Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2012, Az. VII ZR 155/10

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3700

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] ZR 155/10
vom

23. August 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1
Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt nicht vor, wenn ein Un-ternehmer auf Aufforderung des Bestellers eine Mängelbeseitigung vornimmt, dabei jedoch deutlich zum Ausdruck bringt, dass er nach seiner Auffassung nicht zur [X.] verpflichtet ist.

[X.], Beschluss vom 23. August 2012 -
[X.] ZR 155/10 -
[X.]

[X.]

-
2
-
Der
[X.].
Zivilsenat des [X.] hat am 23.
August
2012 durch [X.]
Dr.
[X.] und [X.], Prof.
[X.], Kosziol und Dr. Kartzke
beschlossen:
Der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wird teil-weise stattgegeben.
Das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 4.
August 2010 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt
und insoweit aufgehoben, als der Kläger auf die Widerklage zur r-derungen der Frau

M.

und des Herrn

D.

wegen Kosten der Mängelbeseitigung verurteilt worden ist.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Beschwerde des [X.] wird zurückgewiesen. Von einer Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§
544 Abs. 4 Satz 2, 2.
Halbsatz ZPO).
Streitwert (§
45 Abs.
1 Satz
3 GKG): bis zu 25.000

-
zifferte Widerklage 20.739,20

l-lung: 2.000

-
3
-
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die vom Kläger verlangte Herausgabe einer Ori-ginalbürgschaftsurkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft sowie mit der Widerklage erhobene Gewährleistungsansprüche der Beklagten und einen Schadensersatzanspruch des Beklagten zu 2 wegen Kostenschäden aus einem Vorprozess.
Der Kläger nahm im Auftrag der in einer Projektgemeinschaft verbunde-nen Beklagten 1999 Rohbauarbeiten für ein Doppelhaus in C.

vor. Die Beklagten entrichteten die letzte Zahlung an ihn am 3. Dezember 1999.
In einem Rechtsstreit der Bauherren gegen den Beklagten zu 2 wurde später festgestellt, dass die Abdichtung des Verblendmauerwerks an dem [X.] mangelhaft ausgeführt und die sogenannte [X.] über den Schlafzimmerfenstern zu erneuern war (Urteil des [X.] vom 15.
Ok-tober
2002
3
O
167/00). Im Februar 2003 nahm der Kläger auf Aufforderung der Beklagten Abdichtungsarbeiten vor.
Die Bauherren machten im Rahmen eines zweiten Rechtsstreits erfolg-reich weitere Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten zu 2 geltend
(3 [X.]/06 [X.] -
7 U 132/08 [X.]). Der Kostenschaden des [X.] zu 2 ist unter anderem Gegenstand der Widerklage.
Der Kläger hat Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangt. Er hat die Meinung vertreten, dass gegen ihn gerichtete Gewährleistungsansprüche mit Ablauf des 3. Dezember 2004 verjährt seien. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg; die Widerklage der Beklagten hat das [X.] abgewiesen. Die da-1
2
3
4
5
-
4
-
gegen gerichtete Berufung der Beklagten, die den [X.] im zweiten Rechtszug erweitert haben, hatte überwiegend Erfolg.

II.
Der Beschwerde ist stattzugeben, soweit der Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 9.520

i-gungskosten verurteilt worden ist. Das Berufungsurteil beruht insoweit auf einer Verletzung des Rechts des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.
103 Abs. 1 GG). Es ist deshalb insoweit aufzuheben. Im Umfang der [X.] ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
544 Abs.
7 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat Gewährleistungsansprüche, die sich im Streitfall nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts richten, als unver-jährt angesehen. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe zwar am 3.
De-zember
1999 begonnen. [X.] sei mit Ablauf des 3.
De-zember
2004 nicht eingetreten, denn die Abdichtungsarbeiten des [X.] im Februar 2003 seien als verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB a.F. zu werten.
2. Damit hat sich das Berufungsgericht über entscheidungserheblichen Vortrag des [X.] hinweggesetzt.
a) Da der (vermeintliche) [X.] nach dem 1.
Ja-nuar
2002 eingetreten ist, ist -
der gegenüber § 208 BGB a.F. inhaltlich unver-änderte
-
§
212 Abs.
1 Nr.
1 BGB anwendbar. Gemäß Art.
229 §
6 Abs.
1 Satz
1 EGBGB gelangen grundsätzlich die neuen Verjährungsregeln zur An-wendung. Das [X.] gilt in [X.] nicht nur für den Verjäh-6
7
8
9
-
5
-
rungsbeginn, sondern auch für die Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist ([X.], Urteil
vom 5.
April 2011 -
XI [X.], [X.]Z 189, 104 Rn.
17;
[X.]/[X.], BGB, 71. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 7).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus Art. 229 § 6 Abs.
1 Satz
2 EGBGB, da dort lediglich geregelt ist, dass sich die Hemmung der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmt. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Diese Bestimmung betrifft lediglich die Fortgeltung von Regelungen, nach denen eine vor dem 1.
Januar
2002 eintre-tende Unterbrechung als erfolgt oder nicht erfolgt gilt (dazu [X.]/[X.], Bauvertragsrecht, 2012, § 634a BGB Rn. 359).
b) Die Verjährung ist gemäß §
212 Abs.
1 Nr.
1 BGB gehemmt, wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Abschlagszah-lung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Anerkenntnis im Sinne von §
212 Abs.
1 Nr.
1 BGB vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners ge-genüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings auch ein eindeutiges schlüs-siges Verhalten genügen kann ([X.], Urteile vom 24. Mai 2012 -
IX ZR 168/11, BeckRS 2012, 12770 Rn. 29; vom 9.
Dezember
2011 -
V [X.], [X.], 1293 Rn.
10). Das entspricht der Rechtsprechung zu § 208 BGB a.F. ([X.], Urteile vom 3.
Dezember
1987 -
[X.]
ZR 363/86, [X.], 465 = NJW 1988, 1259, unter [X.]; vom 13. Januar 2005 -
[X.] ZR 15/04, [X.], 710 = NZBau 2005, 282 = [X.] 2005, 363, unter [X.]).
10
11
-
6
-
Ob in der Vornahme von nicht nur unwesentlichen Nachbesserungsar-beiten ein Anerkenntnis der Gewährleistungspflicht des [X.] liegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. [X.] ist dabei, ob der Auftragnehmer aus der Sicht des Auftraggebers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem [X.] handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein (vgl. [X.], Urteile vom 5.
Oktober 2005 -
[X.]I ZR 16/05, [X.]Z 164, 196, 205; vom 2.
Juni
1999

