Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZB 75/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3949

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB
75/10
vom
17. August
2011
in der
Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Marke Nr. 306 79 701

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-
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 17. August
2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Koch
und Dr.
Löffler

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Markeninhabers wird der Be-schluss des 27. Senats ([X.]) des Bundes-patentgerichts vom 1. Februar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000

festgesetzt.

Gründe:
[X.] Für den Markeninhaber ist seit dem 25. April 2007 die am 29.
Dezem-ber 2006 angemeldete Wort-/Bildmarke Nr. 306
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für die
Dienstleistungen "Werbung; Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten; Styling (industrielles Design)"
eingetragen.

Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent-
und Markenamt die Lö-schung der Marke beantragt, weil der Markeninhaber bei der Anmeldung [X.] gewesen sei.

Die Markenabteilung des Deutschen Patent-
und Markenamts hat die Löschung der Marke angeordnet.

Die Beschwerde des Markeninhabers hat das [X.] zu-rückgewiesen ([X.], [X.] 2010, 652).

Hiergegen wendet sich der Markeninhaber mit seiner
nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er
die Versagung rechtlichen Gehörs rügt.

I[X.] Das [X.] hat die Auffassung vertreten, die Marke sei im Sinne
von §
8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] angemeldet worden. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Betreiber des [X.] habe das in Rede stehende Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke im Dezember 2006 bereits seit Jahren als Unternehmenskennzeichen im Geschäftsverkehr verwendet. Die Antragstellerin habe dadurch einen schutzwürdigen
Besitzstand an dem [X.] erlangt. Der Markeninhaber habe durch die Anmeldung der Marke in die-sen Besitzstand eingegriffen. Die Anmeldung habe allein bezweckt, finanzielle Forderungen
gegen die Antragstellerin geltend zu machen.

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Der Markeninhaber könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragstellerin das Zeichen unberechtigt nutze. Dabei komme es nicht auf die von den Parteien wiederholt erörterten Urheberrechtsfragen
an. Den [X.] vom 16. Juni 1997 und vom 30. Juli 1997, der Rechnung vom 17. November 1997 und Ziffer 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
B.

KG (im Weiteren: B.

KG) lasse sich entnehmen, dass die frühere Betreiberin des
Varietés, die [X.], die Nutzungsrechte an dem Logo von der B.

KG erworben habe. Aus dem Veräußerungs-
vertrag vom 19. Dezember 1999 ergebe sich, dass die Antragstellerin die [X.] von der [X.] erlangt
habe. Die [X.] der Antragstellerin in dem Vertrag mit dem Zusatz "Neue"
sei
unschädlich; ausweislich der vorgelegten Handelsregisterauszüge handele es sich um die-selbe
Gesellschaft.

II[X.] [X.] hat Erfolg.

1. Die Statthaftigkeit der form-
und fristgerecht eingelegten Rechtsbe-schwerde folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbe-schwerde beruft sich auf eine Versagung rechtlichen Gehörs (§
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]) und hat dies im Einzelnen ausgeführt. Für die [X.] kommt es nicht darauf
an, ob die Rüge durchgreift (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 9.
September
2010
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I
ZB
81/09, [X.], 654 Rn.
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= WRP 2011, 753 -
Yoghurt-Gums).

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2. [X.] ist begründet. Das Verfahren vor dem [X.] verletzt den
Markeninhaber in seinem
Anspruch auf rechtli-ches
Gehör (Art.
103 Abs.
1 GG, §
83 Abs.
3 Nr.
3 [X.]).

a) Art.
103 Abs.
1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Ver-fahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entschei-dung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], NJW-RR 2004, 1710, 1712; [X.], [X.], 654 Rn.
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-
Yoghurt-Gums).

b) [X.] rügt mit Erfolg, das [X.] habe den Anspruch des Markeninhabers auf rechtliches
Gehör verletzt, indem es sein
Vorbringen zum Urheberrecht am Logo nicht berücksichtigt habe.

[X.]) Der Markeninhaber hat
vorgetragen, die B.

KG
habe der früheren Betreiberin des Varietés und diese sodann der Antragstelle-rin keine
urheberrechtlichen
Nutzungsrechte
an dem als Marke eingetragenen Zeichen übertragen können, weil die B.

KG nicht Inhabe-
rin urheberrechtlicher
Nutzungsrechte
an diesem Zeichen gewesen sei. Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte sei er selbst gewesen. Die frühere Be-treiberin des Varietés habe ihn persönlich mit der Gestaltung des Logos [X.]. Das [X.] hat sich mit diesem unter Beweis gestellten Vorbringen des Markeninhabers nicht auseinandergesetzt.

bb) Das vom [X.] unberücksichtigt gelassene Vorbrin-gen des Markeninhabers ist entscheidungserheblich. Falls die B.

