung der Waren zum zollrechtlich freien Verkehr entstanden. Die Klägerin ist gemäß Art. 77 Abs. 3 Satz 1 [X.] als [X.]elderin Zollschuldnerin geworden.

2. Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der [X.]itionen und [X.]itionen der [X.] und in den [X.]erkungen zu den Abschnitten oder [X.]iteln festgelegt sind, und nach den [X.] (Senatsurteil vom 26.09.2017 - VII R 17/16, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --[X.]-- 2018, 139; [X.]-Urteil [X.] u.a. vom 22.03.2017 - [X.]/15 und [X.]/15, [X.]:[X.]:2017:232, [X.], 163). Nach der [X.] sind für die Einreihung in erster Linie der Wortlaut der [X.]itionen und der [X.]erkungen zu den Abschnitten und [X.]iteln maßgebend. Nur wenn nach diesen Kriterien kein eindeutiges Einreihungsergebnis erzielt werden kann, darf auf die [X.] 2 bis 5 zurückgegriffen werden.

Daneben gibt es Erläuterungen und Einreihungsavise, die ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind (vgl. Senatsurteil in [X.], 139; [X.]-Urteil [X.] u.a., [X.]:[X.]:2017:232, [X.], 163). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (Senatsurteil vom 08.11.2016 - VII R 9/15, [X.], 286, [X.], 103). Entscheidend ist dabei, ob sich der Verwendungszweck in den objektiven Eigenschaften und Merkmalen der Ware niedergeschlagen hat (vgl. Senatsurteile in [X.], 139, und vom 15.01.2019 - VII R 16/17, [X.], 600).

3. Die [X.]. 8527 [X.] umfasst "[X.], auch in einem gemeinsamen Gehäuse mit einem [X.] oder Tonwiedergabegerät oder einer Uhr kombiniert".

a) Aus dem Wortlaut dieser [X.]ition ([X.]) ergibt sich --auch in der [X.] und [X.] Sprachfassung-- demnach, dass dort [X.] erfasst werden sowie zwei mögliche Kombinationen, nämlich [X.] mit einem [X.] oder Tonwiedergabegerät und [X.] mit einer Uhr kombiniert. Andere Kombinationen werden nicht genannt. Diese Unterscheidung wird bei den [X.]n, die nicht ohne externe Energiequelle betrieben werden können und die nicht von der in Kfz verwendeten Art sind ("andere"), in den [X.]. 8527 91 [X.] (kombiniert mit [X.] oder [X.]) und 8527 92 [X.] (nicht mit [X.] oder [X.], jedoch mit Uhr kombiniert) fortgeführt. Die [X.]. 8527 [X.] beinhaltet im Hinblick auf die einzelnen Geräte keine Gewichtung und schreibt auch nicht vor, dass die von den Geräten ausgeübten Funktionen gleichzeitig ausgeübt werden müssen oder dass eine dieser Funktionen die Hauptfunktion sein muss.

Eine Ware, welche die im Wortlaut der [X.]. 8527 [X.] genannten Geräte bzw. [X.] enthält, ist demnach bereits nach [X.] dort einzureihen. In diesem Fall ist die [X.]. 3 zu Abschn. XVI [X.], die für kombinierte Maschinen und Maschinen mit mehreren Funktionen eine Einreihung nach der das Ganze kennzeichnenden Hauptfunktion vorgibt, nicht anzuwenden, weil im [X.]itionswortlaut "etwas anderes bestimmt" ist (vgl. auch Erläuterung zum Harmonisierten System --[X.]-- 65.0 zu Abschn. XVI).

b) Aus der [X.] zu [X.]. 8527 ergibt sich weiterhin, dass zu dieser [X.]ition nur [X.] für die drahtlose Übertragung gehören. Aus der [X.] 16.0 zu [X.]. 8527 geht außerdem hervor, dass zu dieser [X.]ition Hausrundfunkempfänger aller Art, u.a. auch in einem gemeinsamen Gehäuse mit einem [X.] oder Tonwiedergabegerät oder einer Uhr gehören.