[X.]I ZR 322/98, NJW 1999, 2961, unter [X.] und 3).
c) Das Berufungsgericht hat für die Beurteilung, ob ein Anerkenntnis vor-liegt, entscheidungserheblichen Vortrag übergangen. Der Kläger hat, wie die Beschwerde zutreffend rügt, nach seinem, vom Senat zugrunde zu legenden Vortrag, behauptet, dass er dem Beklagten zu 2 im Februar 2003 unmittelbar vor der Veränderung der [X.] erklärt habe, fachgerecht und mangelfrei ge-arbeitet zu haben. Er habe die [X.] auf Bitte des Beklagten zu 2 verändert, da die [X.] noch nicht wieder angebracht gewesen seien. Das [X.] hat diesen maßgeblichen Gesichtspunkt nicht in seine Erwägun-gen einbezogen.
d) Der Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es ist nicht [X.], dass das Berufungsgericht kein verjährungshemmendes Anerkennt-nis feststellt. Denn nach dem Vortrag des [X.] liegt ein Anerkenntnis des Anspruchs der Beklagten auf Mängelbeseitigung nicht vor. Er hat vielmehr deut-lich zum Ausdruck gebracht, dass er nach seiner Auffassung nicht zur Mängel-beseitigung verpflichtet ist, so dass die gleichwohl auf Bitte
des Beklagten zu 2 vorgenommene, nach Darstellung des [X.] mit wenig Aufwand verbundene Veränderung der Folie, nicht als eine Maßnahme beurteilt werden kann, die der Kläger im Bewusstsein seiner Nachbesserungspflicht vorgenommen hat. [X.] ist, dass die Arbeiten nicht in Rechnung gestellt worden sind. Das wür-12
13
14
-
7
-
de für eine Kulanz des [X.] sprechen. Unerheblich ist auch, dass der Kläger im Prozess die offenbar unzutreffende Auffassung vertreten hat, er habe die Arbeiten aufgrund eines gesonderten Auftrags erledigt. Diese fehlerhafte [X.] ändert nichts daran, dass der Kläger auf der Grundlage seines Vorbrin-gens durch die vorgenommenen Maßnahmen den Anspruch des Beklagten nicht anerkannt hat.
e) Der Senat weist darauf hin, dass die Beweislast
für das Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Beklagten tragen.

a-ge werden nicht addiert, weil sie denselben Gegenstand betreffen (§
45 Abs.
1 Satz 1, 3 GKG). Die Zuerkennung des einen Anspruchs ist mit der Aberken-

15
16
-
8
-
nung des anderen verbunden (vgl. [X.], Urteil vom 5. Mai 2010 -
III ZR 209/09, [X.]Z 185, 310 Rn.
26; Beschluss vom 6.
Oktober
2004 -
IV
ZR
287/03, NJW-RR 2005, 506, unter I[X.]).
[X.]
Eick
[X.]

[X.]
Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 02.09.2008 -
3 O 20/07 -

[X.], Entscheidung vom 04.08.2010 -
7 U 225/08 -

BUNDESGERICHTSHOF
Schreibfehlerberichtigung

[X.] ZR 155/10
vom
20. September 2012
in dem Rechtsstreit

wird der Beschluss des [X.]. Zivilsenats des [X.] vom 23.
August
2012 dahingehend berichtigt, dass es auf Seite 8 richtig heißen muss:

[X.]

[X.]

[X.]

Kosziol

Kartzke

Geschäftsstelle des [X.]. Zivilsenats
des [X.]

Seelinger-Schardt, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Meta

VII ZR 155/10

23.08.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2012, Az. VII ZR 155/10 (REWIS RS 2012, 3700)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3700

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 155/10 (Bundesgerichtshof)

Hemmung der Verjährung durch Anerkenntnis bei Mängelbeseitigung


VII ZR 220/14 (Bundesgerichtshof)

VOB-Vertrag: Darlegungslast des Auftraggebers bei Geltendmachung von aufgewendeten Mängelbeseitigungskosten; Umfang des Schadensersatzanspruchs des Schuldners bei …


VII ZR 171/08 (Bundesgerichtshof)

Werkvertrag: Anwendung der fünfjährigen Verjährungsfrist auf vor der Abnahme entstandene Gewährleistungsansprüche


VII ZR 226/03 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 71/11 (Bundesgerichtshof)

Verjährungshemmung für Ansprüche auf Baumängelbeseitigung durch selbständiges Beweisverfahren einer Wohnungseigentümergemeinschaft


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VII ZR 155/10

XI ZR 201/09

IX ZR 168/11

V ZR 131/11

III ZR 209/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.