Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2005, Az. IX ZR 205/01

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1706

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
[X.] ZR 205/01 Verkündet am: 22. September 2005 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2005 durch [X.] [X.], die [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 28. Juni 2001 aufgehoben, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des [X.] vom 16. Juni 2000 zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten beider Rechtsmittelinstanzen zu [X.]. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagenden Eheleute gründeten zum 1. Januar 1984 eine Gesell-schaft bürgerlichen Rechts (im folgenden: GbR) zur gemeinsamen Tätigkeit als Unternehmensberater. Geschäftsführer wurde der als Politologe vorgebildete Kläger zu 2. Die Klägerin zu 1 verfügt über eine Universitätsausbildung als Phi-lologin. Sie hielt ihren [X.]santeil treuhänderisch für den Kläger zu 2. - 3 - Die Einkünfte der [X.]er wurden als Einnahmen aus freiberuflicher Tä-tigkeit erklärt. Aufgrund einer Betriebsprüfung zog das Finanzamt die Kläger 1995 für die Erhebungszeiträume 1985 bis 1993 zur Gewerbesteuer heran. Der Einspruch der Kläger gegen diese Gewerbesteuerbescheide wurde 1997 zu-rückgewiesen.

Die Kläger haben behauptet, der beklagte Steuerbevollmächtigte habe sie bei der [X.]sgründung und bei späteren Anlässen im Rahmen [X.] steuerlich unzureichend beraten. Zwar sei darüber ge-sprochen worden, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 1 möglicherweise nicht als Ausübung eines freien Berufes gewertet werden könne. Mit keinem Wort habe der [X.] jedoch darauf hingewiesen, dass allein deshalb für die gesamten Einkünfte aus der unternehmensberatenden Tätigkeit der [X.]er, auch soweit sie der Kläger zu 2 erzielt habe, die Gewerbesteuerpflicht gedroht habe. Vielmehr habe der [X.] in Aussicht gestellt, mit der treuhänderischen [X.] die Kläger vollen Umfanges gewerbesteuerfrei zu halten. Der [X.] hat erwidert, die Kläger bei verschiedenen Anlässen über das so ge-nannte steuerliche Infektionsrisiko gewerblicher Tätigkeit innerhalb der GbR aufgeklärt zu haben.

Das [X.] hat die wegen der 1995 festgesetzten Gewerbesteuern erhobene Schadensersatzklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hatte in Höhe von 245.869,77 DM Erfolg. Mit seiner Revision er-strebt der [X.] die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. - 4 - Entscheidungsgründe:

Die Revision rügt zutreffend Rechtsfehler des Berufungsurteils. Die [X.] ist, wie bereits vom [X.] erkannt, vollen Umfanges abzuweisen.

[X.]

Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] habe auf den Vorwurf unzureichender steuerlicher Beratung zwar im einzelnen erwidert. Sein eigener Vortrag ergebe jedoch vertragswidriges Verschulden. Schon der [X.] von Steuererklärungen, in denen die Einkünfte der [X.]er als sol-che aus freiberuflicher Tätigkeit behandelt worden seien, belege eine Pflicht-verletzung. Der [X.] müsse deshalb darlegen und beweisen, dass er die Kläger "entsprechend" belehrt habe. Seinem gesamten Vorbringen könne [X.] nicht entnommen werden, dass er die Kläger mit dem erforderlichen Nachdruck auf das Risiko der Abfärbung gewerblicher Tätigkeit innerhalb der GbR hingewiesen habe. Durch den [X.] sei den Klägern auch eine vermeidbare Gewerbesteuerlast aufgebürdet worden; denn die Tätigkeit des [X.] sei im Gegensatz zu der seiner Ehefrau von der Finanzverwaltung als freiberuflich gewertet worden. Entgegen der Auffassung des [X.]n, auch der Kläger selbst übe eine gewerbliche Tätigkeit aus, bestehe kein An-lass, an den abweichenden Feststellungen der Finanzverwaltung zu zweifeln. - 5 - I[X.]

Das Berufungsurteil hält in den bezeichneten Punkten rechtlicher Prü-fung nicht stand.