c) Bei [X.], wie sie von der [X.]. 8519 [X.] und in bestimmten Kombinationen von der [X.]. 8527 [X.] erfasst werden, wird der Ton gewöhnlich durch die Verwendung von internen Speichervorrichtungen oder von Medien (z.B. Magnetband, optische Aufzeichnungsträger, Halbleiter-Aufzeichnungsträger oder andere Aufzeichnungsträger der [X.]. 8523) wiedergegeben (vgl. [X.] 01.0 zu [X.]. 8519). Das Abspielen von auf Speichermedien, wie z.B. einem [X.], gespeicherten digitalen [X.]odes in Form von Tönen stellt ebenfalls eine Tonwiedergabe dar (vgl. [X.] und 15.0 zu [X.]. 8519). Außerdem ist die Fähigkeit, digitale Signale verarbeiten zu können und die darin gespeicherten Töne wiederzugeben (sog. Streaming), zolltariflich als Tonwiedergabe i.S. der [X.]. 8519 [X.] anzusehen. Dies gilt gleichermaßen für Tonwiedergabegeräte, sofern sie mit einem Rundfunkempfangsgerät kombiniert sind und daher von der [X.]. 8527 [X.] erfasst werden.

Mit Urteil [X.] ([X.]:[X.]:2016:184, Rz 47 und 48, ABl[X.] 2016 Nr. [X.] 156, 14) hat der [X.] entschieden, dass das Empfangen von Tönen mittels Netzwerkkommunikation eine technologische Innovation ist, die lediglich eine Voraussetzung für das Funktionieren des (dort zu tarifierenden) [X.] ist. Nach der für die Auslegung von Unionsrecht maßgeblichen Auffassung des [X.] ist ein eigenständiges Gerät, das dafür konzipiert ist, digitale Audiodateien abzurufen, zu empfangen und mittels Streaming in Form von verstärkten Tönen wiederzugeben, unter dem Vorbehalt der Beurteilung sämtlicher ihm zur Verfügung stehender tatsächlicher Anhaltspunkte durch das vorlegende Gericht in die [X.]. 8519 [X.] ("Tonaufnahmegeräte; Tonwiedergabegeräte; [X.] und -wiedergabegeräte") einzureihen.

Der Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Wiedergabe digitaler Rundfunksignale im Wege des Streamings kein Rundfunkempfang, sondern eine Tonwiedergabe ist und dass es sich bei dem Abruf digitaler Audiodateien aus dem [X.] und der Wiedergabe in Form von Tönen mittels Streamings nur um eine einzige Funktion und nicht um mehrere verschiedene Funktionen handelt. Die Notwendigkeit, an ein Netzwerk angeschlossen zu sein, damit überhaupt ein Zugriff auf die digitalen Daten erfolgen kann, ist lediglich eine Voraussetzung für die Tonwiedergabe, aber ohne Auswirkung auf die Tarifierung der Ware.

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die von der Klägerin eingeführten [X.]radios mit der Bezeichnung A jeweils als Rundfunkempfangsgerät, kombiniert mit einem Tonwiedergabegerät, in die [X.]. 8527 [X.] und dort in die [X.]. 8527 91 19 [X.] einzureihen.

a) Bei den streitgegenständlichen [X.]radios handelt es sich einerseits um [X.], weil sie nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) über einen FM-/DAB-Tuner verfügen und dem Empfang von [X.] im UKW- und DAB-Bereich über eine Antenne dienen.

b) Diese [X.] sind andererseits mit einem Tonwiedergabegerät kombiniert.

aa) Wie das [X.] festgestellt hat, verfügen die Waren über einen Audiodecoder, einen Ethernet-[X.]ontroller, ein WLAN-Modul, einen Ethernet-Anschluss und ein zentrales Modul mit einem Prozessor und sind daher zur Tonwiedergabe von Audiodateien verschiedener Formate aus dem [X.] oder einem lokalen Netzwerk in der Lage.

Der Einreihung als Tonwiedergabegerät steht nicht entgegen, dass die empfangenen Audiodateien auf dem Gerät nicht gespeichert werden können, weil auch der Zoneplayer, über den der [X.] zu entscheiden hatte, nicht über eine Speichermöglichkeit verfügte und dies der Ansprache als Tonwiedergabegerät nicht entgegenstand ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2016:184, Rz 19, ABl[X.] 2016 Nr. [X.] 156, 14).

Ferner steht der Einordnung der streitgegenständlichen [X.]radios, die die technischen Voraussetzungen zum Streamen besitzen, nicht entgegen, dass ein [X.]-Modem zwischengeschaltet sein muss, um Signale aus dem [X.] empfangen zu können. Denn der Zoneplayer, bei dem der [X.] in seiner Entscheidung [X.] ([X.]:[X.]:2016:184, Rz 18, ABl[X.] 2016 Nr. [X.] 156, 14) ebenfalls die Einordnung als Tonwiedergabegerät bejahte, musste ebenfalls an ein Modem oder einen Router angeschlossen werden, um eine Verbindung zum [X.] herstellen zu können.