KG
nicht Inhaberin urheberrechtlicher Nutzungsrechte am Logo war,
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konnte sie solche Nutzungsrechte nicht auf die frühere Betreiberin des Varietés
übertragen und diese derartige Nutzungsrechte nicht auf die Antragstellerin wei-terübertragen. Sollte die Antragstellerin durch die Nutzung des Logos ein
daran bestehendes
Urheberrecht des Markeninhabers verletzt haben, könnte sie sich -
jedenfalls gegenüber dem Markeninhaber -
nicht auf einen schutzwürdigen Besitzstand berufen.
In diesem Fall wäre die Markenanmeldung nicht als [X.] anzusehen (vgl. zu den Voraussetzungen einer bösgläubigen Marken-anmeldung [X.], Beschluss vom 24. Juni 2010 -
I [X.], [X.], 1034 Rn. 13 = [X.], 1399 -
LIMES LOGISTIK, mwN).

cc) [X.]erwiderung wendet
ohne Erfolg ein, die Rechtsbeschwerde äußere
sich nicht dazu, dass der Markeninhaber im [X.] seines Unternehmens "T.

"
vom 20.
Novem-
ber 2000
selbst davon ausgegangen
sei, dass die Rechte am Logo bei der B.

KG gelegen hätten. Diese
habe die Rechte daher -
vertre-
ten durch den Markeninhaber und somit mit seiner
Zustimmung -
auf die vorma-lige Betreiberin des Varietés übertragen können. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung schließt dies die Entscheidungserheblichkeit des [X.] nicht aus. Es ist nicht auszuschließen, dass das Bundespa-tentgericht, wenn es das von ihm bislang nicht gewürdigte Vorbringen des [X.] in Erwägung zieht, auch unter Berücksichtigung
seines
Schreibens vom
20. November 2000 nicht festzustellen vermag, dass die
B.

KG zum Zeitpunkt der Übertragung der urheberrechtlichen Nutzungs-
rechte auf die frühere Betreiberin des Varietés Inhaberin dieser
Nutzungsrechte war und der Markeninhaber als Urheber einer Weiterübertragung dieser Rechte zugestimmt hat (§
34 Abs. 1 [X.]).

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3.
Soweit die Rechtsbeschwerde weitere Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches
Gehör rügt, sind diese [X.] allerdings unbegründet.

a) [X.] macht
ohne Erfolg
geltend, das Bundespa-tentgericht habe den Einwand des Markeninhabers übergangen, die Antragstel-lerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass das in Rede stehende Zeichen [X.] erlangt habe. Das [X.] hat seine Annahme, die Antragstellerin habe einen schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen erlangt, mit der Erwägung begründet, der Betreiber des [X.] habe das in Rede stehende Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke im Dezem-ber 2006 bereits seit Jahren im Geschäftsverkehr als [X.] (§
5 Abs. 2 [X.]) verwendet.
Vom Standpunkt des [X.] kam es daher nicht darauf an, ob das Zeichen durch die Benutzung im geschäftlichen Verkehr als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (§
4 Nr. 2 [X.]). Das [X.] hat demnach insoweit kein von seinem Stand-punkt aus entscheidungserhebliches Vorbringen des Markeninhabers übergan-gen.

b) [X.] rügt
ferner vergeblich, das Bundespatentge-richt habe den Vortrag des Markeninhabers nicht berücksichtigt, die B.

KG habe der früheren
Betreiberin des Varietés nicht die Nut-
zungsrechte am Logo, sondern nur das
Nutzungsrecht an der Gestaltung der

teilweise mit dem Logo versehenen -
Werbematerialien übertragen. Das [X.] hat dieses Vorbringen des Markeninhabers zur Kenntnis ge-nommen und in Erwägung gezogen. Es hat allerdings angenommen, den [X.] vom 16. Juni 1997 und vom 30. Juli 1997, der Rechnung vom 17. November 1997 und Ziffer 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
B.

KG lasse sich entnehmen, dass die [X.]
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Leipzig GmbH als frühere Betreiberin des Varietés
die Nutzungsrechte an dem Logo von der B.