1. Die Abfassung der Steuererklärungen für die [X.] mit der Angabe freiberuflicher Einkünfte war pflichtgemäß. Der [X.] hatte hierbei die für seine Auftraggeber günstigere Rechtsauffassung zugrunde zu legen. Den Interessen der Kläger entsprach es, gegenüber der [X.] den Standpunkt zu vertreten, die Tätigkeit innerhalb der [X.] - auch diejenige der Klägerin zu 1 - sei insgesamt freiberuflich. Der [X.] hat mit dem Entwurf der Steuererklärungen kein neues Risiko für die Kläger geschaffen, welches nicht ohnehin bestand. Die Vorstellung des Berufungsge-richts, der [X.] müsse sich hier für eine indizierte Pflichtwidrigkeit entlas-ten, ähnlich wie dies im Falle eines Rechtsgutseingriffs durch Einwilligung des Verletzten nach gehöriger Aufklärung auf der [X.] in Frage kommt, entbehrt folglich der Grundlage.

2. Der Steuerberater ist - wie der Rechtsanwalt - zwar zur umfassenden Belehrung und Beratung seines Mandaten verpflichtet. Eine besondere Nach-drücklichkeit oder Eindringlichkeit der Beratung kann aber nicht gefordert wer-den, weil es hierfür keinen objektiven Maßstab gibt und die Bemängelung, der [X.] habe im Prozess nicht genügend Tatsachen vorgetragen, aus denen sich eine besonders nachdrückliche und eindringliche Beratung ergebe, letzt-lich wieder zu einer unzulässigen Beweislastumkehr führt ([X.], Urt. v. 11. Mai 1995 - [X.] ZR 130/94, NJW 1995, 2842, 2843; v. 4. Juni 1996 - [X.] ZR 246/95, NJW 1996, 2571, 2572). Die rechtliche Beratung des Mandaten dient seiner - 6 - Information für eine eigene freie Entscheidung. Der Berater muss nicht auf Be-folgung seines Rates drängen und den Nachdruck seiner Hinweise steigern, wenn der Mandant sich für seine Vorschläge nicht aufgeschlossen zeigt (vgl. [X.], Urt. v. 4. Juni 1996, aaO). Die abweichende, nicht weiter begründete An-sicht des [X.] beanstandet die Revision mit Recht.

Der [X.] ist nach seinem Vortrag der ihm obliegenden Hinweis- und Beratungspflicht gegenüber den Klägern gerecht geworden (zur Darlegungslast des steuerlichen Beraters in diesem Zusammenhang vgl. [X.], Urt. v. 4. Juni 1996, aaO). Der [X.] wusste, dass die Kläger eine Gewerbesteuerlast nach Möglichkeit vermeiden wollten. Die Gründung einer stets gewerblichen GmbH (§ 2 Abs. 2 GewStG) hatte der Kläger deshalb verworfen. Der [X.] hat dazu in seiner erstinstanzlichen Anhörung behauptet, er habe dem Kläger anlässlich der Gründung der [X.] mit dessen Ehefrau aus steuerlichen Erwägungen von einer solchen Lösung abgeraten. Es seien in diesem Zusam-menhang auch andere Gestaltungsalternativen, wie die zuvor bestehende Haupt- und Subunternehmerschaft der Kläger, erörtert worden. Den [X.] entstehender Gewerbesteuern habe er dem Kläger allerdings erst in einem weiteren Beratungsgespräch am 2. April 1985 vorgestellt. Bei diesem Bera-tungsgespräch habe er, der [X.], nochmals auf die "Infizierung" der GbR durch eine eventuell gewerbliche Tätigkeit der Klägerin zu 1 hingewiesen und dem Kläger die einschlägigen Gewerbesteuerrichtlinien vorgelesen. Anlass dieses erneuten Hinweises seien die Einkommensteuerbescheide der Klägerin für die Jahre 1981 und 1982 gewesen, in denen ihre Tätigkeit von der [X.] als gewerblich eingestuft worden sei.
- 7 - Die in der Erklärung des [X.]n angeführte Zitatstelle der Gewerbe-steuerrichtlinien kann nur Abschnitt 14 Abs. 2 Satz 6 [X.] 1984 (BStBl. I 1985, Sondernr. 1 S. 23) gewesen sein, in dem es heißt: "Eine aus Angehörigen eines freien Berufs bestehende Perso-nengesellschaft ist insgesamt gewerbesteuerpflichtig, wenn an der [X.] auch eine berufsfremde Person als [X.] beteiligt ist."

