Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.10.2010, Az. V B 134/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 2466

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Gegenstand

Vorsteuerabzug aus Billigkeitsgründen - Untätigkeitsklage bei fehlender Entscheidung über Billigkeitsantrag


Leitsatz

1. NV: § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sieht eine Berücksichtigung des Guten Glaubens an das Vorliegen der Voraussetzungen des Vorsteuerabzuges nicht vor.

2. NV: Beruft sich der Stpfl. darauf, der Vorsteuerabzug sei trotz Fehlens der Voraussetzungen im Billigkeitswege zu gewähren, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme, bei der es sich um einen selbstständigen Verwaltungsakt handelt, mit der Entscheidung über den Vorsteuerabzug zu verbinden.

3. NV: Hat das FA über einen ausdrücklich oder konkludent gestellten Billigkeitsantrag nicht entschieden, kann der Stpfl. Untätigkeitseinspruch (§ 347 Abs. 1 AO) und ggf. Untätigkeitsklage (§ 46 FGO) erheben.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2

1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob die Vorlage eines [X.] [X.] bei der Abwicklung eines Kaufvertrages über Kfz die Annahme rechtfertigt, dass die Unternehmereigenschaft des [X.] bereits ausreichend durch behördliche Maßnahmen geprüft worden ist und ob aus diesem Aspekt ein derartiger Vertrauenstatbestand erwächst, dass ein Vorsteuerabzug zumindest aus Billigkeitsgründen gewährt werden kann, kann in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Nach den den Senat bindenden (§ 118 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) waren Rechnungsaussteller und [X.] nicht identisch. Damit wäre der Vorsteuerabzug selbst dann zu versagen, wenn die Überlassung des [X.] ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unternehmereigenschaft des Verkäufers rechtfertigen würde.

3

Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im --hier vorliegenden-- Festsetzungsverfahren keinen Schutz des guten Glaubens an die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs vorsieht (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 8. Oktober 2008 [X.]/07, [X.], 1473; vom 30. April 2009 [X.], [X.], 254, [X.], 744; vom 8. Juli 2009 [X.], [X.], 256).

4

2. Als Verfahrensfehler des [X.] rügt der Kläger sinngemäß das Fehlen von Entscheidungsgründen, weil das [X.] "zu zentral vorgebrachten Vertrauensschutzaspekten nicht abschließend Stellung" genommen habe. Das Fehlen der erforderlichen Begründung ist ein Verfahrensmangel, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O zur Zulassung der Revision führen kann ([X.] vom 17. Juni 2010 [X.]/09, [X.], 1633; vom 19. Oktober 2001 [X.], [X.] 2002, 369). Ein solcher Mangel liegt zwar vor, wenn das [X.] ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergangen hat oder wenn die gegebene Begründung so substanzlos ist, dass es die maßgeblichen Feststellungen und Erwägungen des [X.] nicht erkennen lässt ([X.] in [X.], 1633; [X.]-Urteil vom 2. Oktober 2001 [X.], [X.] 2002, 363). Beides ist nicht der Fall.

5

Das [X.] hat zum Einwand des [X.], der Gedanke des Vertrauensschutzes gebiete im Streitfall die Gewährung des Vorsteuerabzugs --zumindest im [X.] unter II.3. des [X.]-Urteils Stellung genommen und auf die Rechtsprechung des [X.] (Urteil in [X.], 254, [X.], 744) verwiesen.

6

Danach sieht § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG einen Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung des Vorsteuerabzuges nicht vor und es kommt [X.] die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug wegen unzutreffender Rechnungsangaben nicht vorliegen-- unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nur ein Vorsteuerabzug im Billigkeitsverfahren (§§ 163, 227 der Abgabenordnung --[X.]--) in Betracht.

7

Macht der Steuerpflichtige im Festsetzungsverfahren geltend, ihm sei der Vorsteuerabzug trotz [X.] der materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu gewähren, ist die Entscheidung über die [X.] zwar nach § 163 Satz 3 [X.] regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden. Gleichwohl sind Steuerfestsetzung und Billigkeitsentscheidung zwei Verwaltungsakte. Hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) über einen bereits im Festsetzungsverfahren ausdrücklich oder konkludent --wegen der Berufung auf [X.] gestellten Antrag auf eine Billigkeitsentscheidung nicht entschieden, hat der Steuerpflichtige verfahrensrechtlich die Möglichkeit des [X.] (§ 347 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und ggf. der Untätigkeitsklage (§ 46 [X.]O).

8

Im Streitfall war Gegenstand des Klageverfahrens jedoch allein die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides. Dass das [X.] in Bezug auf den beanspruchten Vertrauensschutz lediglich auf die Rechtsprechung des [X.] verwiesen und über die [X.] nicht entschieden hat, begründet daher keinen Verfahrensmangel.

Meta

V B 134/09

12.10.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 12. Oktober 2009, Az: 1 K 30/08, Urteil

§ 15 UStG 1993, § 163 AO, § 347 AO, § 46 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.10.2010, Az. V B 134/09 (REWIS RS 2010, 2466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2466

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