KG erworben habe.
Soweit die Rechts-
beschwerde dem entgegenhält, dies lasse sich den Kostenvoranschlägen und der Rechnung nicht entnehmen, wendet sie sich lediglich gegen die Beurteilung des [X.]s, ohne dabei eine Verletzung des Anspruchs des Markeninhabers auf rechtliches
Gehör aufzuzeigen.

c) [X.] rügt des weiteren ohne Erfolg, die Annahme des [X.]s, aus dem [X.] vom 15.
Dezember 1999 ergebe sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der [X.] erworben habe, beruhe auf einer Verletzung des Anspruchs des Markeninhabers auf rechtliches
Gehör. Das Bundespatentge-richt hat den Einwand des Markeninhabers
berücksichtigt, in dem [X.] sei als Erwerber nicht die Antragstellerin, also die [X.] Varieté Leipzig GmbH & Co. KG, sondern eine andere Gesellschaft, nämlich die Neue [X.] Varieté Leipzig GmbH & Co. KG, aufgeführt. Das Bundes-patentgericht
hat diesen Einwand allerdings als unbeachtlich angesehen. Es hat angenommen,
die Bezeichnung der Antragstellerin in dem [X.] mit dem Zusatz "Neue"
sei unschädlich, weil sich aus den vorgelegten [X.] ergebe, dass es sich um dieselbe [X.].

[X.] macht
ohne Erfolg geltend, das Bundespatentge-richt habe damit das Vorbringen des Markeninhabers übergangen, aus den [X.] ergebe sich nicht die Identität der Gesellschaften, weil im Handelsregister ausweislich der Auszüge keine Neue [X.] Va-rieté
Leipzig GmbH & Co.
KG, sondern allein
die [X.] Varieté
Leipzig GmbH & Co.
KG eingetragen sei. Das [X.] hat auch diesen 20
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Einwand des Markeninhabers berücksichtigt. Es hat sich zur Begründung seiner Entscheidung in zulässiger Weise den Ausführungen der Markenabteilung an-geschlossen. Diese
hatte
ihre Auffassung, aus den
[X.] ergebe sich die Identität der Gesellschaften, damit begründet, dass die [X.] & Co. KG (ausweislich der
Handelsregisterauszü-ge)
und die Neue [X.] Varieté Leipzig GmbH & Co. KG (ausweislich des [X.]s)
von derselben persönlich haftenden
Gesellschafte-rin, der Neue [X.] Varieté Leipzig Verwaltungs GmbH, vertreten [X.]. Die Antragstellerin habe in dem [X.] nur deshalb als "Neue"
[X.] Varieté Leipzig GmbH & Co. KG firmiert, weil
das Recht zur Firmenfortführung erst mit dem [X.] übertragen worden sei.
Nach seinem Abschluss sei die Antragstellerin ohne den Zusatz "Neue"
im Handelsregister eingetragen worden.

d) [X.] macht ebenfalls ohne Erfolg
geltend, das [X.] habe sich nicht mit dem Vortrag des Markeninhabers ausei-nandergesetzt, die vermeintlichen Nutzungsrechte seien durch den [X.] nicht auf die Antragstellerin übergegangen, weil die Antragstellerin nach diesem Vertrag nur in die darin aufgeführten Verträge der früheren Betrei-berin des Varietés
eingetreten sei
und die Nutzungsrechte dort
nicht erwähnt seien.
Das [X.] hat angenommen, aus dem [X.] ergebe sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der [X.] erlangt habe. Nach §
2 des [X.]es wird das gesamte Aktivvermögen der früheren Betreiberin des Varietés
veräußert. Dazu gehören auch die Nutzungsrechte.

e) [X.] rügt schließlich ohne Erfolg, das Bundespa-tentgericht habe nicht geprüft, ob der Markeninhaber das Nutzungsrecht wirk-22
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sam zurückgerufen habe, weil ihm eine unentgeltliche Übertragung des Nut-zungsrechts auf die Antragstellerin nicht zumutbar gewesen sei. Das [X.] ist von einer entgeltlichen Übertragung des Nutzungsrechts an dem Logo ausgegangen. Von seinem Standpunkt aus war das von der [X.] als übergangen gerügte Vorbringen des Markeninhabers daher nicht entscheidungserheblich. Es stellt deshalb
keine Verletzung des Anspruchs
des Markeninhabers auf rechtliches Gehör dar, dass sich das Bundespatentge-richt mit diesem
Vorbringen nicht auseinandergesetzt hat.

[X.] Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§
89 Abs.
4 Satz
1 [X.]).

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Koch
Löffler
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 01.02.2010 -
27 W(pat) 87/09 -

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Meta

I ZB 75/10

17.08.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2011, Az. I ZB 75/10 (REWIS RS 2011, 3949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3949

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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