Einer Verlesung dieses Abschnitts hätte es nicht bedurft, wenn der [X.] dem Kläger diese Infizierung oder Abfärbung deshalb als ausgeschlos-sen dargestellt hätte, weil die Klägerin als bloße Treuhänderin des [X.] [X.] sei. Die entsprechende Behauptung der Kläger hat der [X.] jedoch nicht eingeräumt.

Der [X.] hat somit nach seiner Darstellung jedenfalls am 2. April 1985 die gebotene Aufklärung umfassend und verständlich gegeben. Wenn die Kläger das danach erkannte [X.] nicht zum Anlass genommen haben, die GbR aufzulösen, fehlt nach ihrem eigenen Vortrag jeder Anhalt da-für, dass sie von einer Gründung der [X.] 1984 bei gleich ausführlicher und deutlicher Belehrung abgesehen hätten. Ein etwaiges Klarstellungs- und Ergänzungsbedürfnis zu den Hinweisen des [X.]n anlässlich der Gesell-schaftsgründung ist rechtlich ferner deshalb unerheblich, weil die Einkünfte innerhalb der GbR ohnehin erst für den Erhebungszeitraum 1985 zur Gewer-besteuer herangezogen worden sind. Eine vertiefte Erörterung der Möglichkeit, dass der Kläger zu 2 seine Ehefrau als Mitarbeiterin anstellte, war nach dem Vortrag des [X.]n nicht geboten. Denn die Kläger hatten danach zu er-kennen gegeben, dass sie einer solchen Lösung mit Rücksicht auf die - 8 - nen gegeben, dass sie einer solchen Lösung mit Rücksicht auf die Unterhalts-verpflichtungen des [X.] zu 2 und die dann entstehenden Sozialversiche-rungsabgaben nicht näher treten wollten. Nur bei sichtbarer Bereitschaft der Kläger, ihre Gegengründe zurück zu stellen, hätte der [X.] auch diese Gestaltung näher beleuchten müssen.

Den Klägern oblag es demnach, für die von ihnen behauptete mangel-hafte Beratung durch den [X.]n Beweis anzubieten und diesen Beweis zu erbringen (zur Beweislast vgl. [X.], Urt. v. 4. Juni 1996, aaO). Das ist nicht geschehen. Für eine Parteivernehmung von Amts wegen (§ 448 ZPO) hat das Berufungsgericht nach Würdigung der erstinstanzlichen Parteianhörung (§ 141 ZPO) keinen Anlass gesehen. Ein Grund zur Zurückverweisung besteht im [X.] auf das Ergebnis dieser Anhörung auch dann nicht, wenn man zutreffend von einem rechtlich genügenden Verteidigungsvorbringen des [X.]n aus-geht.

3. Rechtlich nicht bedenkenfrei hat das Berufungsgericht außerdem ei-nen Schaden der Kläger bejaht. Es hätte dazu selbst prüfen müssen, ob die Tätigkeit des [X.], wie der [X.] meint, nicht ohnehin gewerblich war (vgl. dazu etwa [X.] 1991, 769, 770; BFH/NV 1997, 559; [X.]. II 2003, 25, 28 f und [X.], 450 = BStBl. II, 1997, 687, 689; BFH/NV 2000, 839; [X.] 2003, 586, 587). Unter dieser Voraussetzung waren die Einkünfte des [X.] von Rechts wegen stets zur Gewerbesteuer heran-zuziehen, ohne dass es auf eine Abfärbung gewerblicher Tätigkeit seiner Ehe-frau innerhalb der GbR ankommen konnte. Auf die Beurteilung dieser Frage durch die Finanzverwaltung in der [X.] vor und nach dem Bestand der Gesell-schaft kommt es im Verhältnis der Parteien nicht an. Der [X.] braucht auf die- - 9 - se Steuerrechtsfrage nicht weiter einzugehen; denn die Klage ist schon [X.] abzuweisen, weil die behauptete Pflichtverletzung des [X.]n beweis-los ist.

[X.] Raebel [X.]

[X.] [X.]

Meta

IX ZR 205/01

22.09.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.09.2005, Az. IX ZR 205/01 (REWIS RS 2005, 1706)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1706

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