Das Streaming ist auch nicht --wie die Klägerin meint-- dem Empfang von [X.] über einen FM-/DAB-Tuner gleichzusetzen, weil es sich nach ihrer Auffassung nur in der Art der eingehenden Signale vom herkömmlichen Rundfunk unterscheidet. Dies hätte zur Folge, dass die Waren nicht mit einem Tonwiedergabegerät kombiniert wären. Auch wenn das Ergebnis für den Hörer vergleichbar sein mag, kommt es nach der eingangs dargestellten ständigen Rechtsprechung des [X.] für die zollrechtliche Tarifierung auf die objektiven Beschaffenheitsmerkmale der Waren an. Diese unterscheiden sich bei einem analogen oder digitalen Rundfunkempfangsgerät und einem [X.]radio, das zum Streaming in der Lage ist, erheblich. In technischer Hinsicht handelt es sich um unterschiedliche Vorgänge, weshalb ein Gerät, das analoge Rundfunksignale empfangen kann, über andere objektive Beschaffenheitsmerkmale (z.B. einen Tuner) verfügt als ein Gerät, das Daten aus dem [X.] verarbeiten kann. Dementsprechend hat auch der [X.] keine Vergleichbarkeit festgestellt, sondern ist von einem Tonwiedergabegerät ausgegangen (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:2016:184, ABl[X.] 2016 Nr. [X.] 156, 14).

Weiterhin spricht die [X.] 69/2013, in der die Europäische [X.] einen digitalen Audiostreamer in die [X.]. 8519 89 19 [X.] eingereiht hat, dafür, das Streaming als Tonwiedergabe anzusehen.

[X.] gelten zwar stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Sofern [X.] jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der [X.] und nicht zur Änderung des geltenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (Senatsurteil vom 12.04.2011 - VII R 20/07, [X.], 561, [X.], 177; Senatsbeschluss vom 10.02.2014 - VII R 39/12, [X.] 2014, 132). Damit wird dem mit einer verbindlichen Einreihungsverordnung verbundenen Ziel der kohärenten Auslegung der [X.] und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer Rechnung getragen (vgl. [X.]-Urteil [X.] u.a., [X.]:[X.]:2017:232, Rz 37, [X.], 163; vgl. auch Senatsurteile vom 18.09.2018 - VII R 3/18, [X.], 136, und vom 18.02.2020 - VII R 15/18, juris).

Auch wenn die [X.] 69/2013 aufgrund einiger technischer Unterschiede der Waren nicht auf die streitgegenständliche Einfuhr anwendbar ist, kann aus dieser Einreihungsverordnung im Interesse einer kohärenten Auslegung der [X.] zumindest abgeleitet werden, dass das Verarbeiten digitaler Daten und die Wiedergabe im Wege des Streamings eine Tonwiedergabe i.S. der [X.]. 8519 [X.] darstellt. Auch die [X.] 2019/647 bestätigt, dass die Europäische [X.] die Wiedergabe von Audiodateien von einem [X.] oder in Form von [X.]radio als Tonwiedergabe der [X.]. 8519 [X.] ansieht.

bb) Die Waren verfügen darüber hinaus auch deshalb über ein Tonwiedergabegerät, weil sie nach den Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) über einen USB-[X.]ontroller und einen [X.] verfügen und daher auch auf diesem Weg eine Tonwiedergabe erfolgen kann. Dass der Ware kein [X.] beiliegt, steht dem nicht entgegen, weil nach der [X.] 2 Buchst. a jede Anführung einer Ware in einer [X.]ition auch für die unvollständige oder unfertige Ware gilt, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Davon ist das [X.] ausgegangen.

c) Die außerdem als dritten Bestandteil in den Waren enthaltene Uhr mit Weckfunktion führt nicht zu einem anderen Ergebnis und insbesondere nicht zu einer Einreihung in Abschn. [X.]. Nach den für den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] ist die Uhr lediglich von untergeordneter Bedeutung, so dass sie nicht charakterbestimmend i.S. der [X.] 3 Buchst. b und damit für die Tarifierung nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist.

d) Die Tatsache, dass die [X.]radios zusammen mit einer Fernbedienung und einem Steckernetzteil geliefert wurden, führt ebenfalls nicht zu einer anderen Einreihung.

Besteht eine Maschine oder eine Kombination aus Maschinen aus entweder voneinander getrennten oder durch Leitungen, Übertragungsvorrichtungen, elektrischen Kabeln oder anderen Vorrichtungen miteinander verbundenen Einzelkomponenten, die gemeinsam eine genau bestimmte, in einer der [X.]itionen des [X.]. 84 oder 85 erfasste Funktion ausüben, so ist das Ganze nach [X.]. 4 zu Abschn. XVI in die [X.]ition einzureihen, die diese Funktion erfasst. Eine "funktionelle Einheit" liegt vor, wenn eine Maschine oder ein Apparat aus voneinander getrennten Bestandteilen besteht, die dazu bestimmt sind, gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion zu erfüllen ([X.]-Urteile Telefunken Fernseh und [X.] - 223/84, [X.]:[X.]:1985:398, Rz 29, Slg. 1985, 3335, und [X.] vom 15.02.2007 - [X.]-183/06, [X.]:[X.]:2007:110, Rz 32, ABl[X.] 2007 Nr. [X.] 82, 7). Der Ausdruck "gemeinsam eine einzige, genau bestimmte Funktion ausüben" erfasst nur Maschinen und [X.], die für die Ausübung der für die funktionelle Einheit als Ganzes charakteristischen Funktion notwendig sind; ausgeschlossen sind demnach Maschinen und Apparate mit Hilfsfunktionen, die nicht zur Funktion des Ganzen beitragen (vgl. [X.] 68.0 zu Abschn. XVI und [X.]-Urteil [X.] vom 25.02.2016 - [X.]-143/15, [X.]:[X.]:2016:115, Rz 67, ABl[X.] 2016, Nr. [X.] 145, 12-13). Da nach der [X.] 1 der Wortlaut der [X.]itionen und die [X.]erkungen zu den Abschnitten oder [X.]iteln gleichrangig nebeneinander stehen, führt das Vorliegen einer funktionellen Einheit zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der [X.]. 8527 [X.].

Im Streitfall spricht gegen die Annahme einer funktionellen Einheit, dass die Ware nicht nur eine bestimmte, sondern nach den Feststellungen des [X.] mehrere Funktionen ausführen kann, nämlich Rundfunkempfang, Tonwiedergabe und die Zeitanzeige mit Weckfunktion. Außerdem befinden sich die diese Funktionen ausführenden Geräte in einem Gehäuse, weshalb die Fernbedienung und das Steckernetzteil nicht mehrere Einzelkomponenten verbinden.

Dies kann jedoch letztlich dahinstehen, weil auch die Annahme einer funktionellen Einheit nicht zu einem abweichenden Einreihungsergebnis führen würde. Jedenfalls handelt es sich bei der Fernbedienung und dem Steckernetzteil um nicht charakterbestimmendes Zubehör i.S. der [X.] 3 Buchst. b.

e) Die Ware bildet zusammen mit den weiteren in der gemeinsamen Verkaufsumschließung mitgelieferten Waren (Bedienungsanleitung, Garantiekarte und Audioanschlusskabel) eine Warenzusammenstellung i.S. der [X.] 3 Buchst. b, die nach dem charakterbestimmenden Bestandteil --dem Rundfunkempfangsgerät der [X.]. 8527 [X.]-- eingereiht wird und damit ebenfalls ohne Auswirkung auf das Tarifergebnis bleibt.

f) Innerhalb der [X.]. 8527 [X.] ist das streitige [X.]radio in die [X.]. 8527 91 19 [X.] einzureihen, weil es sich mit zwei Lautsprechern in einem Gehäuse befindet und es sich nicht um ein Kassettengerät der [X.]. 8527 91 11 [X.] handelt.

5. Eine Einreihung der Waren als Radiowecker in die von der Klägerin für richtig gehaltene zollfreie [X.]. 8527 92 10 [X.] kommt nicht in Betracht, weil diese nur Waren umfasst, die neben dem Rundfunkempfangsgerät mit einer Uhr und nicht auch mit einem Tonwiedergabegerät kombiniert sind. Bei den streitgegenständlichen Waren ist jedoch neben dem Rundfunkempfangsgerät und der Uhr ein Tonwiedergabegerät im Sinne der oben dargestellten [X.]-Rechtsprechung vorhanden (s.o.).

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 40/18

30.06.2020

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 25. Juli 2018, Az: 4 K 37/17 Z, Urteil

Pos 8519 KN, Pos 8527 UPos 9210 KN, AllgVorschr 1 KN, EUV 69/2013, AllgVorschr 1 KN, AllgVorschr 3 Buchst b KN

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.06.2020, Az. VII R 40/18 (REWIS RS 2020, 3555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3555

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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